Schlagwortarchiv für: Freie Szene

Gemeinsamer Änderungsantrag mit den Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen.

Beschlussvorschlag:

Der Beschlussvorschlag der Vorlage “Fachförderrichtlinie der Stadt Leipzig über die Förderung freier kultureller und künstlerischer Projekte und Einrichtungen (Fachförderrichtlinie Kultur) und Förderstrategie freie Kunst und Kultur” wird im Punkt 2 wie folgt ergänzt:

2. Die Förderstrategie Freie Kunst und Kultur in Leipzig wird zur Kenntnis genommen. Die Basisförderung wird ab dem Jahr 2025 mit einem eigenen Budget versehen.

Begründung:

Zur erfolgreichen Umsetzung der in der Anlage 2 “Förderstrategie für die Freie Kunst und Kultur in Leipzig” Punkt 4 (siehe Seite 6) aufgeführte Basisförderung, muss dem neuen Förderinstrument ein eigenes Budget zugewiesen werden.

Beschlussvorschlag

Ergänzungvorschläge sind fett und kursiv gedruckt:

4.2.3. Nicht zuwendungsfähig sind Ausgaben für 

• die Unterhaltung eines oder mehrerer steuerpflichtiger wirtschaftlicher 

Geschäftsbetriebe gem. § 64 Abgabenordnung (AO), 

• Abschreibungen mit Ausnahme von unter 4.2.3a aufgeführten Kosten

• Leasing von Fahrzeugen, 

• Zinsen und andere Ausgaben für selbst in Anspruch genommene Darlehen mit Ausnahme von unter 4.2.3a aufgeführten Kosten,

• Mahngebühren, 

• Mitgliedsbeiträge jeglicher Art 

• die Bildung von Rücklagen.

4.2.3 a) Abschreibungen und Finanzierungsaufwendungen für Immobilien können, sofern sie im Bereich der durchschnittlichen Höhe der Mietzahlungen liegen, die von der Stadt geförderte Kulturbetriebe der Freien Szene  für ihre Räumlichkeiten leisten müssen, als zuwendungsfähige Ausgaben anerkannt werden, wenn sie im Sinne einer kalkulatorischen Miete laufende Kosten der für die zuwendungsfähigen Aufgaben benötigten, im Eigentum befindlichen oder eigentümerähnlich betriebenen, selbst genutzten Räumlichkeiten darstellen.

Begründung des Antrags

In vielen Großstädten herrscht Knappheit an bezahlbarem Wohnraum. Dies ist zu einer zentralen Frage sozialer Gerechtigkeit geworden. Knapper werdende bezahlbare Räume für Kultur- und andere gemeinnützige Initiativen scheinen dabei zunächst ein Nebenschauplatz zu sein. Doch auch hier geraten die Akteure durch Verdrängung oder aufgrund höherer Mieten und dadurch immer höherer Belastung ihrer knappen Ressourcen unter Druck. Zudem eignen sich unsichere gewerbliche Mietverhältnisse, um die es sich auch bei gemeinnützigen Akteuren rechtlich häufig handelt, in der Regel nicht für eine nachhaltige Entwicklung des Standortes. Selbst genutzte und selbst instand zu haltende Räume im finanzierten oder selbst ausgebauten Eigentum oder in vergleichbar langfristig planbaren Nutzungsverhältnissen mit Entwicklungspotential (z. B. Erbbaurecht) stellen für Kultur- und gemeinnützige initiativen vor allem in Großstädten eine notwendige Alternative dar.

Die Förderfähigkeit von Raumkosten für selbst genutzte und selbst instand zu haltende Räume im Eigentum eines gemeinnützigen bzw. Kulturakteures in der FFRL auszuschließen, während Raumkosten, über die eine Rendite gewerblichen Vermietern zufließt, als alleinig förderwürdig gelten, ist nicht mehr zeitgemäß. Daher müssen bisherige Förderbarrieren durch geeignete Zuwendungsbestimmungen ersetzt werden. Durch weiterführende Information, Beratung und Vernetzung können daraufhin mehr Akteure angeregt werden, einen solchen Weg zu gehen und ihre Standorte zur Nutzung für ihre zuwendungsfähigen Aufgaben für die Zukunft zu sichern und zu entwickeln. Die innerhalb des Förderzeitraumes als förderwürdig anerkannten Kosten sollten dabei in der Höhe auf einen Wert bis maximal des Durchschnitts der Mietzahlungen, die städtisch geförderte Kulturbetriebe der Freien Szene für ihre Räume zahlen müssen. Eine ortsübliche Vergleichsmiete, die das Ganze einfacher händelbar machen würde, gibt es im gewerblichen Bereich nicht. Diese unrissene Kappungsgrenze stellt die satzungsgemäße bzw. förderwürdige laufende Nutzung der betreffenden Räume als ursächlichen Zweck der Förderung in den Vordergrund. Dass im Nebeneffekt durch wiederholte, ggf. für konkrete, aufeinanderfolgende Förderzeiträume bewilligte Zuwendungen auch Zug um Zug anteilig ein Eigentumserwerb entstehen oder bestehendes Eigentum erhalten werden kann, bleibt weiterhin im alleinigen unternehmerischen Risiko des Zuwendungsempfängers.

