Rede 1 zur Vorlage “Leipziger Aktionsplan Beschäftigung” – Sondersitzung Ratsversammlung
Redner: Axel Dyck, Fraktionsvorsitzender
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,
werte Gäste!
Die aktuellen Arbeitsmarktdaten zeigen, wie heute schon mehrfach angesprochen, einen leicht positiven Trend. Vom Tiefpunkt 2005/2006 zu heute sind es in absoluten Zahlen betrachtet bei den arbeitslos gemeldeten Erwerbspersonen immerhin 20 %. Aber immer noch fast 40.000 Menschen suchen in Leipzig einen Job, darunter fast 18.000 Langzeitarbeitslose.
Wer nun glaubt, dass das uns vorgelegte umfangreiche Paket von bereits wirksamen Einzelmaßnahmen dafür verantwortlich ist, der irrt an dieser Stelle. Das alles sind wichtige unterstützende Funktionen, die den deutschland- und sachsenweiten Trend in der Arbeitsmarktentwicklung aufnehmen, ja aufnehmen müssen um nicht von der überregionalen Entwicklung abgehangen zu werden.
Wir liegen also mit den Arbeitsmarktdaten nur im Deutschlandtrend.
Wie schwer es ist, mit dem Maßnahmepaket wirksam zu werden, zeigt uns leider die Vorlage nicht, da eine Evaluierung als zwingende Voraussetzung für weiterführende Überlegungen noch aussteht. Hierbei muss auch eine ehrliche Betrachtung der Wirksamkeit bereitgestellter finanzieller Mittel und personeller Ressourcen stehen. Viel hilft nicht immer viel.
In diesem Zusammenhang verweise ich auf die Informationsvorlage zu den Aktivitäten 2007 die schon die Schwierigkeit erkennen lassen. Allein beim Ersten Arbeitsmarkt u. a. “Chance U 25” konnten bei 3.712 persönlichen Betriebskontakten nur 108 Stellen neu besetzt werden. Das ist eine Erfolgsquote von 3 %. Bei der PUUL sieht es ähnlich aus.
Deshalb sollte parallel dazu ebenso eine Wirksamkeitsanalyse für das Amt für Wirtschaftsförderung mit aufgestellt werden.
- Wissen wir denn immer was Unternehmen benötigen?
- Können wir diese Informationen bieten?
- Wissen wir, welche Bedürfnisse Internetgründer haben?
- Wissen wir, in welchen Gewerberaumkategorien wir zwar eine Nachfrage aber kein Angebot haben?
- Wissen wir, welche Mitarbeiter gesucht werden und wo hier der Engpass besteht? Können wir diesen Engpass beheben helfen?
Auf diese Fragen kann ich selbst keine Antwort geben. Ich hoffe viele werden mit “ja” beantwortet.Aber wenn wir im Wettbewerb der Regionen bestehen wollen, dann müssen wir uns um diese Informationen kümmern. Andere Regionen in Europa sind uns dabei teilweise um mehr als 10 Jahre voraus. Ich erwähne hier als Beispiel nur die Öresundregion, die sich im Medizincluster um ein Vielfaches besser schlägt als unsere Region.
Die absolut dominierende Ressource ist also Information, und diese zu beschaffen und zu benutzen ist Verwaltungspflicht.
Sehr geehrte Damen und Herren,
ein Aktionsplan Beschäftigung ist also wertlos, wenn er sich nicht intensiv mit dem ersten Arbeitsmarkt auseinandersetzt.
Der Schlüssel für wirtschaftliche Prosperität in dieser Stadt kann somit nur in der Stabilisierung und im Wachstum bestehender Unternehmen und hierbei schließe ich ausdrücklich unsere städtischen Unternehmungen mit ein, und in einer erfolgreichen Ansiedlungspolitik liegen.
Erstklassige Voraussetzungen für Gründer und erstklassige Voraussetzungen für Unternehmenswachstum sind gegenüber geförderten Beschäftigungsprogrammen immer den Vorrang einzuräumen.
In diesem Zusammenhang muss auch die Clusterstrategie immer wieder hinterfragt und ausjustiert werden.
Wenn wir vor kurzem über die erfolgreiche “Games Convention” sprachen und deren Fortzug bedauern, müssen wir gleichzeitig hinterfragen, warum kein nennenswertes Unternehmen dieser Branche sich in Leipzig angesiedelt hat. Wo lagen und liegen hier die Marktchancen?
Orientieren wir uns immer am Weltmarkt oder nur innerhalb der lokalen Metropolregion zwischen Dessau, Jena und Zwickau.
Es gehört weiter dazu, dass wir Unternehmertum und Unternehmerpersönlichkeiten achten und anerkennen, die oft in ihrem Umfeld in kaum wahrgenommener sozialer und gesellschaftlicher Verantwortung agieren.
Wir hier im Rat müssen uns aber auch politisch und zwar öffentlich, heute und hier, zum Wirtschaftsstandort bekennen. Zum noch ausbaubedürftigen produzierenden Gewerbe und immer wieder auch zum Logistikstandort Flughafen. Beide sind nicht zum Nulltarif zu bekommen.
Wir müssen den Menschen deutlich sagen, dass materieller und sozialer Wohlstand für jeden Einzelnen als auch für das Gemeinwesen mit Belastungen und Einschränkungen verbunden sind. Es kommt dabei immer auf die Balance der Interessen an.
Meine Fraktion wird bis zur Beschlussfassung entsprechende Aktivitäten initiieren. Ich danke Ihnen.