Beschlussvorschlag:

Der Beschlussvorschlag wird wie folgt ergänzt:

1. Der „Stadtteilentwicklungsplan Wohnbauflächen – Grundlage, Ziel, Strategien als städtebauliches Entwicklungskonzept für den Zeitraum bis 2030 im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB wird dem Stadtrat unter Berücksichtigung der in Pkt. 2 genannten Prüfpunkte bis zum Ende des 4. Quartals 2022 erneut zur Entscheidung vorgelegt.


2. Der Oberbürgermeister prüft in diesem Zusammenhang folgende Sachverhalte:

 
a. Doppelte Innenentwicklung absichern

Der Oberbürgermeister prüft, ob als Planungsgröße für den Freiflächen-/Grünflächenanteil je Einwohnerin und Einwohner in neu zu bauenden oder zu verdichtenden Gebieten den bundesweiten Durchschnittswert von 25qm/EinwohnerIn angesetzt werden kann und zeigt auf, welche Chancen- und Risiken sich hieraus ergeben. Er entwickelt daraus einen Vorschlag, der einen Frei- und Grünflächenanteil je Einwohner:in vorsieht, der signifikant über dem heutigen Niveau liegt. Dabei sind die Potenziale der Begrünung und Umnutzung von Straßen und Hinterhöfen einzubeziehen.
Er prüft, ob Freizeit-, Grün- und Sportflächen dem tatsächlichen Bedarf in der wachsenden Stadt noch entsprechen, um die Lebensqualität in der Stadt vor dem Hintergrund des Bebauungs- und Verdichtungsdrucks sicher zu stellen. Das Gesamtkonzept zeigt auf, ob insbesondere kleinteilige Freizeit-, Grün- und Sportflächen vorrangig in nachverdichteten inneren Stadtteilen zeitnah zusätzlich entstehen können und zeigt den dafür erforderlichen strategischen Flächenbedarf auf.
Der Oberbürgermeister prüft, mit welchen verbindlichen Instrumenten die städtebauliche und architektonische Qualität der Nachverdichtung über bestehende Beratungsangebote hinaus gestärkt werden kann. Er zeigt die Möglichkeiten insb. von aktualisieren Gestaltungssatzungen und städtebaulichen Erhaltungssatzungen auf und schätzt die Auswirkungen auf das Nachverdichtungspotenzial ab, insb. mit Blick die Gebäudehöhe, die Geschosshöhe und das Ausbilden eines Hochparterre.
Der Oberbürgermeister zeigt auf, welchen Beitrag Hochhäuser und sonstige Hochpunkte zur flächenschonenden Nachverdichtung und Entwicklung einer kompakten Stadt leisten können und legt dar, wie Hochhäuser im Konzept berücksichtigt wurden.
 

b. Potentialflächen für Geschosswohnungsbau außerhalb der Kernstadt untersuchen

Der Oberbürgermeister untersucht systematisch, welche Flächen außerhalb oder am Rand des Planungsraums Mitte für den Geschosswohnungsbau in Betracht kommen und bewertet deren Potenziale und Konflikte. Er berücksichtigt dabei auch die Flächen Böhlitz-Ehrenberg, Heiterblick-Süd, Güterbahnhof Engelsdorf sowie große oberirdische Flächen für Parkplätze.

c. Großsiedlungen weiter entwickeln

Der Oberbürgermeister prüft, ob und wie die Flächenaktivierung in den Großsiedlungen über die in der Vorlage angenommenen 15% – 20% hinaus gesteigert werden kann und stellt die Vor- und Nachteile dar. Er prüft insb., ob Flächen für den kompakten individuellen Wohnungsbau aktiviert werden können. Der Oberbürgermeister berücksichtigt dabei die Möglichkeit, bestehende oberirdische Parkplätze in Quartiersgaragen zusammenzufassen.

