Rede zur Vorlage “Satzung Schulbezirke für Grundschulen”

Redner: Prof. Thomas Fabian, Stadtrat der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herrn Stadträte,
werte Gäste,

auch die neue Satzung sieht die Bildung von Einzelschulbezirken für alle Grundschulen vor. Lediglich an einer Stelle werden Teile von vier Schulbezirken einem gemeinsamen Schulbezirk zugeordnet, damit die betreffenden Schulbezirksgrenzen nicht ständig aufgrund von Schwankungen des Bedarfs geändert werden müssen.

Gelegentlich werden Stimmen laut, die den Sinn von Einzelschulbezirken in Frage stellen. Es gibt auch Leute, die sie gern abschaffen würden. In Leipzig besteht jedoch über die parteipolitischen Grenzen hinweg weitgehende Übereinstimmung darüber, dass Einzelschulbezirke für Grundschulen beibehalten werden sollen. Eine Aufhebung der Einzelschulbezirke und die sich daraus ergebende Freiheit der Schulwahl hätte weitreichende Folgen: Nicht eine bedarfsorientierte rationale Schulpolitik würde die Zukunft der einzelnen Grundschulen bestimmen, sondern eine vom Elternwillen abhängige Nachfrage.

Die Festlegung der Einzelschulbezirke ist nicht allein durch Sachzwänge der Kommune bestimmt, und die Vermeidung weiterer Grundschulschließungen reicht als Begründung nicht aus – nein, sie hat vor allem eine hohe bildungspolitische Bedeutung.

Die Grundschule – damals Volksschule genannt – wurde 1919 erstmals durch die Weimarer Verfassung und 1920 durch das Reichsgrundschulgesetz eingeführt und löste damit die Vorklassen, Vorschulen und Progymnasien ab, in denen vorwiegend die oberen Schichten ihre Kinder auf das Gymnasium vorbereiten ließen. Erst von da an gab es also eine gemeinsame Schule für alle, eine Gesamtschule gewissermaßen für die ersten vier Schuljahre.

Hätte man damals nicht auf die Festlegung von Schulbezirken bestanden, wäre die Absicht des Gesetzgebers, nämlich eine wirkliche “Volks”-Schule einzuführen, leicht unterlaufen worden, indem bestimmte Eltern bestimmte Schulen bevorzugt gewählt hätten.

Es gab und gibt natürlich eine gewisse Segregation durch die Festlegung auf Wohnbezirke, die sich ja oft sozial unterscheiden. Aber obwohl auch in Leipzig zu beobachten ist, dass sich in einigen Ortsteilen soziale Problemlagen häufen, bleibt das Festhalten an den Einzelschulbezirken immer noch eine entscheidende Voraussetzung für eine einigermaßen gerechte Verteilung von Bildungschancen. Wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, so werden Grundschulen in Leipzig von Kindern aus verschiedenen sozialen Milieus besucht. Es ist nicht so, dass Kinder mit Bussen zum Schulbesuch durch die Stadt in andere Ortsteile gefahren werden müssten, um soziale Benachteiligungen auszugleichen.

Es geht also nicht darum, ob, sondern wie die Einzelschulbezirke festgelegt werden sollen. Dies ist keine einfache Aufgabe. Einzelschulbezirke können nicht wie Bienenwaben geschnitten werden. Sie haben also zwangsläufig unterschiedliche Größen und Formen. Die Schulen liegen nicht immer in der Mitte der Einzelschulbezirke, manche Kinder können nicht die nächstgelegene Schule besuchen.

Neben der Erfüllung der Vorgaben hinsichtlich der Mindestschülerzahlen sind bei der Abgrenzung der Schulbezirke vor allem die Sicherheit und die Zumutbarkeit der Schulwege zu beachten. Ich glaube, dass sich das Schulverwaltungsamt sehr darum bemüht hat.

Im Fall der Grenzziehung zwischen den Schulbezirken für die Franz-Mehring-Schule und die 31. Schule war dies allerdings in der ursprünglichen Fassung der Vorlage nicht in ausreichendem Maße geschehen. Das Schulverwaltungsamt hat dann aber nach eingehenden Diskussionen im Fachausschuss und Erörterungen im Stadtbezirksbeirat zweimal entsprechende Korrekturen vorgenommen, so dass die Kinder aus der Kommandant-Prendel-Allee und dem Sonnenwinkel wie bisher die Franz-Mehring-Schule besuchen können.

In der heute zur Abstimmung stehenden Satzung wurden aufgrund veränderter Schülerzahlen neun Einzelschulbezirke geändert. Dabei war nicht zu vermeiden, dass die Schulwege für Kinder aus einigen Straßenzügen verlängert wurden. Ein etwas längerer Schulweg ist nicht unbedingt weniger sicher. Dennoch sollten weitere Anstrengungen für die Schulwegesicherheit unternommen werden, beispielsweise durch den vermehrten Einsatz von Schülerlotsen.

Die SPD-Fraktion wird der Vorlage in der Fassung vom 14. April 2005 zustimmen.