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Rede zu den Vorlagen „Errichtung von Gemeinschaftsunterkünften in Modulbauweise für Asylbewerber und Geduldete auf dem Prager Dreieck und in der Diezmannstr. 12“

Redner: SPD-Stadtrat Christopher ZenkerChristopher_Zenker2

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
werte Stadtratskolleginnen und –kollegen,
werte Gäste!

Die Diskussionen, mit diversen Sondersitzungen verschiedener Ausschüsse, um die beiden Vorlagen für Flüchtlingsunterkünfte in der Diezmannstraße und auf dem Prager Dreieck haben zumindest eines sehr deutlich gemacht: Es muss Schluss sein mit Eilvorlagen, die ein solches Finanzvolumen haben und eine Entscheidung mit langfristiger Bindung darstellen. Wir reden hier immerhin über ein Gesamtvolumen von bis zu 15,7 Mio. Euro.

Zudem hatte man den Eindruck, dass unter dem Druck der Eilbedürftigkeit auch nur eilig und ungenau gearbeitet wurde. Vier Fassungen haben wir für die beiden Standorte vorgelegt bekommen, das spricht eindeutig nicht für die Qualität der ersten Vorlagen.

Es war daher gut, dass wir uns die Zeit genommen haben, intensiv diese zwei Vorlagen zu diskutieren und auch, dass dadurch die Bauträger die Projekte in Ausschüssen vorstellen mussten. So konnten viele Fragen geklärt werden und bei dem einen oder anderen hat sich die Meinung zu den Vorhaben geändert.

Neben den hohen Kosten reden wir bei beiden Standorten über eine faktisch unbegrenzte Nutzungsdauer, denn wenn wir mehr als 15 Mio. Euro in die Hand nehmen, kann es nicht nur um eine Nutzung der Objekte von fünf oder noch weniger Jahren als Flüchtlingsunterkunft gehen. Wenn sich heute eine Mehrheit findet, fassen wir damit unter Umständen auch einen Beschluss für Sozialwohnungen, Studentenwohnungen, Handwerkerunterkünfte, Ausbildungswohnheime oder Obdachlosenunterkünfte. Deswegen ist es grundsätzlich zu begrüßen, dass mit den überarbeiteten Vorlagen nun Konzepte vorliegen, die auf eine langfristige Nutzung abzielen. Da es nicht nur um eine Nutzung von fünf Jahren als Flüchtlingsunterkunft gehen kann, sondern eben um eine Langfristigkeit, dürfen wir auch nicht am falschen Ende sparen und sollten, wenn wir uns für einen oder beide Standorte entscheiden, eine Bauweise beschließen, die lange Bestand hat und ggf. mit geringen Aufwand für andere Nutzungsarten umgebaut werden kann. Schiffscontainer, die vielleicht billiger sind, sind für mich keine langfristige Lösung.

Auch wenn die Platzkosten am Standort Prager Dreieck höher sind als in der Diezmannstraße, ist uns als Fraktion die Entscheidung hier einfacher gefallen. Denn der Standort liegt verkehrsgünstig, relativ zentral und ist sozialräumlich gut angebunden. Zudem ist das Grundstück zwar als Gewerbegrundstück ausgewiesen, befindet aber nicht in einem Gewerbegebiet und der vorhandene B-Plan lässt problemlos eine Umnutzung als Studenten- bzw. Sozialwohnungen zu. Auch durch die Lage, angrenzend an vorhandene Wohnbebauung, ist es für eine Nachnutzung prädestiniert, zum Beispiel für Sozial- oder Studentenwohnungen.

