Reden und Texte der SPD-Fraktionsmitglieder innerhalb der Ratsversammlung zu ausgewählten Themen

Andreas Geisler

Redner: Andreas Geisler, Stadtrat

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

die Schwimmhalle für den Leipziger Osten wird deutlich teurer als ursprünglich geplant. Satte 3,3 Millionen Euro – knapp 50 Prozent Aufschlag –  soll der Stadtrat heute für den städtischen Anteil an den Baukostensteigerungen genehmigen. Das Drama mit der Schwimmhalle auf dem Otto-Runki-Platz begann schon früh:

2016 hatte die Verwaltung den Standort vorgeschlagen. Meine Fraktion war bereits von Anfang an dafür, den Otto-Runki-Platz wegen der guten verkehrlichen Anbindung zu nutzen. Basierte der Vorschlag doch auf einen gemeinsamen Antrag von Linken, Grünen und uns. Die CDU wollte seinerzeit weiter an den Stadtrand. Die Grünen hingegen waren nicht gegen den Standort, brachten damals aber unterschiedliche, für uns kaum nachvollziehbare Gründe vor, um der Vorlage im Oktober 2016 dann doch nicht zuzustimmen. Es gab also im ersten Anlauf keine Mehrheit. Damit wurden eine Chance vertan und wertvolle Zeit verschenkt, die uns jetzt womöglich teuer zu stehen kommt.

Im Mai 2017 klappte es schließlich mit den Standortbeschluss und die Planungen begannen. Nachdem der Freistaat 2021 bekannt gegeben hat, keine investiven Fördermittel für den Bau der Schwimmhalle zu haben, sprang die Stadt als Ausfallbürge ein und übernahm den Anteil des Landes. Damals rund 6,2 Millionen Euro, um die für den Schulsport, aber auch den Vereinssport dringend benötigte Schwimmhalle realisieren zu können. Jetzt sind es also 9,5 Millionen Euro, die die Stadt insgesamt stemmen soll.

Wir werden der Vorlage zustimmen, wollen allerdings nicht, dass hierbei andere ebenso wichtige Projekte unter die Räder kommen. Wichtig ist uns hierbei die Schwimmhalle im Leipziger Süden, neben dem neuen Kraftwerk, denn auch der Stadtbezirk Süd ist mit Schwimmhallenflächen unterversorgt. Es geht um Planungsmittel in Höhe von 700.000 Euro, die notwendig sind, um einen Planungsvorlauf für spätere Fördermittelrunden zu haben. Diese Gelder fehlen wegen der Gegenfinanzierung der Kostensteigerungen. Wir wollen aber nicht, dass die Schwimmhalle Süd so lange auf Eis gelegt wird, weil eine Realisierung dann immer länger hinausgezögert würde. Gemeinsam mit Freibeutern, Linken und Grünen haben wir deshalb beantragt, im Haushalt 23/24 einen entsprechenden Planungskostenzuschuss für die Sportbäder einzuplanen.

Ferner soll die notwendige Beckenerneuerung am Sommerbad Schönefeld verschoben werden und stattdessen immer wieder notdürftige Reparaturen stattfinden. Flickschusterei kann jedoch keine Dauerlösung sein. Wir haben deshalb mit Linken und Grünen gemeinsam beantragt, dass im Doppelhaushalt 2025/26 ein Investitionszuschuss für die Sportbäder zur Erneuerung des Beckens eingeplant wird.

Ich bitte um Zustimmung zu den beiden Änderungsanträgen.

Christina März

Rednerin: Christina März, Stadträtin

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Dezernentinnen und Dezernenten,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

mit der heute vorgestellten Informationsvorlage zur Lebenssituation von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans-, Inter- und Queers – kurz LSBTIQ-Personen – in Leipzig hat die Verwaltung einen Antrag der SPD-Fraktion zeitnah umgesetzt.

