Rede zum Antrag „Benennung einer Straße/eines Platzes nach dem Kanzler der Deutschen Einheit, Dr. Helmut Kohl“ in der Ratsversammlung am 15.11.2017
Rednerin: Nicole Wohlfarth, Stadträtin
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Kollegen,
werte Gäste,
die Debatten um Dr. Helmut Kohl befassen viele Städte unseres Landes. Die kommunalen Vertreter der Stadt Ludwigshafen habe eine Benennung nach Helmut Kohl abgelehnt. Die Städte Bernburg, Rostock, Halle, Magdeburg und Erfurt streiten heftigst über eine Würdigung im öffentlichen Raum. Zum Teil seit Monaten ohne eine Einigung. Das wollen wir nicht. Helmut Kohls großer Verdienst ist das beherzte und mutige Handeln, als sich mit der Friedlichen Revolution die Möglichkeit zur Wiedervereinigung auftat. Das wollen wir würdigen. Aber wir wollen einen breiten gesellschaftlichen Konsens dafür, den sehen wir im Moment noch nicht.
Helmut Kohls Verbindung zu Leipzig ist eben nicht so stark, wie die Kurt Masurs. Daher sind Sie, Frau Niermann, in ihrer Rede auch nicht auf diesen Vergleich eingegangen. Wahrscheinlich weil Sie wussten, dass Helmut Kohl diesem nicht standhalten würde. Aber nicht nur das hat uns bewogen, unseren Antrag zu stellen. Helmut Kohls Rolle in der Parteispendenaffäre ist unrühmlich und hat dazu geführt, dass er Vertrauen bei der Bevölkerung verloren hat. Auch die Enttäuschung manchen Bürgers über die blühenden Landschaften, die dann doch nicht so kamen wie erhofft, mag zu einem Vertrauensverlust geführt haben. Was nutzen uns schön sanierte Häuserfassaden und Gehwege, wenn bei den Menschen davon kaum etwas ankommt?
Unserer Meinung nach braucht es Zeit. Manche historischen Persönlichkeiten bedürfen einfach eines längeren zeitlichen Abstands, um entsprechende Würdigung zu erfahren. Bitte verstehen Sie unseren Antrag daher als eine Brücke, Helmut Kohl eine angemessene Würdigung zukommen zu lassen. Allerdings nicht binnen so kurzer Zeit nach seinem Ableben. Seine Bedeutung für diese Stadt rechtfertigt das so nicht. Seine Anbindung an Leipzig ist überwiegend politischer Natur, wenn es auch über seine Ehefrau private Verbindungen gab. Seine Frau Hannelore verbracht ihre ersten Lebensjahre in Leipzig, er verbrachte einige Urlaube – rein privat – in unserer Stadt und seine Reden im Kontext der Friedlichen Revolution sind politischer Natur gewesen. Eine besondere Bindung Helmut Kohls an die Stadt Leipzig, die eine so zügige Benennung eines Platzes oder einer Straße im öffentlichen Raum sinnvoll machen würde, können wir vor dem Hintergrund das Genannten nicht erkennen.