Rede zur Vorlage „Gesamtkonzept zur Integration der Migrantinnen und Migranten in Leipzig“
Redner: Christopher Zenker, Stadtrat der SPD-Fraktion
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Gäste!
Wir beschließen heute das Gesamtkonzept zur Integration der Migrantinnen und Migranten in Leipzig, als Gerüst für einen eigentlich normalen und stetigen Prozesses in der Bevölkerungsentwicklung unserer Stadt, der vor hunderten Jahren begann, der externen und internen Einflüssen unterlag und immer anhalten wird. Integration ist als kontinuierliche Aufgabe zu betrachten. Durch die Vorlage soll zielgruppengerichtet Integration „vor Ort“ gestärkt und gefördert werden. Auch wenn ich im folgendem den Begriff Integration verwende, ist mir der Begriff Inklusion lieber, da er uns als so genannte „Mehrheitsgesellschaft“ mit einbezieht in dem er uns auffordert, aufnahmebereit und –willig zu sein.
Das Gesamtkonzept vereint eine Fülle von Handlungsbedarfen, Handlungsempfehlungen und daraus abgeleiteten Maßnahmen, für die kommunale Ebene relevanten Bereichen Bildung und Erziehung, Ausbildung, Qualifizierung und Beschäftigung, Gesundheitsvorsorge und Gesundheitsförderung, sozialräumliche Integration, interkultureller und interreligiöser Dialog, interkulturelle Orientierung und Öffnung, politische Teilhabe und Bekämpfung von Diskriminierung und Rassismus und ist damit Querschnittsthema für die gesamte Stadtverwaltung.
Integration verstehen wir als einen dauerhaften Prozess der Aufnahme der Migrantinnen und Migranten in die Mehrheitsgesellschaft ohne Aufgabe der jeweils eigenen kulturellen Identität. Zum Gelingen der Integration sind Anstrengungen aller Beteiligten erforderlich: Neben den Migranten und Migrantinnen muss auch die Aufnahmegesellschaft ihren Beitrag zur Integration leisten. In diesem Zusammenhang fällt mir vor allem auf, dass wir häufig nicht bereit sind, die Biographien der Migrantinnen und Migranten anzuerkennen und dies nicht selten sogar institutionell bedingt ist. Besonders deutlich wird dies bei der Anerkennung von ausländischen Berufs- und Studienabschlüssen. Sicher ist das kein rein kommunales Thema und greift nur ein Aspekt des Konzeptes auf. Das Beispiel steht jedoch für institutionelle Hindernisse von Integration. Zudem zeigt es, dass wir nicht nur auf ein enormes Fachkräftepotential verzichten, sondern damit unter Umständen zum sozialen Abstieg von Zuwanderinnen und Zuwandern beitragen bzw. ihn verursachen. Vom Frust, der dabei entsteht, ganz zu schweigen.
Am Beispiel meiner Frau möchte ich das ein Stück weit verdeutlichen. Meine Frau hat in England studiert – nicht einmal ein Drittstaat, soviel zum Thema Bologna-Prozess – und hätte dort nach Abschluss ihres Studiums als Lehrerin arbeiten können, in Deutschland ist dieser Abschluss jedoch nicht anerkannt und sie hätte komplett neu ein Lehramtsstudium aufnehmen müssen. In ihrem gelernten Beruf und in dem Umfeld der Arbeit mit Kindern konnte sie in Deutschland mit ihrem Abschluss keine Arbeit aufnehmen. Selbst der Beginn einer Ausbildung zur Erzieherin war nicht frei von Hindernissen, da zunächst verlangt wurde, einen Abschluss als Sozialassistentin zu machen, bevor sie mit der eigentlichen Ausbildung anfangen darf. Durch Schriftwechsel und Vor-Ort-Termine in der Sächsischen Bildungsagentur konnten wir das zumindest verhindern. Das ist nur ein Beispiel von vielen. Wir vergeben uns durch die Praxis der Nicht-Anerkennung von Abschlüssen und Berufserfahrung ein enormes Potential zu Integration und erzeugen Frust, von den höheren Sozialkosten und fehlenden Steuereinnahmen ganz zu schweigen.
Ich hoffe jedoch, dass das Konzept ein weiterer Schritt zur Integration der hier lebenden Migrantinnen und Migranten ist und bin überzeugt, dass wir uns weiter Stück für Stück in Richtung Inklusion bewegen. Wir begrüßen, dass das vorliegende Integrationskonzept, dass durch zahlreiche konkrete und projektgebundene Handlungsstrategien, die kurz- und mittelfristig auch vor Ort umgesetzt werden sollen, teilweise sehr detailliert und damit abrechenbar ist. Die Abrechenbarkeit ist notwendig, da viel wichtiger als die Beschreibung die Abarbeitung der Maßnahmen ist. Eine jährliche Information in den Fachausschüssen zum Umsetzungsstand wäre daher wünschenswert. Darüber hinaus kann und darf der Maßnahmenkatalog nie abschließend sein, sondern muss entsprechend der Bedarfe und Entwicklungen ständig aktualisiert, angepasst und erweitert werden.
Die SPD-Fraktion wird der Vorlage zustimmen.