Schlagwortarchiv für: russisches Generalkonsulat

Heiko Bär

Redner: Heiko Bär, Stadtrat

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren,

das Thema, wie wir in unserer Stadt mit dem russischen Generalkonsulat umgehen, erfordert eine hohe Sensibilität. Denn einerseits wollen wir unmissverständlich klar machen, dass wir die Menschen- und Völkerrechtsverletzungen der russischen Regierung, welche das Konsulat betreibt, nicht akzeptieren und tolerieren. Auf der anderen Seite müssen wir uns genauso unmissverständlich und klar gegen jedwede antirussische Stimmung, von wem auch immer, stellen. Beides muss gleichzeitig gehen und erfolgen. Wir müssen deutlich trennen zwischen dem Umgang mit einer Einrichtung der russischen Regierung einerseits und russischen Menschen andererseits, die nicht auf ihre Herkunft reduziert werden dürfen. Diese Sensibilität war bereits im Ursprungsantrag angelegt, wurde in der Neufassung, die wir heute zur Abstimmung stellen aber nochmal deutlich herausgehoben.

Die Verwaltung hat bereits damit begonnen, die protokollarischen Beziehungen mit dem Generalkonsulat auszusetzen. Das ist gut und richtig. Der Antrag hier im Stadtrat ist dennoch nötig. Erstens handelt es sich um ein hochpolitisches Thema, für welches der Stadtrat als oberstes Beschlussgremium der Stadt zuständig ist. Zweitens wird mit einem Stadtratsbeschluss auch nur der Stadtrat diesen wieder aufheben können, sofern eines Tages die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Das wollen wir auch nicht einfach als untergeordnete Verwaltungsangelegenheit behandelt wissen. Drittens gehen die Beschlussvorschläge heute weit über das Verwaltungshandeln hinaus.

Die Neufassung baut auf dem Verwaltungsvorschlag auf. Im Beschlusspunkt 1 macht die Formulierung „bis auf weiteres“ deutlich, dass erst der Stadtrat hier einen anderen Sachverhalt feststellen kann. Im Beschlusspunkt 2 bitte ich zu verstehen, dass uns ein „bilateraler Dialog“ zu weit geht. Mit der Vertretung der russischen Regierung wollen wir keinen freundschaftlichen Austausch zu politischen Fragen und aktuellen Entwicklungen, wie die Verwaltung vorschlägt. Richtig ist aber, dass wir uns über notwendige technische und Koordinationsfragen abstimmen müssen. Schließlich nimmt Beschlusspunkt 3 die Diskussionen aus dem Verwaltungsausschuss und dem Migrantenbeirat auf, sich deutlich gegen antirussische Ressentiments zu stellen und unter uns Leipzigern, egal welcher Herkunft, ein friedliches und respektvolles Zusammenleben zu ermöglichen.

Wir sind davon überzeugt, dass wir heute einen Vorschlag zur Abstimmung vorlegen, der die Hinweise aus den Vorberatungen aufnimmt und eine breite Mehrheit hier im Rat finden kann. Vielen Dank dafür.

Gemeinsam mit der CDU-Fraktion.

Beschlussvorschlag:

Die Stadt Leipzig beendet bis auf weiteres jede protokollarische und freiwillige Zusammenarbeit mit dem russischen Generalkonsulat. Gleichzeitig engagiert sich die Stadt verstärkt für den kulturellen und friedlichen Austausch mit russischen und ukrainischen Initiativen und Menschen in Leipzig und stellt dafür im Jahr 2022 überplanmäßig 50.000 Euro bereit.

Begründung:

In Kriegssituationen, wie aktuell, ist es unsere Aufgabe, zwischen verantwortlichen Regierungen einerseits und unbeteiligten Menschen einer Nation andererseits zu differenzieren.

In diesem Zusammenhang muss festgehalten werden, dass ein Konsulat jeweils die nicht unabhängige Einrichtung einer Regierung und diplomatischen Vertretung eines Land ist. Die mit der Einrichtung eines Konsulats verbundenen Ziele zum freundschaftlichen, diplomatischen, kulturellen und wirtschaftlichen Austausch der Völker werden von der aktuellen russischen Regierung jedoch nicht mehr glaubwürdig verfolgt. Die russische Regierung, die das Konsulat betreibt, stellt sich gegen Freiheit, Demokratie, Menschenrechte, Diplomatie und friedliches Zusammenleben von Menschen. Die weitere Zusammenarbeit mit der Vertretung einer solche Regierung widerspricht unseren eigenen, höchsten Werten und gesellschaftlichen Zielen. So ist es beispielsweise unerträglich, dass das Generalkonsulat auf seiner Internetseite die Kriegspropaganda seiner Regierung und Rechtfertigungen zum völkerrechtswidrigen Angriff auf die Ukraine verbreitet.

Die Stadt Leipzig ist jedoch am friedlichen Zusammenleben von Menschen aller Länder, insbesondere auch von Menschen mit russischer und ukrainischer Herkunft interessiert. Hier ist aktuell eine besonders große Herausforderung gegeben. Die geforderte Beendigung der Zusammenarbeit mit dem russischen Generalkonsulats ist insofern ein Protest gegen die russische Regierung und nicht gegen die Menschen. Um den gewünschten und stärker notwendigen Austausch weiter zu unterstützen, sollen für 2022 überplanmäßige Mittel zur Verfügung stehen können.

Neufassung vom 16.5.2022

Beschlussvorschlag:

Die Neufassung des Antrags greift den Verwaltungsstandpunkt in geänderter Form auf (Änderungen fett gedruckt):

1. Die Stadt Leipzig erhält die Beendigung der protokollarischen Zusammenarbeit mit dem Russischen Generalkonsulat aufrecht. Bis auf Weiteres wird die konsularische Vertretung der Russischen Föderation für Sachsen und Thüringen in Leipzig nicht zu städtischen Veranstaltungen eingeladen.
 

2. Aufrechterhalten bleibt die Möglichkeit der notwendigen Absprachen zwischen beiden Institutionen und die Zusammenarbeit bei Pflichtaufgaben.

3. Die Stadt Leipzig stellt mindestens 50.000 Euro aus dem Gesamtbudget als Projektfördermittel insbesondere für Initiativen zur Verfügung, die sich für den gegenseitigen kulturellen und friedlichen Austausch vor allem von russischen und ukrainischen, aber auch osteuropäischen Menschen in Leipzig einsetzen. Dabei ist ein Schwerpunkt darauf zu legen, Ressentiments und Diskriminerungen gegenüber russischsprachigen Menschen in der Leipziger Gesamtbevölkerung entgegenzuwirken.

Begründung:

Siehe Ursprungsantrag. Weitere Erläuterungen erfolgen mündlich.