Rede zum Antrag „Tarifmoratorium“
Redner: Axel Dyck, Fraktionsvorsitzender
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,
sehr geehrte Gäste!
Meine Fraktion wird dem Punkt 2 des Antrages nicht zustimmen.
Ja – die alljährlich stattfindenden Tarifsteigerungen, mit dem Anschein einer Naturkostante in relativer Höhe von etwa 4 Prozent zu einem Fixdatum im Kalenderjahr nähern sich in der subjektiven Wahrnehmung einer kritischen Größe. Ursprünglich wurde mal angenommen, dass diese bereits bei 2 Euro im Einzelfahrschein erreicht war.
Aber – der Antragspunkt 2 ist nicht die Lösung des scheinbaren Problems – ja, er ist sogar hochgradig populistisch und mit Blick auf die ohne Zweifel angespannte wirtschaftliche Situation der LVB auch gefährlich. Es geht um mehrere Millionen Euro Einnahmeverluste pro Jahr.
Interessant ist, dass im Beschlussvorschlag überhaupt nicht auf die Überschrift eingegangen wird und dieser sogar im Widerspruch dazu steht.
Moratorium bezeichnet in Wirtschaftsfragen und um die geht es hier, im Allgemeinen die Übereinkunft zwischen Gläubiger und Schuldner, eine fällige Leistung aufzuschieben oder vorläufig zu unterlassen – auf der Ebene eines Vergleiches.
Aber im Beschlusstext steht übersetzt: Kündigung ohne den Partner zu fragen. Hier soll einseitig zu Lasten der LVB, eine bestellte Leistung nicht bezahlt werden.
Nicht ganz fair, nicht ganz fein.
Der Antrag geht in keinster Weise auf die wirtschaftlichen Folgen für das Unternehmen ein – er suggeriert sogar, dass diese nicht immanent sind und keiner Kompensation bedürfen.
Nach dem Motto „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“.
Der aufmerksamen Öffentlichkeit wird wieder besseren Wissens vorgegaukelt, dass Einnahmeerhöhungen gegenwärtig – wörtlich im Text „ausschließlich durch Fahrpreiserhöhungen“ stattfinden. Sie wissen, dass das falsch ist.
Und – warum Arbeitnehmervertreter für Ihren Antrag sind, erschließt sich mir nicht, da eine Annahme vor allem zu Lasten der Beschäftigten gehen würde. Details erspar ich mir, aber bereits die laufenden Strukturierungsprozesse im LVB – LVV – Verbund setzen die bekannten Beharrungskräfte frei.
Weiter wird mit Ihrem Antrag eine nicht einlösbare Hoffnung in den Raum gestellt, dass es für die Nutzer und Nutznießer des ÖPNV kostenfreie „alternative“ Finanzierungsformen gibt, die quasi an dem Tag, wo die eingeforderte Untersuchung und Analyse zur Thematik vorliegt, einfach umgesetzt werden können und dann auch für die LVB sofort kassenwirksam werden. Es sind auch keine Bedingungen im Antrag aufgezeigt, welchen Alternativen Sie und wann zustimmen könnten. Also dauerhaftes Moratorium zum wirtschaftlichen Schaden des Unternehmens.
Sprechen Sie es doch bitte aus: Alternativ heißt nicht höhere Beiträge in den Systembausteinen, sondern neue Bausteine wie bspw. höhere Kommunalsteuern in Form einer Nahverkehrsabgabe oder einer Citymaut. Das bedarf Akzeptanz und entsprechende gesellschaftliche Denkprozesse – also lange Zeiträume. In diesem Zeitraum entziehen Sie der LVB Finanzmittel, die zu Lasten der Qualität des ÖPNV gehen.
Oder Sie sagen deutlich, dass das Defizit aus dem städtischen Ergebnishaushalt gedeckt werden soll, aber bitte bei gleichzeitiger Ansage, von wo aus umverteilt wird. Denn es geht bei Querfinanzierungen immer um Umverteilung.
In Summe ein gefährlicher und verantwortungsloser Antrag – weil er einfache Lösungen verspricht und in seiner Überschrift so unschuldig daherkommt.
Seien wir aber auch ehrlich – es wird noch über viele Jahre zu Tariferhöhungen kommen müssen. Die sind aber nur akzeptabel, wenn die erbrachte Leistung einen entsprechenden Gegenwert rechtfertigt.
Und darüber wird in diesem Jahr in den entsprechenden Gremien verantwortungsvoll zu diskutieren sein.