Im Oktober 2021 hat der Leipziger Oberbürgermeister einen zweistündigen Bürgerrundgang im Leipziger Westen mit verschiedenen Akteuren unternommen
Schwerpunkte waren dabei die Verbesserung von Querungsmöglichkeiten für Fußgänger,  die Aufenthaltsqualität auf Plätzen, Gehwegbreiten, Tempo 30-Zonen, Fußverkehr an Baustellen und verkehrsberuhigte Bereiche , sowie Fußgängerzonen.
Der Ökolöwe macht sich aktuell für eine „Autofreie Merseburger Straße: Fußgängerzone statt Parkplätze“ und für autofreie Straßen in jedem Stadtviertel stark.
 
Wir möchten anfragen:
1.               Welche der beim Bürgerrundgang zahlreich vorgeschlagenen Maßnahmen sieht die Verwaltung als umsetzungsreif an und wie ist der aktuelle Stand zu diesen Vorschlägen?

2.               Wie steht die Stadt zur Forderung nach autofreien Straßen in jedem Stadtviertel?
An welchen Stellen in welchen Stadtteilen sieht die Verwaltung hierfür Potential? Wie kann hier eine geeignete Bürgerbeteiligung, z.B. im Rahmen von “Leipzig weiter denken”, erfolgen?

3. Sieht die Verwaltung in den Stadt- und Ortsteilen durch verkehrsberuhigte Bereiche auch Potential für die Stärkung des Einzelhandels und der Gastronomie?

Antwort der Verwaltung

1. Welche der beim Bürgerrundgang zahlreich vorgeschlagenen Maßnahmen sieht die Verwaltung als umsetzungsreif an und wie ist der aktuelle Stand zu diesen Vorschlägen?

Aus dem Bürgerrundgang resultierten eine Reihe von Vorschlägen, folgende sieht die Verwaltung bereits als umsetzungsreif an:

Baustelle Odermannstraße/Gemeindeamtsstraße

Tempo-30 in der Odermannstraße: Für den Bereich des Horts der Nachbarschaftsschule wird eine Anordnung von Tempo 30 von Mo-Fr 6-18 Uhr in der Odermannstraße vorbereitet.

Fußgängerverkehr an Baustellen: Die Baustelle an der Odermannstraße wurde geprüft und entsprechend der Festlegung Maßnahmen eingeleitet, die die optimal mögliche Fläche für den Fußverkehr bereithält.

Allgemein wird das Thema dahingehend aufgegriffen, dass bei allen zukünftigen Baumaßnahmen noch stärker auf die Belange des Fuß- und Radverkehrs geachtet wird. Hierzu werden auch die Bauleiterinnen und Bauleiter sowie die ausführenden externen Firmen noch einmal sensibilisiert.

Knoten Endersstraße/Merseburger Straße

Hier wird sowohl am westlichen als auch am östlichen Arm der Endersstraße eine Anordnung für Fußgängerüberwege umgesetzt.

Darüber hinaus wurde festgelegt: Um zu prüfen, ob besonders schutzbedürftige Menschen eine Straße regelmäßig an einer bestimmten Stelle queren, ist maßgebend, dass der Streckenabschnitt an einem empfohlenen Schulweg liegt.

Zugang Karl-Heine-Platz/Aurelienstraße

Das Markieren von Parkzu- und -ausgängen kann eine schnelle Lösung sein, auf die Problemlage des Parkens vor dem Platzzugang adäquat zu reagieren. Daher wurden von der Verwaltung in Zusammenarbeit mit der AG Fußverkehrsförderung bereits Entwürfe entwickelt, um durch eine Markierung eine weitestgehende Zugänglichkeit zu erreichen. Zudem wurde eine verwaltungsinterne Abfrage veranlasst, um stadtweit Problemstellen zu ermitteln. Diese Markierung stellt jedoch keine verkehrsrechtliche Anordnung dar, sondern soll durch ihre optische Gestaltung eine zusätzliche Sensibilisierung erzeugen, hier nicht zu parken. Die Markierungslösung kann in Anliegerstraßen auch noch mit Fahrradbügeln auf der Fahrbahn ergänzt werden. Dadurch entsteht eine Verbindung mit dem Aktionsprogramm Radverkehr, Handlungsfeld 7, Maßnahme 57 (Fahrradabstellanlagen an Parkeingängen). Auf dieser Grundlage werden beginnend in 2022 Maßnahmen schrittweise umgesetzt.

Autofreie Freisitzstraße Merseburger / Ecke Aurelienstr.

Im 1. Halbjahr 2022 wird die Merseburger Straße am Knoten zur Aurelienstraße abgepollert und im letzten Abschnitt ein Halteverbot angeordnet, um das notwendige Wenden zu gewährleisten.

Hierzu befindet sich auch ein Antrag des SBB Alt-West im Verfahren. Der Verwaltungsvorschlag wird hier ebenso eine mögliche Umgestaltung aufgreifen. lm Rahmen des Antrags sollen die Möglichkeiten der Verbesserung der städtebaulichen Qualität des öffentlichen Raums der Merseburger Straße zwischen Karl-Heine-Straße und Lützner Straße unter Einbeziehung von Anwohnenden, Gewerbetreibenden und Stadtteilakteuren untersucht und erste Umsetzungsvorschläge erarbeitet werden.

