Redner: Gunter Müller, Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Kollegen,
werte Gäste,

die Ratsversammlung soll heute zu Finanzvorgängen votieren, die mehrere Jahre zurückliegen. Der Darlehensvertrag mit der Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft stammt beispielsweise aus dem Kalenderjahr 1997. Dieser Darlehensvertrag und andere Verträge sollen wir nun nachträglich genehmigen. Für die SPD-Fraktion kann ich sagen, dass wir diese Genehmigungen mittragen werden.
Die Genehmigungen sind erforderlich geworden, weil die entsprechenden Verträge dem Stadtrat damals nicht übergeben wurden.

Bereits bei den Prüfungen der Jahresrechnungen 2001 und 2002 hatte das Rechnungsprüfungsamt die Finanzbeziehungen der Stadt Leipzig mit der LVV thematisiert. Ein nachfolgender Prüfbericht wurde von der Verwaltung so nicht akzeptiert.
Der Rechnungsprüfungsausschuss hat sich dann in der Zeit 2004 und 2005 in 10 Sitzungen mit der Gestaltung dieser Finanzbeziehung beschäftigt. Der damalige Oberbürgermeister hatte uns für die Beratungen sämtliche relevanten Verträge ausgehändigt. In den Beratungen mussten die Vertreter des Rechnungsprüfungsausschusses zunächst feststellen, dass die Verwaltungsvertreter das Verwaltungshandeln hinsichtlich dieser Finanzvorgänge rechtfertigten. Erst nach mehreren Beratungen und insbesondere nach Veränderungen in der Verwaltungsspitze rückten die Verwaltungsvertreter von den ursprünglichen Positionen ab. Nunmehr schließt sich die Verwaltung nahezu vollumfänglich den Feststellungen des Rechnungsprüfungsausschusses an. Deshalb wird nun auch seitens der Verwaltung die Notwendigkeit gesehen, die ursprünglich geschlossenen Verträge von der Ratsversammlung genehmigen zu lassen.
Im Auftrag des Ausschusses habe ich im Sommer 2005 den damaligen Oberbürgermeister gebeten, unsere Stellungnahme zu den Finanzvorgängen dem Stadtrat zu übergeben. Dies ist nun endlich mit fast zweijähriger Verspätung geschehen. Aufgrund dieser Erfahrung sollten wir im Stadtrat diskutieren, ob wir die Prüfungsordnung zukünftig nicht so ändern, dass der Rechnungsprüfungsausschuss das Recht erhält, wesentliche Feststellungen unmittelbar dem Stadtrat mitteilen zu können.
Positiv anzumerken ist, dass diese Vorlage und damit auch unser Abschlussbericht öffentlich im Stadtrat beraten werden.

Lassen Sie mich als Vorsitzenden des Rechnungsprüfungsausschusses auf unsere Stellungnahme zu diesen Finanzvorgängen näher eingehen.
Der Stadtrat wurde in diesen Angelegenheiten regelmäßig nicht oder nur unvollständig einbezogen. Einige Vereinbarungen wurden noch nicht einmal in der Dienstberatung des Oberbürgermeisters beraten. Nahezu sämtliche Verträge wurden ohne Mitwirkung des Rechtsamtes gefertigt. Die Qualität der meisten Verträge war erschreckend.
Der Stadtrat wurde über einen längeren Zeitraum nicht darüber informiert, dass der Stadt umfangreiche Ansprüche aus dem Darlehensvertrag gegenüber der LVV zustanden. Mitunter entstand der Eindruck, dass die Finanzbeziehungen der Stadt mit der LVV durch die jeweilige Haushaltslage geprägt wurden. Eine strategische Vorgehensweise war uns nicht ersichtlich.
Auch nach Beratung dieser Finanzvorgänge in unserem Ausschuss  handelten einige Vertreter der Verwaltung so als hätte es unseren Abschlussbericht nicht gegeben. So wurde Ende 2005 eine weitere Tilgungsvereinbarung mit der LVV getroffen und im Januar 2006 ein weiterer Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag.

Mir ist nicht erklärlich, warum unsere Vorschläge verwaltungsseitig nicht viel früher umgesetzt wurden. Die jetzigen Beschlussvorschläge hätten aus meiner Sicht bereits Ende 2005 dem Stadtrat zugeführt werden können.
Anlässlich unserer Feststellungen haben wir der Verwaltung einige, wie wir meinen, nützliche Handlungsempfehlungen gegeben. Insofern verweise ich auf unseren Bericht. Ich will an dieser Stelle lediglich anführen, dass wir die Notwendigkeit eines wirksamen Vertragscontrollings sehen und auch die Einrichtung eines beratenden Ausschusses für Rechtsangelegenheiten anregen.
Ich denke, dass sich derartige Vorgänge nicht wiederholen werden. Die Verwaltungsspitze sollte jedoch zukünftig bei einer derartig eindeutigen Rechtslage bemüht sein, die Vorschläge von Stadträten zeitnah umzusetzen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.