Fragwürdige Abschiebepraxis
In der vergangenen Woche sollte der in Leipzig lebende Mohammad K. abgeschoben werden. Zwischenzeitlich befand er sich wohl in Abschiebehaft, ist aber wieder entlassen worden, um seinen Fall durch die sächsische Härtefallkommission klären zu lassen, womit das Abschiebeverfahren zunächst ausgesetzt wird.
Der Fraktionsvorsitzende der Leipziger SPD-Fraktion, Christopher Zenker erklärt dazu: „Wir freuen uns über die aktuelle Entwicklung, dass Mohammad K. die Abschiebehaft verlassen konnte und hoffen auf eine faire Chance für ihn vor der Härtefallkommission. Dennoch sendet der Freistaat ein fatales Signal, wenn mal wieder Abschiebungen von Menschen vorgenommen werden, die sich in unsere Gesellschaft einbringen, ihren Lebensunterhalt erarbeiten und dadurch ganz nebenbei Fachkräftelücken schließen. Das parallel im Bundeskabinett derzeit über das sog. Chancen-Aufenthaltsrecht diskutiert wird, was genau Menschen wie Mohammad K. ein Bleiberecht ermöglichen soll, macht diesen Fall noch bedauer- und ärgerlicher.“
Diese im Rahmen der Reform des Zuwanderungsrechts diskutierte Variante des Aufenthaltsrechts soll vor allem für Menschen gelten, die mindestens fünf Jahr straffrei in Deutschland leben, sei es geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltsgenehmigung. Für Menschen unter 27 Jahren, wie den betreffenden Mohammad K., sind nach den Plänen sogar nur 3 Jahre Aufenthalt in Deutschland notwendig, um über das Chancen-Aufenthaltsrecht einen gesicherten Status zu erlangen. Ihnen soll damit die Chance gegeben werden innerhalb eines Jahres die Voraussetzungen für ein Bleiberecht zu erlangen. Das sind unter anderem die Sicherung des eigenen Unterhalts und der Spracherwerb. Mohammad K. hält sich seit 7 Jahren in Deutschland auf und lebt seit 2017 in Leipzig. Von 2017 bis 2020 war er bei einer großen Leipziger Bäckerei beschäftigt, bis ihm seine Aufenthalts- sowie die Arbeitsgenehmigung entzogen wurden und er nur über eine Duldung in der Bundesrepublik bleiben durfte. Ein Ausbildungsplatz wurde ihm ebenso angeboten.
„Mohammad K. erfüllt nach unserer Kenntnis die Voraussetzungen, die im neuen Chancen-Aufenthaltsrecht definiert werden sollen, vollständig. Vor diesem Hintergrund sollte der Abschiebeprozess gänzlich gestoppt werden, um ihm die Möglichkeit zu geben, einen gesicherten Status zu erlangen“, so Zenker weiter, der seine Fraktion auch im Migrantenbeirat vertritt. „Die Bundesregierung plant die Reformierung des Einwanderungsrechts nicht zum Selbstzweck, sondern um damit auch auf den überall um sich greifenden Fachkräftemangel reagieren zu können. Deshalb ist es sinnvoll, Ausländern, die arbeiten und sich hier ein geregeltes Leben aufbauen wollen, eine faire Chance zu geben. Deshalb unterstütze ich jeden Vorstoß, sich für eine Vorgriffsregelung für den Übergangszeitraum bis zum Inkrafttreten des Chancenaufenthaltes in Sachsen einzusetzen.“