Beschlussvorschlag

Änderungs- bzw. Ergänzungsantrag zu den Anträgen mit den Tagesordnungspunkten 16.28-16.37. Änderungen bzw. Ergänzungen (neue BPe 3 und 4) sind fett gedruckt.

  1. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, den Aufstellungsbeschluss im Amtsblatt am 17. August 2019 bekannt zu machen. Mit Veröffentlichung im Amtsblatt erhalten die Aufstellungsbeschlüsse Gültigkeit.
  2. Die Zurückstellung von Baugesuchen gem. §§ 172 Abs. 2, 15 Abs. 1 BauGB soll von der Stadtverwaltung insbesondere bei Vorhaben geprüft werden, die mindestens eines der folgenden Merkmale aufweisen:
    • Einbau eines zweiten Bades oder einer zweiten Dusche.
    • Grundrissänderungen, die eine Veränderung der ursprünglichen Zimmeranzahl oder eine Veränderung der Wohnfläche, Verlegung und Neubau von Kammern, Schaffung von Wohnküchen und Veränderungen von bereits voll ausgestatteten Bädern beinhalten.
    • Wohnungsteilungen und Wohnungszusammenlegungen, auch bei Zusammenlegung von bereits bestehendem mit neu geschaffenem Wohnraum (zum Beispiel Dachgeschoss-Maisonetteeinheit).
    • Maßnahmen zur Energieeinsparung, die über die Anpassung an die baulichen oder anlagentechnischen Mindestanforderungen der EnEV an bestehende Gebäude und Anlagen hinausgehen.
    • Schaffung von Balkonen, Loggien, Terrassen und Wintergärten.
    • Schaffung von besonders hochwertiger Wohnungs- und Gebäudeausstattung, zum Beispiel Fußbodenheizung, Gegensprechanlage mit Videobildübertragung, Einbau eines Innenkamins, hochwertige Bad- und Küchenausstattung, bodentiefe Fenster.
    • Schaffung von zur Wohnung gehörigen Stellplatzanlagen.
    • Abriss von Wohngebäuden oder einzelnen Wohneinheiten.
    • Die Nutzungsänderung von Wohnraum in Gewerbe.

 

  1. Die Oberbürgermeister wird beauftragt, spätestens zur Ratsversammlung am 10.2019 für das Untersuchungsgebiet im Ergebnis der Detailuntersuchung zum Einsatz von Sozialen Erhaltungssatzungen nach § 172 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB entsprechende rechtssichere Satzungsentwürfe der Ratsversammlung zum Beschluss vorzulegen. Im Rahmen der Satzungen sind die endgültigen Gebietsabgrenzungen vorzunehmen, da die Untersuchungsgebiete der Voruntersuchung auf der räumlicher Ebene statistischer Bezirke lief, es jetzt aber um die Abbildung konkreter Siedlungsstrukturen geht

Begründung:

Aufstellungsbeschlüsse über soziale Erhaltungssatzung sind keine notwendige Voraussetzung für die Wirksamkeit der späteren Satzung. Gleichwohl ermöglicht der Aufstellungsbeschluss zweierlei:

  • die Zurückstellung von Baugesuchen gem. § 172 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 BauGB und
  • die Begründung von Vorkaufsrechten gem. § 25 Abs. 1 Nr. 2 BauGB. Die entgegenstehende Behauptung des Verwaltungsstandpunktes (S. 4) ist inhaltlich unzutreffend.[1]

Die vorliegenden Anträge der Fraktion die Linke zielen offensichtlich auf die erste Wirkung. Die Aufstellungsbeschlüsse über soziale Erhaltungssatzungen sind dabei notwendige Voraussetzung für die Zurückstellung von Baugesuchen. Der Aufstellungsbeschluss entfaltet aber nicht aus sich heraus diese Wirkung. Denn die Zurückstellung von Baugesuchen i.S.d. § 15 Abs. 1 BauGB ist eine Einzelfallentscheidung, die aus folgenden Schritten besteht:

  • Nach Eingang eines Baugesuchs entscheidet die Stadt Leipzig im Einzelfall darüber, ob das Baugesuch zurückgestellt werden soll. Ob diese Entscheidung vom Stadtrat oder als Geschäft der laufenden Verwaltung in der Verantwortung des Oberbürgermeisters liegt, richtet sich nach dem Landesrecht. In Sachsen spricht viel dafür, dass es sich um ein Geschäft der laufenden Verwaltung handelt und daher dem Oberbürgermeister in eigener Verantwortung obliegt.[2]
  • Die Entscheidung über die Zurückstellung kann nur unter der Voraussetzung eines Aufstellungsbeschlusses getroffen werden. Ein Aufstellungsbeschluss allein genügt jedoch nicht, um willkürlich Baugesuche zurückzustellen. Entscheidend kommt es auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 BauGB an, namentlich darauf, ob ein Vorhaben die Durchführung der sozialen Erhaltungssatzung zumindest wesentlich erschweren, also ihren Zielen entgegen würde. Diese Anforderungen ergeben sich aus dem jeweiligen Planungsstand innerhalb der Verwaltung.[3]

 

Die Zurückstellung kann technisch auf zwei Weisen vollzogen werden. Bei baugenehmigungsbedürftigen Vorhaben wird die Entscheidung über den Bauantrag verschoben. Nicht baugenehmigungsbedürftige Vorhaben werden hingegen vorläufig untersagt. Der Verwaltungsstandpunkt verweist zwar zurecht darauf, dass dieses Verfahren einen zusätzlichen Aufwand für die Verwaltung bedeutet. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass Baugesuche auch heute bereits zu prüfen sind und die relativ kurze Zurückstellung um wenige Monate bis zum geplanten Satzungserlass im Oktober keinen ausufernden Begründungsaufwand nach sich zieht, da es sich um einen vergleichsweise geringen Eingriff die die Rechte der Antragsteller*innen handelt.

