SPD-Fraktion im Stadtrat Leipzig

Am 27.10. 1998 beschloss der Sächsische Landtag die Änderung der Sächsischen Gemeindeordnung. Demnach lautet der § 5 Absatz 4 in neuer Fassung wie folgt:

Die Benennung der Gemeindeteile sowie der innerhalb der bebauten Gemeindeteile dem öffentlichen Verkehr dienenden Straßen, Wege, Plätze und Brücken ist Angelegenheit der Gemeinde. Gleichlautende Benennungen innerhalb derselben Gemeindeteils sind unzulässig. Damit entfiel die bisherige Formulierung “… innerhalb derselben Gemeinde…”.

In folge dieser Gesetzesänderung erwächst für jede Gemeinde Regelungsbedarf. Sie muss festlegen, ob und in welchem Umfang sie Mehrfachnamen zulässt, was sie unter dem Begriff “Gemeindeteil” in diesem Zusammenhang versteht.

Für die Stadt Leipzig wurde vorgeschlagen, das gesamte Stadtgebiet in diesem Sinne als Gemeindeteil zu bestimmen, mit der Konsequenz, dass keine Mehrfachnamen zugelassen sind.

Mehrfachnamen sind Ursache für ständig auftretende Verwechslungen mit dem unterschiedlichsten, aber in jedem Fall negativen Folgen. Bei Beibehaltung der Mehrfachnamen wird das Verwechslungsrisiko billigend in Kauf genommen – einschließlich daraus resultierender negativer Folgen (beispielsweise fehlgeleitete Rettungsfahrzeuge). Zielstellung der Regelung ist die Herbeiführung der Eindeutigkeit von Adressen in der Stadt Leipzig. Im Leipziger Stadtgebiet werden nach der Eingliederung von Rückmarsdorf und Burghausen zum 01.01.2000 ca. 570 von 2900 Straßen mehrfach (bis zu 10fach) auftretende Namen tragen, das ist ein Anteil von 20 %. Die Umsetzung der Regelung hätte die Änderung von ca. 360 Straßennamen zur Folge. Diese Änderungen sollen im gesamten Stadtgebiet unter besonderer Berücksichtigung des Erhalts regionalhistorischer Namen vorgenommen werden.

Eindeutige Adressen und damit auch die Straßennamen haben eine nicht hoch genug zu bewertende Ordnungs- und Orientierungsfunktion. Diese Funktion wird wesentlich beeinträchtigt, wenn nicht sogar hinfällig, durch das mehrfache Auftreten von Straßen gleichen Namens in einer Gemeinde.

Im Rahmen der Diskussion über diese Vorlage in der Ratsversammlung betonte unser Fraktionsmitglied Walter Rensch, die Vorlage habe mittlerweile eine Klarheit erreicht, über die man sich nur freuen könne. Die SPD-Fraktion werde ihr zustimmen. Anliegen sei nicht nur die postalische Erreichbarkeit der Bürger, sondern vor allem die Erleichterung der Erreichbarkeit bei Notfällen. Dies sei beim Vorhandensein von zehn Straßen mit dem Namen “Hauptstraße” innerhalb der Stadt nicht zu verwirklichen. Ein Problem gebe es noch hinsichtlich der Zusammensetzung der zu bildenden Arbeitsgruppe. Die Zusammensetzung der Arbeitsgruppe entspreche dem politischen Proporz im Stadtrat. Da nun aber Mitglieder der Stadtbezirksbeiräte und der Ortschaftsräte einbezogen werden sollten, bitte die SPD-Fraktion darum, die diesbezügliche Formulierung der Vorlage, die mit heißer Nadel gestrickt zu sein scheine, rechtlich prüfen zu lassen. Insbesondere solle klar formuliert werden, dass jeweils nur ein Mitglied der Stadtbezirksbeiräte bzw. der Ortschaftsräte einbezogen werden solle und dass die betreffenden Gremien ihren Delegierten in eigener Regie bestimmen sollten.

Aus der Sicht eines Stadtrates, der aus den neuen Ortsteilen kommt, merkte unser aus Engelsdorf kommendes Fraktionsmitglied Wolfgang Haupt an, dass es sei sicherlich kein Zufall, dass ein weiterer Stadtrat zu dieser Vorlage spreche. Er halte die in dem offenen Brief des Ortschaftsrates Holzhausen verwendete Formulierung, dass die Umbenennungen zu Lasten der Identität der Bewohner der neuen Ortsteile zu gehe, für unangebracht, weil die Vorlage klar besagt, dass die Ortschaftsräte bzw. die Stadtbezirksbeiräte Einfluß auf die zu treffenden Entscheidungen nehmen könnten. Dies sei auch ein Signal an die Ortschaftsräte, entsprechende Überlegungen anzustellen und Vorschläge zu unterbreiten. Unangenehm aufgefallen sei ihm, dass in einer Pressemitteilung des Pressesprechers der PDS-Fraktion zu dieser Vorlage von “Machtgebaren gegenüber den neuen Ortsteilen” gesprochen werde. Zum einen missfalle ihm dieser Sprachgebrauch, zum anderen sei diese Behauptung im Zusammenhang mit dieser Vorlage nicht gerechtfertigt. Er glaube auch, dass ein Name wie “Dorfstraße” oder “Hauptstraße” nichts mit der Identität eines Ortes zu tun habe, sondern dass vielmehr Brauchtum und kulturelle Traditionen in einem Ort zur Widerspiegelung dieser Identität wesentlich seien. Im Übrigen habe die Gemeindevertretung von Engelsdorf bereits im Jahre 1995 eine Vorlage zur Umbenennung von zehn Straßen in den Ortsteilen Althen, Hirschfeld, Kleinpösna und Baalsdorf auf dem Tisch gehabt, und diese Vorlage sei lediglich deshalb zurückgenommen worden, weil die Entscheidungen in der Gemeindegebietsreform angestanden hatten. Die seinerzeit in Engelsdorf erarbeitete Vorlage könne bei der Erarbeitung der jetzt anstehenden Umbenennungen genutzt werden. Aufgrund der soeben genannten Argumente halte er eine Zustimmung zu dieser Vorlage für wünschenswert und notwendig.