Redner: Dr. Joachim Fischer, SPD-Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,

im Jahre 1968 hat die damalige Stadtverordnetenversammlung einstimmig dem Abriss der Universitätskirche zugestimmt und damit eine Kulturbarbarei legitimiert. Auch deshalb ist der Stadtrat in der Pflicht, zum weiteren Umgang mit der Universitätskirche Position zu beziehen. Dies ist er auch den Leipziger Bürgern schuldig. Auch wenn die Stadt nicht Bauherr der Universität ist, so ist sie doch Träger der Planungshoheit. Ich habe Verständnis für die Wut und für die Trauer, die viele Bürger dieser Stadt im Zusammenhang mit der Sprengung der Universitätskirche empfänden. Auch ich habe während meines Studiums fast täglich an der Haltestelle vor dem Augusteum gestanden und in der Universitätskirche mehrfach das Weihnachtsoratorium gehört. Gerade deshalb frage ich mich aber auch, wie man mit dem damaligen Ereignis umgehen soll und ob man mit einem Plagiat der Kirche dem damaligen Verbrechen angemessen begegnen kann. Die übergroße Mehrheit der SPD-Fraktion und ich persönlich glauben das nicht, sondern sind im Gegenteil der Meinung, dass damit möglicherweise sogar dem Vergessen des damaligen Geschehens Vorschub geleistet wird.

Gemeinsam mit der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen trete die SPD-Fraktion für ein angemessenes Zeichen des Erinnerns an die Universitätskirche und an die Sprengung am Ort des Geschehens ein, wolle aber auch nach vorn schauen. Auch eine moderne Universität des 21.Jahrhunderts brauche eine geistige Mitte, die am Standort der gesprengten Universitätskirche entstehen sollte.

Es sei erfreulich, dass sich viele Leipziger Bürger mit diesem Thema befassten. Beispielhaft zu nennen seien der Campus e. V. und die Gruppe “Protest für Leipzig”. Die zuletzt genannte Gruppe rege an, die besondere Akzentuierung auf das Thema der geistigen Mitte zu lenken. Die antragstellenden Fraktionen hätten dies mit Einverständnis der Gruppe in den Antrag aufgenommen. Gleiches gelte für den Wunsch nach Transparenz und öffentlicher Beteiligung. Dahinter stehe die Forderung, dass nicht in Dresden entschieden werde, was in Leipzig an solch prominenter Stelle gebaut werden solle.

Bei der weiteren Qualifizierung des Entwurfs im Hinblick auf das Gesicht des Augustusplatzes könne man sich auch die Beteiligung weiterer Preisträger und Architekten vorstellen, die von der Stadt, dem Freistaat und der Universität benannt werden sollten. Bei dieser Qualifizierung sei das Hauptgebäude der Universität nötigenfalls infrage zu stellen. Die Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen lehnten aber die aktuelle Debatte in der Staatsregierung und auch in der hiesigen CDU ab, die Variante vom Neubau bis zur Rekonstruktion der Kirche zulasse. Damit drücke man sich lediglich vor einer Entscheidung.

Der Änderungsantrag der PDS-Fraktion könne in den Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen übernommen werden, den Ergänzungsantrag von Stadträtin Suárez betrachte man als eine Selbstverständlichkeit. Auch nach dem Ursprungsantrag sei es möglich, in der Aula kirchliche Veranstaltungen durchzuführen.

Man hoffe sehr, dass es im Jahre 2012 in Leipzig Olympische Spiele geben werde. Auf jeden Fall jähre sich 2009 zum 600. Male die Gründung der Universität. Beides sein große Herausforderungen. Wie die Leipziger Bürger zu so großen Aufgaben stünden, hätten sie am vergangenen Sonnabend erneut gezeigt. Auch der Stadtrat soll ein weiteres Mal beweisen, dass er in der Lage sei, wichtige Entscheidungen zu treffen. Es müsse Schluss sein mit den Streitereien der letzten Zeit. Er, Fischer, frage die dafür verantwortlichen Mitglieder der CDU-Fraktion, was sie damit erreicht hätten. Sie sollten ihre parteipolitischen Interessen zum Wohle der Stadt Leipzig zurückstellen. Wenn Leipzig im Jahre 2005 gegen die großen Metropolen dieser Welt eine Chance haben wolle, müsse jeder einzelne Stadtrat Größe beweisen und ab und zu über seinen Schatten springen. Dies hätten die Leipziger Bürger wahrlich verdient.