Vergangenen September hatte unsere Fraktion gefordert, die Sichtbarkeit von und die Solidarität mit homo-, trans- und intersexuellen Menschen im Stadtraum sichtbarer zu machen. Deshalb wurde gestern, am 17. Mai, anlässlich des Internationalen Tages gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie erstmalig auch in Leipzig die Regenbogenfahne vor dem Neuen Rathaus gehisst. Ein wichtiges und sichtbares Zeichen wurde dadurch gesetzt. Nicht nur an dem inzwischen bekannten Christopher Street-Day mit der dazugehörigen CSD-Woche zeigt die Regenbogenfahne seit diesem Jahr alljährlich, dass wir Solidarität mit LSBTIQ-Menschen leben.

Ebenso wichtig ist auch, dass die Verwaltung die von uns geforderte Informationsvorlage zur Lebenssituation von LSBTIQ-Personen in Leipzig zum Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie fertig erstellt hat und sie der Ratsversammlung vorlegen kann.

Ich möchte hierbei einige Punkte hervorheben:

  • Ansprechpartnerin bei der Staatsanwaltschaft
  • Beratungsangebote

Für die Zukunft:

  • Abstammungsrecht reformieren  à Recht muss endlich auch die gesellschaftlichen Realitäten abbilden

Der Beratungsbedarf kann momentan aufgrund des steigenden Bedarfs und der Komplexität der Thematiken noch nicht komplett realisiert werden. Für eine Stärkung und finanzielle Untersetzung werden wir uns in den kommenden Haushaltsverhandlungen stark machen.

Rednerin: Ute Köhler-Siegel, stellv. Fraktionsvorsitzende

Ute Köhler-Siegel

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
verehrte Stadträtinnen und Stadträte,
werte Gäste,

Schulsozialarbeit hat sich an vielen Schule etabliert, zumindest an den Schulen, an denen es Schulsozialarbeit gibt: An Oberschulen, Förderschulen und leider nicht an allen, aber an einer Vielzahl von Grundschulen.

In der heutigen Vorlage soll der Indexwert für Gymnasien auf 1,4 abgesenkt werden. Dadurch können in vier der 25 Gymnasien in städtischer Trägerschaft je ein Schulsozialarbeiter oder eine Schulsozialarbeiterin unterstützend für Kinder und Jugendliche arbeiten.

Das ist zu wenig für rund 17.000 Schülerinnen und Schüler, die in dieser Stadt ein städtisches Gymnasium besuchen. Zu Recht weisen die Schulleiterinnen und Schulleiter der Leipziger Gymnasien seit geraumer Zeit immer wieder darauf hin, dass auch an dieser Schulart Schulsozialarbeit notwendig ist.

Vielfältige Rahmenbedingungen erschweren die Arbeit der Pädagogen. Wie an allen anderen Schularten spielt das Thema Übergänge eine große Rolle. Hierbei geht es nicht nur um den Übertritt von der Grundschule zum Gymnasium, sondern auch um die Schülerinnen und Schüler, die von der Oberschule ins Gymnasium wechseln. Oder Kinder, die trotz gegenteiliger Bildungsempfehlung ein Gymnasium besuchen, obwohl die Oberschule für sie idealer wäre.

Daneben gibt es aber auch in Gymnasium Kinder mit Migrationshintergrund, Bezieher von SGB II, Integrationskinder, Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten oder mit Teilleistungsstörungen.  Und Corona fand auch an Gymnasien statt. Wie für fast alle Jugendlichen in der Pubertät gab es auch in Gymnasien viele Schülerinnen und Schüler, die in dieser Zeit eben nicht optimal zu Hause lernen konnten und daraus Problemlagen entwickelten, für die Lehrerinnen oder Lehrer aufgrund ihrer Ausbildung gar nicht zuständig sein können.

Für meine Fraktion ist es wichtig, dass wir alle Kinder und deren Probleme gleich wichtig nehmen. Wir haben schon oft Anträge gestellt, in denen wir besonders die Gleichbehandlung von Oberschulen eingefordert haben.

