Reden und Texte der SPD-Fraktionsmitglieder innerhalb der Ratsversammlung zu ausgewählten Themen

Redner: Christopher Zenker, Stadtrat

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Gäste,

Leipzig ist attraktiv, dies zeigen die hohen Zuzugsraten. Zusammen mit steigenden Geburtenraten hat das dazu geführt, dass sich der Wohnungsleerstand in den letzten zehn Jahren von fast 70.000 auf etwa 30.000 Wohneinheiten verringert hat. Legt man die aktuell erschienene Bevölkerungsprognose von 600.000 Einwohnern im Jahr 2032 zu Grunde, ist auch dieser Leerstand bald aufgebraucht.

Der Rückgang des Wohnungsleerstands führt jedoch auch zu steigenden Mieten und kann in einzelnen Stadtteilen eine soziale Segregation zur Folge haben. Zudem ist es in Leipzig, einer Stadt mit vielen Singlehaushalten und Alleinerziehenden, schon jetzt schwierig an kleine Wohnungen zu kommen. Dies hat auch die kürzlich erschienene Studie der Bertelsmann-Stiftung bestätigt. Schwierig ist es mittlerweile auch für größere Familien, entsprechende Wohnungen zu finden.
Anders als der Antrag der Fraktion der Linken suggeriert, können wir jedoch noch nicht von einem gesamtstädtischen Wohnungsengpass reden. Der Änderungsantrag soll das gerade rücken. Nicht desto trotz halten wir die Begrenzung der Mieterhöhungen bei Neuvermietungen für wichtig. Selbst eine Erhöhung von bis zu 15 Prozent lässt für Vermieter ausreichend Spielraum.

Die Einführung einer Mietpreisbremse kann aber nur ein kleiner Baustein sein, um bezahlbaren Wohnraum in Leipzig zu erhalten. Wir brauchen weiterhin eine starke LWB, die durch eine gewisse Marktmacht Preis dämpfend auf den gesamten Mietmarkt wirkt. Wir brauchen aber auch eine Landesregierung, die erkennt, dass sich Sachsen unterschiedlich entwickelt. So muss sich in der Landesregierung die Erkenntnis durchsetzen, dass sich Leipzig und Dresden so rasant entwickeln, dass dort, nicht wie in anderen Regionen noch Rückbau gefördert werden sollte, sondern sozialer Wohnungsbau notwendig wird. Bei der Ausgestaltung von Förderprogrammen müssen entsprechende Gestaltungsspielräume eingeräumt werden. Über Maßnahmen im Bund und im Land hinaus muss die Stadtverwaltung darüber nachdenken, ob insbesondere bei größeren Baugebieten, Investoren verpflichtet werden, einen Teil des Geländes mit Sozialwohnungen zu  bebauen. Notfalls muss darüber hinaus auch die Einführung sogenannter Erhaltungssatzungen diskutiert werden, damit nicht nur Wohnungen im oberen Preissegment entstehen.

Alle Maßnahmen werden jedoch nur dann greifen, wenn in den nächsten Jahren wieder deutlich mehr Wohnungen durch private Investoren, Genossenschaften bzw. die LWB entstehen, als das in den letzten Jahren der Fall war. Hierzu zählt die Erschließung neuer Wohngebiete ebenso, wie die Sanierung  bzw. Teilsanierung von nicht mehr bewohnbaren Häusern. Nur bei einem ausreichenden Bestand an Wohneinheiten kann ein stabiler Wohnungsmarkt bei bezahlbaren Mieten erhalten werden, welcher für Leipzig derzeit einen erheblichen Standortvorteil ausmacht.
Wir befinden uns am Anfang der Diskussion und können auch aus Erfahrungen aus anderen Städten lernen. Wir dürfen aber auch nicht zu lange warten, die Entwicklung der letzten 10 Jahre und die Bevölkerungsprognose für 2032 machen das deutlich.
Wir bitten um Zustimmung zum Änderungsantrag.

Redner: Tino Bucksch, Arbeitsmarktpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
werte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen,
werter Bürgermeister Albrecht,
sehr geehrte Gäste auf der Tribüne!

