Redner: Andreas Geisler, Stadtrat
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,
Vor 4 Jahren stand ich vor Ihnen mit einem Antrag der den Handel, die Gastronomie sowie Kultur und Tourismus in der Leipziger Innenstadt stärken soll und die Magistralen und Stadtteil- und Ortsteilzentren nicht vergisst.
Im Großen und Ganzen folgte der Rat dieser Idee auch wenn einige Punkte als unnütz rausgestrichen wurden. Auch in den Haushaltsverhandlungen bekamen wir von ihnen eine Mehrheit dafür, diese Idee mit Mitteln zu untersetzen. Und ja, es hat sich gelohnt neben unseren eigenen Mitteln winken aktuell noch fast 5 Mio. an Fördermitteln des Bundes.
Corona hat uns unmissverständlich aufgezeigt, viele Geschäftsmodelle waren vorher schon kaum noch auf der Höhe der Zeit und die klar strukturierte Innenstadt war ein Zeichen hektischer Betriebsamkeit aber weniger ein Ort des Verweilens, der Ruhe und eines freudvollen Konsums. Was müssen wir tun?
1. Unser Bedenkenmanagement muss in ein Projektmanagement gewandelt werden, denn jede Idee kann uns voranbringen und jede Idee kann im Zweifel scheitern. Wir müssen uns was trauen, denn eine Innenstadt muss immer offen für Überaschendes und Neues bleiben.
2. Digitalisierung: Wir haben eine neue Plattform geschaffen und jetzt gilt es, die große Individualität dort abzubilden und digitale wie reale Einkaufsrouten zu schaffen und das für Leipziger, Zugereiste und Gäste sowie Touristen. Events, Akzente und Ereignisse müssen Anlässe schaffen, in die City zu kommen. Stichworte wie Handel in einer smarten Stadt müssen belebt werden.
3. Finanzen: Wir müssen an dem Thema dauerhaft dran bleiben, wir müssen für Waffengleicheit zwischen Online- und stationärem Handel sorgen. Eine Paketabgabe könnte dort Mittel zum Ausgleich einspielen, denn immerhin brauchen wir mehr Straße für Einzellogistik und mehr Müll. Die Region muss von einer starken Innenstadt profitieren können. Produkte aus dem Großraum um die Städte herum müssen einen exponierten Platz in unseren Zentren finden, damit Leben und Wirtschaften im ländlichen Raum möglich bleibt. Und wo es das nicht gibt, müssen wir ggf. Märkte eröffnen und gestalten, auch durch den Umbau der öffentlichen Speiseversorgung auf Produkte der Region – und das gerne auch in Bio-Qualität.
4.Ländliche Räume und Ortsteilzentren müssen wir stärken bzw. erhalten, wo es sie noch gibt. Sie müssen als lebendige Orte mit den Menschen gestaltet werden und wo sie fehlen, müssen wir versuchen Lücken zu schließen.
5. Regionale Wertschöpfung und innerstädtischer Handel: Wir brauchen die verschiedensten Marktplätze vor Ort für stationären Handel, aber verknüpft mit Räumen für Kultur, Genuss, Erleben und Anfassen und wir brauchen Freiräume und Bildungsangebote. Durch das Erfahren regionaler Erlebniswelten könnten wir besser werden als der reine Online-Handel. Dazu müssen wir aber effektive Service- oder Lieferdienste mitdenken und klimafreundlichen und verpackungssparenden Service als Standard unserer Innenstadt aufbauen. Es muss herrlich unkompliziert und angenehm werden, sich in der Innenstadt aufzuhalten. Es muss aber auch den Service geben, für denjenigen, der es möchte, Einkäufe auch abseits vom eigenen Auto transportieren zu lassen. Frei nach dem Motto: Leipzig liefert und das klimagerecht! Dazu braucht es jedoch beispielsweise ein digitales Lieferzonenmanagement und temporäre Umschlagplätze.
6. Teilen kann/wird das neue Besitzen werden, ich persönlich kann mir das kaum vorstellen, aber die Jugend spiegelt uns diesen Trend und eine Innenstadt, ein Ortskern wo regionale Geschäfte vieles Verleihen und den Service rundum bieten, wird ein belebter Ort sein und bleiben.
7. Wir brauchen multifunktionale Räume und Plätze, die eine Basisausstattung besitzen, aber leicht zu verändern sind und Platz für Ideen und Experimente, für Genuss und Erholung aber auch für Veränderung und Neues bieten, also schlicht Treffpunkte für Menschen sind. Ein Innovationslabor, welches die Menschen auf den Weg zur Innenstadt 5.0 mitnimmt, wäre ein logischer Ansatz.
