Reden und Texte der SPD-Fraktionsmitglieder innerhalb der Ratsversammlung zu ausgewählten Themen

Redner: Dr. Christian Jonas

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Stadträte, werte Gäste,

nach der Vorlage der Hochwasseranalyse haben wir heute das in den Fachausschüssen und Arbeitsgruppen vorgestellte und umfassend diskutierte Integrierte Gewässerkonzept zum Hochwasserschutz für den Gewässerknoten Leipzig zu votieren. Die unmittelbaren Auswirkungen des anthropogenen Einflusses auf das Klima und deren Folgen wie Flutkatastrophen erfährt auch für eine Stadt wie Leipzig inmitten des Auengebietes und an mehreren Flüssen gelegen eine zunehmende Bedeutung.

Die Eilbedürftigkeit der Vorlage ist in der Beschlussvorlage klar herausgearbeitet. Deren Verzahnung mit wichtigen Bauvorhaben, wie die Trassenvariante „Alte Elster“ als Voraussetzung zur künftigen Führung der Straßenbahn als Tunnelvariante im Zuge Ausbau des Knotens Jahnallee/Marschnerstraße oder auch an die Öffnung des Elstermühlgrabens und die Gestaltung des Stadionvorplatzes ist ausführlich begründet. Wir begrüßen nachdrücklich die Umsetzung des Hochwasserkonzeptes mit den Schwerpunkten:

  • Führung der Alten Elster zum Hauptlauf der Weißen Elster
  • erstmalige Öffnung des Elsterbeckens einschließlich des Elstermühlgrabens für Erholung, Sport und Tourismus
  • Ausbau der Elsterbeckenumgehung

die dem Ausbau des Hochwasserschutzes der Stadt Leipzig im Rahmen der EU-Wasserrahmenrichtlinie vom 22.12.2000 und gleichzeitig – neben der ökologischen Aufgabe – der Neugestaltung und Verbesserung des Stadtbildes dienen.

Die Einbindung des Gewässerknotens Leipzig in den Gewässerverbund erfordert die Integration und eine enge Verzahnung der Stadt mit dem Hochwasserschutzkonzept des Freistaates, da dieses Konzept infolge der inneren Abhängigkeiten nur als Gesamtkonzept zu verwirklichen ist. Meine Damen und Herren, das nächste Hochwasser kommt wahrscheinlich nicht erst in 100 Jahren. Die SPD-Fraktion wird der Vorlage zustimmen.

Redner: Helmut Voß

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,

das Personalentwicklungskonzept erinnert mich irgendwie an die Darbietung eines Hochseilartisten, der auf einem dünnen Stahlseil einen Abgrund zu überqueren versucht. Auf den Enden einer Balancierstange befindet sich auf der einen Seite die Zahl 263 Millionen, auf der anderen die Zahl 5200 Stellen. Auf dem Rücken trägt der Seiltänzer einen Rucksack mit einigen Überraschungen, deren Zusammensetzung er aber selbst nicht genau kennt. Trotzdem nimmt er sein Ziel, die andere Seite der Schlucht zu erreichen, fest ins Auge. Wichtig ist dabei immer: nur nicht das Gleichgewicht verlieren!

Personal, Stellen, Millionen, klingen wie Zutaten zu einer notwendigen, lebenswichtigen Komposition. Und das sind sie wohl auch! Was ist eine Stadtverwaltung ohne gut ausgebildetes, motiviertes und kompetentes Personal? Sie wäre wie eine Kulisse, in der die Darsteller fehlen. Wenn wir nun hier ständig von Stellen sprechen, so ist hinter jeder Stelle ein Mensch, ein Lebensplan und vielleicht eine Karriere zu sehen. Dies sollten wir bei allen Haushaltszwängen nicht aus dem Auge verlieren. Die Vorlage, über die wir reden, hat wohl alle diese Ziele im Blick. Trotzdem hat sie noch einige Mängel, die nicht zu übersehen sind. Ein Konzept kann ja nicht als endgültig betrachtet werden. Es bedürfe schon prophetischer Gaben, wollten die Autoren dieser Fleißarbeit alle möglichen Aufgaben der kommenden Jahre erkannt und präzisiert haben. Deshalb ist anzumahnen, bevor man über Arbeitszeitverkürzungen ohne Lohnausgleich verhandelt, dass sich der Berg der anfallenden Arbeit so auf die vorhandenen Mitarbeiter verteilt, dass sie nicht befürchten müssen, von ihm erdrückt zu werden. Andererseits ist die Verwaltung es den Bürgern schuldig, dass deren Anliegen in einem vernünftigen Zeitrahmen, freundlich und mit Sachverstand erledigt werden. Deshalb muss wohl an den Enden der Balancierstange noch korrigiert werden, wenn sich herausstellt, dass man das Gleichgewicht verlieren könnte. Ein weiterer Punkt fordert besondere Beachtung. Genügt es, wenn in zehn Jahren 150 neue Mitarbeiter ausgebildet wurden sind, die dann auch übernommen werden. Ausgebildet werden ja mehr. Bei der abzusehenden Entwicklung der Altersstruktur ist in einigen Jahren ein böses Erwachen vorprogrammiert!

Eine Konzeption ist, wie gesagt, kein ehernes Gesetz. Es ist aber angemessen, dass der Stadtrat die Personalentwicklung in der Verwaltung ständig kritisch begleitet. Auch scheint es sinnvoll, mit den Betroffenen, die Auswirkungen dieser Konzeption kritisch zu hinterfragen. Aus der Sicht der Mitarbeiter bekommt manches Vorhaben eine ganz andere Bedeutung. Mit dieser Konzeption wird ein notwendiger Schritt in die Zukunft gewagt, mit ihr lässt sich, wenn auch auf schwankendem Seil, das Ziel erreichen. Die SPD Fraktion wird der Vorlage zustimmen.

Redner: Wolfgang Haupt

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren, werte Gäste!

Nach dem Misserfolg der ersten Konzeption ist es eine kluge Entscheidung des Hauses gewesen, eine Arbeitsgruppe zu bilden, die Experten und Stadträte zusammengeführt und ein konstruktives Miteinander bewirkt habe. Dies ist möglicherweise ein Modell für die Erarbeitung ähnlich gelagerter Beschlussvorlagen.

Die SPD-Fraktion hat eine neue Konzeption befürwortet und sie ist bei ihrer Abwägung von Sachentscheidungen ausgegangen, die für diese Bibliothekskonzeption notwendig sind. Dabei hat die Fraktion nicht allein auf das Jahr 2004 geschaut, wie dies bei einigen Änderungsanträgen anderer Fraktionen anscheinend der Fall ist. Der SPD geht es darum, über das Lesen-Lernen zum Erwerb von Wissen zu kommen, das im täglichen Leben umgesetzt werden kann. Man braucht keine „Romanbibliothek“, sondern eine fachlich ausgerichtete Bibliothek, in der man lernen und sein Wissen anreichern kann.

Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt ist die Konsolidierung des Haushalts, bei Überwindung des Missverhältnisses zwischen Finanzaufwand und Nutzen. Diesbezüglich zielen die Änderungsanträge von CDU und PDS in eine völlig andere Richtung. Wenn bestimmte Bibliotheken offen gehalten würden, schmälert dies den Konsolidierungsbeitrag und erfordert darüber hinaus die Aufstockung des Etats. Man kann nicht auf der einen Seite nach Qualität streben und auf der anderen Seite die Konzeption von hinten oder unten wieder aufweichen. Die veränderte Stadtstruktur erfordert auch die Veränderung der Netzstruktur der Bibliotheken im Stadtgebiet. Dort ist es notwendig, zum Teil einschneidende Festlegungen zu treffen. Die in der Bibliothekskonzeption dargelegten Kriterien sind im positiven Sinne gemeint und werden sich auch positiv auswirken. Die Konzeption wird in einigen Jahren fortgeschrieben, so dass die für die Bibliotheken Verantwortlichen die Möglichkeit haben, auf Änderungen der Strukturen zu reagieren.