Mit der nun zu beratenden Vorlage „Öffentlich geförderte Beschäftigung – Konzept zur Weiterentwicklung des öffentlich geförderten Beschäftigungssektors in Leipzig 2013 ff“ beraten wir zum dritten Mal in Folge über ein Thema aus dem Wirtschaftsdezernat, das eher durch Mutlosigkeit, als durch politischen Handlungswillen gekennzeichnet ist.
Erst die wirtschaftspolitische Stunde. Im Verwaltungsstandpunkt durch das Wirtschaftsdezernat abgelehnt. In der Ratsversammlung dann eine 180 Grad Wendung vollzogen und zugestimmt.
Dann das Wirtschaftsförderprogramm – eigentlich grundlegendes Tagesgeschäft eines Wirtschaftsbürgermeisters. Brauchte es erst ein Wahlkampfversprechen des Oberbürgermeisters um Realität zu werden.

Und nun die Vorlage für ein Konzept für ein Modellprojekt für einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor mit Mindestlohn.
Nicht nur, dass diese Vorlage nicht dem Beschluss des Stadtrates entspricht. Sie ist auch gekennzeichnet von Ideen- und Mutlosigkeit. Es werden keine Lehren aus anderen Programm oder Modellprojekten gezogen, um endlich ernsthafte Beschäftigungsprogramme für Langzeitarbeitslose aufzusetzen.
Zum Beispiel die Joblinge. Diese zeichnen sich durch Hilfe und Förderung durch enge ehren- und hauptamtliche Betreuung aus. Es werden den Betroffenen Perspektiven aufgezeigt. An absoluten Zahlen ist dies zwar bedrückend wenig angesichts der hohen Zahl an Kundinnen und Kunden im SGB II – III Rechtskreis aber es geht um Menschen. Jeder Mensch, der eine neue Perspektive bekommen hat, der sein Existenz selber sichern kann, der frei ist von staatlichen Transfers, gesellschaftlich partizipieren kann ist ein Gewinn und sollte Motivation genug sein.
Stattdessen werden einfach 1,3 Millionen Euro für FAV-Stellen dem Kommunalen Eigenbetrieb Engelsdorf übergeholfen. Der Wirtschaftsbürgermeister betont mantraartig, dass der KEE im Gegensatz zum Jobcenter eine relative Integrationsquote von 20% aufweist. Diese relative Quote führt natürlich bei Erhöhung der Teilnehmer/-innen zu einer höheren absoluten Erfolgsquote. Aber es wird einfach ausgeblendet, dass wir nicht beantworten, was wir mit den 80 Prozent Teilnehmerinnen und Teilnehmern machen, die nicht mit Erfolg in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden können.

Von einem ernsthaften Konzept für einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor hätte ich eine klare Analyse erwartet. Was ist die Ausgangslage? Was ist die Zielgruppe? Was sind die Ziele? Welche Instrumente kann ich aus Erfahrungen mit anderen Bereichen Ziel führend anwenden? Und erst dann hätte eine überzeugendes Konzept formulieren werden können.
Diese Vorlage spiegelt auch die widersprüchliche – sogar schizophrene Situation in der Stadt wieder. Dies überträgt sich auch auf die Diskussion innerhalb der Fraktionen. Auf der einen Seite steht der politisch artikulierte Anspruch, arbeitsmarktpolitische Instrumente so Ziel führend einzusetzen, dass eine Integration in den ersten Arbeitsmarkt möglich ist.
Gleichzeitig gibt es den politischen Anspruch einiger Fraktionen, öffentliche geförderte Beschäftigungsverhältnisse primär dafür einzurichten, dass Betroffene in diesen eben eine subjektiv sinnvoll empfundene „Beschäftigung“ finden und in dieser über einen längeren Zeitraum verweilen.
Dem entgegen steht die rechtliche Grundlage für die Förderungen von Arbeitsverhältnissen gemäß § 16 e SGB. Dort heißt es unter anderem „Die Förderung kann für einen Zeitraum von höchsten 24 Monaten erfolgen“
Anpacken, Ideen, Handlungswillen demonstrieren statt Mut- und Lustlosigkeit, statt Konzeptlosigkeit als Konzept wäre hier notwendig gewesen, um eben diesen Widerspruch erfolgreich aufzulösen.

Der Auftrag, den wir der Verwaltung mitgegeben haben, lautete ein Konzept für ein Modellprojekt für einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor mit Mindestlohn vorzulegen. Angesichts der Ergebnisse kann ich nur sagen, dass dieser Auftrag nicht erfüllt wurde.
Daher stimmt die SPD-Fraktion dieser Vorlage nicht zu.

