Stadt ohne Rassismus

Interfraktioneller Antrag der SPD-Fraktion, Die LINKE.PDS-Fraktion, Bündnis 90/Die Grünen

Beschlussvorschlag:

Die Stadt Leipzig tritt zum 1.1.2007 der Europäischen Städte-Koalition gegen Rassismus bei und verpflichtet sich damit zur Annahme des 10-Punkte-Aktionsplans.
Gleichzeitig wird die Stadt Leipzig aufgefordert, bis zum 1.1.2007 herauszuarbeiten, welche Maßnahmen bereits getroffen wurden und welche Maßnahmen noch getroffen werden sollen, um den 10-Punkte-Plan zu erfüllen.
Die Umsetzung des 10-Punkte-Aktionsplans ist finanziell abzusichern.

Begründung:

Alle europäischen Länder erleben derzeit einen nachhaltigen Wandel ihrer Bevölkerungsstruktur. Diese demografischen Veränderungen spiegeln sich auch in der Leipziger Bevölkerungsentwicklung wieder. Leipzig ist bereits jetzt die sächsische Stadt mit dem größten Migrantinnen- und Migrantenanteil. In Leipzig lebende Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund haben dabei sehr unterschiedliche Herkunftshintergründe: ausländische Arbeitnehmer/innen und ihre Kinder, EU-Bürger/innen, Eingebürgerte, Asylsuchende und -berechtigte, jüdische Emigrant/innen, Spätaussiedler/innen, Kinder aus binationalen Partnerschaften und andere.
Diese Menschen verfügen über ganz unterschiedliche Erfahrungen, Fähigkeiten und Ressourcen. Sie bereichern auf vielfältige Weise die Gesellschaft und bringen wirtschaftliche, soziale und kulturelle Potentiale mit, deren Entfaltung bisher in noch nicht ausreichendem Maße gefördert wird.
Dies bedeutet auf der anderen Seite auch, dass Menschen mit Migrationshintergrund in diskriminierungssensiblen Bereichen wie z.B. auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt, bei Vermietung von Wohnraum, im Gesundheitswesen oder bei Bildung und Erziehung besser vor Rassismus und Ausgrenzung geschützt werden müssen, d.h., diesen Bevölkerungsgruppen Chancengleichheit zu gewährleisten und ihnen die Sicherheit zu geben, dass sie nicht unter Diskriminierung leiden müssen.
Die Städte-Koalition gegen Rassismus geht auf eine Initiative der UNESCO aus dem Jahre 2004 zurück. Ziel ist es, ein internationales Netzwerk von Städten einzurichten, die sich gemeinsam für einen wirkungsvollen Kampf gegen Rassismus, Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit einsetzen.
Auf der einen Seite gibt es bereits zahlreiche internationale und nationale Erklärungen, Konzepte und Rechtsmittel gegen Rassismus. Auf der anderen Seite aber ist es besonders wichtig, dass diese auf lokaler und kommunaler Ebene angewandt werden und die konkreten Probleme vor Ort hierbei berücksichtigt werden. In der Kommune findet Integration tatsächlich statt, in den Städten leben die Menschen und begegnen sich täglich. Städte sind der Schlüssel für erfolgreiche Integration und die Durchsetzung der Menschenrechte. Deshalb ist es gerade hier besonders wichtig, dass die Opfer von Diskriminierung mit einbezogen werden.
Aus diesem Grund wurde am 10. Dezember 2004 in Nürnberg die „Europäische Städte-Koalition gegen Rassismus“ gegründet und einen „Zehn-Punkte-Aktionsplan“ mit konkreten Handlungsbeispielen verabschiedet.
Der Beitritt der Städte kann in zwei Schritten erfolgen: derzeit haben 18 europäische Städte die „Beitritts- und Verpflichtungserklärung“ unterzeichnet, u.a. Berlin, Madrid, Riga, Stockholm, Glasgow etc. 51 europäische Städte haben die „Absichterklärung“, der Koalition beitreten und die Umsetzung des Aktionsplanes prüfen zu wollen unterzeichnet, u.a. Nürnberg und Erlangen.
Das Aktionsprogramm der europäischen Städtekoalition gegen Rassismus beinhaltet folgende zehn Punkte der Selbstverpflichtung:

  1. Größere Wachsamkeit gegenüber Rassismus
  2. Einschätzung von Rassismus und Diskriminierung vor Ort und Steuerung kommunaler Maßnahmen
  3. Bessere Unterstützung der Opfer von Rassismus, Diskriminierung
  4. Größere Beteiligung und bessere Information der Bürgerinnen und Bürger
  5. Aktive Unterstützung durch die Stadt von Gleichbehandlungsmaßnahmen
  6. Gleichbehandlungsverpflichtung der Stadt als Arbeitgeberin und Dienstleisterin
  7. Gerechter Zugang zu Wohnraum
  8. Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung über Bildung und Erziehung
  9. Förderung kultureller Vielfalt
  10. Maßnahmen gegen hassmotivierte Gewalt und Förderung von Konfliktmanagement

Diese zehn Punkte benennen die Bereiche, in denen die Städte sich engagieren sollen. Die einzelne Stadt entwickelt in diesem Rahmen konkrete Handlungsansätze, die die besonderen Gegebenheiten vor Ort berücksichtigen.
Die Umsetzung eines „Stadt ohne Rassismus“-Konzeptes in Leipzig setzt für die stetig wachsende Anzahl von Menschen mit Migrationshintergrund ein positives Signal, dass sie hier willkommen sind, dass die Stadt sich aktiv für ihren Schutz vor Benachteiligung einsetzt und nachhaltige Integrationsangebote macht.
Wo gesellschaftliche, soziale und wirtschaftliche Integration gelingen und Chancengleichheit tatsächlich umgesetzt werden soll, muss Schutz vor Diskriminierung und Rassismus als gesellschaftliche Querschnittsaufgabe Priorität haben.