d. Individuellen Wohnungsbau in Ortsteilkonzepten entwickeln

Der Oberbürgermeister legt dar, wie die Nachfrage nach individuellem Wohnen in Leipzig über 2030 hinaus befriedigt werden kann. Er zeigt einen Prozess auf, in dem für alle Ortschaften unter breiter Öffentlichkeitsbeteiligung und mit städtebaulichen Wettbewerben für die zukünftige Gestaltung Entwicklungskonzepte erstellt werden. Diese Konzepte sollen mögliche neue Bauflächen für den individuellen Wohnungsbau und den für den Generationenwechsel nötigen Geschosswohnungsbau erarbeiten. Sie sollen zudem die städtebauliche Qualität in den Ortschaften sichern oder wiederherstellen und verhindern, dass die Ortschaften durch neue Bauflächen ihr Gesicht verlieren. Sie leisten zudem einen Beitrag zum Generationenwechsel und damit zur effizienteren Nutzung bestehender Einfamilienhäuser. Den Konzepten liegt eine systematische Prüfung der Potenzialflächen für individuellen Wohnungsbau auch unter Berücksichtigung von landwirtschaftlichen Flächen, die nicht mehr genutzt werden oder durch heranwachsende Wohnbebauung nicht mehr nutzbar sind (gefangene Flächen), sowie eine Beschreibung der Vor- und Nachteile zu Grunde. Der Oberbürgermeister qualifiziert die Nachfrage nach individuellem Wohnungsbau. Er ermittelt repräsentativ, aus welchen Gründen die Nachfrage nach individuellem Wohnungsbau besteht und prüft, inwieweit die Wünsche und Bedarfe auch durch weniger flächenintensiven Wohnungsbau befriedigt werden können. Die binäre Unterteilung zwischen Geschosswohnungsbau und individuellen Wohnformen ist dabei aufzugeben.

e. Verzahnung von Konzepten der Stadt Leipzig:

Der Oberbürgermeister prüft die Verzahnung der für die Flächenbewertung vorliegenden und noch vorzulegenden Konzepte (z.B. Masterplan grün, Kommunale Wärmeplanung, Biotopverbundplanung, Landwirtschaftsentwicklungskonzept, Mobiliätsstrategie) und legt ein Prüfschema vor, welches mit noch festzulegenden Kennziffern eine strategische Planung vereinfachen.
 

f. Ressourcen:

Der Oberbürgermeister zeigt auf, welche personellen Ressourcen und strukturellen Anpassung in den zuständigen Ämtern erforderlich sind und passt dies ggfs. im nächsten Doppelhaushalt/Stellenplan an. Er berücksichtigt dabei insb. Mittel und Stellen für die Erarbeitung der in der Vorlage genannten Quartiersentwicklungskonzepte für die Großsiedlungen, die Absicherung der doppelten Innenentwicklung, die Erstellung der im Antrag genannten Ortsteilentwicklungskonzepten sowie die Flächenentwicklung ohne Beschränkung durch eine festgelegte Zahl an Wohneinheiten.

Weiter mit Beschlusspunkt 2-4 der Vorlage

Begründung:

Die Vorlage nimmt wesentliche Aspekte der weiteren Entwicklung von Flächen mit dem Hauptschwerpunkt des individuellen Wohnungsbaus auf, lässt aber auch Fragen offen, die für die SPD-Fraktion relevant für die Entscheidung sind, ob der strategische Ansatz Innenentwicklung- vor Außenentwicklung noch der richtige Ansatz für die Weiterentwicklung der Stadt Leipzig ist.

Leipzig ist im eng verdichteten urbanen Raum schon heute hochverdichtet und dramatisch mit gemeinschaftlich nutzbaren (Grün-)Flächen, Freizeit und Sportflächen unterversorgt. Eine doppelte Innenentwicklung mit einer zur Bebauung einhergehenden Schaffung von Gemeinflächen hat bisher kaum stattgefunden. Eine weitere Nutzung von brachliegenden Flächen als letzte Entwicklungsflächen im verdichteten Stadtraum raubt der Stadtgesellschaft die letzten Möglichkeiten perspektivisch Gemeinflächen zu entwickeln. Sie schafft noch mehr Verkehrsdruck auf den Straßen und in den Wohngebieten und überlastet perspektivisch die (ohnehin schon ausgelastete) soziale Infrastruktur. Die Lebensqualität (als wesentliches Indiz für die positive Entwicklung Leipzigs) sinkt mit dem Verlust von Freiräumen und Flächen für die Bestandsbevölkerung und bietet neu Zuziehenden zugleich nur hochverdichtete Siedlungsräume an.

Während im Stadtinneren Freiflächen sukzessive verschwinden, sind auf städtischem Gebiet – auch im verkehrlich erschlossenen Bereich – große Flächen landwirtschaftlich (un-)genutzt. Um die mit dem Wachstum der Stadt einhergehenden Belastungen gerecht zu verteilen, sollen Flächen im suburbanen Raum gezielt entwickelt werden – Leipzig könnte in die Fläche wachsen und unnötige Enge und Konflikte im verdichteten Raum vermieden werden.

