Redner: Christian Schulze, Stadtrat

Christian Schulze

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen,
lieber Bernd Stracke, lieber Sven Wetzig, lieber Olaf Schubert, liebe Anke Hoffmann,
werte Gäste,

Bernd Stracke sitzt heute hier oben auf der Gästetribüne und vertritt damit auch die anderen Genannten. Das sind die Freundinnen und Freunde von vor fast 40 Jahren, die den Mut hatten vor der Weltöffentlichkeit zur Eröffnung der DOK Film Woche am Kino – Capitol Kerzen zu entzünden und damit für den Frieden zu demonstrieren. Wie wichtig Frieden zwischen den Völkern ist, wird uns gerade jetzt 1000 km östlich vor Augen geführt.  

Ich kam 1981 nach Leipzig und hatte schnell Kontakt zu diesen und anderen jungen Leuten meines Alters in Lindenau und Leutzsch aber auch im Waldstraßenviertel wie auch im besetzten Haus in der Brüderstr. 39, wo wir nach dem montäglichen Friedensgebet in der Nikolaikirche noch zum Tee oder Rotwein zusammenkamen und überlegt haben „wie wir die Welt verändern können“.

Das war die Zeit wo ich mir den Aufnäher „Schwerter zu Pflugscharen“ auf die Jacke nähte und natürlich hoppgenommen wurde, zum Glück nur für drei Stunden.

Die Kerzendemonstranten vorm Capitol hatten dieses Glück nicht. Sie bekamen bis zu zwei Jahre Haft aufgebrummt. Mit etwa 20 Freundinnen und Freunden ließen wir es uns nicht nehmen zum Prozess zu erscheinen. Wir wurden allerding nur zur Urteilsverkündung zugelassen und dann wieder rausgeschickt. Im Anschluss mussten wir erleben, wie Sven, Olaf und die anderen an Knebelketten an uns vorbeigezerrt wurden, so dass kaum eine Verabschiedung von Eltern und Großeltern möglich war. Dieses Bild hat sich mir tief eingebrannt.

An dieser Stelle Dank an Mandy Gehrt und Thomas Kumbernuss für die Antragsidee. Die bisherige öffentliche Berichterstattung allerdings, hat nicht nur die Akteure von damals sondern auch mich geärgert.

Die Erinnerung an die Kerzendemo, die seit 1983 zur DNA der Dokfilm-Woche gehört, aber auch als wichtige Vorläuferin von Rosa-Luxemburg-Demo, Straßenmusikfestival, Pleißepilgerweg, Stattkirchentag (mit Doppel-T) gelten muss, ist wichtig. Wichtig bei der Erinnerung ist aber auch, die Namen der Akteure zu benennen, die für diese Aktion in jungen Jahren mit Gefängnis bezahlt haben.   

Das war der LVZ Anfang März leider nicht gelungen. Mit Foto und permanenter wörtlicher Rede kam in dem Artikel nur der Museumsleiter der Runden Ecke zu Wort. Er mag seine Verdienste haben, aber das stieß mir sauer auf, zumal Akteure von damals ja befragt werden könnten.

Ich freue mich auf eine übergroße Mehrheit für diesen Antrag und auf Ideen für die Umsetzung.  An dieser Umsetzung müssen die Akteure von damals und natürlich auch die heutigen Akteure der Dokfilm-Woche unbedingt beteiligt werden.

Vielen Dank für´s Zuhören.