Prof. Dr. Getu Abraham
Prof. Dr. Getu Abraham

Redner: Prof. Dr. Getu Abraham, Stadtrat

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
meine Damen und Herren,

früher, wenn die Sonne über Wochen nicht nur schien, sondern regelrecht über uns glühte, haben wir uns nicht selten gesagt, wie toll das doch ist. Verbunden mit Wassermangel blieben zwar auch damals nur braune Wiesen, aber gemeinhin sprachen wir schlicht von einem schönen Sommer. Jedoch war das Ausmaß von Hitze und Trockenheit geringer, solche Sommer waren einfach selten und die Folgen für die Natur dadurch viel kleiner. Heute erleben wir dies regelmäßig und erkennen darin – zu Recht – die Folgen des Klimawandels.

In Anbetracht der fortschreitenden Zerstörung von Lebensräumen für Tiere, Pflanzen und uns Menschen sowie eines zunehmenden Ressourcenmangels müssen wir uns die Frage stellen, ob es wirklich sinnvoll ist, nur im Hier und Jetzt zu leben, wie wir das gerade tun. Wir zehren uneingeschränkt an der Substanz unserer Lebensgrundlagen. Warum? Warum denken wir nur maximal bis morgen und nicht weiter? Wenn wir wirklich etwas ändern wollen, müssen wir langfristig denken und unsere eigenen Verhaltensweisen infrage stellen. Denn das stünde am Anfang aller Anstrengungen, wenn wir es mit dem Prinzip der Nachhaltigkeit ernst meinten.

Wir stehen – wenn wir auch bisher schon etwas gegen den Klimawandel tun – tatsächlich in gewissem Sinne erst am Anfang. Mit der Ausrufung des Klimanotstands und dem Klimasofortprogramm knüpfen wir an die Klimaschutzpolitik der internationalen Staatengemeinschaft an, weil wir sonst Gefahr laufen, die Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 zu verfehlen. Was wir bisher tun, reicht schlichtweg nicht aus. Das ist bedauerlich, aber wir müssen diesem Fakt ins Auge sehen.

Aber unsere Stadt ist bereit, ambitioniert etwas dagegen zu tun. Wir versuchen beispielsweise, entsprechend des Prinzips der Nachhaltigkeit aus der Coronaviruspandemie rauszukommen. Das heißt: Wir müssen alles daransetzten, die wirtschaftliche und soziale Erholung von der Pandemie so zu nutzen, dass unsere Art zu leben, zu wirtschaften und zu arbeiten innovativer, digitaler, resilienter, klimafreundlicher und damit insgesamt nachhaltiger wird.

Die Stadtverwaltung hat ein Energie- und Klimaschutzprogramm 2030 für den Umsetzungszeitraum bis 2040 vorgelegt. Damit möchte unsere Stadt nicht allein auf die kurzfristig notwendigen Maßnahmen der Krisenbewältigung, sondern mit gleicher Kraft auch auf langfristig angelegte Investitionen setzen. Daher berücksichtigt die Vorlage diverse Maßnahmen auf sieben Handlungsfeldern, wie unsere Stadt dadurch klimaneutral werden kann.

Die Bundesregierung hat umgehend auf den Gerichtsbeschluss reagiert und wichtige Änderungen des Klimaschutzgesetzes mit noch ehrgeizigeren Zielen beschlossen. Das nationale Etappenziel für die CO2-Emissionsreduzierung für 2030 wird um zehn Prozentpunkte auf minus 65 Prozent gegenüber 1990 angehoben. Bis 2040 gilt ein neues nationales Klimaschutzziel von mindestens minus 88 Prozent, ebenfalls gegenüber 1990. Bereits bis 2045 sind die Treibhausgasemissionen so weit zu mindern, dass wir Nettotreibhausgasneutralität erreichen. Aus den jährlichen Minderungszielen ab 2030 ergibt sich ein konkreter Minderungsweg für die Folgejahre.

Wohlstand, soziale Sicherheit und ein Leben in einer lebenswerten Umwelt – das sind keine Selbstverständlichkeiten, sondern das erfordert die stete Bereitschaft und Fähigkeit zu Veränderungen, zu Innovationen und zu einer gerechten Verteilung von Chancen und Belastungen heute und morgen. Wir müssen der Zukunft gegenüber der Gegenwart zu ihrem Recht verhelfen.

Die Verwaltung hat ein Programm vorgelegt, das jedoch nicht rund ist und Schwachstellen aufweist. Für den Stadtrat bestand die Notwendigkeit, hier an zahlreichen Punkten nachzuschleifen. Die hohe Zahl an Änderungsanträgen belegt dies. Meine Fraktion hat insbesondere zu den Handlungsfeldern: Mobilität, Gesamtstädtische kommunale Wärmestrategie, Nachhaltige Stadtentwicklung, Kommunikation und Kooperation sowie Ver- und Entsorgung Vorschläge gemacht. Uns geht es unter anderem um das Vorantreiben der Verkehrswende durch zusätzliche Mobilitätsstationen, die einen reibungslosen Wechsel zwischen den verschiedenen Verkehrsarten ermöglichen sollen. Es geht um Parkraumbewirtschaftungskonzepte in Gebieten mit hohem Parkdruck oder auch Verbesserungen für den Radverkehr. Die gesamtstädtische Wärmestrategie wollen wir im Rahmen der Klimaanpassungen mit der Planung und Realisierung eines Fernkältenetzes ergänzen, um so auch in unserer Stadt eine umweltfreundliche Infrastruktur für die Klimatisierung von Einrichtungen, Wohnungen und Büros anzubieten.

Analog zur Gründachstrategie soll die Förderung von Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung von (Innen-)Höfen und Vorgärten in Betracht gezogen werden, um so auch die Wohnquartiere an die sich ändernden klimatischen Bedingungen anpassen zu können.

Darüber hinaus schlagen wir ein neues Handlungsfeld “Biodiversität, Artenschutz und Klimaanpassung” vor, in dem es auch um Fragen des Tierschutzes gehen soll. Schließlich leiden nicht nur Menschen unter den Folgen des Klimawandels, sondern auch Haus- und Wildtiere, deren Lebensraum sich in der Stadt befindet. Diese Themen sind im Energie- und Klimaschutzprogramm bisher nicht mitgedacht.

Vielen Dank!