Redner: Axel Dyck, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
sehr geehrte Gäste!

Einige wenige Gedanken zur Thematik im Allgemeinen und zum weiteren Umgang mit den Beschlusspunkten darstellen.
Auf den historischen Hintergrund zum Kanal oder wie wir Leutzscher Kinder früher gesagt haben – zur „Kanille“, kann ich hier nicht näher eingehen.
Der Traum von der Binnenstadt Leipzig hin zur Seestadt hatte Jahrhunderte lang rein wirtschaftliche –  sowohl industrie- als auch handelspolitische – Hintergründe. Karl Heine war im Übrigen auch nicht der Erste, der sich damit befasste. Das Kanalprojekt stellte sich damals zumindest ansatzweise als finanzierbar dar, aber durchfinanziert und wirtschaftlich darstellbar war es aber offensichtlich nicht, sonst hätte es spätestens Ende der 1920er-Jahre vollendet sein müssen.

Heute reden wir von einer wassertouristischen Nutzung, also von Freizeit, Urlaub aber auch von Spaßgesellschaft. Nebenbei fallen dann noch die heute politisch korrekten Begriffe wie regionale Wertschöpfung, Nachhaltigkeit und schonender Umgang mit der Natur. Das alles will ich an dieser Stelle weder kritisieren oder ausdiskutieren.

Aber: Wie selbstverständlich wird erwartet – und so liest sich für mich die Projektskizze –, dass einmal beschriebene, analysierte und in Hafen und Kanal zweifellos vorhandene Anfangspotentiale so lange untersucht und mit einer Unmenge von Annahmen und Randbedingungen verknüpft werden, bis auch nur ansatzweise eine Realisierbarkeit und eine Finanzierbarkeit begründet werden können.
In der Mitte der Idee steht ein Schiffshebewerk als Spaßattraktion, weil man sonst die Fahrgastschifffahrt gar nicht erst motivieren kann, um im trostlosen Kanaleinschnitt zum Transithafen Lindenau zu schippern. Transit – wohin und wie eigentlich?

Womit wir ganz schnell im Südraum Leipzigs sind. Das Neuseenland ist noch lange nicht fertig gestellt. Weil es natürlich in der technischen Realisierung und in der finanziellen Umsetzung länger dauerte um die Vision umzusetzen, als vor 20 Jahren gedacht. Das Neuseenland war und ist aber etwas gänzlich anderes als das Kanalprojekt. Es war Wunderheilung in einer geschundenen Landschaft auf höchstem gesellschaftlichem Niveau.

Mein Ansatz deswegen: Lassen sie uns diese Landschaftsarchitektur fertig stellen und über Jahre Früchte tragen. Da gilt es noch vieles auszubalancieren und zu testen. Nicht jede Investition wird von Dauer sein. Und über die Ewigkeitskosten, die zur Unterhaltung der bestehenden und in Bau befindlichen Wasserwege und Schleusenanlagen entstehen, wissen wir, wenn wir ehrlich sind, heute nur unzureichend Bescheid.
In einem ähnlichen Sinn kann im Zusammenhang mit der Umsetzung des Hochwasserschutzkonzeptes im Stadtgebiet argumentiert werden. Auch hier ist die Umsetzung und Finanzierung im Rückstand. Genauso wie der Stadthafen.

Deswegen unsere große Skepsis, heute weitere Projekte auf den Weg zu bringen, deren Realisierungschancen, sollte deren Sinnhaftigkeit überhaupt nachgewiesen werden, erst in einigen Jahrzehnten liegen.
Deshalb mache ich heute auch keine Kostendiskussion auf. Die genannten Kosten, die allein die öffentliche Hand zu tragen hätte, sind realitätsfern. Ähnlich fragewürdig sind die empirisch getroffenen Annahmen zur Nachfrage.

Zum Abschluss ein „NEIN“ zum aufgezeigten Weg zur Anbindung des Kanals an die Saale im Punkt 2 der Vorlage – bei gleichzeitiger Offenheit gegenüber der Grundidee und Wiedervorlage in 10 Jahren.
Ein Ja gibt es von uns zum Durchstich vom Lindenauer Hafen zum Kanal, aber ohne Terminierung. Auch 2017/18 haben wir aus unserer Sicht nicht die finanziellen Mittel zur Realisierung. Der Verweis auf die Lyoner Brücke verwundert etwas, da diese im Mittefristprogramm Straßen und Brücken nicht mal enthalten ist.

