Rede zur Vorlage „Umsetzung des mittelfristigen Haushaltssicherungskonzeptes 2006-2009: Detailanalyse und Handlungsempfehlungen zum Umgang mit ausgewählten Beteiligungen“
Redner: Dr. Joachim Fischer, Fraktionsvorsitzender
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Stadträte
werte Gäste,
der Stadtrat hat heute vom Oberbürgermeister eine Vorlage zur Abstimmung vorgelegt bekommen, die zum einen eine Grundsatzentscheidung auf dem Weg zum Schuldenabbau der Stadt Leipzig darstellt und zum anderen ein klares Bekenntnis zum weiteren Umgang mit wichtigen städtischen Betrieben abgibt.
Für die SPD-Fraktion sind Ursache und Anlass für die Notwendigkeit zur Behandlung dieser Vorlage zum jetzigen Zeitpunkt die Haushaltlage und die hohe Verschuldung der Stadt Leipzig.
Vorab deshalb einige Bemerkungen, die im Zusammenhang mit der Haushaltslage erforderlich sind. Es wird viel über die Schulden der Stadt Leipzig geredet. Ohne Zweifel ist der Schuldenstand mit fast 1.900 € je Einwohner zu hoch. Durch die Aufwendungen für Zinsen und Tilgung wird die Handlungsfähigkeit der Stadt eingeschränkt, da diese vor allem nicht durch auskömmliche Einnahmen zu finanzieren sind.
Den Schulden stehen allerdings erhebliche Werte gegenüber, die seit der politischen Wende in Leipzig geschaffen wurden. Ich erinnere nur an umfangreichen Infrastrukturvorhaben, Neue Messe, Stadion, Arena, Bildermuseum, sanierte Schulen und, und, und. Jedes private Unternehmen würde diese Werte stolz als Aktiva in seine Bilanz aufnehmen und sich damit rühmen. In einem städtischen Haushalt sind Schulden offenbar ausschließlich eine Last und ihnen haftet der Geruch der Unanständigkeit an. Wenn Schulden gemacht werden, die der Stadt langfristigen Nutzen bringen, wie das z.B. bei Infrastrukturmaßnahmen der Fall ist, sind sie jedoch vor unserer nachfolgenden Generation zu vertreten.
Die Vorlage stellt rein formal betrachtet lediglich einen Verfahrensvorschlag dar. Das Verfahren betrifft jedoch besonders wichtige Inhalte der Stadtpolitik.
Mit dem ersten Teil der Vorlage wird die Eröffnung des Verfahrens zum Verkauf von maximal 49,9 % Anteile der Stadtwerke Leipzig beschlossen. Neu in der Vorlage ist ein Kriterienkatalog, der bei der Auswahl des möglichen Partners und beim Verkauf der Anteile Berücksichtigung finden muss. Dadurch wird u.a. geregelt, dass nicht nur der zu erzielende Preis ausschlaggebend für eine mögliche Verkaufsentscheidung sein kann.
Für die SPD-Fraktion sind die Sicherung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen, die regionale Wertschöpfung, die Quersubventionierung des ÖPNV und eine weitere Stärkung des Wirtschaftsstandortes Leipzig von ganz besonderer Bedeutung.
Weiterhin wird im ersten Teil des Beschlusses die Verwendung des möglichen Verkaufserlöses überwiegend zur Schuldentilgung aber auch zur Kofinanzierung wichtiger Investitionsvorhaben geregelt.
Im Teil II der Beschlussvorlage wird die notwendige Entschuldung der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft und die Reduzierung der städtischen Bürgschaften auf unter 300 Mill. festgelegt. Dadurch würde eine Risikoposition unseres Haushaltes erheblich abgebaut. Dazu soll das Unternehmen Umschuldungsmaßnahem vornehmen, und auch der Verkauf von Teilbeständen kann genutzt werden. Das Dezernat VI erarbeitet als Grundlage ein Wohnungsbedarfskonzept, damit nicht an den Interessen der Stadt vorbei veräußert werden kann.
Für die SPD-Fraktion ist mit dieser Regelung der Verkauf der LWB oder auch von Geschäftsanteilen des Wohnungsbauunternehmens endgültig vom Tisch.
