Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
werte Gäste,
bevor ich auf die Vorlage im Speziellen eingehe, möchte ich einige grundsätzliche Worte verlieren: Mit der Corona-Krise steht Leipzig vor der größten Herausforderung der letzten Jahrzehnte. Unser gewohntes Leben und der gesamte Alltag haben sich drastisch verändert. Wir erleben gerade, wie selbstverständliche Freiheiten eingeschränkt werden mussten, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen und dadurch Menschenleben zu schützen. In Deutschland ist das bisher gut gelungen.
Diese Maßnahmen haben jedoch massive Auswirkungen auf unser privates Leben, aber auch auf unzählige Unternehmen, Einzelhändler und Gewerbetreibende, wie zum Beispiel auch Gastronomen, Reiseunternehmen, Hoteliers, Clubs und Künstler. Sie alle stehen momentan vor fast unlösbaren Problemen – es geht um Ihre Existenz. In dieser für meine Generation beispiellosen Krise zeigen Bund, Land und Kommune, dass wir in einem handlungsfähigen, handlungswilligen, starken Staat leben. Es wurde gehandelt, mit Unterstützung der meisten Oppositionsparteien wurden umfangreiche Programme zur Unterstützung in Form des Kurzarbeitergelds, zinsloser Darlehen und finanzieller Zuschüsse ohne Verpflichtung zur Rückzahlung aufgelegt. Die Demokraten/-innen im Parlament haben erkannt, wenn Selbstprofilierung hintenangestellt werden sollte.
Mein aufrichtiger Dank geht in dieser schwierigen Zeit an all jene Menschen, die oft unbeachtet im Hintergrund das tägliche Leben einer Stadt erst möglich machen – vor allem auch in Krisensituationen. Jedem von uns wird jetzt ganz deutlich, welche umfangreichen Aufgaben medizinisches Personal, Pflegekräfte, Erzieher/-innen, Feuerwehr, Polizei, Verkäufer/-innen und die Beschäftigten der Ver- und Entsorgungsunternehmen übernehmen.
Wir sind aufgefordert, physischen Abstand zu halten. Die Stadt Leipzig erlebt jedoch in dieser schwierigen Zeit eine andere Art von Nähe, die sich in einer Welle der Solidarität und Hilfsbereitschaft unter ihren Bürgern zeigt. Für mich ist das ein Signal dafür, dass wir auch aus dieser Situation die Kraft ziehen, um geschlossener, freier und stärker als Gemeinschaft aus dieser schweren Krise hervorzugehen.
Ich bin den Leipzigerinnen und Leipziger dankbar, dass sich die meisten an die aufgelegten Regeln halten und nicht irgendwelchen Verschwörungstheoretikern und Hobbyvirologen auf den Leim gehen. Weitere Lockerungen sind um so eher möglich, je disziplinierter wir uns an die Regeln halten.
Als Vater zweier Grundschulkinder kann ich dennoch nachvollziehen, wie schwierig es jetzt ist,nicht nur Job und Familie zu koordinieren, sondern auch noch Lehrer und Trainer zu sein. Ich muss mir aktuell keine Sorge um meinen Job machen und kann dennoch nachfühlen wie es Betroffenen geht, denn viele meiner Freunde arbeiten in Branchen die vom Lockdown besonders betroffen sind.
Einer kleinen Gruppe Betroffener wollen wir heute mit einem kommunalen Förderprogramm helfen, weil wir hier eine Lücke in den Programmen von Bund und Land sehen. Es geht um die Soloselbständige bzw. Kleinstunternehmen.
Natürlich helfen die Programme von Bund und Land auch Kleinunternehmen, die wegen eines oft sehr geringen finanziellen Polsters von der aktuellen Krise besonders betroffen sind. Allerdings fallen Soloselbständige hierbei ein stückweit durchs Netz, wenn sie keine gesonderten Betriebsstätten, wie Büro oder Werkstätten, für die sie Miete zahlen müssen, oder Leasingraten für Maschinen oder Fahrzeuge, die bedient werden müssen, vorweisen können, weil sie meist von zu Hause arbeiten. Das trifft insbesondere Freiberufler, Teile der Kreativwirtschaft und freischaffende Künstler.
Wie komplex allein dieses Thema ist, zeigt auch die bundesweite Diskussion dazu. Denn Länder wie Hamburg oder Baden-Württemberg haben bereits entsprechende Programme für Soloselbstständige aufgelegt. Bremen hat hierzu eine Bundesratsinitiative gestartet. In Hamburg und Baden-Württemberg wird bereits ein Beitrag zu den Lebenshaltungskosten als Zuschuss gezahlt, so wie auch wir das vorhaben.
Selbstverständlich ist mir bewusst, dass wir mit der heutigen Entscheidung nur einen kleinen Beitrag leisten und auch nur einer kleinen Gruppe Selbstständiger helfen, zunächst nicht in die Grundsicherung gehen zu müssen. Die Soloselbständigen sollen die Wahl haben, Hilfen zu beantragen, die sie über zwei Monate bringen sollen. Wir schütten hier also kein Vermögen aus, sondern helfen dabei, über die Runden zu kommen. Wir können mit dieser Maßnahme noch nicht mal ausschließen, dass die Betroffenen nach wenigen Monaten nicht doch Grundsicherung beantragen müssen, da der Lockdown weiter anhält.
Wir öffnen mit dem Programm auch nicht einfach das Portmonee, denn jeder der es nutzen will, kann eben keine anderen Leistungen beantragen, wozu auch die Kosten der Unterkunft gehören, die aktuell die Kommunen tragen.
Nicht alle der über 11.000 Soloselbstständigen in Leipzig sind vom Lockdown betroffen. Dennoch viele sind Soloselbstständige aus der Kreativwirtschaft, Musiker und/oder Künstler besonders vom Lockdown betroffen. Zudem ist es eben in diesen Bereichen oft schwierig Rücklagen zu bilden. Wir wollen mit diesem Programm zeigen, dass wir sie nicht vergessen haben, auch wenn das Programm nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist. Zudem lassen sich leider auch nicht alle Ungerechtigkeiten verhindern. Wir schaffen gefühlt vielleicht neue, da auch Unternehmer um die Beantragung einer Grundsicherung nicht herumkommen. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass diese Hilfen ein wichtigstes Signal sind. Schließlich machen Kreativwirtschaft und Kultur nicht nur einen wichtigen Teil der Leipziger Wirtschaft aus, sondern sie sind auch ein Stück Identität unserer Stadt.
Wir werden der Vorlage zustimmen, hoffen jedoch, dass Bund oder Land noch eine Regelung finden, die, ähnlich dem Programm für Auszubildende, unser Programm dann doch noch ablösen kann. Ich bin daher auch der Landesregierung dankbar, die heute im Parlament eine bundeseinheitliche Regelung eingefordert haben.