Rede zur Vorlage „Umsetzung der RB Nr. 279/10 und 675/11: Strategische Neuausrichtung des LVV-Konzerns“
Redner: Axel Dyck, Fraktionsvorsitzender
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,
sehr geehrte Gäste!
Damit keine Irritationen aufkommen – gleich am Anfang, der begrenzten Redezeit wegen, ein Hinweis worüber ich nicht reden werde: über Bilanzverschiebungen bei SWL und LVV, über Buchwerte und Nettobilanzverbindlichkeiten über Defizite bei der Umsetzung des Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrages und auch nicht über technische Details wie smart meter oder Breitbandverbindungen. Und ich werde hier auch nicht den besseren Kaufmann oder Geschäftsführer und auch nicht den besseren Strategen bei der Entwicklung von Zukunftsfeldern im Gasmarkt oder bei erneuerbaren Energien abgeben. Ich würde mich an dieser Stelle da etwas überschätzen.
Stattdessen werde ich, wie schon so oft bei dieser Thematik, an dieser Stelle von meiner und von unserer Verantwortung als Stadtrat sprechen.
Es geht gerade bei der heute aufgerufenen Beschlussfassung um die legitimen Interessen und Interessenslagen der gesamten Stadt Leipzig, ich betone von der gesamten Stadt Leipzig, und nicht um die Verteidigung von Partikularinteressen von direkt oder indirekt unmittelbar betroffenen Unternehmensteilen und deren Mitarbeitern, auch wenn gerade dieser Aspekt einer besonderen Würdigung bedarf – und es geht schon gar nicht um die Durchsetzung von Parteiinteressen.
Sachwalter und Hüter der Querschnittsinteressen der Bevölkerung unserer Stadt ist nun mal der Stadtrat und so müssen wir uns auch verstehen und entsprechend handeln.
Wir haben die Verantwortung für die Stadt und auch für das uns geliehene Mandat als Stadtrat.
Sehr geehrte Damen und Herren!
Das Interessante an der heutigen Konstellation ist, dass wir Alternativen haben. Wir hatten diese Wahl seit spätestens 2008 mehrmals. Aber heute deutlich fokussierter.
Wir haben die Wahl zwischen einem mutigen aber nicht schmerzfreien Schritt der Zustimmung unter Gesamtwürdigung des Zusammenhangs aller 6 Beschlussteile, hier sollten die Chancen überwiegen, und einem quälenden Prozess des „weiter so“ und des Wegstehlens aus der Verantwortung.
Aus den unterschiedlichsten Gründen sind die Finanzkonstruktionen in der LVV und zwischen Stadt und LVV aus dem Gleichgewicht geraden. Wir haben eine Unwucht und dem Kentern müssen wir entgegen steuern. Ursache sind aus meiner Sicht nicht vordergründig die Engagements der LVV bei VNG oder EEX, nicht die Kreditverpflichtungen aus dem Rückkauf von 40 Prozent SWL-Anteilen 2003 und auch nicht unsere bisherigen Erwartungen aus dem Gesellschafterdarlehen. Ursache ist vor allem das zögerliche oder gar nicht Handeln des Rates und damit das Wegstehlen aus der Verantwortung seit dem Zeitpunkt, seit dem wir wissen, dass massive Problemlagen in der Finanzierungskraft der LVV vorliegen oder sich entwickeln. Seit 2008 und dann 2009, 2010 und 2011 setzte der Rat auf Durchwurschteln, die politischen Konstellationen gaben nicht mehr her.
Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich bin fest davon überzeugt, dass nur die komplette Umsetzung des Beschlussvorschlages, der in Teilen sogar ehrgeiziger sein könnte, eine Lösung bringt. Und dabei übernimmt die Stadt Leipzig einen nicht unerheblichen Teil der Finanzierungslast zur Gesundung des LVV–Konzerns. Wer ist denn überhaupt die „Stadt Leipzig“, dieser Anonymus? Mir kommt es vor, als sei das bei einigen Kritikern der aufgezeigten Lösung, eine unheilige Allianz aus dem Oberbürgermeister, dem Kämmerer und der LVV-Geschäftsführung zum Nachteil von Unternehmensinteressen. Nein, die Stadt Leipzig sind vor allem 525.000 Menschen die in ihr leben, dazu gehören auch die Mitarbeiter im Konzern. Interessen dürfen hier nicht dividiert werden.
Und wenn wir heute nicht handeln, bedeutet das die Übernahme von Millionenforderungen in den Haushalt und damit massive Einschnitte bei den „freiwilligen Leistungen“ – die Zinsaufwendungen der LVV für das Delta beim Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag entsprechen übrigens fast genau den Kosten des Sozialtickets – zurückgehende Investitionen in der Stadt (Schulen, Kitas) und was genauso bedeutend ist, sind die Investitionen bei der LVV. Ich habe auch die Sorge, dass auch über den Umfang der Bestellung im ÖPNV gesprochen werden muss und auch „Heiterblick“ kann in Gefahr geraten. Warum? Weil es offensichtlich ist, dass die LVV Refinanzierungsprobleme hat.
Wollen wir all diese Risiken billigend in Kauf nehmen?
Ich sage nein und fordere Sie deshalb auf, dieser Vorlage zuzustimmen.