Schlagwortarchiv für: Psychosoziale Arbeit

Redner: Christian Schulze, Stadtrat

Es gilt das gesprochene Wort!

Christian Schulze

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

die Zahl von Familien, die mit psychischen und Suchterkrankungen zu kämpfen haben ist auch in Leipzig in den vergangenen Jahren gestiegen. Diese Familien stehen vor enormen Herausforderungen, denn sie müssen sich nicht nur mit ihren eigenen komplexen Bedürfnissen auseinandersetzen, sondern müssen zudem ein undurchsichtiges Netzwerk von Unterstützungssystemen überblicken können.

In unserer Stadt Leipzig fehlen Strukturen, die eine effektive Koordination und Planung zwischen den verschiedenen Hilfesystemen ermöglichen. Dies führt dazu, dass viele Familien Schwierigkeiten haben, die Unterstützung zu finden, die sie dringend benötigen. Oftmals scheitern sie trotz vorhandener Angebote oder brechen die Hilfeprozesse frühzeitig ab. Dies ist nicht nur für die betroffenen Familien problematisch, sondern führt auch zu einem Anstieg von Inobhutnahmen, der das Familiengefüge weiter belastet.

Es ist an der Zeit, hier eine Schneise durch dieses Dickicht zu schlagen. Wir wollen dass den Familien die individuelle und bedarfsgerechte Unterstützung bekommen können, die sie benötigen. Dazu müssen wir das gesamte Familiensystem in den Blick nehmen und die bestehenden Hilfesysteme miteinander vernetzen. Präventive und komplexe Hilfen sind dabei unerlässlich, um den Familien langfristig zu helfen.

Ein wichtiger Baustein ist dabei auch das Schaffen sinnstiftender Beschäftigungsangebote, die den Betroffenen helfen, ihre Selbstwirksamkeit wiederzuerlangen und zur Selbsthilfe zu befähigen. Dies kann dazu beitragen, das Familiensystem langfristig zu stärken und den professionellen Unterstützungsbedarf zu verringern.

Darüber hinaus ist es wichtig, dass wir die betroffenen Familien entstigmatisieren und die Öffentlichkeit über ihre Situation aufklären. Durch kontinuierliche Weiterqualifizierung der Fachkräfte und eine verbesserte Öffentlichkeitsarbeit können wir dazu beitragen, dass sich bei allen Beteiligten eine gewisse Handlungssicherheit und Transparenz einstellt.

Wir schlagen zu dem vor, mit Auridis-Stiftung in Kontakt zu treten, um eine Anlauffinanzierung dafür zu ermöglichen und weitere Schritte zur Unterstützung der betroffenen Familien einzuleiten.

Es liegt an uns allen, gemeinsam zu handeln und den Familien in unserer Stadt die Unterstützung zu bieten, die sie benötigen, um ein stabiles und gesundes Umfeld zu schaffen. Das ist aus meiner Sicht ein wichtiger Beitrag für eine funktionierende Stadtgesellschaft.

Ich bitte Sie, dem Antrag zuzustimmen.

Vielen Dank.

Gemeinsamer Antrag mit den Fraktionen von Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen

Beschlussvorschlag:

  1. Der Oberbürgermeister wird beauftragt zu prüfen, ob und inwieweit die bestehenden Angebote für Familien, unabhängig von der konkreten Bedarfslage, verstärkt und ausgebaut werden können. Dabei ist insbesondere zu prüfen, wie betroffene Familien frühzeitiger identifiziert und die vorhandene Angebotslandschaft transparenter kommuniziert werden können. Das Prüfergebnis ist bis zum Ende des I. Quartals 2024 mitzuteilen.
  2. Der Oberbürgermeister wird ferner beauftragt, die Kooperation und Vernetzung zwischen den unterschiedlichen Akteuren zu intensivieren.
  3. Der Sachstandsbericht wird zur Kenntnis genommen.
  4. Der Oberbürgermeister wird ferner beauftragt aus dem Gesundheitsamt heraus am Verbund Gemeindenahe Psychiatrie (Klinikum St. Georg gGmbH) ab 1. Januar 2025 einen Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienst zu etablieren, der insbesondere die Aufgaben zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen aus Familienverbünden mit komplexem Hilfe- und ggf. Behandlungsbedarf – analog der Aufgaben des Sozialpsychiatrischen Dienstes im Erwachsenenbereich – wahrnimmt. Damit werden die im Zweiten Kommunalen Psychiatrieplan (VII-DS-0500) verankerten gemeindepsychiatrischen Versorgungsziele auch für den Kinder und Jugendbereich umgesetzt.