2. Wie steht die Stadt zur Forderung nach autofreien Straßen in jedem Stadtviertel?
An welchen Stellen in welchen Stadtteilen sieht die Verwaltung hierfür Potential? Wie kann hier eine geeignete Bürgerbeteiligung, z.B. im Rahmen von “Leipzig weiter denken”, erfolgen?

Im Rahmenplan zur Umsetzung der Mobilitätsstrategie 2030 wurden mit dem Querschnitts- und Schlüsselthema Aufteilung Verkehrsraum die Prioritäten bei der Gestaltung des Öffentlichen Raums so verteilt, dass die Leistungsfähigkeit des MIV nicht mehr als prioritäre Planungsgrundlage zur Gestaltung von Straßenräumen dienen kann. Stattdessen müssen ein leistungsfähiger und verlässlicher ÖPNV, ein sicherer und attraktiver Fuß- und Radverkehr und funktionierende Andienkonzepte gewährleistet werden (Mobilitätsstrategie 2030: Anlage II-E). Dieses Querschnittsthema wird die in den Handlungsfeldern gelisteten Maßnahmen durchgängig begleiten und beeinflussen, sodass in diesem Rahmen autofreie Straßen auch in Frage kommen können. „Leipzig weiter denken“ berät hier im Rahmen des vorzulegenden Beteiligungskonzeptes. Das Beteiligungskonzept zur Mobilitätstrategie ist in der 7. Sitzung des Forums für Bürgerbeteiligung und bürgerschaftliches Engagement (08.02.2021) beraten und in der Ratsversammlung vom 23.06.2021 beschlossen worden.

Auch in der im Oktober beschlossenen Fußverkehrsstrategie (VII-DS-06011) wird eine gerechte Aufteilung des öffentlichen Raums durch das Ziel 4 berücksichtigt. Ein aktuelles Beispiel für die Evaluierung einer autofreien Straße ist die bereits erwähnte Merseburger Straße zwischen Karl-Heine-Straße und Aurelienstraße.

Nach dem Rahmenplan zur Umsetzung der Mobilitätsstrategie wird es jedoch keine gleichmäßige Verteilung autofreier auf jeden Stadtteil geben. Es bleiben individuelle Einzelentscheidungen für die jeweiligen Straßenabschnitte, die auch mit rechtlichen Abwägungen evaluiert werden müssen und bei der eine Beteiligung mit Anwohnenden, Gewerbetreibenden und Stadtteilakteuren stattfinden wird.

3. Sieht die Verwaltung in den Stadt- und Ortsteilen durch verkehrsberuhigte Bereiche auch Potential für die Stärkung des Einzelhandels und der Gastronomie?

Das Potential für die Stärkung des Einzelhandels durch verkehrsberuhigte Bereiche ist stark von der Art des Einzelhandels abhängig, aber auch von der Einwohnerdichte und den vorhandenen Erschließungsmöglichkeiten. Kleinere Nahversorger in den innerstädtischen Bereichen werden sehr häufig zu Fuß oder mit dem Rad erschlossen. Hier haben verkehrsberuhigte Bereiche momentan höheres Potential zur Stärkung. Bei größeren Nahversorgern hingegen wird häufiger das Auto als Transportmittel genutzt, jedoch ist auch hier ein Trend hin zu mehr Fuß- und Radverkehr zu erkennen, besonders bei Nahversorgern in Quartieren mit einer hohen Einwohnerdichte, wie bspw. am Lindenauer Markt.

Es gibt keine allgemeingültige Aussage über den Einfluss von verkehrsberuhigten Bereichen zu den umliegenden Einzelhandelsstandorten. Ein positiver Einfluss ist jedoch deutlich auf die Gastronomie zu erkennen, vor allem, wenn diese zur Aufwertung des öffentlichen Raums beitragen.

Mit dem beschlossenen Nachhaltigkeitsszenario und dem Rahmenplan zur Umsetzung der Mobilitätsstrategie 2030, durch die der Umweltverbund gestärkt werden soll, wird auch der Erschließungsverkehr vom Einzelhandel neu gedacht werden müssen. Dabei sieht die Verwaltung vor allem bei der Erschließung von kleinerem Einzelhandel und kleineren Nahversorgern Potential zur Stärkung durch verkehrsberuhigte Bereiche. Durch die Stärkung des Umweltverbundes, bspw. durch den Bau von Fahrradabstellanlagen für Lastenräder oder neue Mobilitätsstationen, wird sich auch die Verkehrsmittelwahl des Einkaufsverkehrs ändern und verkehrsberuhigten Bereichen auch bei größeren Nahversorgern eine stärkere Rolle zukommen. Diese siedeln sich bereits zunehmend an schon vorhandenen verkehrsberuhigten Bereichen oder Fußgängerzonen an. Zwischen 2011 und 2018 wuchs z.B. die Zahl der Supermärkte in der Innenstadt von 7 auf 11.