Beenden wir das Begonnene und Notwendige, nutzen und erfreuen wir uns am Entstandenen und Entstehenden bevor wir uns in neue Seeabenteuer stürzen.

Rednerin: Heike Böhm, Stadträtin

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Gäste!

Seit dem 1. April 2012 ist es den EU-Bürgern möglich, über eine Europäische Bürgerinitiative die politische Agenda der EU aktiv mitzugestalten.

Wasser ist ein Menschenrecht – unter diesem Motto wirbt die erste Europäische Bürgerinitiative, die von zahlreichen über ganz Europa verteilten Organisationen und Gewerkschaften getragenen wird, um Unterstützung und um die Unterschriften der EU-Bürger.

Mit dieser Initiative soll die EU-Kommission dazu aufgefordert werden, allen Mitgliedstaaten verbindliche Ziele zu setzen, um die Anerkennung und Umsetzung des universellen Rechts auf Zugang zu Wasser sowie eine sanitärer Grundversorgung in Europa und in der Welt voranzutreiben.

Punkt 2 der Initiative  bedeutet, dass die Wasserver- und Abwasserentsorgung gemeinwohlorientiert erfolgen soll und nicht kommerziellen Gewinnmaximierungs-interessen unterworfen werden darf.

Mit dieser Bürgerinitiative wird zugleich der Richtlinienvorlage der EU Kommission zur Konzessionsvergabe im Bereich der Wasserversorgung entgegengetreten. Für die Wasserver- und Entsorgung plant die Kommission eine Marktöffnung. Das bedeutet, die Kommunen sollen ihre Wasserversorgung künftig EU-weit ausschreiben müssen.
Am 13. Dezember strahlte das ARD-Magazin Monitor unter dem Titel: Geheimoperation Wasser: Wie die EU-Kommission Wasser zur Handelsware machen will. einen sehenswerten Bericht zum Thema aus.
Die Fernsehzuschauer wurden darüber informiert, wie die EU bereits seit geraumer Zeit  die Wasserprivatisierung fördert. Das Allgemeingut Wasser soll nun endgültig zum Spekulationsgut werden.
Dabei ist Wasser doch ein besonderer Stoff. Der Mensch selbst besteht zu 70 % aus Wasser. Wasserknappheit oder schmutziges Wasser bringen den raschen Tod.
Wasser ist daher keine Ware, sondern elementare Voraussetzung des Lebens und der Zivilisation.

Das Recht auf sauberes Trinkwasser – Wasser als ein Menschenrecht – wird von den Völkerrechtlern bereits seit den 60er Jahren aus Art. 11.1 des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte abgeleitet. Das Menschenrecht auf Wasser ist die Voraussetzung für das Menschenrecht auf Leben, für angemessene Ernährung und medizinische Versorgung.
Am 29.07.2010 hat die UNO-Vollversammlung  das Menschenrecht auf Wasser mit der Resolution 64/292  – ohne Gegenstimmen sowie mit Zustimmung Deutschlands – noch mal bekräftigt.
Überall in der Welt – von Lateinamerika bis Berlin wurden mit dem Verkauf der Wasserversorgungsunternehmen von der Bevölkerung schlechte Erfahrungen gemacht.
Ich kann  hier dazu nur auf einzelne wenige Beispiele verweisen:

So gelangten in der Vergangenheit die sog. Wasserkriege in Cochabamba, der viertgrößte Stadt Boliviens, zur traurigen Berühmtheit.
Nach der – durch den Internationalen Währungsfonds erzwungenen – Privatisierung der Wasserversorgung verdreifachte die neue Gesellschaft, ein Konsortium weltweit agierender Wasserkonzerne,  innerhalb kürzester Zeit die Wasserpreise.
Ähnlich wie im Falle Boliviens konnten Nichtregierungsorganisationen Food and Water Watch sowie Red Vida für ganz Lateinamerika darlegen, dass die Privatisierung der Wasserversorgung zum Rückgang von Investitionen, deutlichen Preissteigerungen, Wasserverschmutzungen und damit eklatanten Verletzungen der Rechte der betroffenen Bevölkerung und der zu schützenden Wasserressourcen geführt hat.
Wasser ist ein “Geschenk Gottes” und „ein Recht aller“ – das schrieb Papst Johannes Paul II. Im Jahre 2004“. Gegenüber Radio Vatikan erklärte der Papst dazu: „Darüber hinaus sind wir über die Privatisierung von Wasser besorgt, da in vielen Teilen der Welt, Wasser den Gesetzten des Marktes unterliegt“. 
 

