Rede zur Schulentwicklungsplanung
Redner: Jürgen Wesser
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Stadträte, werte Gäste,
die nächstfolgenden Tagesordnungspunkte beschäftigen sich im Grundsatz alle fünf mit einem Thema: Die Schulnetzplanung in Leipzig. Meinem Beitrag, in dem ich auf alle fünf Drucksachen zu diesem Thema eingehen werde, möchte ich eine, wenn auch nicht neue, so doch grundsätzliche Bemerkung voranstellen: Schulpolitik ist Ländersache. Das Land gibt die Rahmenbedingungen vor. Es legt fest, wie viele Schüler in einer Klasse sein dürfen oder müssen, wie viele Räume mit welcher Größe in einer Schule sein müssen. Es ist Anstellungsträger des Personals. Das Regionalschulamt, das durch Mitwirkungsentzug letztlich und abschließend über den Fortbestand oder die Schließung einer Schule entscheidet ist Landesbehörde. Wenn wir über Schulentwicklungspläne und Schulschließung entscheiden, dann setzen wir für eine bauliche Hülle Landesgesetze um. Wir sind gespannt, wie die Damen und Herren Landtagsabgeordneten der CDU, die in Dresden eben diese Gesetze mit absoluter Mehrheit beschlossen haben, als Stadträte mit ihren eigenen Gesetzen umgehen und heute abstimmen.
Im Mai 2001 hat der Stadtrat den Schulentwicklungsplan bis zum Jahr 2010 nach langer und schwieriger Diskussion beschlossen. Ziel war und ist, ein ausgewogenes Angebot an Schulen bereit zu stellen.
- Durch die geburtenschwachen Jahrgänge in den 90er Jahren gibt es ab 2003 einen deutlichen Rückgang an Schülern der 5. Klassen in Gymnasien und Mittelschulen
- Diese niedrigen Schülerzahlen werden bis 2006/7 anhalten. Danach wieder deutlich – 20% bis 25% – ansteigen.
Um dieser Entwicklung folgen zu können, werden in Leipzig einige Schulen zweizügig oder einzügig betrieben. Entgegen den gesetzlichen Bestimmungen. Ab 2008 wir die vom Gesetzgeber vorgegebene Zwei – bzw. Dreizügigkeit wieder erreicht sein. Es muß uns gelingen, durch intelligente Lösungen die Zeit der schülerschwachen Jahrgänge zu überbrücken. Dies schließt eine Überprüfung und Fortschreibung des Schulentwicklungsplanes ein. Vom Kultusministerium, also vom Land Sachsen, wird angestrebt, dass nur Mittelschulen und Gymnasien die zwei- bzw. dreizügig geführt werden, weiter existieren dürfen. Die Schließung der „überzähligen“ Schulen wird vom Regionalschulamt durch Mitwirkungsentzug erzwungen. Nach dem Willen dieses Regionalschulamtes sollen sieben weitere Mittelschulen und drei weitere Gymnasien geschlossen werden.
Diese Forderung kann die SPD Fraktion nicht akzeptieren, da:
- eine ausgewogene Schullandschaft zerstört wird
- ab dem Jahr 2008 die dann noch vorhandenen Schulgebäude nicht mehr ausreichen werden
- es unverantwortlich ist, Schulen zu schließen um sie nach einigen Jahren neu zu bauen oder mit großem Aufwand instand zu setzen
Einige kritische Anmerkungen zur Arbeit des Schulverwaltungsamtes kann ich nicht aussparen.
- Trotz der Einwände der beteiligten Stadträte wurde die Vorlage zur Schließung des Klinger – Gymnasiums ins Verfahren geschickt und mehrfach grundsätzlich geändert
- Nur dem Protest von B90/Gr., PDS und SPD ist es zu verdanken, dass die Lene – Voigt – Mittelschule nicht mehr zur Schließung ansteht.
Das hindert das Regionalschulamt nicht daran, in die Hoheit des Schulträgers und in die Wahlfreiheit der Eltern einzugreifen und Anfang Februar in einem Brief per e-mail an alle Schulleiter die Empfehlung zur Nichtanmeldung an dieser Schule, ebenso wie beim Lichtenberg-Gymnasium, auszusprechen. Eine Empfehlung zu Schulen, über die wir erst heute entscheiden werden. Das ist bezeichnend !!!
Zu den einzelnen Vorlagen: Unstrittig ist der Standortwechsel der Lernförderschule „Ernst Zinna“. Lehrer und Schüler freuen sich darauf, unter wesentlich besseren Bedingungen in einem neuen Gebäude arbeiten und lernen zu dürfen.