Im verdichteten innerstädtischen Raum gibt es schon heute ein deutliches Defizit an Freizeit-, Grün- und Sportflächen. Zwischengenutzte Flächen verschwinden systematisch durch den Bebauungsdruck. Vielfach gibt es gerade in innerstädtischen Bereichen kaum Plätze, wo Kinder angstfrei spielen und toben können, wo Sport betrieben werden oder Austausch zwischen den Bewohnerinnen und Bewohnern stattfinden kann. Immer mehr Freiräume und Freiflächen werden einer privaten Nutzung zugeführt und die Lebensqualität in der Stadt sinkt. Laut statistischem Bundesamt lag der Mittelwert des Grün- und Freiflächenanteils der 14 größten Städte Deutschlands 2018 bei 25qm Grünanlagenfläche pro Kopf. Jedes Fallen unter den Bundesdurchschnitt entspricht einer Minderung der Lebensqualität im Vergleich zu ähnlichen Großstädten. [1]

Derzeit besteht für Interessenten von Eigenheimen kaum die Möglichkeit, auf dem Leipziger Stadtgebiet Eigentum zu entwickeln. Eigenheimwohnbauflächen sind so gut wie nicht mehr verfügbar. Das führt gleichzeitig zu absurden Preissteigerungen in diesem Segment. Zur Vielfalt der Stadt gehören auch unterschiedliche Wohnformen, ein weiteres systematisches Abwandern von Interessenten für individuellen Wohnungsbau ist der Stadt Leipzig dauerhaft nicht förderlich. Gleichzeitig bereichert die kleinteilige Eigentumsbildung die Vielfalt des jetzt schon hochgradig konzentrierten Leipziger Immobilienmarktes. Wir begrüßen den Ansatz die Anbindung an den ÖPNV in den Mittelpunkt der Prüfung von Wohnbauflächen zu stellen, sehen hier aber noch Potential auch in der Zusammenarbeit mit den Umlandgemeinden und den Ortsteilen.

Wesentliche Zuwächse für den Leipziger Wohnungsmarkt erfolgen seit Jahren primär durch private Investoren. Derzeit in Planung befindliche großen Zuwächse werden ebenso von privaten Investoren vorangetrieben. Die Folgen für den Wohnungsmarkt in Leipzig sind für Wohnungssuchende dramatisch gestiegene Mieten. Der alleinige Zuwachs von verfügbaren Wohnungen wird keine Dämpfung des Mietniveaus erreichen, wenn der Markt nur ertragsgetriebenen Akteuren überlassen wird. Deshalb ist es für die SPD-Fraktion von höchster Priorität, eigene städtische Flächen zu entwickeln.

Eine Beschränkung der Planungshoheit der Kommunen auf allein kapazitive Größen ist kontraproduktiv zu den möglichen Entwicklungspotentialen der Stadt. Das vorgeschlagene Umsetzungsinstrument der Bauleitplanung, künftig nur noch Bauleitpläne im individuellen Wohnungsbau mit über 50 Wohneinheiten zu bearbeiten, beschränkt die Stadt in ihren Entwicklungsmöglichkeiten, ist allein verwaltungsinternen Sachzwängen geschuldet und begünstigt allein kapitalstarke Großinvestoren. Entwicklungsfähige Flächen insbesondere im urbanen Randbereich, die oftmals noch in Familienbesitz sind, werden um ihre Entwicklungsmöglichkeiten beschränkt und Eigentümern bleibt zur Verwertung nur eine Veräußerung an größere Investoren, die sich ein „Liegenlassen“ leisten können oder Flächen „zusammenkaufen“. Deshalb ist es wichtig, für das Gesamtkonzept, das bis zum Ende des Jahres 2023 vorgelegt werden soll, dass die Stadtverwaltung gut aufgestellt ist. Die SPD-Fraktion regt an, die Fragen der personellen- und finanziellen Ressourcen ebenfalls zu betrachten und als Prüfergebnis vorzulegen.

Eine Verzahnung aller Konzepte, die im Zusammenhang mit der Nutzung der Flächen im Stadtgebiet von Leipzig erarbeitet wurden und werden, muss sichergestellt sein. Aus diesem Grund halten wir es für erforderlich Kennziffern zu arbeiten, die für die strategische Planung helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen.

[1] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Zahl-der-Woche/2020/PD20_37_p002.html