Rede zur Vorlage “Fortsetzung der Partnerschaft für Demokratie “Leipzig. Ort der Vielfalt.” 2020-2024″ in der Ratsversammlung am 29.4.2020
Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
werte Gäste,
Ich könnte es mich kurzfassen und sagen: Das Programm umfasst Aktionen und Projekte, die das aktive Handeln der Bürgerschaft für die freiheitliche demokratische Grundordnung, für Weltoffenheit sowie gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken. Dies schließt ausdrücklich Projekte gegen Demokratiefeinde aller Art ein. Ihr Antrag ist daher abzulehnen. Ihnen geht es mit ihrem Antrag aber um etwas anderes: Sie wollen vom Rechtsextremismus ablenken, der auch tief in ihrer Partei verankert ist.
Ich möchte zunächst noch einmal an die Ratsversammlung vom 7. November 2019 erinnern, wo im Rahmen einer aktuellen Stunde nahezu jede Fraktion klar Stellung zu links motivierter Gewalt und Sachbeschädigung bezogen hat.
Ich zitiere aus meiner damaligen Rede: „Für mich als Demokrat, als Christ, als Sozialdemokrat, als jemand der die friedliche Revolution als Kind wahrgenommen hat, gehört es zur Selbstverständlichkeit, Gewalt abzulehnen. Für mich gilt: Keine Gewalt! Gewalt gegen Menschen oder Sachbeschädigungen gehören nicht in die demokratische politische Auseinandersetzung. Dabei ist es mir egal, ob die Gewalt politisch oder religiös motiviert ist. Gewalt sollte daher von Demokratinnen und Demokraten grundsätzlich geächtet werden. Gesetzesbrüche und Straftaten müssen konsequent geahndet werden, ganz gleich wer sie verübt. Da darf es keine falsche Toleranz geben.“
Und dennoch, sehr geehrte Damen und Herren, liegt ein besonderer Schwerpunkt in der politischen Bildung darauf, sich mit dem Rechtsextremismus zu befassen. Ich möchte hier gern den ehemaligen Bundestagspräsidenten Norbert Lammert zitieren, der das ganz gut auf den Punkt gebracht hat und sicher nicht im Verdacht steht, in besonderem Maße linksaußen zu stehen:
„Deutschland ist ein Land, das nach bitteren Erfahrungen mit Extremismus und Gewalt, vielleicht gründlicher als andere Länder seine historischen Lektionen gelernt hat. […] Wir wollen nie wieder zurück in einen solchen braunen Sumpf, wir wollen nie wieder zurück in autoritäre oder totalitäre Verhältnisse, die es im 20. Jahrhundert in verschiedenen Phasen unserer Geschichte leider hierzulande gegeben hat.“
Das Dritte Reich endete in einem Fanal. Millionen Menschen haben in der Zeit des Nationalsozialismus ihr Leben verloren, sei es durch Verfolgung und Ermordung, weil es Andersdenkende oder, in Jargon der Nazis, „Minderwertige“ waren, oder im durch das NS-Regime losgetretenen Weltkrieg. Und es gibt immer noch Menschen, die einer Ideologie der Ungleichheit, in der menschlichem Leben, je nach Herkunft, eine unterschiedliche Wertigkeit gegeben wird, anhängen. Das ist eine Gefahr für unsere Gesellschaft, denn die veranstalten nicht nur Konzerte, wie bspw. auf dem Themarer Grundstück eines AfD-Funktionärs, sondern verfolgen wie bspw. der NSU und seine Unterstützer Pläne zum Umsturz.
Der Rechtsstaat darf auf keinem Auge blind sein und er darf auch religiösen Fanatismus nicht aus den Augen verlieren. Warum jedoch in der demokratischen Bildung, die immer auch eine Ablehnung von Extremen ist, ein besonderer Fokus auf dem Rechtsextremismus liegt, möchte ich ihnen mit allein 26 Gründen nur aus Sachsen, davon zehn aus Leipzig untermauern:
1991 – Jorge João Gomondai – Dresden
1991 – Gerhard Sch. – Leipzig
1992 – Waltraud Scheffler – Geierswalde
1993 – Mike Zerna – Hoyerswerda
1994 – Klaus R. – Leipzig
1994 – Michael Gäbler – Zittau
1995 – Peter T. – Hohenstein-Ernstthal
1995 – Sven Silbermann – Dresden
1995 – Michael Silbermann – Dresden
1995 – Gerhard Helmut B. – Leipzig
1995 – Horst K. – Leipzig
1995 – Mario L. – Leipzig
1996 – Bernd Grigol – Leipzig
1996 – Achmed Bachir – Leipzig
1998 – Nuno Lourenço – Leipzig
1999 – Patrick Thürmer – Hohenstein-Ernstthal
2000 – Bernd Schmidt – Weißwasser
2003 – Günter T. – Riesa
2003 – Christa G. – Wurzen
2003 – Thomas K. – Leipzig
2008 – Karl-Heinz Teichmann – Leipzig
2009 – Marwa El-Sherbini – Dresden
2010 – Kamal Kilade – Leipzig
2011 – André Kleinau – Oschatz
2017 – Ruth K. – Döbeln
2018 – Christopher W. – Aue
Das sind Namen von Menschen die seit der friedlichen Revolution durch politisch bzw. mutmaßlich rechts motivierte Gewalttaten ums Leben gekommen sind.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!