8. Und ich wiederhole meine Idee von 2017: Anfassbare, erlebbare Produkte und das in thematischen Straßen oder Passagen, also eine Genussstraße für alle Produkte rund um Küche, oder eine Passage der Manufakturen, also Geschäfte die ineinander greifen sich gegenseitig beleben und eine Geschichte erzählen, kurz Menschen anziehen.
Apropos Geschichten: Leipzig kann eine lange und imposante Stadtgeschichte erzählen, fügen wir ein neues modernes Kapitel hinzu.
Jetzt werden wieder einige sagen: „Alles Zukunftsmusik.“ Ja, das war der Antrag von 2016/17 auch, aber er hat uns schneller eingeholt, als wir je geahnt hätten.
Zur Vorlage: Nein, ich bin nicht glücklich mit jeder einzelnen Maßnahme. Ich hätte mir gerne mehr Zeit für Diskussionen und Abwägungen, was hilft mehr, schneller, besser oder nachhaltiger, gewünscht, aber leider gibt uns der Bund als Fördermittelgeber diese Zeit nicht. Trotzdem hoffe und erwarte ich von der Verwaltung, bei jedem Schritt mitgenommen zu werden. Ein Beispiel: Ich kämpfe natürlich um das Magistralen-Management der „Schumi“ und es wäre sinnlos, Aufgebautes zu zerdeppern, aber ich möchte nicht alles so fortführen, weil einiges überholt ist, einige Aufgaben erledigt sind und neue Aufgaben warten. Dort muss die Verwaltung mutig sein und Ideen vorlegen, wie ggf. mit weniger Mitteln die funktionierenden Elemente erhalten werden. Wir haben nicht nur die eine Magistrale, auch die anderen brauchen die gleiche Aufmerksamkeit.
Betont sei auch, dass oben benannte Innovationslabor, wo die Menschen entscheiden, ob unsere Angebote die Richtigen sind für mehr Besuche und für längeres Verweilen, also nehmen wir sie mit auf dem Weg!
Erlauben Sie mir einen Gedanken am Ende der Rede – und dieser richtet sich nicht nur an die Stadträte, sondern eher an Medien und Öffentlichkeit:
Grundsätzlich bleibt zu sagen, dass Produkte immer den gleichen Preis haben, egal ob man Fleisch vom Biohof oder vom Discounter kauft, ob Brot vom Bäcker oder aus dem Supermarkt, ob das Elektrogerät im Internet oder in der Filiale gekauft wird. Der Grundpreis bleibt immer gleich, aber wir als Gesellschaft entscheiden hier und jetzt ein Stück, wer den Preis bezahlt.
Bleiben wir beim Produkt aus Biolandwirtschaft, wir entscheiden, ob wir den etwas höheren Preis an der Theke zahlen oder ob die Tiere, der Landwirt, die Region um Leipzig oder die schlecht bezahlten Arbeiter im Schlachthof und unsere Umwelt den Preis zahlen. Wir entscheiden, ob die Wertschöpfung unserer Heimat zu Gute kommt.
Bleiben wir bei dem Elektrogerät aus dem Internet, das ein vermeintliches Schnäppchen ist: Auch dort bezahlen wir über mehr Logistik, die unsere Straßen verstopft, über mehr Verpackungsmüll, der die Stadtreinigung belastet, uns Gebühren kostet und zu oft die Umwelt verschmutzt, statt hier Jobs, Löhne und Infrastruktur zu sichern.
Oder schauen wir auf unsere hochverarbeiteten Lebensmittel: Tausende möchten sich nicht etwas Unbekanntes in den Arm spritzen lassen – ob zurecht oder unbegründet, will ich überhaupt nicht bewerten – , aber bei hochverarbeiteten Lebensmitteln mit Zutatenlisten im Din-A4-Format fragt selten einer, was drin ist. Hunderte technische Hilfsstoffe die einzeln geprüft und in geringen Dosen als ungefährlich eingestuft sind, kommen dort in vogelwilder Kombination in Lebensmitteln vor und gaukeln uns etwas von gesunder Ernährung vor.
Bitte, lesen Sie sich durch, was Sie essen und kaufen, und beurteilen sie es genauso kritisch wie beim Impfen.
Zwei Sprüche möchte ich Ihnen gerne noch mitgeben, weil es Dinge sind die mich sehr beschäftigen:
Essen aus dem „Müll“ holen, ist in Deutschland strafbar, aber Müll als Essen zu verkaufen, leider nicht!
Und weil wir hier unter Demokraten sind: Dein Kassenbon ist ein Stimmzettel, jedes verdammte Mal!
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit