Rede zur Vorlage „Robert-Blum-Demokratiepreis der Stadt Leipzig“ in der Ratsversammlung am 13. April 2022
Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,
die Demokratie als Staatsform hat jede Menge Spielarten und jede Menge Vorzüge, aber auch Schwächen – wir kennen sie auch hier im Rat: nicht alles, was schnell gehen sollte, geht auch schnell, weil Themen lange, manchmal auch bis zum letzten Komma ausgehandelt werden.
Dieses Suchen nach Kompromissen, nach dem besten Weg, wird durch autoritäre Bestrebungen als Schwäche und mangelnden Handlungswillen ausgelegt. Auch Deutschland gibt es politische Strömungen, die in den vergangenen Jahren Aufwind bekamen, die die Demokratie als Vehikel ausnutzen, deren eigentliches Ziel aber das Untergraben der Demokratie ist.
Laut des Demokratie-Index von 2021 leben 37,1 Prozent der Weltbevölkerung in einer Diktatur – der Trend ist leicht steigend – und 45,7 % in einer Demokratie. Aber Demokratie ist nicht gleich Demokratie, das kann man auch an den unterschiedlichen und mitunter bereits untergrabenen Demokratien auch bei uns in Europa sehen. Deutschland belegt in diesem Demokratie-Index übrigens Platz 16 von 167 und gehört damit zu den vollständigen Demokratien.
Dennoch, auch wir können uns immer verbessern, aber eines ist sicher, in einer Diktatur leben wir ganz sicher nicht, auch wenn es Leute gibt, die sich hier in einem autoritären Herrschaftssystem wähnen. Wenn man es einmal ganz nüchtern betrachtet, leben wir nicht nur wirtschaftlich, sondern auch mit dem Blick auf unsere garantierten Rechte in einem sehr sehr guten politischen System.
Dass die Stadt nun vorhat, einen Demokratiepreis zu stiften und ihn nach Robert Blum zu benennen, einem der herausragenden Streiter für die Demokratie in Deutschland, halte ich für richtig und angemessen. Robert Blum hat enge Verbindungen nach Leipzig. Ein Großteil seiner politischen Arbeit ging von hier aus. Blum setzte sich unter anderem für Grundrechte und das allgemeine Wahlrecht, also für die Grundfesten jeder Demokratie ein. Er gehörte 1848 dem Vorparlament sowie der Frankfurter Nationalversammlung an und auch ihm und seinem Wirken ist es zu verdanken, dass unsere Stadt ein zentraler Ort der Demokratie geworden ist. Ein Wirken was vielleicht auch eine Grundlage für die friedliche Revolution 1989 war und ihre Kraft in unserer offenen Stadt entfaltet hat.
Zum Lichtfest im Oktober 2021 war der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko unser Festredner und er mahnte uns mit den Worten: „Und auch wenn eine Demokratie einmal aufgebaut ist, müssen wir arbeiten, um sie zu erhalten. Wir müssen ihr Fundament jeden Tag stärken und bildlich gesprochen jeden Stein dieses Fundaments weiter pflegen.“ Er sprach auch von der Konfrontation zwischen Demokratie und Autoritarismus sowie den Versuchen der russischen Führung, die Ukraine in ihren Einflussbereich zu ziehen.
Seine Worte galten und gelten allen Demokratien, denn Demokratie und ihre Werte müssen tagtäglich gegen ihre Feinde verteidigt werden.
Schon seit 2014, aber spätestens seit Ende Februar geht es für die Ukraine nicht nur um die inneren Anstrengungen zum Erhalt der Demokratie. Diese junge Demokratie kämpft jetzt, gerade wo wir hier tagen, um ihr Überleben. Das millionenfache Leid, die Flucht von Millionen Menschen und die Massaker an der Zivilbevölkerung, die es seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gibt, machen das schmerzhaft deutlich. Diese junge Demokratie kämpft auch für unser freiheitliches Europa.
Für den Antrag der CDU-Fraktion den diesjährigen Demokratiepreis bereits vorab an die regimekritische russische Zivilgesellschaft und insbesondere die Demonstrantinnen und Demonstranten die in Russland gegen den Angriffskrieg demonstrieren, zu verleihen, bin ich sehr dankbar und wir werden diesen aus vollster Überzeugung unterstützen. Zeigt er doch, dass auch die Pflanze der Demokratie in Russland trotz Gleichschaltung von Medien, durch Unterdrückung und Ausschalten der Opposition nicht tot ist. Mit der Zustimmung zu diesem Antrag würdigen wir den Mut dieser Menschen. im Gegensatz zu jenen Menschen, die meinen,sie müssten in Deutschland gegen eine „Corona-Diktatur“ demonstrieren oder jetzt mit russischen Fahnen Autokoros durch deutsche Städte veranstalten und meinen, in Deutschland in einer Scheindemokratie zu leben, setzen sie die Menschen in Russland einer wirklichen Gefahr aus, wenn sie gegen Putin demontrieren.
Wir werden der Vorlage und dem CDU Antrag zustimmen. Vielen Dank!