Die der Arbeitsgruppe angehörenden Stadträte haben darauf gedrungen, in die Beschlussvorlage bestimmte finanzielle Absicherungen aufzunehmen. Dies ist nicht immer so gewesen und ich habe in meiner Fraktion hinsichtlich der Umsetzung dieser Empfehlung Probleme gehabt. Wir haben jedoch auf der Festschreibung der Erneuerungsquote und auf dem sofortigen Ersatz der Fahrbibliothek im Falle ihrer Fahruntüchtigkeit bestanden. Die SPD-Fraktion hat nach Abwägung all dieser Kriterien die Notwendigkeit einer Veränderung der Konzeption festgestellt und stimmt der Vorlage zu.

Rednerin: SPD-Stadträtin Ingrid Doctor

Endlich ist es soweit, dass diese Vorlage beschlussreif ist. Ein langer und steiniger Weg der Diskussion und Abwägung liegt hinter uns. Erfreulich ist, dass die Verwaltung auf die Bedenken der Fraktionen eingegangen ist und die Vorlage verändert hat. Die SPD-Fraktion fordert dennoch die Verwaltung auf, die Vorlage für das nächste Planjahr nicht erst im Dezember zur Beschlußfassung vorzulegen.

Ein Wermutstropfen bleibt allemal. Das ist die unsichere Finanzierung, denn zum Nulltarif für die Stadt, ist der bisherige Standard in den Kindereinrichtungen nicht zu halten. Für die kommenden Jahre soll keine Dynamisierung der Landes-Pauschalen erfolgen. Das bedeutet für die sächsischen Kommunen weiterhin eine enorme Mehrbelastung des Haushaltes. Dies können die Kommunen nicht hinnehmen. Kindererziehung geht alle an. Wir fordern daher eine den tatsächlichen Kosten angemessene Mitfinanzierung durch den Freistaat.

In Leipzig gibt es zur Zeit 3.400 Krippenplätze, 230 Plätze in Tagespflege, 12.136 Kindergartenplätze und 8.344 Hortplätze. Das sind zusammen 24.330 Plätze, die für die Betreuung unserer Kinder in 258 Kindertagesstätten, einschließlich der 57 Horte an Grundschulen, bereitstehen und genutzt werden.

  • Ein Krippenplatz kostet in Leipzig im Jahr 2003 ca. 9.000 EUR
  • Ein Kindergartenplatz kostet in Leipzig im Jahr 2003 ca. 4.500 EUR
  • Ein Hortplatz kostet in Leipzig im Jahr 2003 ca. 2.500 EUR
  • In der Stadt Leipzig gibt es zur Zeit ca. 6.200 Freiplätze für die Kinderbetreuung in den einzelnen Einrichtungen. Das sind Plätze für die die Eltern keinen Cent dazu bezahlen.

Erfreulich zu hören, dass die Stadtverwaltung dem Bedarf angepaßt, weitere Kitaplätze zur Verfügung stellt. Es ist ein Zeichen, dass in Leipzig Familien mit Kindern willkommen sind. Die SPD-Fraktion sagt JA zu einer bedarfsgerechten Betreuung unserer Kinder auf dem bisherigen Niveau.

Redner: Christian Jonas

Das Jahr 2003, das Jahr der Behinderten, neigt sich dem Ende entgegen. Unsere Stadt bekennt sich nach wie vor zu ihrer Verpflichtung, alte und vor allem behinderte Menschen zu unterstützen. Ziel muss es stets sein, gleichwertige Lebensbedingungen und Chancengleichheit von Menschen mit und ohne Behinderungen zu gewährleisten. Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen gilt es zu verhindern, sowie die Entfaltung ihrer Persönlichkeit, ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben für eine selbstbestimmte Lebensführung, zu ermöglichen.