In Griechenland wurde nun auf drängen des IWF mit der Privatisierung begonnen. Und die Wasserpreise explodieren um bis zu 400 %!
Ähnliches geschieht in Portugal. Dort darf Wasser selbst aus öffentlichen Trinkwasser-Stellen nicht mehr entnommen werden.
Aber das ist erst der Anfang:
Die EU-Kommission bereitet einen großen Rundumschlag vor. Überall in Europa soll die Wasserversorgung privatisiert werden!
Wasser wird damit zu einem Wirtschaftgut, wie Gold. Analysten des Wassermarktes in der EU schätzen diesen in 3stelliger Milliardenhöhe .Thames Water in den Besitz von RWE, Veolia u.a. Konzerne warten darauf.
Die Privatisierung der Wasserversorgung in London und Bordeaux hat dazu geführt, dass Rohre verrotten und Schmutz ins Trinkwasser dringt. Oft geben die Gesellschaften Chlor hinzu, um irgendwie die Hygiene zu halten.
In London gehen mittlerweile etwa ein Drittel des Wassers zwischen Wasserwerk und Wasserhahn des Endverbrauchers verloren. Zum Vergleich sind es in Hamburg 5%. Mit dem versickerten Wasser ließe sich eine 2,5 Mio.-Stadt versorgen.
Eine Studie der Universität Barcelona zeigte auf, dass die von den Konzernen versprochenen positiven  Effekte kaum eintreten werden. Gleichzeitig gibt es Hinweise, dass mancherorts die Wasserqualität gesunken ist. Vor allem aber: es wird nicht billiger; in der Studie heißt es: Wir können keinen Effekt nachweisen, dass private Wasserproduktion kostengünstiger ist, ebenso kein besserer Service. Versprochene Investitionen in das Wassernetz werden so gut wie nie Realität.
Geld für teuren Leitungsbau passt eben nicht zu den schnellen Renditen.
Um Haushaltslöcher zu stopfen, waren auch in Deutschland viele Kommunen zum Verkauf ihrer Wasserwerke bereit. Und auch hier im Stadtrat wurde der Verkauf des Wassergut Canitz bereits mehrfach diskutiert – um städtische Schulden abzubauen. Dieser Vorschlag konnte sich allerdings nie durchsetzen. Sauberes Trinkwasser aus einer Region mit  ökologischem Landbau ist zu kostbar.
Allerdings verkaufte das Land Berlin 1999 knapp die Hälfte der Anteile an die Berliner Wasserbetriebe. Wie anderorts auch werden in Berlin nun die  Wasserverbraucher geschröpft.  Die Preise sind  erheblich gestiegen. Die Berliner Wasserbetriebe machen dadurch im operativen Geschäft zwar eher Verluste als Gewinne. Das allerdings stört die privaten Betreiber wenig. Ihnen wurden vertraglich acht bis neun Prozent Gewinn garantiert, die der Senat nun aus Haushaltsmitteln zuschießen muss.
Wie überall in Europa, so regt sich auch in Deutschland aufgrund dieser Erfahrungen der  Widerstand gegen die Wasserversorgung durch private Unternehmen.
In Hamburg war ein Volksbegehren gegen den Verkauf der Wasserwerke erfolgreich.
Nach Massenprotesten gegen die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe in Berlin werden die Anteile nun Stück für Stück zurückgekauft.
Derartige Korrekturen politischer Entscheidungen sind mit der von der EU-Kommission vorgelegten RL nicht mehr möglich.
Aber nicht nur die Politik der Europäischen Kommission steht zu dem Menschenrecht auf Wasser in Opposition, sondern auch die Mehrheit der Mitglieder des Deutschen Bundestages.
 Der Bundestag hat am 28. Februar Anträge von Bündnis 90/Die Grünen ( 17/12394), der Linksfraktion (17/12482) und der SPD (17/12519) abgelehnt,  die zum Ziel hatten, eine Privatisierung der Wasserversorgung als Folge von  Vorgaben der EU zu verhindern.
Die von Brüssel geplante  Ausschreibungspflicht für die Wasserversorgung, hat aus Sicht der SPD-Bundestagsfraktion zudem eine „weitgehende Umorganisation der kommunalen Wirtschaft“ zur Folge.

