Prof. Dr. Getu Abraham

Redner: Prof. Dr. Getu Abraham

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
meine Damen und Herren,

ehrlich gesagt, ich kann mich nicht mehr wirklich erinnern, wie hell oder dunkel es im Friedenspark war, wenn ich seinerzeit als Student vom TV-Klub über die Johannesallee hinterm Apothekergarten ins Wohnheim in die Straße des 18. Oktober gelangte.

Ehrlich gesagt, war ich – wie viele andere auch – damals überhaupt froh, irgendwo hinzugelangen. In der stillen Hoffnung, dass es früh dann doch nicht zu schnell zu hell wird. – Spaß bei Seite!

Wenn wir heute über den Ausbau der Beleuchtung im Friedenspark reden, dann denken wir zuerst an unser eigenes Sicherheitsbedürfnis: Sturzfrei durch den Park kommen. Mit dem Fahrrad nicht hängen bleiben.

Tatsächlich aber blenden wir trotz aller Leuchtkraft einen mindestens ebenso wichtigen Aspekt aus: Lichtverschmutzung – also Dauerbeleuchtung – stört nicht nur Ökosysteme, sie macht Menschen krank. Und Tiere.

Es ist deshalb auch für uns hier in Leipzig sorgsam abzuwägen, wo, wie und in welcher Weise wir die Beleuchtung ausbauen – gerade auch in innerstädtischen Ökosystemen wie dem Friedenspark. Und gerade vor dem Hintergrund, dass die Hauptwege bereits wesentlich mit Laternen ausgeleuchtet werden.

Die andauernde Erhellung der Nacht kann für Pflanzen und Tiere gravierende Folgen haben. Eine durchgehende Lichteinwirkung führt wiederum erwiesenermaßen zur Störung von Biorhythmen, Mangel an Abwehrkraft, Absenkung der Fortpflanzungsfähigkeit (wir müssen was lernen).

Pflanzen und Tiere sind anders als Menschen – und da hoffe ich, Sie stimmen mir zu – nicht in der Lage, einfach mal das Rollo herunterzulassen und sich vor übermäßigem Lichteinfluss zu schützen.

Ich bin kein Experte für Beleuchtungsfragen. Aus medizinischer Sicht aber muss ich sagen, dass es weniger sinnvoll ist über die Ausweitung von Beleuchtung zu sprechen, als über die Qualifizierung von Beleuchtung:

Andere Kommunen, wie beispielsweise Fulda oder Frankfurt am Main, haben sich bereits auf den Weg gemacht, verzichtbare Lichtquellen nachts abzuschalten, oder sogar abzubauen. Dort, wo Beleuchtung aus Sicherheitsgründen zwingend ist, werden Laternen durch Strahler ersetzt, die gezielt und mit engem Lichtwinkel die unmittelbar relevanten Bereiche des Wegs ausleuchten.

Mit Blick auf den im Stadtraum ohnehin schon lange festgestellten Rückgang der Artenvielfalt sowie der Schädigung von Flora und Fauna durch Emissionen unterschiedlicher Art sollte deshalb zu allererst die Notwendigkeit geprüft werden, bevor die weitere „Verlichtung“ von Parks und Grünanlagen in Leipzig vorangetrieben wird.

Wenn Sie das nun als Statement gegen eine weitere Lichtverschmutzung verstanden haben, dann haben Sie mich richtig verstanden. Das heißt aber eben nicht, dass wir komplett auf Beleuchtung verzichten wollen. Das würde zu weit gehen. Speziell mit Blick auf das Sicherheitsempfinden sollten wir den Spagat versuchen, mehr Sicherheit durch Beleuchtung auf Hauptwegen in unseren Parkanlagen zu erreichen, ohne dabei den ganzen Bereich taghell auszuleuchten. Die technischen Möglichkeiten, die Beleuchtung zielgenauer, effizienter und mit weniger negativen Auswirkungen auf Tier und Umwelt steuern zu können, gibt es. Wir wollen, dass die Stadt dies auch in ihre Überlegungen zur Beleuchtung von Hauptwegen einbezieht.

Meine Damen und Herren, es sei daher auf den Friedenspark zurückkommend abschließend zu fragen erlaubt, ob tatsächlich jeder Weg die Nacht hindurch erhellt sein muss, wenn es auch zumutbare Alternativstrecken gibt.

Vielen Dank!

Prof. Dr. Getu Abraham