Gerhard PötzschArtikel von Gerhard Pötzsch für Amtsblatt vom 01.03.2014

Die Informationsvorlage zur zukünftigen Struktur der Eigenbetriebe Kultur hat der Stadtrat nach intensiver Diskussion in der letzten Ratsversammlung zur Kenntnis genommen.
Leipzig ist wachsende Stadt. Die Höhe der öffentlichen Kulturförderung bleibt, wenn es nach unserer Fraktion geht, für eine Stadt unserer Größe und gemessen am bundesdeutschen Durchschnitt auch weiterhin bemerkenswert hoch. Das finden nicht alle gut oder halten es für richtig. Denn selbst die junge Künstlerszene und die lebendige Soziokultur Leipzigs ändern nichts an der Tatsache, dass den 5 bis 10 Prozent kultureller Vielnutzer und 40 bis 45 Prozent Nutzern von Kulturinstitutionen etwa 50 Prozent Nichtnutzer kultureller Einrichtungen gegenüber stehen. Es bleibt also unsere Pflicht, der gesamten Einwohnerschaft künftig noch besser zu erläutern, warum eine solche Grundsatzentscheidung für die Kultur in Leipzig auch in ihrem ureigenen Interesse ist!

Im Betriebsausschuss Kultur wurde uns aktuell durch die Intendanz der Oper von der erfreulich ansteigenden Zuschauerresonanz im Haus und der positiven Entwicklung des Eigenbetriebes insgesamt berichtet. Ähnliches hören wir vom Schauspiel. Kann es nicht sein, dass die über Jahrzehnte und Jahrhunderte gewachsenen Kultureinrichtungen unserer Stadt in Wirklichkeit besser aufgestellt sind, als wir uns das gelegentlich eingestehen?

Redner: Christopher Zenker, Stadtrat

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
werte Gäste!

Leipzig entwickelt sich rasant. Der Wohnungsleerstand sinkt, Brachflächen verschwinden und neue Wohnquartiere entstehen darauf. Bei dieser Entwicklung kann es auch zu Konkurrenzsituationen kommen, wenn z.B. auf den Brachflächen oder an deren Rändern bereits Nutzer vorhanden sind.

Nutzer wie die Distillery, für deren Entwicklung die quasi innerstädtische Randlage zu Wohngebieten ein Vorteil war. Gleichzeitig hat die Distillery mit dazu beigetragen, dass der Leipziger Süden sowie Leipzig insgesamt wieder so attraktiv für junge Leute ist und in der nationalen und internationalen Presse als die Stadt der „Kreativen“ gefeiert wird.

Natürlich freuen wir uns, dass Leipzig attraktiv ist und wächst, sowohl bezüglich der Bevölkerung als auch bezüglich der Wirtschaftskraft. Diese positive Entwicklung darf jedoch nicht dazu führen, dass Räume für zum Beispiel Clubkultur verloren gehen.

In Hamburg zeichnet sich eine solche Entwicklung, wie die Zeit in einem Artikel vom 14.1.2014 darstellt. Darin heißt es: „Jetzt (…) gehen coole Bands ‚(…) nach Leipzig oder Berlin, weil es hier keine neuen Räume für Klubs mit experimentellerem Ansatz gibt“.

Mit dem heute auf der Tagesordnung stehenden Antrag wollen wir dazu beitragen, dass wir nicht die selben Fehler begehen, wie in Hamburg. Wir wollen, dass bestehende Einrichtungen, in dem konkreten Fall die Distillery, bei der Entwicklung neuer Wohn- und Gewerbegebiete eingebunden und berücksichtigt werden. Gerade bei großen Gebieten wie dem zwischen Bayerischen Bahnhof und MDR sollte dies kein Problem sein.