 

Der Vorliegende Änderungsanträg fügt mit dem Punkt 3 eine Liste von Vorhaben an, bei denen die Zurückstellung durch die Verwaltung geprüft werden soll. Die Zurückstellung richtet sich im Einzelfall nach den vorliegenden Planungszielen so, wie sie dem Planungsstand der Verwaltung entspricht.

 

Anforderungen an die Rechtmäßigkeit der Aufstellungsbeschlüsse

 

Der Verwaltungsstandpunkt hält die Aufstellungsbeschlüsse aus unterschiedlichen Gründen für rechtswidrig,4 die einer näheren Prüfung aber nicht standhalten. Dem Verwaltungsstandpunkt muss widersprochen werden, wenn er behauptet für den Beschluss sei die präzise Nennung der betroffenen Flurstücke erforderlich. Diese Anforderung findet im Gesetz keine Stütze. Entscheidend ist, dass die Satzung so bestimmt ist, dass die Adressaten aus ihr ersehen können, ob ihre Grundstücke betroffen sind oder nicht. Die hinreichende Bestimmtheit ergibt sich bei den vorliegenden Aufstellungsbeschlüssen aber schon daraus, dass die Gebiete durch Straßen- und Flussverläufe abgegrenzt sind und insofern eindeutig ist, ob ein Grundstück innerhalb oder außerhalb des betroffenen Gebiets liegt.[4]

Weiterhin findet sich im Verwaltungsstandpunkt das Argument, dass die Erhaltungsziele noch nicht hinreichend konkret seien, um einen Aufstellungsbeschluss fällen zu können. Grundsätzlich ist es aber unschädlich, dass die Erhaltungsziele noch nicht genau absehbar sind, entscheidend ist vielmehr der aktuelle Stand der Planungen.[5] Dies ist gerade der Sinn der Aufstellungsbeschlüsse. Erste Erhaltungsziele ergeben sich bereits aus den geleisteten Voruntersuchungen (Grobscreening), der Intention der Stadtratsbeschlüsse mit sozialen Erhaltungssatzungen die Verdrängung durch bauliche Aufwertungen zu verhindern und den fortschreitenden Planungsstand innerhalb der Verwaltung. Konkrete Erhaltungsziele sind also nicht Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Aufstellungsbeschlüsse, sondern für die Rechtmäßigkeit der Zurückstellung im Einzelfall.

Es erscheint daher auch unschädlich, wenn die Gebiete der Aufstellungsbeschlüsse und der späteren Satzungen voneinander abweichen. Denn dort, wo die Stadt keine Erhaltungsziele verfolgt und entsprechend keine Satzung erlassen wird, ist auch die Zurückstellung von Baugesuchen nicht gerechtfertigt und die Stadt darf von der Prüfung der Zurückstellungsmöglichkeit in eigenem Ermessen absehen.

 

Festzuhalten ist somit, dass Aufstellungsbeschlüsse für soziale Erhaltungssatzungen in Leipzig getroffen werden können, ihre Wirkung aber nicht überschätzt werden darf – weder mit Blick auf die Sorge vor einer Überarbeitung und Klagefluten, noch mit Blick auf die Verhinderung von baulichen Aufwertungen in den betroffenen Gebieten.

 

 

[1] Mit Vorliegen eines Aufstellungsbeschlusses kann das Satzungsvorkaufrecht begründet werden. Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr (Hrsg.), Baugesetzbuch, 13. Auflage 2016, § 25, Rn. 5.

[2] Das OVG Lüneburg (Beschluss vom 28.03.2017 – 1 ME 7/17) hat festgestellt, dass es keines Antrags nach § 15 Abs. 1 BauGB bedarf, wenn Gemeinde zugleich Bauaufsichtsbehörde ist, wie es auch in Leipzig der Fall ist. Das Antragserfordernis hat insbesondere nicht die Aufgabe, innergemeindlich eine bestimmte Stelle zu bestimmen, welche von derjenigen zu unterscheiden ist, die über Baugesuche verbindlich zu entscheiden hat. Ein solcher Regelungszweck ginge über die Befugnisse des Bundesgesetzgebers hinaus. Bei einer Gemeinde, die die Aufgaben der unteren Bauaufsichtsbehörde selbst erfüllt, ist nach Ansicht des OVG nicht anzunehmen, dass die Zurückstellung nur vom Rat zu verantworten sein kann.

[3] OVG Münster, Beschluss vom 26.02.2014 – 10 B 139/14.

[4] Auch für andere, eingriffsintensivere Sicherungsmittel des Baurechts ist anerkannt, dass eine Abgrenzung in Kartenform genügt, siehe Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch. 131. EL, 2018, § 14 Rn. 33

[5] Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch. 131. EL, 2018, § 172 Rn. 85