Redner: Sebastian Walther, Stadtrat der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Verehrter Herr Oberbürgermeister!
Verehrte Bürgermeister!
Liebe Kolleginnen und Kollegen Stadträte!
Meine sehr verehrten Damen und Herren Gäste!

Vor beinahe drei Wochen wurde der Wehrersatzdienst in der Bundesrepublik Deutschland 50 Jahre alt.
Seit dem 1. April 1961 leisteten tausende und abertausende junge Männer anstelle des Dienstes an der Waffe einen nicht minder wichtigen Dienst an ihrem Land und ihren Mitmenschen. Auch in unserer Stadt tun sie dies bis auf den heutigen Tag.

Wenn der Bundespräsident seine Weihnachtsansprache hält, so erwähnt er stets die Polizei, die Feuerwehr, die Mediziner und andere, die auch an Feiertagen treu ihren Dienst tun und wachen, löschen, retten, pflegen.
Wenngleich er auch unsere Wehrdienstleistenden würdigt, so werden die Zivildienstleisten, beinahe doppelt so viele, leider oft vergessen.

Um die Bedeutung der Arbeit der Zivildienstleistenden zu erkennen, muss man freilich nicht Bundespräsident sein.
Hier in unserer Stadt arbeitet ein Zivildienstleistender im Naturkundemuseum, zwei an der Volkshochschule, zwei im Übernachtungshaus, das dem Sozialamt untersteht. 21 junge Männer schaufelten Schnee, als wir, meine Damen und Herren, am Heiligabend 2010 unter dem Christbaum saßen.
Ganze 25 Zivildienstleistende sind es sogar, die in Förderschulen für geistig- und körperlich behinderte Menschen und in Integrationseinrichtungen der Stadt ihren Dienst tun.
Sie alle werden verschwinden. Denn der Zivildienst wird seinen 51. Geburtstag nicht erleben.

So muss gefragt werden: Wie geht es weiter? Die Nachlassverwaltung des Zivildienstes übernimmt ab dem 1. Juli diesen Jahres der Bundesfreiwilligendienst für Männer und Frauen jeden Alters.
Das freiwillige ökologische Jahr und das freiwillige soziale Jahr sollen hierdurch ergänzt werden, die Dienstdauer liegt zwischen 6 und 24 Monaten – das sind die Fakten.

Unklar ist indes, ob der neue Bundesfreiwilligendienst dem Zivildienst tatsächlich gerecht werden kann.
Die Entlohnung für die Tätigkeit soll analog zu den Jugendfreiwilligendiensten stattfinden, also nicht den gleichen Umfang haben, wie es bei Wehr- und Zivildienst geschah. Es ist und bleibt zudem unsicher, welcher Beliebtheit sich der Nachfolger des Zivildienstes erfreuen wird, denn freiwillig heißt: nicht verpflichtend.
Genau dieser Mangel an Gewissheit macht es notwendig, sich mit dem Gedanken auseinanderzusetzen, was passieren wird, wenn sich einfach nicht genügend Freiwillige finden, um den Bedarf abzudecken, den auch unsere kommunalen Einrichtungen haben.

Aber, meine Damen und Herren, wollen wir denn wirklich warten, bis es soweit ist, bevor wir uns einen Plan B überlegen? Wollen wir die Hände in den Schoß legen und schauen, was passiert? – Meine Fraktion will das gewiss nicht!
Zu riskieren, dass die Aufgaben in den Förderschulen und Integrationseinrichtungen reduziert werden müssen, dass die Bauhöfe, in denen zuweilen 50 Prozent der Belegschaft Zivildienstleistende sind, ihrer Arbeit nicht mehr im selben Umfang wie heute nachkommen können, ist unverantwortlich.

Nachhaltige Kommunalpolitik heißt: vorausschauend agieren und gut planen. Ich bitte Sie daher, schauen sie voraus und lassen Sie uns in Leipzig einen Plan B entwickeln, um Geschaffenes möglichst zu erhalten und Notwendiges jederzeit leisten zu können. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zum Antrag meiner Fraktion.

Vielen Dank.