Christian Schulze

Redner: Christian Schulze, Stadtrat

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
geehrte Damen und Herren Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen im Stadtrat,
sehr geehrter Herr Thomaskantor Schwarz,
hallo Ihr Thomasser im Netz und, ausdrücklich,
lieber Herr Reize vermutlich noch in  Solothurn einige Wochen vor der Abreise nach Leipzig,

als Mitglied der Auswahlkommission bin ich seit vergangenem Freitag im Austausch mit allen möglichen Beteiligten des Themas „Neuer Thomaskantor“. Wie andere auch, bin ich verstört, irritiert und wähne mich im falschen Film.

Das letzte Auswahlverfahren vor 5 Jahren war ja ein ziemliches Desaster. Man hat mit den Kandidaten öffentliche Konzerte gegeben und dabei teilweise die Kandidaten verbrannt.

Und am Ende konnte man sich nicht einmal auf einen Kandidaten einigen. So etwas wollten wir nicht nochmal erleben. Dankenswerter Weise hat sich Gotthold Schwarz in dieser schwierigen Situation auf einen 5-Jahres-Vertrag – er wollte keinen Vertrag auf Lebenszeit – eingelassen. Völlig klar, dafür sind wir noch heute dankbar.

Dass dieser Vertrag im Sommer 2021 ausläuft war also klar. Superintendent Richter, in den 80er- und 90er-Jahren an der Thomaskirche tätig, hat mir den Satz geprägt „Pacta sunt servanda -Verträge sind einzuhalten“. Nun ist trefflich darüber zu streiten, ob wir dem Wunsch von Gotthold Schwarz hätten nachgeben sollen, seinen Vertrag zu verlängern. Wir haben es nicht getan und es ist müßig, darüber heute zu diskutieren.

Schon ab Sommer 2019 ist allen Beteiligten signalisiert worden, dass 2020 ein neues Verfahren stattfindet, um im Sommer 2021 einen neuen Thomaskantor zu haben. 

Diesmal ist von vornherein gesagt worden, dass da nicht jeder mitbestimmen kann. Es wurde den Thomanern und deren Umfeld klar gesagt: Wir werden nicht jeden Thomaner und nicht jeden Mitarbeiter im Alumnat fragen, welcher der Kandidaten es werden soll.  

Das heißt aber nicht, dass der Chor nicht beteiligt wurde. Das zur Klarstellung bzgl. mancher Verlautbarung der letzten Tage.

Zwei vom Chor benannte Thomaner aus der Oberstufe wurden, als man sich auf vier Kandidaten geeinigt hat (der jetzt gewollte war dabei), hinzuzugezogen. Sie konnten vor der Auswahlkommission als Erste nach den jeweiligen Aufführungen sprechen und haben auch gut dargelegt, wie die unterschiedlichen Altersstufen im Chor die Proben mit den Kandidaten wahrgenommen haben. Sie konnten mit uns diskutieren, und die fachliche Kritik, die jetzt geäußert wurde, kam damals so nicht.  Das wird nun in die Welt gesetzt, um dem neuen Kantor zu schaden. Das hat offenbar eine gewisse Tradition. Die jetzige Reaktion bestätigt mir, dass man die Thomaner in der Kantorenfrage zwar beteiligen sollte, aber mit der Entscheidung sind sie offensichtlich überfordert.  Das ist im Leben so, da kann man nicht überall mitentscheiden, auch das gehört zur Demokratie. Bzw. auch ein Thomaner muss lernen, demokratische, sehr transparente Entscheidungen zu akzeptieren.

Ich habe Andreas Reize noch am Freitag geschrieben, er möge an der Idee festhalten, Thomaskantor zu werden.

Wir haben im Januar im Stadtrat endgültig und in großer Einmütigkeit entschieden. Am Sonntag bekam ich Antwort. Natürlich ist auch er irritiert, hat aber seit Freitag viele nur positive Meldungen aus Leipzig bekommen. Inzwischen gibt es wohl auch Meldungen, die ihn zum Aufgeben bringen wollen. Ich bin fest davon überzeugt, dass er dafür keinen Grund hat. Die Thomasgemeinde, das Gewandhaus, die Auswahlkommission, der Stadtrat, die Verwaltungsspitze stehen hinter Ihnen, Herr Reize.

Es wäre ein Desaster für den Chor und unsere Stadt, wenn der Brief vom letzten Freitag ein neues Verfahren nach sich zöge. 

Klar, es ist jetzt auch eine schwierige Situation für die Thomaner, sie haben seit Monaten keinen direkten Kontakt zueinander, sie können nicht singen,  da wird man vielleicht auch anfällig, besonders sensibel zu reagieren. Ja, auch manche Reaktion auf den Brief der Obernschaft war vielleicht pädagogisch nicht sehr wertvoll.

Zum Schluss eine Bitte an den hochgeschätzten Thomaskantor Gotthold Schwarz:

Lieber Herr Schwarz, Sie hätten die Autorität, die Jungs aus der Sackgasse zu führen. Nehmen Sie bitte Ihre Verantwortung für den Chor und eine geordnete Übergabe an Herr Reize wahr. Das ist jetzt Ihr Job. Sie wissen genau, dass Sie der Schlüssel zur Lösung sind. Bitte handeln Sie entsprechend.

Abschließend: Lieber Herr Reize, wir freuen uns auf Sie. Bleiben Sie gesund. Alles wird gut.