Heute fordern wir mit unserem ÄA die Gleichbehandlung der Gymnasien bei der Ausstattung mit Schulsozialarbeit. Grundschulen erhalten ab einem Indexwert von 1,0 einen Schulsozialarbeiter, Oberschulen und Förderschulen in Trägerschaft der Stadt Leipzig werden grundsätzlich mit einer Stelle bedacht.In der heutigen Vorlage soll der Indexwert der Gymnasien auf 1,4 festgelegt werden. Ich hatte eingangs bereits darauf hingewiesen, dass damit lediglich in 2 weiteren Gymnasien Stellen für Schulsozialarbeit geschaffen werden könnten – insgesamt in vier Gymnasien von 25. Das reicht uns nicht. Meiner Fraktion ist klar, dass die Bereitstellung zusätzlicher Stellen mit erheblichen finanziellen Aufwänden verbunden ist. Uns ist auch klar, dass in der Vorlage der Satz steht: „Neben der vorgenannten Priorisierung ist jeweils das Vorhandensein finanzieller Mittel mitentscheidend für Einrichtung und Ausbau und – falls notwendig – den Rückbau von Schulsozialarbeit.“ Dennoch ist es für uns wirklich wichtig, das Thema Schulsozialarbeit weiterzuentwickeln. Der Ausbau muss vorangetrieben werden. Das Ziel bleibt, dass es an jeder Schule mindestens einen Schulsozialarbeiter oder eine Schulsozialarbeiterin geben muss.

Heiko Bär

Redner: Heiko Bär, Stadtrat

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren,

das Thema, wie wir in unserer Stadt mit dem russischen Generalkonsulat umgehen, erfordert eine hohe Sensibilität. Denn einerseits wollen wir unmissverständlich klar machen, dass wir die Menschen- und Völkerrechtsverletzungen der russischen Regierung, welche das Konsulat betreibt, nicht akzeptieren und tolerieren. Auf der anderen Seite müssen wir uns genauso unmissverständlich und klar gegen jedwede antirussische Stimmung, von wem auch immer, stellen. Beides muss gleichzeitig gehen und erfolgen. Wir müssen deutlich trennen zwischen dem Umgang mit einer Einrichtung der russischen Regierung einerseits und russischen Menschen andererseits, die nicht auf ihre Herkunft reduziert werden dürfen. Diese Sensibilität war bereits im Ursprungsantrag angelegt, wurde in der Neufassung, die wir heute zur Abstimmung stellen aber nochmal deutlich herausgehoben.

Die Verwaltung hat bereits damit begonnen, die protokollarischen Beziehungen mit dem Generalkonsulat auszusetzen. Das ist gut und richtig. Der Antrag hier im Stadtrat ist dennoch nötig. Erstens handelt es sich um ein hochpolitisches Thema, für welches der Stadtrat als oberstes Beschlussgremium der Stadt zuständig ist. Zweitens wird mit einem Stadtratsbeschluss auch nur der Stadtrat diesen wieder aufheben können, sofern eines Tages die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Das wollen wir auch nicht einfach als untergeordnete Verwaltungsangelegenheit behandelt wissen. Drittens gehen die Beschlussvorschläge heute weit über das Verwaltungshandeln hinaus.

Die Neufassung baut auf dem Verwaltungsvorschlag auf. Im Beschlusspunkt 1 macht die Formulierung „bis auf weiteres“ deutlich, dass erst der Stadtrat hier einen anderen Sachverhalt feststellen kann. Im Beschlusspunkt 2 bitte ich zu verstehen, dass uns ein „bilateraler Dialog“ zu weit geht. Mit der Vertretung der russischen Regierung wollen wir keinen freundschaftlichen Austausch zu politischen Fragen und aktuellen Entwicklungen, wie die Verwaltung vorschlägt. Richtig ist aber, dass wir uns über notwendige technische und Koordinationsfragen abstimmen müssen. Schließlich nimmt Beschlusspunkt 3 die Diskussionen aus dem Verwaltungsausschuss und dem Migrantenbeirat auf, sich deutlich gegen antirussische Ressentiments zu stellen und unter uns Leipzigern, egal welcher Herkunft, ein friedliches und respektvolles Zusammenleben zu ermöglichen.

Wir sind davon überzeugt, dass wir heute einen Vorschlag zur Abstimmung vorlegen, der die Hinweise aus den Vorberatungen aufnimmt und eine breite Mehrheit hier im Rat finden kann. Vielen Dank dafür.

