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Rede von Pia Heine zur Vorlage „Institutionelle Förderung der Stiftung Friedliche Revolution – Stärkung des zivilgesellschaftlichen Engagements und der demokratischen Erinnerungskultur in Leipzig“

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Beigeordnete,

Pia Heine

sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,

liebe Gäste auf der Tribüne und im Livestream,

„Hallo, ich bin Fritzi“, werden Zuschauerinnen und Zuschauer beim „Fritzi“- Stadtrundgang von einer Schauspielerin des TDJW begrüßt. Sie erzählt, dass sie 1989 genauso so alt war wie die meist kleinen Teilnehmerinnen und Teilnehmer heute. Dann geht es weiter zu den Orten der Friedlichen Revolution: Von der Nikolaikirche bis auf den Ring, über den am 9. Oktober 70.000 Menschen demonstrierten und dadurch den Lauf der Geschichte verändert haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

das ist nur eines von vielen Beispielen, wie die Stiftung Friedliche Revolution das Erbe von 1989 in unserer Stadt auch für nachfolgende Generationen lebendig hält. Seit nunmehr 16 Jahren ist die Stiftung Friedliche Revolution ein zentraler zivilgesellschaftlicher Akteur der Leipziger Erinnerungskultur. Seien es die Ausrichtung der „Revolutionale“, die Verleihung des Filmpreises „Leipziger Ring“ im Rahmen des DOK-Festivals, die Begleitung des Freiheits- und Einheitsdenkmals oder zahlreiche Projekte der Bildungsarbeit wie z.B. der eingangs erwähnte theatrale „Fritzi“-Stadtrundgang gemeinsam mit dem – die Stiftung Friedliche Revolution leistet in und für unsere Stadt eine hervorragende Arbeit und hält die Werte der Friedlichen Revolution – Gewaltlosigkeit, Freiheit, Demokratie, Zivilcourage und ein friedliches Miteinander – hoch. Ihre Formate erreichen Kinder, Jugendliche, Familien, internationale Gäste – kostenlos und niedrigschwellig.

Eine dauerhafte institutionelle Förderung zunächst bis 2030 gewährleistet stabile Strukturen und sichert die professionelle Arbeit der Stiftung für die nächsten Jahre. Allein mit der institutionellen Förderung ist es aber natürlich nicht getan: Weiterhin muss und wird die Stiftung selbstverständlich Drittmittel akquirieren.

Als Wiege und Stadt der Friedlichen Revolution kommt Leipzig eine besondere Verantwortung bei der Pflege und für das Fortbestehen ihres erinnerungskulturellen Erbes zu. Die Stiftung Friedliche Revolution ist hierfür unverzichtbar – nicht nur durch die eingangs genannten lokalen und regionalen Formate, sondern auch im internationalen Kontext in Form von Kooperationen und Austauschformaten für Menschenrechts- und Demokratieaktivist:innen weltweit.

Wir begrüßen den Vorstoß der Aufnahme in die Institutionelle Förderung deswegen ausdrücklich und werden der Vorlage der Verwaltung zustimmen – denn für uns gehört die Stiftung zur Kultur.

Lassen Sie mich jedoch noch ein paar Worte zu den vorliegenden Änderungsanträgen verlieren:

Beim Lesen des CDU-Änderungsantrags war ich ehrlich gesagt ziemlich verwundert und zum Teil auch etwas verärgert: Für mich tragen einige Passagen eine eher unangenehme und auch anmaßend wirkende Note. So wird in Beschlusspunkt 3 z.B. „eine ausgewogene Erinnerungskultur, die in die Breite der Gesellschaft wirkt“ gefordert – doch das praktiziert die Stiftung durch verschiedenste Kooperationen mit verschiedenen Akteuren schon seit Jahren – beispielhaft sei hier die Initiative „Tag der Friedlichen Revolution – Leipzig 9. Oktober 1989“ genannt. Deswegen stellt sich für mich die Frage, warum das hier nochmal so prominent eingefordert wird, als wäre es nicht längst gängige Praxis?!

Mit Beschlusspunkt 4 des Änderungsantrags tun wir uns ebenfalls schwer. So sehr wie wir auch freiwerdende Mittel für die Umsetzung unserer Haushaltsbeschlüsse für die Freie Szene begrüßen, so sehr müssen wir aber auch darauf achten, Träger aus Kultur- und Demokratiearbeit hier nicht gegeneinander auszuspielen.

Und mir fehlt ehrlich gesagt auch die Fantasie, wie mit dem Übergang der Stiftung vom Referat Strategische Kulturpolitik ins Referat Demokratie andere Demokratieprojekte dennoch weiterhin auskömmlich finanziert werden können, denn 98.000 EUR sind ja doch eine ganz schöne Stange Geld und das Budget des Referats Demokratie ist bislang auch nicht übermäßig üppig ausgestattet. 

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Friedliche Revolution ist Kern der Leipziger Identität – über die Hälfte unserer Bürgerinnen und Bürger verbindet laut Bürgerumfrage Leipzig besonders stark mit 1989. Heute entscheiden wir über eine Grundlage, diese Geschichte professionell, lebendig, multiperspektivisch und für alle zugänglich in die Zukunft zu tragen. Die Stiftung Friedliche Revolution verdient diese Unterstützung – als kompetente Partnerin, als Stimme der Zivilgesellschaft, als Trägerin unseres demokratischen Erbes.

Vielen Dank..