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Beschlussvorschlag: Im Doppelhaushalt 2025/2026 werden für den Pflegekinderdienst der Stadt Leipzig je 1 VzÄ für 2025 (ab Juli 30.000 EUR) und für 2026 (120.000 EUR) unbefristet eingestellt.

Begründung: Der Pflegekinderdienst betreut Pflegefamilien, also Pflegeeltern und Pflegekinder gleichermaßen. Idealerweise berät der Pflegekinderdienst die Familien kontinuierlich, um möglichen Krisen präventiv vorzubeugen. Das ist möglich bei einer Fallzahlbelastung von 1:25 bis 1:30. 

Die Fallzahlbelastung liegt derzeit bei durchschnittlich 1:40. Das heißt, dass die Mitarbeiter/innen des Pflegekinderdienstes oft erst bei akut auftretenden Krisen helfen können, weil sie keine Zeit für eine kontinuierliche präventive Arbeit in den Pflegefamilien haben. 

Pflegefamilien leisten einen unersetzlichen Beitrag für die Stadt Leipzig, sowohl im sozialen Bereich (Pflege von Kindern, die kein stabiles Elternhaus haben) als auch im finanziellen Bereich.

Ein Platz für ein Kind/einen Jugendlichen in einer HzE-Einrichtung kostet die Stadt 84.000 EUR. In einer Pflegefamilie kostet die Unterbringung des Kindes/Jugendlichen 14.700 EUR. Auch deshalb muss das System Pflegefamilie (und damit auch der Pflegekinderdienst) von der Stadt Leipzig bestmöglich unterstützt werden.

Beschlussvorschlag: Bis zum Ende des 3. Quartals 2025 sind folgende Konzepte vorzulegen, die im Haushaltsjahr 2026 wirksam werden sollen:

  1. Für eine zielgruppenorientierte Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Pflegefamilien – damit mehr Familien den Schritt wagen, ein Pflegekind aufzunehmen und damit auch das System Pflegefamilie in der Öffentlichkeit einen höheren Stellenwert erhält. Im Konzept muss die Aufstockung finanzieller Mittel des Pflegekinderdienstes um 10.000 EUR (ab 2026) sowie 0,5 VzÄ (30.000 EUR ab 2026) für den Bereich Öffentlichkeitsarbeit festgeschrieben werden.
  2. Für Pflegeeltern, die sich fachspezifisch weiterbilden müssen und wollen. Das Konzept sollte hier ein festes Budget festlegen, dass z. B. in Form von Bildungsgutscheinen an Pflegeeltern ausgegeben werden kann. Ebenso sollte es den Pflegeeltern das Recht einräumen, sich selbstständig ein adäquates Beratungsangebot auszusuchen. Der Bildungsgutschein soll auch als Nachsorgeangebot für Pflegeeltern gelten, die ihr Pflegekind aufgrund äußerer Umstände wieder aus der Familie nehmen lassen müssen. (jährliches Budget ab 2026: 5.000 EUR). Der Bedarf soll Ende 2026 evaluiert werden.
  3. Für die fachliche Begleitung von leiblichen Geschwisterkindern, die mit dem Pflegekind zusammen aufwachsen. Das Konzept sollte eine Angebotsentwicklung festschreiben, die nach einer Durchführungsdauer von zwei Jahren evaluiert wird (jährliches Budget ab 2026: 5.000 EUR).

Begründung:

Zu 1: 

Pflegefamilien leisten eine unersetzliche Arbeit für die Stadt Leipzig. Jedes Kind, das in einer Pflegefamilie aufwächst, hat höhere Chancen auf eine stabile Zukunft. Zudem ist eine stationäre Unterbringung von Kindern um ein Vielfaches kostenintensiver. Ein Platz für ein Kind/einen Jugendlichen in einer HzE-Einrichtung kostet die Stadt 84.000 EUR. In einer Pflegefamilie kostet die Unterbringung des Kindes/Jugendlichen 14.700 EUR. Aus diesen zwei entscheidenden Gründen muss die Stadt in die Öffentlichkeitsarbeit des Pflegekinderdienstes investieren. 

Zu 2: 

Pflegeeltern sind aufgrund der Fürsorge für ihre Pflegekinder vielfältigen Belastungen ausgesetzt. Deshalb brauchen sie auch kurzfristige Angebote, wenn sie Beratungsbedarf haben. Zugleich sind Erziehungsberatungsstellen permanent überlastet, so dass kurzfristige Anfragen nicht bearbeitet werden können. Auch von städtischer Seite (ASD, Pflegekinderdienst) kann aufgrund der Fallzahlbelastung ein frühzeitiger Hilfebedarf nicht schnell genug bearbeitet werden, da Familien in akuten Krisensituationen verständlicherweise Vorrang haben. Das System Pflegefamilie muss funktionieren, deshalb sollte diese wichtige präventive Maßnahme unterstützend angeboten werden.

