Rede zu den Vorlagen „Wirtschaftsplan 2011/2012 für den Eigenbetrieb Oper, EB Gewandhaus, EB Theater der Jungen Welt und EB Schauspiel Leipzig“
Redner: Gerhard Pötzsch, Stellv. Vorsitzender der SPD-Fraktion
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte, werte Gäste!
Wir beschließen heute unter den TOP 16.2 bis 16.5 die Wirtschaftspläne für die Oper, das Gewandhaus, das Theater der Jungen Welt und das Schauspiel Leipzig für die Jahre 2011/2012.
Für Leipziger Verhältnisse ist dieser ungewohnt frühe kalendarische Zeitpunkt ein weiterer Schritt in eine haushalterische Normalität. Darüber darf man sich freuen.
In der Zusammenarbeit zwischen Land und Kommune sind Zuverlässigkeit und Vertrauen auf gegebene Zusagen die Basis und unverzichtbares Fundament. Die regierende Mehrheitskoalition in Dresden hat diesen Boden im vergangenen Jahr, durch die von ihr betriebenen Änderungen des Sächsischen Kulturraumgesetzes, ohne Not verlassen. Wir haben hier und heute noch zu befinden, wie wir darauf reagieren. wollen.
Jeder, der die Abläufe in großen Eigenbetrieben der Kultur kennt, kann wissen, dass überfallartig daherkommende Mittelkürzungen, zumal im laufenden Geschäftsbetrieb, nur durch Minderungen der Leistungsangebote zu kompensieren sind. Für Leipzig heißt dies konkret z.B. eine Reduzierung der Aufführungen in den verschiedenen Häusern, und der Wegfall der beliebten Sommerkonzerte von Oper und Gewandhaus im Rosenthal.
Die uns vorgelegten Wirtschaftspläne verweisen aber auch auf weitere Problemkreise, die wir, weil hausgemacht, selber zu verantworten haben. Deren Lösung wird uns in den nächsten Jahren vor große Herausforderungen stellen. Ich will hier stichwortartig einige anreisen:
– Kontinuierlicher Abbau des Investitionsstaus in der Infrastruktur der Einrichtungen,
– Schauspiel: temporäre Schließung der Skala, Interimslösung – Fragezeichen,
– Oper: Ausrichtung des Hauses unter der neuen Intendanz,
– und das für alle geltende Thema: Steigerung der Publikumszahlen.
Ich kenne niemanden, der einen Königsweg parat hätte. Wir werden entscheidungsfreudig sein müssen, und Geduld aufbringen. Etliches ist auf dem Weg. Die zuständigen Fachausschüsse und Gremien beraten, externer Sachverstand wurde gebunden, Ergebnisse angekündigt. Vorschläge verschiedener Fraktionen zu Verbesserung der Infrastruktur liegen auf dem Tisch und harren der breiten Diskussion. Die Verwaltung ist verpflichtet, Zug um Zug, neue Informationen zum aktuellen Sachstand zu liefern. Termine dazu sind avisiert.
Wir leben in einer Zeit, in der erhebliche Teile der politischen Klasse dem scheinbar gesellschaftlich akzeptierten Vorrang der Ökonomie huldigen. Vielleicht entspringt daher die Neigung einzelner, die Sinnhaftigkeit unseres großen Engagements im Kulturbereich, immer mal wieder, und dann auch grundsätzlich in Frage zu stellen. Ich rate jenen Menschen an dieser Stelle zur ernsthaften Überprüfung der Frage, warum gerade kulturell erfolgreiche Gesellschaften auch ökonomisch erfolgreich sind!
Wir haben in den zurückliegenden Jahren den Umbau unseres Landes hin zu einem mehr an liberaler Marktwirtschaft erlebt. Da ist etwas, nach meinem Verständnis, bis in die Bezeichnung hinein, merkwürdig verrutscht. Für mich war liberal in der Vergangenheit immer und zuförderst auch mit persönlicher Freiheit für alle verbunden.
Sei es wie es sei, festzuhalten bleibt, dass die Werte, welche eine solch verstandene liberale Marktwirtschaft zu ihrem eigenen Funktionieren braucht, nicht über den allseits gepriesenen Wettbewerbsprozess bereitgestellt werden können. Exakt das lässt sich mit keiner Strukturreform der Welt organisieren! Kultur und Bildung dürfen wir deshalb nicht allein irgendwelchen Markt- und Wettbewerbsprozessen überlassen!
Richtig bleibt die immerwährende Aufgabenstellung, unter kategorischer Wahrung der künstlerischen Freiheit der Einrichtungen, die Arbeitsabläufe in den Häusern zu optimieren. Natürlich muss der Rat permanent darauf achten, dass die von ihm, im Auftrag der Bürger und unter Wahrung ihrer Interessen! ausgereichten Mittel durch die Verantwortlichen in den Eigenbetrieben so eingesetzt werden, wie es seinen, im Kulturentwicklungsplan der Stadt festgeschriebenen Prämissen entspricht. Richtig bleibt auch, dass wir im Verlauf dieses, bis in alle Ewigkeiten andauernden Prozesses, nie an ein Ziel gelangen werden, sondern gerade Erreichtes stetig wieder hinterfragen, im Lichte aktueller Erkenntnisse neu definieren, und gegebenenfalls nachjustieren müssen. So ist das eben.
Die Bereitstellung (auch im Vergleich mit anderen deutschen Städten) erheblicher prozentualer Haushaltsanteile für den Kulturbereich in unserer Stadt, ist eine von Vernunft getragene, zukunftsweisende und zukunftsichernde Entscheidung der Mehrheit dieses Rates. Sie ist Pflicht und Chance für die Kulturstadt Leipzig.
Meine Fraktion wird die vorgelegten Wirtschaftspläne mehrheitlich mittragen.
Gestatten Sie mir noch eine persönliche Anmerkung: Während unserer letzten Fraktionszusammenkunft verfehlte der Antrag der Linken, bezüglich der Aufstockung der Mittel für eine ganze Stelle im Bereich der Theaterpädagogik im Theater der Jungen Welt, in der sozialdemokratischen Fraktion knapp die Mehrheit.
Ich finde das sehr bedauerlich und werbe deshalb bei Ihnen allen dafür, diesem vernünftigen Antrag, jenseits aller denkbaren Barrieren und innerer Blockaden, seine Zustimmung nicht zu versagen.