Redner: Axel Dyck, Stadtrat

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Kollegen Stadträtinnen und Stadträte,

werte Gäste,

 

es ist bedauerlich, dass zwei solch wichtige Themen für unsere Stadtgesellschaft in eine Vorlage gepackt wurden. Und es ist bezeichnend, dass das zuständige Dezernat, auch in Person der Bürgermeisterin offensichtlich erst nach Einreichung von zwei Änderungsanträgen die Sensibilität des Stadtraumes – Matthäikirchhof erkannt hat.

Sehr geehrte Damen und Herren,

die SPD-Fraktion begrüßt die optionale Entwicklungsperspektive für ein „Forum für Freiheit und Bürgerrechte“ im Umfeld der Runden Ecke und im Umfeld des ehemaligen Matthäikirchhofs.

Der Ort ruft geradezu danach. Nach Totalzerstörung im Dezember 1943 als Folge des durch die Nazidiktatur zu verantwortenden Weltkrieges mauerte die folgende sozialistische Diktatur den Matthäikirchof mit einer Brachialarchitektur ein und errichtete dort, bildlich gesprochen auf den Grundmauern der frühmittelalterlichen Burg eine Trutzburg für die vermeintlich System garantierende Staatssicherheit. Bekanntlich fiel diese Burg im Dezember 1989.

Bis heute wirkt diese Banalarchitektur weiter, denn seien wir ehrlich, bis auf gelegentliche Ausnahmen ist dieser städtische Raum bis heute nahezu aus dem Gedächtnis der Leipziger verschwunden. Man läuft vorbei und sieht ihn nicht.

Und gerade deshalb müssen wir uns aus meiner Sicht bei der Gestaltung dieses städtischen Raumes vordringlicher mit unserer jüngeren Geschichte auseinandersetzen, als in unbedingter Reflektion auf die Zeit vor der Zerstörung.

Sehr geehrte Damen und Herren,

an welcher Stelle in dieser Stadt sonst, kann die dringendst erforderliche Auseinandersetzung mit den Themen Freiheit – Demokratie – Bürgerrechte – Bürgerbeteiligung denn sonst gelingen, wenn nicht im Dunstkreis der Stasiakten? In einer Zeit wie heute, wo in  Europa, Deutschland und auch Leipzig autoritäre Gedanken, die den Freiheitsbegriff, so differenziert dieser auch zu behandeln ist, konterkarieren. Der Ort „Matthäikirchhof“ wurde durch Diktaturen zerstört – er kann deshalb der Bildungs- und Diskussionsort werden, der unseren, quasi den Leipziger Beitrag liefert, damit eines Tages die Demokratie und damit die Freiheit nicht in Frage gestellt werden müssen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

damit dieses Vorhaben aber gelingt und nicht schon wieder am Anfang der Überlegungen zerredet wird, braucht es Akzeptanz in der Stadtgesellschaft. Diese kann nur durch Offenheit für das materielle (bauliche) und immaterielle (konzeptionelle) Projekt, welches in einen größeren städtischen Raum, mit anderen Nutzungen eingebettet ist, erlangt werden. Den Aufschlag hierfür kann eine Städtebauliche Werkstatt der Ideenfindung bewirken.

Ich wünsche der bestechenden Idee (hier noch umschrieben mit Option) gutes Gelingen.