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Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Christopher Zenker
Christopher Zenker

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

wir entscheiden heute über den Erwerb des Kohlrabizirkus inklusive angrenzender Flächen durch die Stadt Leipzig. Der Kaufpreis ist wahrlich kein Pappenstil, auch nach Übernahme des Änderungsantrags, und in der Tat wäre es aus heutiger Sicht besser gewesen das Objekt direkt von der TLG zu kaufen, aber zum Einen ist man rückblickend oft schlauer und hat gut reden und zum Anderen war Leipzig damals eine schrumpfende Stadt und hatte finanziell große Herausforderungen zu bewältigen. Trotz des hohen Kaufpreises sind wir davon überzeugt, dass die Entscheidung langfristig für Leipzig von großem Nutzen sein wird. Und das aus mehreren Gründen:

1. Wir sichern mit dem Kohlrabizirkus eine für viele Leipzigerinnen und Leipziger mit Erinnerungen behaftete Immobilie, die zugleich als denkmalgeschütztes Gebäude stadtbildprägend ist. Die 1929 fertiggestellten Leipziger Großmarkthallen waren seinerzeit die größten Massivkuppeln der Welt.

2. Wir sichern damit einen zentrumsnahen Standort für Sport und Kultur. Insbesondere für Clubkultur, die andernorts verdrängt wird. Zu erwähnen ist dabei der Club “Institut für Zukunft (IFZ)”, der weit über Leipzig hinaus bekannt ist und in einem Teil des Kellers ansässig ist. Als Interim können wir darüber hinaus sicher auch den “TV-Club” und die “Distillery” in weiteren Kellerbereichen unterbringen. Wir würden damit einen Beitrag zum Erhalt der Clubkultur leisten, weil deren aktuelle Standorte im Rahmen der Entwicklung neuer Wohnquartiere wegfallen werden. Einen entsprechenden Antrag habe ich mit dem Stadtratskollegen Kumbernuß gestellt. In diesem Zusammenhang erwarten wir auch, dass die Stadtverwaltung das IFZ unterstützt, sich durch den Einbau einer leistungsfähigen Entlüftungsanlage zukunftsfest zu machen. Auch das Eishockey und freies Eislaufen soll im Kohlrabizirkus weiterhin Platz haben. Als Sportausschussvorsitzender freut mich das natürlich ganz besonders. Darüber hinaus bieten die vorhandenen Flächen Platz für noch mehr Sport und Kultur.

3. Wir  stärken mit dieser Entscheidung auch den Wissenschaftsstandort Leipzig und hierbei explizit den Wissenschaftsraum Südost, denn die Flächen am und ggf. im Kohlrabizirkus sollen als Erweiterung des Bio-City-Campus dienen. Dadurch stehen einerseits mehr Potenzialflächen für Wissenschaft und Forschung aber auch für wissenschaftsaffine Start-ups zur Verfügung. Ich denke, unter der Prämisse ist das eine Investition in die Zukunft, in Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft, denn gerade das Cluster „Gesundheitswirtschaft und Biotechnologie“ hat in den vergangenen Jahren eine sehr erfolgreiche Entwicklung genommen.

Mit einem Beschluss zum Erwerb des Kohlrabizirkus werden wir – das gehört zur Ehrlichkeit dazu – eine Vorentscheidung über die LEVG treffen, ohne bisher die Eigentümerziele des Unternehmens anzupassen. Die LEVG war als kommunales Unternehmen so strukturiert, dass es aufgelöst werden sollte, wenn der Unternehmenszweck erfüllt ist. Das wäre hier der Fall, wenn die Flächen der Alten Messe vermarktet sind. Mit dem Kohlrabizirkus bekommt das Unternehmen allerdings eine neue Aufgabe, die einen langfristigen Bestand der Gesellschaft voraussetzt. Wir gehen mit dem Beschluss den ersten Schritt zur Etablierung einer dauerhaften Entwicklungsgesellschaft. Falsch ist das nicht, wir müssen uns dessen aber bewusst sein. Wenn sich damit die Chance zur Entwicklung weiterer städtischer Gewerbeflächen ergibt – perspektivisch auch noch über das Grundstück des Kohlrabizirkus hinaus – und damit zum wirtschaftlichen Wachstum der Stadt, findet das unsere Zustimmung. Ich gehe daher davon aus, dass wir in einer der nächsten Ratsversammlungen das Thema „Eigentümerziele für die LEVG“ haben werden.

Der Erwerb des Kohlrabizirkus und die Entwicklung der zugehörigen Flächen wird eine Herausforderung werden, aber ich bin der Überzeugung, das ist eine Herausforderung, der wir und im Sinne der weiteren Entwicklung unserer Stadt stellen sollten. Wir gehen damit auch neue Wege, weg  von den Pflichtaufgaben, hin zur Kür, in dem wir unseren Beitrag leisten, stadtbildprägende Objekte zu sichern und weiterzuentwickeln.

Wie die Stadt Leipzig heute mitteilte, entsteht in der Halle 7 der Baumwollspinnerei im Zusammenhang mit dem Smart-Infrastructure-Hub ein neues Gründerzentrum. Gründer und Mittelstand  sowie Forscher der Leipziger Hochschulen, Geldgeber, Partner wie das SpinLab und Angebote der Wirtschaftsförderung finden sich dann unter einem Dach zusammen und teilen sich Ressourcen.

Hierzu erklärt Heiko Bär, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion und Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft Arbeit und Digitales im Leipziger Stadtrat:

„Das ist ein wichtiger Schritt, Leipzigs lebendige Gründerszene zu stärken. Es geht darum, Leipzig immer mehr wegzubringen von der verlängerten Werkbank, hin zu einem Standort, an dem Ideen und anwendungsorientierte Forschung in neue Produkte und Innovationen umzusetzen werden können. Dies bringt neue Wertschöpfung und mehr Einkommen nach Leipzig und Mitteldeutschland.

Das neue Gründerzentrum wird aus städtischen Haushaltsmitteln finanziert. Die wirtschaftliche Wirkung und Strahlkraft betrifft jedoch ganz Mitteldeutschland. Ich erwarte deshalb auch vom Freistaat Sachsen und der Schwarz-grün-roten Koalition auf Landesebene, die Entwicklung des Smart-Infrastrukture-Hubs in Leipzig ebenfalls finanziell zu unterstützen. Außer Plänen und Ankündigungen ist seitens des Freistaats von echtem Handeln und Investieren leider bislang nichts zu merken.

Mit dem Smart-Infrastrukture-Hub verbinde ich auch die Hoffnung, dass es endlich gelingt, dass sich einige der verstaubten Wissenschaften, insbesondere an der Leipziger Uni auch mal dem 21. Jahrhundert öffnen und praxisrelevante sowie anwendungsorientierte Forschung und Lehre ermöglichen. Bis auf wenige Ausnahmen haben Profil, Ausrichtung, Selbstverständnis und Arbeitsweise der Universität nämlich mit unternehmerischem Denken und gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Relevanz der Arbeit bisher leider nichts zu tun. Umso wichtiger, dass unser neues Gründerzentrum hier zumindest zum Teil für einen Ausgleich sorgt und zur Brutstätte technologieorientierter und innovativer Neugründungen wird. Als SPD-Fraktion ebenen wir dafür jedenfalls jeden Weg.”