Prof. Dr. Getu Abraham
Prof. Dr. Getu Abraham

Redner: Prof. Dr. Getu Abraham, Stadtrat

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

verehrte Stadträte,

werte Gäste,

vorab: Ich halte diese Rede heute stellvertretend für meine Kollegin, Ute Köhler-Siegel.

Schulsachbearbeiterinnen und Schulsachbearbeiter leisten viel. Daher ist es gerechtfertigt, dass geprüft wird, ob die Stellenbeschreibung als auch die Eingruppierung noch zeitgemäß und angemessen sind.

Im Fachausschuss haben wir das Thema besprochen und die Verwaltung evaluiert bereits. Die Ergebnisse sollen bis Ende des 2. Quartals 2022 präsentiert werden, also spätestens im Juni.

Mit Verwunderung nahm meine Fraktion daher den Antrag der Grünen und Linken zur Kenntnis.

Es wir die Prüfung folgender Punkte gefordert:

  • Eingruppierung
  • Anpassung der Stellenbeschreibung

Das Ergebnis soll bis zum Ende des 2. Quartals, also bis Juni vorgelegt werden.

Ich gehe fest davon aus, dass die Verwaltung genau zu diesen Punkten prüft. Also sind die Punkte 1a, 1b und der Punkt 2 des Antrags bereits Verwaltungshandeln.

Außerdem gehe ich davon aus, dass die Verwaltung den bereits beschlossenen Stellenplan umsetzt und sofort die bislang nicht abgerufenen 5 Stellen besetzt. Frau Felthaus, bitte berichten Sie in den nächsten Sitzungen des Fachausschusses darüber. Damit ist der Punkt 3 auch erledigt.

Die Antragssteller fordern zudem zusätzliche Stellen für den Springerpool und die Fachaufsicht.

Sehr geehrte Damen und Herren der antragstellenden Fraktionen, über die Schaffung zusätzlicher Stellen wird im Rahmen der Haushaltsplanung gesprochen.

Daher kann meine Fraktion diesen Punkten heute nicht zustimmen. Nachdem die Verwaltung die Evaluationsergebnisse präsentiert hat, werden wir uns im Rahmen des Haushalts- und Stellenplans mit diesem Thema befassen.

Meine Fraktion wird den Verwaltungsstandpunkt übernehmen. Sehr geehrte Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker der antragstellenden Fraktionen, wir haben uns im Fachausschuss mit dem Thema Schulsachbearbeitung beschäftigt, die Verwaltung ist im Prüfverfahren. Nun preschen Sie mitten im Evaluationsprozess und außerhalb der Haushaltsplanung mit diesem Antrag vor. Sie wollten das Thema besetzten, die Guten sein. Aber gut meinen und gut machen sind eben zwei verschiedene Dinge. Um im Bereich Schulsachbearbeitung einen echten Qualitätssprung zu erreichen, sollten wir uns gemeinsam auf Sachpolitik konzentrieren. Nach Vorlage der Evaluierungsergebnisse ist meine Fraktion für Gespräche und auch für gemeinsame Anträge offen.

Redner: Prof. Dr. Getu Abraham, Stadtrat

Prof. Dr. Getu Abraham
Prof. Dr. Getu Abraham

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
meine Damen und Herren,

erlauben Sie mir eingangs eine Anekdote: Vor 25 Jahren wartete ich hier in Leipzig mit einem Kommilitonen, der aus Mali stammte, an der Haltestelle auf die Straßenbahn. Wir unterhielten uns auf Deutsch – denn wie Sie möglicherweise wissen, ist die Überschneidung zwischen Bambara, dass man in Mali spricht, und Amharisch, das in Äthiopien Amtssprache ist, eher gering. Eine freundliche ältere Dame kam auf uns zu und fragte uns, weswegen wir Deutsch sprächen – wir kämen doch beide aus Afrika.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
Stereotypie erschöpft, Klischees erschöpfen – und es erschöpft, wenn man dabei, ebensolcher Stereotypie, ebensolchen Klischees entgegenzuwirken, selbst in Vorurteil und Vorverurteilung verfällt. Es ist richtig und es ist entscheidend, dass wir uns in Leipzig als einer internationalen und weltoffenen Stadt dem ergebnisoffenen und kritischen Diskurs stellen, gerade wenn es um Fragen des Rassismus oder der kulturellen Aneignung geht. Nur, ist es auch so, dass Diskurs, das Dialog keine Einbahnstraße ist. Ohne Zweifel, das Thema ist ein emotionales – aber der beste Weg, Emotionales anzugehen, ist das Gespräch. Gespräche hat es auch gegeben. Unter anderem zwischen Herrn Okasha und Herrn Prof. Junhold. An einem solchen durfte ich selbst teilnehmen.

