SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und Die Linke zur Debatte um die Leipziger Drogen- und Suchtpolitik und zur Kritik an den Drug Scouts
Stadträtinnen und Stadträte der Fraktionen Bündnis 90/ Die Grünen, SPD und Die Linke zur Debatte um die Leipziger Drogen- und Suchtpolitik und zur Kritik an den Drug Scouts
Im Nachgang zur Debatte um die Leipziger Drogen- und Suchtpolitik erklären Katharina Krefft, Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen, Juliane Nagel, Linksfraktion und Mathias Weber, SPD-Fraktion im Stadtrat zu Leipzig:
„Wir verwahren uns gegen die Aussage des sächsischen Polizeipräsidenten, jeder müsse in Leipzig Angst haben. Wir wenden uns gegen das Schlechtmachen unserer Stadt, gegen pauschale Verdächtigung und gegen die Verhöhnung der Opfer von Gewalttaten. Wer die Drogen- und Suchtpolitik der Stadt zum Übel erklärt, will die Stadt unsicher machen, will Angst machen. Landespolizeipräsident Merbitz muss seine Rolle überdenken: will er gemeinsam mit der Stadt Drogen- und Suchtpolitik betreiben, oder will er spalten? Gegeneinander arbeiten bedeutet, für den Opferschutz keine Ressourcen mehr zu haben.
Wir finden es schade, dass der mit der Podiumsdiskussion am 11.5.2011 gestartete Versuch der Versachlichung der Debatte zu Drogenpolitik in Leipzig dazu führt, dass die Polizei die Auseinandersetzung verschärft. Damit wird der Versuch aufeinander zuzugehen konterkariert.
Wir halten an unserer Position fest: die drogenpolitische Strategie der Stadt Leipzig ist richtig. Sie ist politisch diskutiert, kontrolliert und flankiert. Seit Jahren gibt es auf der Handlungsebene eine gute Kommunikation und Kooperation zwischen Kommune, Vereinen und Polizei.
Die Hilfeangebote entsprechen bundesweiten und vor allem menschenrechtlichen Mindest-Standards. Steigende Kriminalität lässt sich nicht durch den Abbau sozial- und gesundheitspolitischer Maßnahmen bekämpfen. Drogenmissbrauch muss mit Mitteln der sozialen Arbeit einerseits, mit ordnungspolitischen Maßnahmen andererseits eingedämmt und verhindert werden. Eine wirksame und humane Drogenpolitik funktioniert nur, wenn beide Seiten abgestimmt und vernetzt miteinander arbeiten. Wir können weiterhin nicht erkennen, wo dies in Leipzig nicht gewährleistet sein soll. Wir sehen allerdings, dass Politik und Verwaltung keine landeshoheitlichen Aufgaben übernehmen können und sollen. Wie die Stadt also Beschaffungskriminalität durch den Abbau von Hilfestrukturen verhindern soll, bleibt unklar, zumal es keinen linearen Zusammenhang zwischen leicht steigender Raubkriminalität und DrogenkonsumentInnen bzw. der Drogenpolitik der Stadt Leipzig gibt, wie es von der Polizei neuerlich propagiert wird.“
Zur Kritik an den Drug Scouts, ein Projekt der Suchtzentrum Leipzig gGmbH äußern Katharina Krefft, Juliane Nagel und Mathias Weber:
„Mit seinem lebensweltlichen und akzeptierenden Ansatz sind die Aufklärungsangebote der Drugscouts bundesweit fast einmalig. Wir stehen zu diesem progressiven und wirksamen Projekt.
Die Drugscouts gehen dorthin wo sich junge Menschen aufhalten, zum Beispiel in Discotheken und Clubs, und versuchen ohne Zeigefinger Informationen über Drogenkonsum, Wirkungsweisen von Substanzen und damit Gefahren für Leib und Leben zu vermitteln. Den Drugscouts geht es darum, – und diese Philosophie begrüßen wir – den Einzelnen zu stärken verantwortungsvoll mit Drogen, sowohl legalen als auch illegalen, umzugehen. Die Zeit der Fingerzeige-Pädagogik ist glücklicherweise vorbei.
Das vielfach gelobte Präventionsangebot der Drug Scouts wird unter anderem vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz empfohlen. Selbst die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung als Fachbehörde des Bundesministeriums für Gesundheit betreibt mit http://drugcom.de ein ähnliches Aufklärungsangebot wie die Drugscouts.
Verwundert zeigen wir uns über die Kritik am Flyer„Polizeikontrolle“. Dieser klärt in jugendgemäßer Sprache über Rechte des Einzelnen gegenüber staatlichen Behörden auf.
Es gehört zu den demokratischen Errungenschaften eines Rechtsstaates, dass jede/r Bürger/in Rechte gegenüber den staatlichen Ermittlungsbehörden hat. Über diese Rechte, z.B. das Recht auf Aussageverweigerung, muss sogar die Polizei Tatverdächtige aufklären.
Dass der aktuelle Frontalangriff nur das Ergebnis einer überhitzten Debatte sein kann, lässt sich unter Umständen auch daran ableiten, dass selbst die PD Leipzig seit langem auf die Onlinepräsenz der Drug Scouts verweist.
Die drei StadträtInnen plädieren für eine konstruktive Weiterführung der Debatte ohne Schuldzuweisungen.