Begründung:

Die Zahl der Familien mit einer psychischen Erkrankung und/oder Suchterkrankung steigt kontinuierlich an. Die betroffenen Familien haben oftmals hochkomplexe Bedarfslagen und müssen sich gleichzeitig mit unterschiedlichen Leistungssystemen auseinandersetzen, deren Zugänge an vielen Stellen intransparent erscheinen. Des Weiteren fehlen in der Stadt Leipzig Strukturen, die eine Steuerung, Entwicklung und Planung zwischen diesen Bereichen ermöglicht. Dies führt in vielen Fällen dazu, dass die Suche und der Zugang zu Unterstützung und Begleitung für diese Familien eine kaum zu bewältigende Herausforderung darstellen. Infolgedessen kommt es häufig dazu, dass die Familien trotz vorhandener Angebote nicht die benötigten Hilfen erhalten bzw. besteht das Risiko, das Hilfeprozesse frühzeitig abgebrochen werden. Des Weiteren lässt sich in diesem Kontext auch ein deutlicher Anstieg der Inobhutnahmen konstatieren, welche das System Familie in eine weitere Krise stürzt. Dieser Teufelskreis muss durchbrochen werden, denn nur so können wir den Familien ein individuelles und vor allem bedarfsgerechtes Angebot zuteilwerden lassen, welches langfristig eine stabilisierende Wirkung erzielen kann. Das gesamte Familiensystem muss hierfür in den Blick genommen werden. Um den betroffenen Familien verlässliche Hilfen anbieten zu können und sicherzustellen, dass vor allem Kinder und Jugendliche die notwendige Unterstützung erhalten, müssen die bestehenden Hilfesysteme untereinander vernetzt und verbindliche Verfahrensweisen vereinbart werden. An dieser Stelle sind gerade präventive und komplexe Hilfen für Familien unerlässlich. Ein zentraler Baustein stellt an dieser Stelle auch ein sinnstiftendes Beschäftigungsangebot dar, welches es den Betroffenen ermöglicht ihre Selbstwirksamkeit wiederzuerlangen und ein wirkungsvolles Instrument zur Hilfe zur Selbsthilfe offeriert. Dadurch kann das Familiensystem langfristig gestärkt werden und der professionelle Unterstützungsbedarf sukzessive abgebaut werden. Dieser Ansatz könnte dazu beitragen, dass das Rückführungskonzept der Stadt Leipzig eine ganz andere Wirkung entfalten könnte. Zudem muss das kommunale Gesamtkonzept zu einer Entstigmatisierung der betroffenen Familien beitragen (Maßnahmen: Öffentlichkeitsarbeit, kontinuierliche Weiterqualifizierung der Fachkräfte, etc.). Dadurch könnte es zudem gelingen, dass sich über die Zeit bei allen Akteurinnen und Akteuren eine gewisse Handlungssicherheit und damit auch Transparenz einstellen kann. Darüber hinaus sollte die Verwaltung Kontakt zur Auridis-Stiftung aufnehmen, um die Anlauffinanzierung ermöglichen zu können.

Weiterführende Informationen: Kinder psychisch kranker Eltern | Nationales Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) (fruehehilfen.de) Praxis & Hilfe – Kommune für Familien (kommune-fuer-familien.de) Seelische Gesundheit und Gesundheitsverhalten von Kindern und Eltern während der COVID-19-Pandemie (aerzteblatt.de)

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Christopher Zenker

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
verehrte Stadträtinnen und Stadträte,
werte Gäste,

wir begrüßen es ausdrücklich, auch die psychosoziale Versorgung von Geflüchteten stärker in den Blick zu nehmen, denn sie sind Leipzigerinnen und Leipziger und sollten Zugriff auf dieselben Angebote haben. Zudem sehen wir hier aufgrund der oft dramatischen Erfahrungen auf der Flucht bzw. den Erfahrungen durch Krieg und Vertreibung einen entsprechenden Handlungsbedarf. Dabei auch in die Unterkünfte zu gehen und vor Ort die Bedarfe zu ermitteln, halten wir für den richtigen Ansatz. Dies sollte man aus unserer Sicht nicht allein dem kürzlich neu geschaffenen mobilen Team überlassen, sondern auch die fünf Teams mit festem Standort einbinden. Ich möchte sogar deutlich machen, dass ich nicht dafür bin, ein Team ausschließlich für Geflüchtete zu schaffen, denn unser Ansatz war immer der inklusive integrative Gedanke.

Lassen sie uns heute das Konzept auf den Weg bringen, mit dem neuen mobilen Team, aber auch mit den stationären Teams. Wie gut die Zusammenarbeit schon bei der Erarbeitung des Konzept mit Akteuren der Flüchtlingsarbeit war, hat mir auch das Friedensgebet anlässlich von 33 Jahren friedlicher Revolution in der Nikolaikirche gezeigt. Dort sprach eine Ukrainerin und bedankte sich bei der Stadt für die Erarbeitung des Konzepts für die psychosoziale Arbeit mit Geflüchteten. Wir werden dem Konzept zustimmen. Für die beiden Anträge, von Grünen und Frau Nagel, beantragen wir eine Verweisung ins Haushaltsverfahren. Auch wir haben in unserer ersten Haushaltsklausur diskutiert, ob ein Aufstocken des mobilen Teams oder der festen Standorte nicht notwendig sei. Eine solche Diskussion gehört aber in die Haushaltsberatungen. So wie sie es gestern auch mit einem Beschlusspunkt unserer Anträge gemacht wurde.