Das Gespräch ist ein mühevoller Weg der Lösungssuche und es wäre mehr als vermessen, zu erwarten, dass eine alle Seiten zufriedenstellende Lösung nach zwei oder drei Begegnungen erreicht ist. Die Aufarbeitung kolonialen Erbes in Leipzig wird Zeit brauchen. Und sie wird nur gelingen, wenn sie um eine breite gesellschaftliche Akzeptanz dessen wirbt, was sie herausstellen will: Das Ende von Narrativen, die lange Gesellschaft geprägt haben, aber deshalb nicht stimmen müssen.

Der vorliegende Antrag des Migrantenbeirats schlägt nun einen völlig anderen Weg ein, denn er wartet das Gespräch nicht ab – er will, wenn schon nicht Ergebnisse, so doch wenigstens das Verfahren determinieren. Und viel mehr noch: Er will diejenigen festschreiben, die offensichtlich alleine das Recht haben, über den Postkolonialismus in unserer Stadt zu sprechen, seine Aufarbeitung vorzunehmen. Das tut niemandem einen Gefallen, zuletzt der Sache.
Ich weiß nicht, weshalb der Zoo die bisherigen Veranstaltungsformate so benannte, wie er sie benannt hat. Meinen Geschmack treffen die Titel auch nicht unbedingt – ich wäre aber weit davon entfernt, zu behaupten, dass hier ein bewusstes Deklassieren vorliegt. Vielmehr ein – mit Blick auf unsere Debatte – mäßiges Werben um Öffentlichkeit, Suchen von Aufmerksamkeit mit eingeübten Narrativen.

Und noch einmal: Narrative, die lange Gesellschaft geprägt haben, müssen nicht stimmen!

Wir verlieren jedoch den Kampf um die Akzeptanz, wenn uns die Selbstgerechtigkeit wichtiger scheint, als die breitest mögliche Einbindung der Gesellschaft in die Debatte. Und mit Verlaub – ich komme selbst aus diesem Milieu, deshalb sage ich das so frei – allein akademisch schaffen wir das nicht.
Die Veranstaltungen die hier im Fokus der Auseinandersetzung stehen, zielen auf breite Bevölkerungsschichten – nicht nur akademische. Und diesen Charakter müssen sie auch unbedingt bewahren, wenn sie, wie der Migrantenbeirat in seinem Antrag fordert „in aufklärerischer Absicht“ wirken sollen. Ich denke, dass Prof. Junhold das durchaus im Blick und auch ein Gespür dafür hat, wie man Menschen erreicht.

Ich komme zum Schluss: Wünschenswert wäre, die Zooleitung und die Skeptikerinnen und Skeptiker der Abendformate finden im Gespräch zusammen und suchen ohne den Zwang eines von uns hier gefassten Beschlusses nach einem der Sache dienlichen, doch eben auch breite Bevölkerungsschichten erreichenden Format. Das Thema ist es wert mit Überzeugung und entschieden in der Sache vorzugehen – nicht aber mit Zwang. Skepsis ist angebracht. Kritik ebenso. Waches Hinterfragen ohnehin. Doch nicht nur die der anderen, sondern auch die eigene Sichtweise.

