Redner: Prof. Dr. Getu Abraham, Stadtrat
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
meine Damen und Herren,
über den Wilhelm-Leuschner-Platz reden wir schon ewig – und gefühlt mindestens seit der Friedlichen Revolution und dem Herbst ’89.
Ich bin ziemlich sicher, dass wir nicht noch mehr darüber reden müssen. Wir sollten allmählich Taten folgen lassen und den südlichen Kern unserer Innenstadt attraktiv gestalten.
Es ist eine Binsenweisheit, dass, wenn ein Platz – so, wie der Wilhelm-Leuschner-Platz – über Jahre hinweg brachliegt, ihn sich selbst inmitten einer Stadt wie Leipzig Flora und Fauna zurückerobern. Dass sich Bürgerinnen und Bürger eben über diese unsere pflanzlichen und tierischen Nachbarn Gedanken machen, ist ein Wert an sich.
Und dass sie uns daran erinnern und mahnen auch eine Qualität unseres demokratischen Miteinanders. Vielen Dank dafür an dieser Stelle!
Heute gibt es weltweit Menschen, die Nashörner ebenso wichtig finden wie Kathedralen oder Kunstwerke. Sie teilen ein Gefühl, für das – erlauben Sie mir, kurz den Bildungsbürger raushängen zu lassen –der Philosoph Erich Fromm das Wort „Biophilie“ fand: Bio-philie, Liebe zum Lebendigen. Oder nennen Sie es Respekt vor der Schöpfung, oder einfach nur Achtung vor der Komplexität des Lebens.
Komplexität des Lebens, des Zusammenlebens.
Es lohnt sich deshalb, genau diesen Platz im Herzen unserer Stadt neu zu denken und ihn ebendieser Komplexität Rechnung tragen zu lassen.
Denn wo sonst in Leipzig grenzen in so ungeheurer Dichte die unterschiedlichsten Bereiche der Leipziger Gesellschaft aneinander: Wir sehen die Kultur auf dem Augustusplatz, den Handel auf dem Markt, in den Bahnhofs- und in den Brühlarkaden, mit Bibliotheken und Universität Wissenschaft, Bildung und Forschung. Verwaltung und religiöses Leben sind ebenfalls nicht fern, Menschen wohnen hier – und selbst die Dinosaurier finden einen Platz… oder zumindest ihre Knochen im Naturkundemuseum.
Sie merken, der Wilhelm-Leuschner-Platz, seine ungeheure Vitalität birgt ungeheures Potential. Eines, das sich nicht allein in der Romantik einer Markthalle fassen und schon gar nicht erschöpfend entwickeln lässt.
Wer Leipzigs Innenstadt, den dortigen Handel, das lebendige Marktleben schützen, entwickeln und Fördern will – wer die kommerzielle Leistungskraft der schon vorhandenen innenstadtnahen Arkaden-Kultur im Bahnhof und am Brühl sichern will, der schafft keine neuen Konkurrenz- und Überbedarfsflächen.
Aber genau diese werden geschaffen, wenn eine Markthalle nur dann rentabel ist, wenn es noch einen Supermarkt dazu geschenkt gibt.
Handel und Wirtschaft sind und bleiben für Leipzig relevant, sie können aber nicht einziger Gradmesser für die zukunftsweisende Entwicklung des Wilhelm-Leuschner-Platzes sein. Zumindest nicht, wenn sich Leipzig als gesamtdeutsche Stadt versteht, die ebenso Kultur- wie Sportstadt, Wissenschafts- und Forschungsstadt, junge Stadt und innovative Stadt sein will.
Daher ist es aus Sicht der SPD-Fraktion nicht nur geboten, sondern auch konsequent und stringent gedacht, wenn wir heute dem B-Plan zustimmen, die Neubewertung der Sonderflächennutzung in wenigen Jahren einbinden.
Die Markthalle ist eine Idee für den Wilhelm-Leuschner-Platz, ein für alle Bürgerinnen und Bürger offener und willkommen heißender Bewegungs- und Gesundheitspark kann eine andere sein. Es lohnt sich, nicht nur das bereits Gedachte, sondern auch das Neue, das Mutige anzugehen. Der Wilhelm-Leuschner-Platz, meine Damen und Herren, der ist es auf jeden Fall wert. Vielen Dank!