Rede zur Bildungspolitischen Stunde in der Ratsversammlung am 7. Oktober 2020
Rednerin: Stadträtin Christina März
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Jung,
sehr geehrte Beigeordnete und
sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,
werte Gäste,
für uns als Sozialdemokratie ist Bildung, im Besonderen die politische Bildung, immer ein Schlüssel für die Lebens- und Teilhabechancen jedes und jeder einzelnen, für individuelle Freiheit und für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Daher ist nicht nur die Kostenfreiheit dieser, von der Wiege bis zur Bahre, unerlässlich auch eine stets kritische Begleitung der Konzepte und Projekte.
Die Ansprüche an politische Bildung unterlagen in den letzten Jahren einem starken Wandel. Dafür ist aus meiner Sicht „Fridays for Future“ ein gutes Beispiel. Es zeigt zum einen, dass unsere Jugend natürlich politisch ist und sich Gehör verschafft, sondern es zeigt auch auf welche vielfältigen Wegen politische Bildungsarbeit passieren kann. So findet diese auf der Straße, in Netzwerken und natürlich in der Schule oder zum Beispiel auch am Küchentisch statt. Gerade der Küchentisch zu Hause ist ein Ort von lebendiger Demokratie. Wo, wenn nicht hier wird Tacheles gesprochen und gestritten. Da zeigt sich auch so mancher Generationenkonflikt.
Dieser Streit, diese Debatte ist Demokratie. So erlernen wir Debatten zu führen, auszuhalten und bestenfalls zu gewinnen. Diese Erfahrbarkeit von partizipativen Handeln ist ein unersetzbarer Erfahrungsschatz für Kinder und Jugendliche. Hier können sie Einfluss auf Entscheidungen nehmen, Beteiligung erfahren und das gemeinsame Familienleben MIT gestalten. Natürlich erfordert es auch demokratischen Verständnis bei den Eltern, nur so gelingt demokratische Erziehung. Wer, wie die Vertreter*innen rechts im Saal, ein Weltbild aus den 50ern oder eher späten 30ern anstrebt, kommt da natürlich ganz schön ins Schwimmen. Natürlich dürfen diese Partizipationserfahrungen nicht am Küchentisch enden, sie muss ein integraler Bestandteil unserer demokratischen Kultur sein. Auch in der Kommune. Weswegen sollen Kinder nicht mit über den Spielplatz in ihrem Quartier entscheiden? Wozu sollten Jugendliche ein Jugendzentrum aufsuchen, wenn sie nicht mitgestalten dürfen? Und verdammt nochmal, weswegen lassen wir diese jungen Leute nicht ab 16 wählen!
Auch wir müssen an dieser Stelle endlich Umdenken!
Wir sehen doch am Jugendparlament, welches für uns und die progressiven Fraktionen im Stadtrat mehr als nur ein wichtiger Multiplikator ist, dass Jugendbeteiligung gut funktioniert. Wir behandeln als Stadträt*innen eine Vielzahl von Anträgen, welche wir zwar modifizieren und gegebenenfalls nachschärfen, welche dennoch ihren Ursprung im Jugendparlament haben. Die Forderung, junge Leute in die Parlamente zu holen, ist kein Hass auf die ältere Generation. Es ist die Verpflichtung von Repräsentanz unserer Gesellschaft.
Ich sprach zu Beginn meiner Rede davon, Debatten aushalten zu können. Debatten auch verstehen zu können. Damit Debatten nicht eintönig werden benötigt es Fakten, diese haben wir in den vorherigen Vorträgen erfahren. Die Verarbeitung der, täglich zu Hauf, auf uns einprasselnden Informationen erfordert ein hohes Maß an Medienkompetenz. Von uns und auch von jungen Leuten, sie müssen reflektieren und Filtern – was ist Fake News, was ist eine vertrauenswürdige Quelle und was nicht?
Und wie soll das alles im Internet wo jede*r Dinge veröffentlichen kann gelingen?
Hier ist die politische Bildung an den Schulen besonders gefragt, fächerübergreifend muss gelernt werden eine sachliche Nachrichtenquelle, wie bspw. die Tagesschau, von populistischen Medien zu unterscheiden. Damit sich diese Merkmale verinnerlichen genügt jedoch nicht nur der Schulunterricht, auch hier müssen Freunde, Netzwerke und Eltern immer wieder Ansporn sein und auch diese müssen bereit sein, sich selbst zu Hinterfragen.
Das alles, was ich hier in meiner kurzen Rede nur Skizzenhaft darstellen konnte, erfordert – wie erwähnt – zahlreiche Akteur*innen. Leipzig hat bereits ein gutes und dichtes Bildungsnetz, zumindest in der Quantität. An der Stellschraube der Qualität müssen wir noch ein paar Mal nachziehen bis es sitzt. Ein wichtiger Aspekt ist die Vernetzung dieser Akteur*innen, damit auch positive Synergieeffekte genutzt werden, Erfahrungen ausgetauscht und die inhomogene Zielgruppe für politische Bildungsarbeit zielführend zu den jeweils besten Akteur*innen gelangen kann. Um politische Bildung zu erfahren. Beispielhaft seien hier die Stadtbibliotheken, die Volkshochschule oder auch der Stadtjugendring als wichtige Akteure genannt. Aus aktuellem Anlass möchte ich aber als einen Vertreter der Bildungsarbeit mit Kinder und Jugendlichen auch insbesondere “Die Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken” nennen. Auch wenn, einige unter uns die Arbeit der Falken nicht würdig erachten geehrt zu werden. Wenn Sie mich fragen zeigt das nur eher bei diesen Leuten ein Mangel an politischer Bildung.
Lassen Sie mich zum Schluss rekapitulieren, in der Bildung immerhin ein wichtiger Kniff, damit das gehörte auch verinnerlicht wird.
Junge Leute sind politisch, diesen Umstand zu negieren wäre Demokratie schädigend. Die Formen der politischen Auseinandersetzung mögen sich von Generation zu Generation unterscheiden. Auch die Möglichkeiten der Partizipation für junge Leute sind mannigfaltig, sei es in den Gewerkschafts- ,Arbeiter*innen- oder Parteijugenden, Pfadfinder*innen oder bei Demonstrationen auf der Straße oder am Bagger.
Kinder und Jugendliche sollten bereits früh Beteiligung erfahren können, am Küchentisch, im Parlament und natürlich in der Bildung. Positive Erlebnisse und Demokratie Erfahrungen sind förderlich für eine starke und wehrhafte Demokratie.
Politische Bildung und das damit einhergehende politisches Verständnis erfordert mehr als die Kenntnis vom Aufbau unserer Demokratie. Es wird eine Medienkompetenz von der Gesellschaft eingefordert, welche erdrückend sein kann. Der Umgang damit stellt einen Schlüsselaspekt dar. Nur so lassen sich auch aktuelle Ereignisse einsortieren, bewerten und dann besonnen Handeln.
Das alles können wir als Stadt schaffen, gemeinsam mit den zahlreichen Akteur*innen im Leipziger Bildungsnetz. Vielen Dank.