Mein Freund aus Mali und ich hätten seinerzeit die freundliche ältere Dame als Rassistin bewerten und uns von ihr abwenden können. Wir haben das nicht getan, ihrer Feststellung, dass wir Afrikaner Deutsch sprächen, lächelnd zugenickt und festgehalten, dass Deutsch ja auch eine schöne Sprache sei.
Die Abendformate kann man, wenn beide Seiten das wollen, mit Blick auf die postkoloniale Aufarbeitung besser machen. Ohne sich dabei gegenseitig und ohne dabei den Leipziger Zoo zu beschädigen.
Müssen wir in dieser Stadt inzwischen wirklich Gesprächsfähigkeit beschließen?

Vielen Dank.

Redner: Andreas Geisler, Stadtrat

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

uns geht es um eine klare Erfassung, welche Grünfläche oder welche Gewässer zweiter Ordnung welchem Amt zugeordnet sind und wer zu welcher Zeit dort welche Pflegemaßnahmen durchführt. Schließlich ist es beispielsweise nicht sinnvoll, alle Grünflächen zur gleichen Zeit zu mähen, weil wir die Biodiversität mit koordinierten Pflegemaßnahmen fördern können.

Ich möchte kurz aus dem Nähkästchen plaudern: In Lindenthal hatten wir immer wieder Probleme mit dem Lindenthaler Wasser, einem Seitenarm der nördlichen Rietzschke, der immer wieder überlief, weil das Wasser nach Starkregenfällen nicht vernünftig ablaufen konnte. Das lag an mangelnden Pflegemaßnahmen an diesem Graben, der ein Gewässer 2. Ordnung ist. Als Ortschaftsrat haben wir begonnen, die Situation vor Ort sehr regelmäßig zu prüfen. Was uns auffiel, war, dass die eigentlich von der Stadtverwaltung veranlassten Pflegearbeiten nicht stattfanden. Das Unternehmen, das den Auftrag hatte, stellte zwar Rechnungen, aber leistete nichts.

So etwas kann nicht oder nur sehr viel seltener passieren, wenn die Stadt einen Überblick darüber hat, was, wann und wo an Maßnahmen notwendig und veranlasst ist. Um diesen Überblick zu bekommen, sollten diese Informationen gebündelt in einem digitalen Pflegekataster hinterlegt werden. Und das nicht nur in jedem Amt einzeln, sondern ämterübergreifend. Ergebnis soll hier die Möglichkeit sein, einzelne Gebiete genauso zu beleuchten wie die Auswirkungen von Bächen, Gräben und Gewässern auf Bebauungsplanungen, aber auch über deren Grenzen hinweg.

Um Grünflächen naturnah, biodiversitätsfördernd und klimaangepasst zu gestalten, gilt es zunächst, Arten und Flächen zu identifizieren, die für die Biodiversität und die Anpassung an den Klimawandel besonders wertvoll sind. Das Projekt soll Leipzig darin unterstützen, diesen Wert abzuschätzen und sichtbar zu machen. So ermöglicht die Verbindung einzelner Grünflächen den Erhalt der Biodiversität und die Anpassung an den Klimawandel durch urbane Grünzüge. In jedem Fall sollen lokale Gegebenheiten, Vulnerabilitäten und die zu erwartende klimatische Entwicklung berücksichtigt werden. Darüber hinaus gelten grundsätzliche Prinzipien wie standortgerechte Pflanzung, Verwendung heimischer Arten, Verzicht auf Pestizide und chemische Dünger, die Vermeidung von Versiegelung und das Ergreifen von Entsiegelungsmaßnahmen sowie Einsatz gegen invasive Pflanzenarten.

Solche Informationen sollen über das Kataster abrufbar sein, um weitere Planungen und Pflegearbeiten effektiver und effizienter abwickeln zu können.

Uns ist klar, dass es ein enormer Aufwand ist, was die Ersterfassung und die Betreuung betrifft. Uns ist auch klar, dass diese Aufgaben nicht nebenher von den Mitarbeitern erledigt werden können. Deshalb wollen wir nicht nur dieses Pflegekataster einrichten, sondern auch eine entsprechende Stelle schaffen, die dieses Vorhaben betreut. Wir sind der Überzeugung, dass sich die Stelle durch jene Kosteneinsparungen refinanzieren wird, die wir über die bessere Koordination der Pflegemaßnahmen erreichen können. Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Antrag.