Die Regeln zum Verfahren einer Europäischen Bürgerinitiative stehen in einer EU-Verordnung, die im Februar 2011 vom Europäischen Parlament und vom Rat der Europäischen Union verabschiedet wurde.

Die Kommission kann  letztlich nicht verpflichtet werden, als Ergebnis einer Initiative einen bestimmten Rechtsakt vorzuschlagen und damit ein Gesetzgebungsverfahren in Gang zu setzen. Sie muss sich aber erneut mit dem Thema befassen.

Der Münchner Oberbürgermeister sagte: „Es ist wirklich bedauerlich, dass dieser Wettbewerbskommissar nur die Bedürfnisse seiner Gesprächspartner aus den Konzernetagen kennt und nicht die Bedürfnisse der Bevölkerung!“

Das ist schlecht und ich denke, dass muss sich dringend ändern.
Je mehr Unterstützung die Bürgerinitiative findet, desto mehr wird sich die Kommission gehalten sehen, sich mit dem Anliegen zu befassen, die Bedürfnisse der Bevölkerung kennenlernen und diese in ihre Entscheidung einzubeziehen.
Bereits heute haben 1,6 Millionen Menschen in allen EU-Mitgliedsstaaten unterschrieben, davon alleine 1,3 Millionen in Deutschland (!), in neun Ländern wurde das Mindestquorum überschritten. Noch fasst drei Monate können Unterschriften gesammelt werden. Die Initiative endet am 9. September.
Deshalb hat meine Fraktion den Ihnen vorliegenden Antrag gestellt.
Der Leipziger Stadtrat möge sich heute zur Unterstützung der Ziele europäischen Bürgerinitiative (EBI) „Wasser ist Menschenrecht“ bekennen.
Dazu soll der Oberbürgermeister prüfen, inwieweit diese Bürgerinitiative von der Verwaltung, z.B. durch Bereitstellung von Informationen auf www.leipzig.de und auf den von der Stadt betriebenen Seiten in sozialen Netzwerken unterstützt werden kann.

In Betracht kommt dabei das Auslegen der Unterschriftenlisten im Rathaus sowie deren Weiterleitung an die Initiatoren.
Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag.

Redner: Christopher Zenker, Stadtrat

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Gäste!

Nachdem im letzten Jahr die öffentliche Diskussion um die Sucht- und Drogenpolitik in Leipzig eher durch Unsachlichkeit und Populismus eines Polizeipräsidenten, späteren OBM-Kandidaten und inzwischen Ruheständlers geprägt war, begrüßt die SPD, das im Hintergrund auf der Ebene der Fachleute dennoch sachlich und konstruktiv zusammengearbeitet wurde und unter anderem die vorliegenden Sucht- und Drogenpolitischen Leitlinien erarbeitet worden sind.

Im Drogenbeirat fand dabei die Vorabstimmung und Vorberatung der vorliegenden Leitlinien statt. Nach mehreren Diskussionsrunden gab es im Drogenbeirat keine Gegenstimme und lediglich eine Enthaltung. Ein deutliches Signal für eine konstruktive Zusammenarbeit der Akteure im Drogenbeirat.

Auch die neuen Sucht und Drogenpolitischen Leitlinien von Leipzig basieren auf den bundesweit anerkannten vier Säulen: Prävention, Beratung, Behandlung und sozialen
(Re-)Integration, Überlebenshilfen für schwerstabhängige Menschen sowie Angebotsreduzierung und repressive Maßnahmen. Diese vier Säulen funktionieren nur gemeinsam. Wir sollten daher nicht so sozialromantisch sein und glauben, dass sich alle Abhängige selbstständig helfen können oder nur einen kleinen Anstoß brauchen. Notwendig ist ein Hilfenetz zu dem auch repressive Maßnahmen gehören. Wir sollten aber eben auch nicht glauben, dass wir allein durch repressive Maßnahmen Sucht- und Drogenprobleme gelöst werden können.