Ebenso kann es für Pflegeeltern sehr belastend sein, wenn sie ein Pflegekind jahrelang betreut haben und das Kind aufgrund äußerer Umstände die Pflegefamilie verlassen muss. Hier sollte eine gute Nachbetreuung für Pflegeeltern gegeben sein.

Zu 3:

Entscheiden sich Eltern für die Aufnahme von einem oder mehreren Pflegekindern, ist das auch eine Herausforderung für die leiblichen Kinder. Damit die leiblichen Kinder gut begleitet werden, sollte die Stadt Leipzig ein Angebot (in Form eines Workshops o.ä.) schaffen, indem diese Kinder gestärkt und ermutigt werden, ihre Rolle als „Pflegegeschwister“ gut und gewinnbringend wahrnehmen und umsetzen zu können.

Pflegefamilien erhalten Pflegegeld, mit dem monatliche Ausgaben, die der Pflegefamilie aufgrund der Versorgung eines Pflegekindes entstehen, gedeckt werden sollen. Zudem können für außergewöhnliche finanzielle Ausgaben, die durch das Pflegekind entstehen können, Kostenerstattungen beantragt werden. Zu den außergewöhnlichen finanziellen Ausgaben zählen u.a. die Erstausstattung bei Aufnahme des Pflegekindes; Bekleidung, einmalige Anlässe (wie Kommunion oder Konfirmation); Klassenfahrten, Bildungsticket, schulische Nachhilfe in begründeten Fällen. Für die Auszahlung der außergewöhnlichen finanziellen Belastungen ist die Wirtschaftliche Jugendhilfe im Jugendamt zuständig.

Wir fragen an:

1. Wie lange dauert es derzeit durchschnittlich für eine Pflegefamilie von der Antragsstellung bei der Wirtschaftlichen Jugendhilfe bis zur Rückerstattung der außergewöhnlichen finanziellen Ausgaben?

2. Wie viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Wirtschaftlichen Jugendhilfe bearbeiten derzeit wie viele Anträge von Pflegefamilien?

Der ASD ist für Pflegefamilien in den Bereichen Hilfeplanung und -verantwortung, Hilfegewährung, zusätzliche Hilfen sowie für die Betreuung der Herkunftsfamilien zuständig. Der Pflegekinderdienst dagegen ist für die reguläre Begleitung der Pflegefamilien und Pflegekinder zuständig.

Wir fragen an:

  1. Wie viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (in VzÄ) sind im ASD mit den o.g. Bereichen der Betreuung von Pflegefamilien betraut?
  2. Wie hoch ist die Fallzahlbelastung pro Mitarbeiter/in?
  3. Wie hoch waren die in Frage 1. und Frage 2. erfragten Sachverhalte in 2019? 

Christopher_Zenker2„Stationäre Angebote sind familienersetzende Hilfen, können eine Familie aber nicht ersetzen. Dort, wo Familien nicht vorhanden sind, ist der beste Ersatz das Umfeld und die Geborgenheit einer Pflegefamilie“, so Stadtrat Christopher Zenker. „Wir setzen wir uns deshalb dafür ein, dass im Pflegekinderdienst mindestens eine neue Stelle geschaffen wird, damit weniger Kinder in den für sie langfristig ungeeigneten Hilfeformen wie der Übergangspflege oder in Wohngemeinschaften leben müssen und stattdessen in Pflegefamilien vermittelt werden können.“

Der Pflegekinderdienst kümmert sich um die Vermittlung und spätere Begleitung von Kinder aus stationären Einrichtungen. Die Unterbringung in Pflegefamilien hat mehrere Vorteile: Die Pflegefamilien können den Kindern Halt geben und besser auf deren Bedürfnisse eingehen. Die Unterbringung in Pflegefamilien kann daher ein gelungener Ansatz sein um Kinder in für sie ungeeigneten Hilfen oder Kinder, die nach Deutschland geflohen sind, besser gesellschaftlich zu integrieren. Dadurch können Folgekosten verringert werden. Zudem ist die Unterbringung in Pflegefamilien kostengünstiger als jene in stationären Einrichtungen. Die öffentlichen Veranstaltungen auf denen das Amt für Jugend, Familie und Bildung über die Möglichkeiten von Pflegefamilien für Kinder und Jugendliche informierte, haben gezeigt, dass viele Leipzigerinnen und Leipziger bereit sind, Pflegekinder und -jugendliche in ihren Familien aufzunehmen.

Je jünger ein Kind ist, desto besser kann eine Pflegefamilie für das Kind sein. Aktuell sind fast 50 Kinder zwischen null und drei Jahren und 40 Kinder zwischen vier und sechs Jahren in stationären Einrichtungen. „Der Kinderpflegedienst stößt jedoch an seine personellen Grenzen, wodurch eine stärkere Vermittlung nicht möglich ist. Zu Intensivierung der Öffentlichkeitsarbeit, der Vermittlung und der späteren Begleitung der Familien ist mehr Personal notwendig. Deshalb sind wir gut beraten, hier nachzusteuern“, so Zenker abschließend.