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Beschlussvorschlag:

Der Oberbürgermeister wird beauftragt,

  1. die Kleinstförderungsgrenze auf 1000 Euro anzuheben und nach spätestens 5 Jahren zu evaluieren, wobei bei der Beantragung der Kleinstförderung auf eine ausreichende Kurzbeschreibung zur zweckgemäßen Verwendung der Mittel in der Ortschaft besonderer Wert gelegt und diese dem Antrag schriftlich beigefügt werden müssen.
     
  2. bei Vereinen, die mit einer Veranstaltungsversicherung mehrere Projekte im Jahr in der Ortslage durchführen, ein Verfahren zu etablieren, das die Aufteilung der Jahressumme auf die Anzahl der Projekte ermöglicht.
     
  3. für die Verwaltung eine Frist von 20 Werktagen festzulegen, innerhalb derer zu Anträgen des Ortschaftsrates eine Verwaltungsmeinung vorliegen soll, um zu ermöglichen, dass der Ortschaftsrat in der Folgesitzung notwendige Materialien vorliegen hat und das Thema weiter bearbeiten kann.
     
  4. eine rechtssichere Regelung zu schaffen, die Antragsteller unter näher zu definierenden Voraussetzungen davon entbindet, ab einer bestimmten Wertgrenze (ab 2.500 Euro bei Lieferungen und Leistungen, ab 3.000 Euro bei Bauleistungen oder ab 5.000 Euro bei freiberuflichen Leistungen) zwingend drei Angebote für Dienstleistungen einholen zu müssen, sofern die Marktlage dies nicht hergibt.

Begründung:

Zu 1: In den Ortschaften sind viele kleine Vereine tätig, die üblicherweise nicht von solchen Zuschüssen profitieren. Wir möchten den Zugang besonders für die kleinen Vereine so einfach wie möglich gestalten und mindestens 50 Prozent der Anträge in einem ganz einfachen Verfahren behandeln.

Zu 2: Wir halten es für zeitgemäß und einen sparsamen Umgang mit Mitteln, wenn Vereine, die eine Jahresveranstaltungsversicherung haben, weil sie mehrere Veranstaltungen in der Ortschaft durchführen, die Kosten dafür, auf die Anzahl der durchgeführten Veranstaltungen aufgeteilt, bei der Fördermittelabrechnung veranschlagen können. Hintergrund ist, dass Jahresverträge günstiger sind, als für einzelne Veranstaltungen abgeschlossene Versicherungen, die wiederum über Fördermittel abgerechnet werden können.

Zu 3: Innerhalb des Bürgerhaushaltes wurde für Anträge aus dem Stadtbezirksbudget eine Bearbeitungsfrist von 20 Werktagen beschlossen. Die gleiche Frist sollte für die Verwaltung auch gelten, wenn es um Stellungnahmen zu internen und investiven Anträgen aus Brauchtumsmitteln in den Ortschaften geht. Damit soll unter anderem auch verhindert werden, dass Haushaltsausgabereste in den Ortschaften entstehen, weil Verwaltungsstandpunkte mitunter eine sehr lange Bearbeitungsfrist haben.

Zu 4: Nicht immer ist es möglich, für Dienstleistungen, die Mittel über aus dem Ortschaftsbudget finanziert werden sollen, auch die entsprechend geforderte Anzahl an bestätigten Angeboten einzuholen, weil die Marktlage dies nicht hergibt. Für solche Fälle soll eine rechtssichere Regelung geschaffen werden, Antragssteller von dieser Pflicht zu entbinden. Beispiel: Im Raum Leipzig gibt es nur drei Anbieter, bei denen Festzelte gemietet werden können. Diese drei Unternehmen sind in der Festsaison stark ausgelastet und reagieren deshalb auch nicht auf alle eingehenden Anfragen, sodass es mitunter problematisch werden kann, überhaupt drei Angebote zu erhalten. 

Beschlussvorschlag:

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, ausgehend von den Ergebnissen der im Rahmen der Erhebung im Jahr der Demokratie festgestellten Erfordernisse für die Arbeit der SBBR und OR, bis spätestens zum Ende des 4. Quartals 2019 einen konkreten Maßnahmenkatalog vorzulegen, der eigentlich schon für das zweite Quartal 2019 angekündigt war.
Darin soll insbesondere dargelegt werden:

  • wie die räumliche Situation in Bezug auf öffentliche Sichtbarkeit, Erreichbarkeit und Arbeitsklima entsprechend einer zu erarbeitenden Prioritätenliste überall verbessert werden soll,
  • wie digitales Arbeiten in jedem Sitzungsraum ermöglicht werden kann, was auch die Ausstattung mit Laptop und Beamer umfasst, um Anliegen bürgerfreundlich, transparent und zügig klären zu können,
  • welche Möglichkeiten der digitalen Ausreichung von Material angeboten werden sollen und wie die Gremien ihre Daten speichern oder sichern können bzw. sollen,
  • wie das Büro für Ratsangelegenheiten aufgrund der im Haushaltsplan beschlossenen Stellen als echter mitdenkender Partner und Lotse für die Gremien der lokalen Demokratie aufgestellt wird,
  • wie sichergestellt wird, dass Fragen an die Ortschaftsräte und Stadtbezirksbeiräte, die in den Einwohnerfragestunden gestellt werden, so in die Verwaltung transportiert werden, dass den Bürgern in den meisten Fällen zur nachfolgenden Sitzung geantwortet werden kann,
  • wie organisatorisch gewährleistet wird, dass, außer bei eilbedürftigen Vorlagen, keine Vorlage, die eine Ortschaft oder einen Stadtbezirk speziell betrifft, in einem Fachausschuss in zweiter Lesung behandelt wird, ohne dass ein Standpunkt aus dem betreffenden lokalen Gremium vorliegt,
  • wie die Protokollführung, ggf. durch die nötigen Hilfestellungen aus dem BfR, so gestaltet werden kann, dass zeitnah, zumindest zu Anträgen und Vorlagen, ein Votum vorliegt (notfalls im Rahmen eines vorläufigen Protokolls, das nur eingeloggte Nutzer sehen können),
  • wie Ortschaftsräten, bei denen es bei der Protokollführung noch Probleme gibt, Hilfestellung gewährt werden kann, um das Ziel erreichen zu können, dass aus allen SBB und OR Protokolle vorliegen, sodass die Voten und Anliegen aus den Ortschaftsräten und Stadtbezirksbeiräten in den Fachausschüssen behandelt und dort auch eventuell bestehende Problemlagen, wenn möglich, mit anwesenden Vertretern der OR und SBB diskutiert werden können, um so auch die Ratsversammlung zu entlasten.

Begründung:

Um die Beschlüsse zur Stärkung der lokalen Demokratie umsetzen zu können, halten wir einen entsprechenden Maßnahmenkatalog für sinnvoll und zielführend. Da er bereits überfällig ist, halten wir es auch im Sinne der Stadtbezirksbeiräte und Ortschaftsräte für geboten, diesen Katalog zeitnah zur Diskussion in den Stadtrat und die lokalen Gremien zu geben.

Rednerin: Nicole Wohlfarth, Stadträtin der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
werte Stadtratskollegen und Gäste,

 

den vorliegenden Antrag zur Einführung der Ortschaftsverfassung wird meine Fraktion mehrheitlich ablehnen, was ich Ihnen nachfolgend begründen möchte.

Die Ausdehnung der Ortschaftsverfassung auf das Stadtgebiet Leipzig ist zwar rein theoretisch möglich, führt aber in der Praxis zu erheblichen Veränderungen in der städtischen Organisation und verfehlt den Ansatz, die von der LINKEN postulierte demokratische „Ungleichstellung der Bürger zu überwinden.“

Betrachten wir zunächst einmal die Historie: Die 10 Stadtbezirke Leipzigs sind willkürlich festgelegte Verwaltungseinheiten ohne historischen Bezug zueinander und höchst unterschiedlichen Prägungen innerhalb ihrer Grenzen. Wunderbar sichtbar wird dies bei der vergleichenden Betrachtung vom innerstädtischen Reudnitz mit Meusdorf, das überwiegend von Einfamilienhäusern geprägt ist. Weder lassen sich die Stadtbezirke untereinander noch die Ortsteile innerhalb eines Stadtbezirks räumlich voneinander abgrenzen. Bei Ortschaften sieht das anders aus. Den historisch eigenständig gewachsenen, oftmals räumlich abgrenzbaren Ortschaften, sollte mittels Sonderrechten eine Brücke gebaut werden, um im Stadtgebiet anzukommen. Die Intention des Gesetzgebers war hier, das Zusammenwachsen zu fördern.

Genau dem läuft der Antrag, der Fraktion die LINKE entgegen und schafft nur neue Unsicherheiten in den Zuständigkeiten. Sie suggerieren hier, dass mehr Entscheidungen vor Ort getroffen werden können, was aber de facto nicht zutrifft. Stattdessen erwartet uns ein Gezänk darüber, wer nach  §67 (2) SächsGemO zuständig ist. In jedem Einzelfall müsste geprüft werden, ob das Vorhaben gesamtstädtische Bedeutung hat oder nicht. Die Hoffnung manches Stadtbezirksbeirates, mit der Ausdehnung der Ortschaftsverfassung eine Schule bauen zu können, lässt sich so nicht erfüllen. Auch für die Menschen in den Stadtbezirken entsteht ein undurchdringliches Chaos, wer für ihr Anliegen zuständig ist. Hier entsteht keine stärkere lokale demokratische Einbindung, sondern bereits eine unnötige Verwirrung, die alle Beteiligten frustrieren und unser Demokratie schaden wird.

Bisher reicht es aus, dass die Stadträte das Wohl der gesamten Stadt im Blick behalten müssen, auch wenn es  so vorkommen kann, dass örtliche sehr begrenzte Wünsche nicht erfüllt werden können. Die Entscheidungen, die dann tatsächlich vor Ort getroffen werden können, werden  dazu führen, dass wir weitere Ehrenamtliche mit den Fragen nach rechtlichen Rahmenbedingungen, Vergaberecht und Rechungsprüfung beauftragen müssen und das Ehrenamt nicht nur ausbauen sondern auch belasten. Bitte bedenken Sie dass auf diesem Weg auch bedeutend mehr Personal in der Verwaltung notwendig sein wird, um die Rechte vor Ort abzusichern und somit unserem Haushalt höhere Kosten entstehen werden.

Eine theoretisch zwar mögliche Lösung wäre es, für jeden Ortsteil des Stadtgebietes

einzelne Ortsteilräte einzurichten. Bei 95 Ortsteilen innerhalb des Stadtgebietes zerfasern wir uns allerdings selbst, weil Vorlagen, die überall beraten werden müssen, dann ewig durch die Gremien unterwegs sind. Schnelles Reagieren oder Agieren würde auf diese Weise unmöglich. Und nicht in jedem Fall ist ein ehrenamtlicher Vorsitz ein Zugewinn für das betreffende Gremium. Die Verwaltungsmitarbeiter, die selbst unentgeltlich und neben ihrer vollen Berufstätigkeit in der Stadtverwaltung für die Anliegen der Stadtbezirksbeiräte da sind, sind ein großer Gewinn. Haben Sie doch oft einen großen Erfahrungsschatz und wissen genau, wer zuständig ist und wie Verfahren ablaufen.

Wir begrüßen es ausdrücklich, dass von Seiten der Verwaltung der Schritt auf Stadtbezirksbeiräte und Ortschaftsräte zugegangen wird, um die Verbesserung und vielleicht auch Veränderung der Arbeit gemeinsam zu erarbeiten. Für dieses Vorgehen, das längst überfällig war und  alle Beteiligten einbindet, anstatt Ihnen etwas überzustülpen, möchte ich Herrn Bürgermeister Hörning an dieser Stelle ausdrücklich danken. Als Fraktion steht für uns das Verbindende im Fokus, Leipzig soll nicht nur gemeinsam wachsen, sondern auch zusammenwachsen.