In diesem Zusammenhang begrüßen wir die neue fünfte Leitlinie. Sagt diese Leitlinie doch aus, dass das komplizierte Thema nur gemeinsam und durch einen regelmäßigen Austausch angegangen werden kann. Ich freue mich daher auch registrieren zu können, dass mit dem neuen Leipziger Polizeipräsidenten eine neue Form der Zusammenarbeit gefunden wurde. Schließlich ist keinem Opfer von Beschaffungskriminalität geholfen, wenn die Institutionen Polizeidirektion, Stadtverwaltung und Politik ihre Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit führen. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten von uns nach wie vor Lösungen und keine Schlagzeilen. Mit den neuen Leitlinien und den teilweise neuen Akteuren sind wir hier auf dem richtigen Weg.

Rednerin: Ute Köhler-Siegel, Sprecherin der SPD-Fraktion für den Bereich Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
verehrte Stadträte,
werte Gäste!

In den nächsten Jahren wird viel Geld für Schulen ausgegeben: insgesamt 165 Millionen Euro, unter der Annahme von 69 Millionen Euro Einnahmen durch Fördermittel.  Bleiben also noch 96 Millionen Euro, die die Stadt Leipzig in den nächsten vier Jahren aufbringen muss.

Damit sollte doch ein erheblicher Teil des Sanierungsstaus an Schulen abgetragen werden. Dem ist aber nicht so.

Das meiste Geld wird für Brandschutzmaßnahen ausgegeben. In 54 Schulen und Turnhallen werden Kapazitätserhaltende Maßnahmen durchgeführt, es soll verhindert werden, dass Schulen wegen der Nichterfüllung der Brandschutzauflagen geschlossen werden. Das ist sicherlich wichtig, bringt den Schulen aber neben Lärm und Dreck während der Baumaßnahmen keine Verbesserungen in der Gebäudesituation und schafft auch meistens keine zusätzlichen Kapazitäten.

Lediglich in 5 Schulen sind Maßnahmen zur Kapazitätserweiterung geplant, mindestens eine kann wohl im geplanten Zeitraum nicht realisiert werden.

10 Schulgebäude sollen reaktiviert werden, wann diese jedoch fertig werden, ist sehr unterschiedlich. Nur drei Maßnahmen sind bereits begonnen.

Außerdem plant die Stadt den Neubau von 10 Schulen. Dafür sind für 5 Schulen noch nicht einmal die Grundstücke vorhanden.

Für 165 Millionen Euro wird also noch kein einziges Bestandsgebäude saniert. Viele Kapazitätserweiternde Maßnahmen werden auch erst nach 2016 fertig.
Diese Vorlage setzt die Fortführung des Sonderprogramms Kreisfreie Städte voraus.

Insgesamt bedeutet das, es gibt viele Unsicherheiten und das mit dieser Vorlage beschlossene Ausgabevolumen wird nicht ausreichen, um einen größeren Schritt zum Abbau des Sanierungsstaus zu gehen. Viele Schulen werden in den nächsten Jahren harte Belastungsproben wegen umfangreicher Baumaßnahmen aushalten müssen und Kapazitäten werden nur sehr zögernd erweitert.
Im Rahmen der Haushaltsplanungen für die nächsten Jahre sollte allen bewusst sein, dass noch mehr Geld für Schulen eingestellt werden muss.

Meine Fraktion wird daher dieser Vorlage zustimmen.

Redner: Heiko Bär, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren Stadträte,
verehrte Gäste,

kurz vorweggenommen: der ablehnende Veraltungsstandpunkt zum Antrag ist alles andere als eine Glanzleistung. Und wie ausgerechnet das Dezernat Wirtschaft und Arbeit die Ablehnung einer Wirtschafts- und Beschäftigungspolitischen Stunde unterstützt und begründet, das ist schon bedenklich. Die SPD-Fraktion und der Fachausschuss Wirtschaft und Arbeit sind jedenfalls anderer Auffassung.

Wir alle wissen: Im Jahr 2020 wird der Solidarpakt II beendet sein. Bis dahin werden die Finanzzuweisungen an die ostdeutschen Bundesländer immer stärker heruntergefahren und damit zwangsläufig die Zuweisungen der ostdeutschen Bundesländer an ihre Kommunen. Wir werden im Gegensatz zu jetzt, dann hauptsächlich nur noch das Ausgeben können, was hier vor Ort selber verdient wird.