Mittelschule Portitz
Die Diskussion in den Ausschüssen und in der Fraktion war intensiv und konträr. Die Argumente der betroffenen Schule und der Portitzer können wir nachvollziehen. Tatsache ist jedoch, dass das Gebäude für Grundschule und Mittelschule zu klein ist. Merkwürdig ist, dass diese Tatsachen von Vertretern der CDU – Fraktion nicht anders gesehen werden. Dieser Standort wird jedoch neuerdings von einigen Stadträten als unverzichtbar erklärt, obwohl bisher kein Widerspruch zur Beschlussfassung vorliegt. Die Politik der PDS-Fraktion, alle Schulschließungen kategorisch abzulehnen, halten wir im übrigen für verantwortungslos und opportunistisch.
Herder-Schule / 54. Schule
Die Vorlage bezieht sich auf die 54. Schule. Indirekt entscheiden wir jedoch über die Herder-Schule, die sich in diesem Planungsbereich befindet mit. Für die Herder-Schule hat das Regionalschulamt jedoch bereits den Mitwirkungsentzug ausgesprochen und die Eltern aufgefordert ihre Kinder in der 54. anzumelden. Diese Kinder müssten, wenn wir der Schließung der 54.zustimmen wieder zurück an die Herderschule. Dem Auslaufen des Mommsen-Gymnasiums haben wir zugestimmt, weil klar war, das Gebäude soll durch die 54. Schule nachgenutzt werden.
- Wenn wir der Schließung der 54. zustimmen, gibt es für das sanierte Mommsen kein Nutzungskonzept.
- Die Eltern werden ihre Kinder nicht in die Herder-Schule schicken. Wie wollen wir den Eltern, die ihre Kinder im vergangenen Schuljahr ihre Kinder an der Herder-Schule angemeldet haben und durch den Mitwirkungsentzug in die 54. Schule geschickt wurden, den neuen Fakt klarmachen?
- Wir hätten dann eine Schule geschlossen, eine würde nicht angenommen werden und ein Gebäude steht leer.
Aus diesen Gründen werden wir der Vorlage nicht zustimmen.
Gymnasium Grünau
Dieser Vorlage werden wir zustimmen. Die zu erwartenden Schülerzahlen sind für ein Gymnasium ausreichend. Wir halten es für die Entwicklung des Stadtteiles für wichtig einen gymnasialen Standort zu erhalten. Die Profile beider Schulen können erhalten werden. Der traditionsreiche Name „Max Klinger“, der für viele Schüler aus angrenzenden Gemeinden Grund ist, dort zu lernen, dieses Gymnasium zu besuchen, kann erhalten werden. Und – hier folgen wir der bereits getroffenen Festlegung des Regionalschulamtes – zumindest formell – das Lichtenberg Gymnasium aufzuheben. Hinweisen möchte ich noch auf den Ergänzungsantrag der SPD-Fraktion. Der Beschlusspunkt 2 der Vorlage soll wie folgt ergänzt werden: Die Schulkonferenz wird beauftragt, nach der Bildung des Gymnasiums, dem Stadtrat in absehbarer Zeit einen Namensvorschlag zur Entscheidung vorzulegen. Begründung: Für den Erhalt und die Werbung von Schülern ist es erforderlich, dem Gymnasium einen Namen zu geben, mit dem sich die Schüler identifizieren können. Der Name „Gymnasium Grünau“ sollte nur eine Übergangslösung darstellen.
Schulentwicklungsplan
Es ist wahrscheinlich, dass sich nach Beschlussfassung im TOP 15.4 in der Liste 3 die Streichung der 54. Schule erfolgen muss. Dies fordern wir in unserem Änderungsantrag. Ebenso soll in der Liste 2 die Heinrich-Heine-Schule aus der Liste der zu präzisierenden Schulen gestrichen und in die Liste der Schulen mit besonderen Beobachtungsstatus eingetragen werden. Mit diesen Änderungen werden wir der Ergänzung des Schulentwicklungsplanes zustimmen.
Die Stadt Leipzig schließt Schulen. Nein ! Auf der Grundlage von Landesgesetzen will das Regionalschulamt sieben Mittelschulen und drei Gymnasien schließen. Durch Mitwirkungsentzug. Mit Blick in die Zukunft erhalten wir, auch wenn es die Schülerzahlen eigentlich nicht erlauben, so viele Schulen wie möglich. Schließen müssen wir dort, wo es unvermeidlich ist.