Dabei ist Barrierefreiheit ein wichtiger Gradmesser von Lebensqualität. Sie wird nicht nur als Beseitigung baulicher Hindernisse für Rollstuhlfahrer und Gehbehinderte betrachtet, sondern umfasst auch die kontrastreiche Gestaltung der Lebensumwelt für Sehbehinderte oder den Abbau von Kommunikationsbarrieren für Hörgeschädigte.

Die Stadtverwaltung soll gemäß Antrages – wie anders auch nicht möglich- schrittweise in Abhängigkeit von der Haushaltslage und wie Gespräche mit dem Grünflächenamt und dem Behindertenverband ergaben, im Wildpark einen Erlebnispfad für Rollstuhlfahrer, Blinde und Sehschwache einrichten.

Innerhalb des Erlebnis- und Lehrpfades – der für alle Besuchergruppen zugänglich ist, sollen die Behinderten durch ein Leitsystem u.a. für Blinde mit Brailschrift versehen, zu den einzelnen Stationen geführt werden, an denen sie die Natur fühlen, hören und riechen können. Mit anderen Worten: Es soll keine Sonderregelung für Behinderte bzw. Ausgrenzung derselben geben, sondern Integration innerhalb eines gemeinsamen Pfades.

Auf Grund der leider bekannten Vandalismussituation ist die Installation dieses Objektes, wie im Verwaltungsstandpunkt richtigerweise formuliert, nur in Bereichen zu empfehlen, die nicht dem freien Betretungsrecht – analog wie der kürzlich eröffnete Abenteuerpfad im Wildpark – unterliegen. Ein möglichst kurzer, mit den ÖPNV erreichbarer und behindertengerechter Zugang, ist eine Voraussetzung zur Errichtung des Erlebnispfades. Der im Verwaltungstandpunkt offerierte Gedanke zur schrittweisen, behindertengerechten Erschließung der Grünanlagen insgesamt, wird – und davon bin ich überzeugt – von allen Fraktionen dieses Hauses voll unterstützt. In ihrem Antrag „Förderung von Projekten im Umweltbereich“ hat die SPD- Fraktion die Bereitstellung von Mitteln u.a. für diesen Erlebnispfad aufgenommen. Mit einer privaten Stiftung, die sich vorrangig auf die Unterstützung behinderter Menschen konzentriert, habe ich ein erstes orientierendes Gespräch geführt.

Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, diesem Antrag in der Form des Verwaltungsstandpunktes unter Beachtung der auch nachhaltig für die spätere Unterhaltung und Betreuung benötigten Mittel positiv im Sinne unserer Behinderten zu votieren. Schließlich, das möchte ich nicht unerwähnt lassen, werde ich mich persönlich für die Umsetzung dieses Projektes und bei der Sponsorensuche auch nach Beendigung meines Stadtrattätigkeit im nächsten Jahr einsetzen.

Vielen Dank!

Rednerin: Ingrid Glöckner

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,

Leipzig gibt sich weltoffen und großstädtisch und zieht deshalb Touristen aus aller Welt an. Falls diese beabsichtigen, mit dem Bus anzureisen, könnte es passieren, dass der Bus auf dem ausgewiesenen Busparkplatz vor dem Hauptbahnhof keinen Platz findet, da er von privaten PKWs zugestellt ist. Das passiert sicher nicht täglich, aber zu besonderen Anlässen, wie zum Weihnachtsmarkt, kommt es zu diesem Eklat.

Um ein paar Euro zu sparen, die im angrenzenden Parkhaus zu zahlen sind, stellt man sich doch lieber auf den schönen großen Parkplatz, nach der Devise: Nach mir die Sintflut! Deshalb ist dringender Handlungsbedarf geboten. Das Ordnungsamt sollte noch aktiver Kontrollen durchführen und auch konsequent Falschparker abschleppen lassen.