So könnte bei der Umfeldbebauung für die Distillery darauf geachtet werden, dass keine Konflikte insbesondere durch Lärmbelastung entstehen. Angrenzend an die Distillery könnte der ohnehin notwendige Schulneubau oder der Bau einer Kindertagesstätte realisiert werden. Dadurch gäbe es auch keinerlei Probleme mit nächtlicher Ruhestörung. Auch eine gegebenenfalls notwendige Nahversorgungseinrichtung würde zu keiner Nutzungskonkurrenz führen. Wohnungsbau im direkten Umfeld der Distillery würde fast zwangsläufig zu Lärmbeschwerden führen.

Wir wollen die Entwicklung am Bayerischen Bahnhof nicht behindern, wir wollen jedoch, dass bestehende Nutzer nicht verdrängt werden bzw. gemeinsam mit ihnen Lösungen gesucht werden. Wir werden uns daher auch nicht dagegen stellen, wenn eine Lösung gefunden wird, die sich nicht am aktuellen Standort befindet. Hierzu müssen jedoch tragfähige Vorschläge auf den Tisch. Der Verwaltungsstandpunkt ist uns dahingehend zu unkreativ, da er lediglich eine Verschiebung des Problems vorsieht bzw. ein Enddatum für die Distillery festlegt.

Wir erwarten von der Stadtverwaltung, vom neuen Eigentümer und selbstverständlich auch vom Betreiber der Distillery, dass man gemeinsam nach einer Lösung sucht, bei der das Gelände zwischen Bayerischen Bahnhof und MDR zügig entwickelt werden kann und die Distillery am Standort oder im Umfeld erhalten bleibt. Sicher müssen hierzu alle ein stückweit aufeinander zugehen und vor allem intensiv miteinander kommunizieren.

Leipzig ist so attraktiv weil wir Gewandhaus, Oper, musikalische Komödie, Freie Szene, vielfältige Kneipenszene und eine ausgeprägte Clubkultur haben. Das soll so bleiben.
Als neue Hauptstadt der „Kreativen“ sollte eine kreative Lösung zur Sicherung der Distillery und  damit eines Teils unserer kulturellen Vielfalt kein Problem sein.

Anlässlich der am 7. September 2013 stattfindenden Demonstration zum Erhalt der Distillery fordern die drei Stadträte Juliane Nagel (Die Linke), Christopher Zenker (SPD) und Norman Volger (Bündnis 90/Die Grünen) von der Stadt Leipzig und der Bahn AG ein klares Bekenntnis zur langfristigen Sicherung der Distillery am Standort in der Kurt-Eisner-Straße 91.
Der Leipziger Club Distillery ist seit 1992 zum wichtigen Bestandteil der Leipziger Szenekultur geworden, der weit über die Grenzen Leipzigs bekannt ist. Als ältester Club für elektronische Musik Ostdeutschlands ist die Distillery in der Region der erste Anlaufpunkt, wenn es um anspruchsvolle elektronische Musik geht.

Nagel, Zenker und Volger: „Dieser Teil der Leipziger Clubkultur darf nicht durch eine unabgestimmte Bebauung auf dem Gebiet Bayerischer Bahnhof  gefährdet werden. Bereits im ersten Bürgerforum zum Baugebiet Bayerischer Bahnhof bildete die Diskussion um den Erhalt der Distillery einen Schwerpunkt. Die Stadtverwaltung ist daher aufgefordert, sich zur Distillery zu bekennen und im laufenden Planungsverfahren sicherzustellen, dass ein Weiterbetrieb am Standort durch die angestrebte Umfeldbebauung ermöglicht wird. Diese Position sollte auch deutlich gegenüber der Deutschen Bahn AG geäußert werden. Gleichzeitig ist auch die Deutsche Bahn AG als Eigentümer der Flächen aufgefordert, diesen Prozess positiv zu begleiten und zu unterstützen.“

Um ihre Forderungen zu untermauern haben die drei Fraktionen Die Linke, SPD und Bündnis 90/Die Grünen bereits Anfang Juli 2013 einen entsprechenden Antrag eingereicht. Der Antrag ist gleichsam ein Plädoyer dafür, bestehende Standorte der selbstorganisierten Kulturszene, der Clubkultur und der Kultur- und Kreativwirtschaft bei der Realisierung neuer Projekte aktiv mit einzubinden und zu berücksichtigen.