Deutlich kontroverser haben wir die Diskussion zur Vorlage zum Standort Diezmannstraße geführt. Denn dieser Standort liegt in einem Gewerbegebiet und weist dadurch eine wesentlich schlechtere sozialräumliche Anbindung auf. Zudem erschwert die Lage im Gewerbegebiet die Nachnutzungsmöglichkeiten. Denn um unterschiedlichste Wohnformen an diesem Standort zu realisieren, müsste das Gewerbegebiet aufgegeben werden. Tut man das nicht, fallen studentisches Wohnen oder Sozialwohnungen an diesem Standort weg. Ausbildungswohnheime oder Handwerkerwohnungen wären dagegen weiter möglich.

Demgegenüber steht, dass die Platzkosten pro Flüchtling gegenüber dem Prager Dreieck um 3.000 Euro günstiger sind, dennoch reden wir über, inkl. Grundstückserwerb, fast 9 Millionen Euro. Nach etwa 17 Jahren, wenn man einen Quadratmeterpreis von 7,50 Euro als Mietkosten gegenüberstellt, wäre das Objekt refinanziert. Die verkehrliche Anbindung ist auch in Ordnung. Hinzu kommt, dass wir zwar nicht wissen, wie sich die Flüchtlingszahlen entwickeln werden, wir wissen jedoch, dass kurzfristig bis März nächsten Jahres knapp 2.000 Plätze nicht mehr zur Verfügung stehen, da zum Beispiel in ehemaligen Schulgebäuden Sanierungsmaßnahmen beginnen, damit diese wieder als Schulen genutzt werden können. Darüber hinaus sind etwa 1.500 Flüchtlinge in kommunalen Notunterkünften wie Zeltstädten, Messehallen oder ehemaligen Baumärkten untergebracht. Diese Unterbringungsform ist nicht nur unmenschlich, sie kosten uns in der Betreibung deutlich mehr, da mehr Personal im Bereich Sicherheitsdienst und Brandwachen notwendig ist. Wir sind hier schnell bei einem sechsstelligen Betrag pro Unterkunft und Jahr, die Energiekosten sind dabei noch nicht einmal erfasst. So lange wir solche eigentlich unmenschlichen und in der Betreibung teuren Objekte betreiben müssen, in den es faktisch keine Privatsphäre gibt, sollten wir weitere Kapazitäten schaffen um diese Unterkünfte abzulösen. Auch die Umstände der Unterbringung bedingen die Integrationschancen.

In Abwägung der Pro- und Contra-Argumente wird die SPD-Fraktion bei der Diezmannstraße mehrheitlich, aber nicht geschlossen für die Vorlage stimmen, weil die Argumente von jedem unterschiedlich gewichtet werden.

Dem Antrag der Linken dagegen werden wir zustimmen, da dieser nicht nur versucht die Kosten zu senken, sondern indirekt auch die Verkaufs- und Ankaufspolitik des Liegenschaftsamtes kritisiert. Denn während wir uns bei Grundstückskäufen vom Liegenschaftsamt immer wieder anhören müssen, dass der Marktpreis leider über dem Verkehrswert bzw. Bodenwert liegt und wir daher diesen Preis schlucken müssen, erfolgen Verkäufe oft zum Verkehrswert bzw. Bodenwert. Diese Doppelmoral muss ein Ende haben! Deswegen stimmen wir für den Änderungsantrag der Linken.

Unabhängig davon, wie die Abstimmungen heute ausgehen, hoffen wir, dass uns Vorlagen dieser Größenordnung und Tragweite zukünftig nicht mehr als Eilvorlagen erreichen und qualitativ besser vorbereitet sind.

Zudem erwarten wir, dass die Erfahrungen, die wir mit dem Bau einer oder beider Unterkünfte sammeln auch auf andere Bereiche, wo wir schneller werden müssen, übertragen werden. Warum nicht auch Schulen oder Sozialwohnungen in Modulbauweise errichten, bei einer Kita hat es ja auch schon geklappt. Modulbauweise ist inzwischen auch soweit aus den Kinderschuhen, dass auf individuelle Wünsche eingegangen werden kann und die Qualität vergleichbar ist mit konventioneller Bauweise.