Redner: Axel Dyck, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Gäste!

Für viele Stadträte, Bürgermeister, Verwaltungsmitarbeiter hier im Saal, aber auch für eine ganze Reihe Gäste, die heute anwesend sind, ist der zur Abstimmung stehende Sachverhalt mehr als Routine, mehr als ein normaler Verwaltungsvorgang.
Das Projekt „Leipziger Freiheitsdenkmal“ ist Emotion oder wird Emotion werden, es hat etwas mit persönlicher Erinnerung, Rückblick, Reflexion zu tun, es ist aber auch für viele Menschen Provokation. Deshalb sind unterschiedliche Sichtweisen darauf mehr als legitim.
Was wir heute beschließen wollen, geht in seiner Tragweite und Tiefe weit in die Zukunft und wir blicken dabei gleichzeitig auch zurück.

Es wäre vermessen, wenn wir die Forderung erheben würden, dass die gesamte gesellschaftliche Dramatik des Jahres 1989 und der Jahre davor und danach, womöglich allein fokussiert auf unsere Stadt und die teils widersprüchliche Entwicklung in Deutschland und Europa der letzten Jahrzehnte in der Denkmalsidee verkörpert und sinnbildlich erfahrbar wird.

Allein diese beiden Komplexitäten – die vom eigenen Erleben geprägten 22 Jahre seit 1989, der eine oder die andere überhöhen dabei zunehmend ihre eigene Rolle im Nebel der Erinnerung, andere beanspruchen für sich die alleinige Deutungshoheit über die Ereignisse, und der analytische Blick der Historiker lassen einige von uns offensichtlich erschauern und erstarren vor der scheinbar unlösbaren Aufgabe den Denkmalsinhalt, so wie formuliert erkennbar und erlebbar umzusetzen. Teils flüchten wir uns weg von der Idee und dem Inhalt eines Denkmals für die positiven Momente unserer Geschichte hin zur Frage des vermeintlich authentischsten Ortes, an dem es denn stehen muss.

Das Denkmal in Leipzig soll ausdrücklich nicht allein an das für unsere Stadt singuläre Datum des 9. Oktobers erinnern – Historiker sprechen bereits vom „Tag der Entscheidung“, der hochgerüsteten Diktatur stand als alleinige Waffe die Menschenmasse gegenüber und nur dadurch gab es an diesem Tag kein Blut auf dem Pflaster des Ringes. Das Denkmal soll auch nicht die legendären Montagsdemonstrationen als direkte Antwort auf die Flut der Ereignisse der vorherigen Woche reflektieren, an deren logischen Ende die deutsche Einheit stand. 

Das Freiheitsdenkmal soll in erster Herausforderung an zukünftige Generationen gerichtet sein. Das direkt Beteiligte, aber auch die etwas abseits Gestandenen ebenfalls angesprochen werden müssen, ist gewollt.
Mit der Erinnerung soll zum Nachdenken und zur Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Prozessen in Deutschland und Europa, die auch und vor allem in der „Friedlichen Revolution“ ihre Grundlage haben, provoziert werden. Es geht vor allem auch um die ständige Auseinandersetzung mit unserem demokratischen Wertesystem, es geht zunehmend um Bürgerechte – auch in Deutschland.

Deshalb ist der nunmehr gewählte Ort für das Denkmal mehr als ideal. Er besitzt Nähe zu den authentischen Plätzen bei gleichzeitiger Distanz um Mythenbildung vorzubeugen. Was nicht den Ausschlag für den Platzentscheid geben darf, ist die gegenwärtige Brache des Leuschnerplatzes, sie ist allein ein glücklicher Umstand.
Warum?
Ich persönlich sehe an dieser Stelle gerade dadurch überhaupt die Chance die Denkmalsidee frei von vorhandenen Platzstrukturen, Fassungen oder Sichtachsen originell und visionär umsetzen zu können. Wir sollten alle freudig gespannt sein auf das was uns Künstler, Architekten, Denker mit der ihnen eigenen Kreativität und Vorstellungskraft vorschlagen werde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Mit dem Denkmal auf dem heutigen Wilhelm-Leuschner-Platz, sicherlich der zukünftige „Platz der friedlichen Revolution“, schließt sich symbolisch erneut der Ring.
Lassen Sie uns diesen wichtigen Beitrag zur Erinnerung an ein herausragendes Datum unserer Stadtgeschichte und einem positiv besetzten Geschichtsmoment Deutschlands verantwortungsvoll gestalten.