Der Verkauf des Eigenbetriebes Stadtreinigung bzw. dessen Integration in die LVV kann nach Ansicht meiner Fraktion nur erfolgen, wenn das Problem der Mehrwertsteuerumlage auf die Bürger verhindert werden kann. Andererseits werden wir einer Lohnreduzierung bei den Mitarbeitern in dieser Höhe zur Verhinderung der Mehrbelastung der Bürger ebenfalls nicht akzeptieren.
Neu in der Vorlage sind die im Teil III festgelegte Erarbeitung einer Konzeption zur Stärkung der Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft und die Verkaufsabsicht von Minderheitsanteilen an der LVV.
Für die SPD-Fraktion stellt die beabsichtigte Stärkung der LVV, also der Leipziger kommunalen Versorgungsunternehmen insgesamt, einen ganz zentralen Punkt dieser heute zur Abstimmung eingebrachten Vorlage dar. Ich kann nur dafür werben, dass der Stadtrat mit einer qualifizierten Mehrheit der Erarbeitung einer Konzeption zur Stärkung der LVV zustimmt. Das sind eine sehr wichtige Entscheidung zum Umgang mit den großen städtischen Beteiligungen und ein klares Bekenntnis zur Zukunft der kommunalen Wirtschaftstätigkeit in der Stadt Leipzig.
Unser Ziel ist, dass die städtischen Unternehmen durch die geplante Stärkung der LVV noch besser aufgestellt werden, um eine höhere Renditeerwirtschaftung auch außerhalb der Gemeindegrenzen erreichen zu können.
Erst wenn die neue Struktur und die Aufgabenverteilung mit den Konzernbetrieben geklärt und weitgehend umgesetzt sind, wird als nächster Schritt der Verkauf einer Minderheit der Gesellschafteranteile erfolgen. Nach meiner Ansicht kann auch die Einbeziehung eines Privaten und seiner Kompetenzen in die LVV zur Stärkung der LVV führen. Dabei geht meine Fraktion ganz eindeutig von einer Minderheitsbeteiligung mit dem Ziel aus, dass die Mehrheit an den Betrieben unterhalb der LVV-Ebene im Besitz der Stadt verbleiben.
Der vorliegende Verfahrensvorschlag bedarf im Laufe der Abarbeitung weiterer sehr wichtiger Beschlüsse des Stadtrates. Diese sind:
- Verkaufsbeschluss für den Anteilsverkauf der Stadtwerke mit Festlegung zur Mittelverwendung
- Konzept zur Stärkung der LVV
- Beauftragung zur Ausschreibung von Anteilen der LVV
- Verkaufsbeschluss für Anteile der LVV
- Konzept zur Reduzierung der Bürgschaften der LWB
Zuvor muss zur Begleitung des Verfahrens ein Gremium unter maßgeblicher Beteiligung des Stadtrates geschaffen werden. Nur so wird der Einfluss des Stadtrates und seine ständige Information über den laufenden Stand des Verfahrens gesichert werden.
Ich verstehe die Ängste der Mitarbeiter der betroffenen Unternehmen, die sie heute und zuvor in Diskussionsrunden mit uns ganz nachdrücklich zum Ausdruck gebracht haben. Durch die vorliegende Vorlage wird verständlicherweise Unruhe in die Unternehmen hineingetragen.
Auch in meiner Fraktion hat es ausgiebige und teilweise kontroverse Diskussionen im Vorfeld der heutigen Verabschiedung der Vorlage gegeben. Glauben Sie mir, gerade uns Sozialdemokraten fällt es schwer, städtisches Eigentum besonders in Hinblick auf die dort Beschäftigten und die nachhaltige Entwicklung unserer Stadt zu veräußern.
Wir haben es uns in dem Prozess, der schon fast zwei Jahre andauert, nicht leicht gemacht. Wir werden dennoch heute nicht alle, jedoch mit sehr großer Mehrheit der Vorlage zustimmen.
Meine Fraktion ist sich einig, dass wir daneben ein langfristiges Konzept zur dauerhaften Verhinderung struktureller Defizite benötigen, damit solche Verkaufsvorlagen nicht zur jährlichen Gewohnheit werden und auch die Begehrlichkeiten von Freistaat und Bund auf die städtischen Vermögenswerte im Zaum gehalten werden können.
Die Vorlage stellt, wenn sie beschlossen und umgesetzt wird, die Weichen für die Entschuldung und bringt damit die Handlungsfähigkeit der Stadt zurück. Ich hoffe deshalb auf eine breite Mehrheit in diesem Haus und damit den Nachweis, dass der Stadtrat in Leipzig handlungsfähig ist.