In der Stadt Leipzig ist deshalb folgerichtig immer wieder das Ziel einer selbsttragenden Wirtschaft bis 2020 ausgesprochen worden, das heißt insbesondere, eine Erhöhung der Gewerbesteuereinnahmen von 200 auf 400 Millionen Euro – pro Jahr. Dieses Ziel ist höchst ambitioniert! Es ist aber entscheidende Grundlage für die zukünftige Finanzierung unseres Gemeinwesens: Die dringend notwendigen Investitionen in unsere Bildungslandschaft (Schulen und Kindergärten), die Finanzierung unseres Straßennetzes, des sozialen Zusammenhaltes in unserer Stadt, unserer Kultureinrichtungen, unserer Sportanlagen, unserer Jugendhilfe, unserer Umweltprojekte, die Unterstützung von Vereinsarbeit und die Finanzierung der personellen Ausstattung einer leistungsfähigen Verwaltung.

All das hängt zum einen von unseren Grundsatzentscheidungen als Stadtrat ab – deshalb ist dieser Antrag für uns als Gremium so wichtig. Es hängt aber auch am strategischen Vordenken der Beteiligten im Wirtschaftsdezernat und im Amt für Wirtschaftsförderung, ihrer Überzeugungs-, Durchsetzungs- und Führungsstärke und ihrer Motivationsfähigkeit. Deshalb auch die Kritik am Verwaltungsstandpunkt. Die Auffassung „[sich] in jeder Ratsversammlung […] über Anfragen, Anträgen und Vorlagen mit diesen Themen auseinanderzusetzen“ müsse ausreichen, verkennt den grundlegenden Unterschied zwischen Tagesgeschäft und Einzelprojekten auf der einen Seite und dem konzeptionellen roten Faden auf der anderen Seite. Wir brauchen beides auch im Stadtrat!  Deshalb ist der Antrag wichtig. Ob wir das Ziel einer selbsttragenden Wirtschaft im Jahr 2020 erreichen werden, weiß ich nicht. Aber eines weiß ich genau: Mit der Einstellung, wie sie aus dem Verwaltungsstandpunkt spricht, erreichen wir dieses ehrgeizige und wichtige Ziel auf jeden Fall nicht. Ein Anstieg unserer Gewerbesteuereinnahmen um 200 Millionen Euro jährlich bis 2020, das ist die strategische Herausforderung auf die wir bis heute zu wenige und zu ungenaue Antworten haben. Das ist die zukünftige Herausforderung an den Wirtschaftsbürgermeister!

Der Verwaltungsstandpunkt verkennt auch, dass das Wirtschaftsdezernat bisher auf die Durchsetzungsfähigkeit des Stadtrates angewiesen ist, weil es diese – warum auch immer – selber noch nicht ausreichend hat. Vor anderthalb Jahren haben wir mit unserer Clusterförderstrategie einen wichtigen strategischen Baustein beschlossen, jedoch nur als Papier mit Absichten, ohne jede personelle und finanzielle Untersetzung. Nur durch Eigeninitiative aus dem Stadtrat heraus konnte das beschlossene Clustermonitoring auch umgesetzt werden. Desgleichen die zwei neuen Stellen für Mitarbeiter für die Cluster „Energie und Umwelt“, „Automobil- und Zulieferindustrie“, sowie „Kultur- und Kreativwirtschaft“, die Sicherung der Kompetenzen für Fachkräfteanalysen und –gewinnung, die Einführung einer Tourismuskoordination für die touristische Infrastruktur unserer Stadt, usw. Alles nur durch erfolgreiche Anträge von Fraktionen und Stadträten! Wir brauchen die wirtschafts- und beschäftigungspolitische Stunde für unseren eigenen Kompass, die Identifikation von Prioritäten und wenigstens noch den Erhalt unserer Durchsetzungsfähigkeit für wirtschafts- und beschäftigungspolitische Prioritäten.

Letzter Aspekt: Es geht im vorgelegten Antrag um eine reine Stadtratsangelegenheit. Ein Verwaltungsstandpunkt wäre überhaupt nicht nötig, genauso wie wir auch nicht in die Organisationshoheit des Oberbürgermeisters eingreifen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.