Gemeinsamer Antrag mit der Fraktion Die Linke

Beschlussvorschlag:
Der Beschluss RBV-1276/12 der Ratsversammlung vom 20.06.2012 – 2.Konzeption zur Entschuldung des Leipziger Haushaltes sowie 2.Konzeption zur Rückführung der Bürgschaften der Stadt Leipzig – wird für die Jahre 2017 – 2020 wie folgt ergänzt bzw. geändert: 
1. Die Stadt Leipzig bekennt sich zum nachhaltigen Schuldenabbau, der im Einklang mit dringend erforderlichen Investitionen steht. Im Vordergrund steht die soziale und wirtschaftliche Betrachtung der jeweiligen Maßnahmen.
2. Die geplante Nettokredittilgung in Höhe von 112,8 Mill. EUR (incl. Sondertilgung) wird im Gesamtzeitraum 2017 – 2020 um maximal 100 Millionen Euro abgesenkt. In den jeweiligen Einzelhaushaltsjahren wird keine Nettoneuverschuldung geplant.
3. Die Tilgungsreduzierung (FinHH) wird zusätzlich für bauliche Investitionen an kommunaler Infrastruktur, vorrangig zur Finanzierung von Schulen, eingesetzt und mit ausreichend Personal für die Planung der Maßnahmen untersetzt.
4. Die Stadt Leipzig geht davon aus, dass das bisherige Urteil im KWL-Prozess auch im Zuge der Zulassung des Berufungsverfahrens Bestand hat. Sollte sich wider Erwarten ein für die Stadt Leipzig negatives Urteil ergeben, gilt der Beschlusspunkt 2 als aufgehoben. Er ist dann der aktuellen Situation anzupassen und erneut ins Verfahren zu geben.
5. Der Oberbürgermeister informiert den Stadtrat im Rahmen des „Finanzberichtes zum Stichtag 31.12.” über die Umsetzung der Entschuldungskonzeption und ggf. der Rückführung der Bürgschaften. Eine Evaluierung der Vorlage erfolgt bis spätestens 30.06.2020.

Information:
A) In Anlehnung an den RBV-1276/12 sollen die Bürgschaften im laufenden und den folgenden Haushaltsjahren nicht über 300 Mill. EUR steigen.
B) Von den vorgegebenen Orientierungswerten für die Entschuldung kann im Rahmen der jährlichen Haushaltssatzung wie folgt abgewichen werden:
1) in Zeiten wirtschaftlicher Depression, d. h. sinkender Steuereinnahmen und/oder sinkender Zuweisungen durch Land, Bund und EU und/oder
2) durch steigende Ausgaben aufgrund von zusätzlichen Pflicht- und Weisungsaufgaben ohne ausgleichende Kofinanzierung von Land, Bund und EU.

Sachverhalt:
Leipzig ist eine der am schnellsten wachsenden Großstädte Deutschlands. Sie wird gern als „Boomtown des Ostens“ durch die überregionalen Medien bezeichnet. Zunehmende Wirtschaftskraft, neue Arbeitsplätze und ein vielfältiges kulturelles Angebot stehen dafür.
Für Leipzig heißt dies, dass die Investitionen in die kommunale Infrastruktur, vor allem in Schulen und Kitas, in den öffentlichen Nahverkehr, in die Sanierung von Straßen und Brücken und in die Unterstützung von preiswertem Wohnraum (u. a. LWB) nicht nachlassen darf, sondern forciert werden muss.
Doch für diesen Ausbau stehen Leipzig fast keine finanziellen Reserven zur Verfügung. Ein eher mittlerer dreistelliger Millioneneurobetrag fehlt allein für die Umsetzung des notwendigen Schulhausneu- und -ausbaus sowie der dringend erforderlichen Sanierungsmaßnahmen, vom Investitionsbedarf in den v. g. anderen Bereichen und des dafür nötigen personellen Aufbaus ganz zu schweigen. Der Abbau des vorhandenen Investitionsstaus von mehr als einer Milliarde Euro ist u.a. auch durch fehlende Eigenmittel und mangels mindestens nicht ausreichender investiver Schlüsselzuweisungen durch das Land in der mittelfristigen Haushaltsplanung der Stadt gefährdet.
Die bei den Kitainvestitionen überwiegend als Ersatz dienenden „Miet- bzw. privaten Finanzierungsmodelle“ helfen da nur im absoluten Ausnahmefall, da diese in der Regel doppelt so teuer sind und im Ergebnis künftige Haushalte der Stadt noch mehr einengen. Daher muss die jetzt gültige Entschuldungskonzeption an die Realität angepasst werden. Leipzig kann nicht weiter konsolidieren, wie dies schrumpfende Städte zu tun pflegen. Leipzig muss in sein Wachstum investieren. Daher sollen in einem ersten Schritt für den Zeitraum 2017 – 2020 bis zu 100 Millionen Euro weniger in die Entschuldung, sondern vorrangig für Investitionen und grundlegende Sanierungen von Schulen zur Verfügung gestellt werden. Zuzüglich Fördermittel stünden dann etwa 200 bis 250 Millionen Euro zusätzlich für die Forcierung u. a. der v. g. Maßnahmen bereit.
Jedes Unternehmen, das wächst und wachsen will, muss investieren. Dies funktioniert in der Regel auch unter Einbeziehung eines Fremdmittelanteils. Leipzig soll und wird sich nicht wie in den neunziger Jahren verschulden. Aber im Angesicht der immensen Investitionsbedarfe einer stark wachsenden Stadt, im Einklang von „Neuem Kommunalen Finanzmanagement“ und Bilanzierung, einer robusten Eigenkapitalquote I Leipzigs mit 40,8 % (EK II: 63,9 %; siehe S. 151, DS 206/14,
„Feststellung der Eröffnungsbilanz zum 01.01.2012 …“ ) muss und kann die Entschuldung zeitlich gestreckt werden. Nur so bleibt Leipzig attraktiv und wird von zunehmenden Steuereinnahmen profitieren.