Die im Verwaltungsstandpunkt angeführten Zahlen zeigen, dass es nicht nur Einzelne sind, die ihre PKWs unberechtigt abstellen. Deshalb sollte der Parkplatz entsprechend seiner Bestimmung auch zur Verfügung stehen und nicht nur bei Großereignissen härter durchgegriffen werden. Es wäre schön, wenn sich unsere Stadt den auswärtigen Besuchern auch hinsichtlich der Parkmöglichkeiten von ihrer gastfreundlichen Seite zeigen würde.

Wir bitten, unserem Antrag zuzustimmen!

Redner: SPD-Fraktionsvorsitzender Dr. Joachim Fischer

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Stadträte, werte Gäste,

Der Haushalt für das kommende Jahr ist kein Drama mit mehreren Akten, wie es der Kämmerer bei der Einbringung in den Stadtrat im September formulierte, sondern Tatsachenbeschreibung der schwierigen Haushaltslage in Leipzig. Die Stadträte können am Ende der heutigen Sitzung nicht einfach aufstehen und das Drama verlassen. Die Haushaltsmisere ist kein Theater, sondern die reale Welt.

Wir kritisieren, dass die Städte und Gemeinden auf die sie betreffenden Gesetzgebungsverfahren im Bund und Land einen unzureichenden Einfluss haben, mit den Ergebnissen aber finanziell zurechtkommen müssen. Verlierer sind letztendlich alle Bürgerinnen und Bürger, deren Lebensqualität durch die Finanzmisere der Städte und Gemeinden eingeschränkt wird.

Die Spielräume werden für uns Stadträte enger und enger, und wir können immer weniger Akzente setzen, da den Kommunen immer mehr Pflichtaufgaben übertragen wurden und werden. Dazu kommt, dass diese kommunalen Pflichtaufgaben unzureichend von Seiten des Bundes und der Staatsregierung finanziert werden. Ein Beispiel ist das vom Freistaat geplante Verwaltungsmodernisierungskonzept, infolge dessen umfangreiche Aufgaben an die Kommunen übertragen werden sollen. Wie das finanziell für die Kommunen ausgeht, ist heute schon klar: Die Städte erbringen zusätzliche Leistungen, und der Freistaat spart in seinem Haushalt Geld ein.

Innerhalb von drei Jahren musste der Haushalt der Stadt Leipzig finanzielle Mehrbelastungen in Höhe von ca. 150 Mio. Euro verkraften, ohne dass es im Gegenzug zu einer nachhaltigen Verbesserung der finanziellen Basis der Stadt kam. Das Ausgabendefizit im Verwaltungshaushalt betrug im Frühjahr dieses Jahres knapp 70 Mio. Euro. Ich komme später noch darauf zurück. Den Städten geht insgesamt die Puste aus. Wir brauchen dringend eine Gemeindefinanzreform mit deutlicher und nachhaltiger Entlastung.

Bei allen Städten und Gemeinden gibt es eine komplizierte Situation hinsichtlich des Haushaltes – die kommunale Eigenverantwortung (Art. 28 GG) wird in Frage gestellt, wenn eine ausreichende Finanzausstattung von Bund und Land nicht gewährleistet wird. Die Eckpunkte der Gemeindefinanzreform sind aus unserer Sicht nicht ausreichend und eine weitere Nachbesserung zwingend erforderlich. Da wir aber wissen, was realistisch und umsetzbar ist, fordern wir erneut den Freistaat auf, im Vermittlungsausschuss und Bundesrat nicht weiter zu blockieren, sondern konstruktiv zu verhandeln. Für die Stadt geht es insgesamt um eine Entlastung im kommenden Jahr von ca. 20 Mio. Euro, die dringend notwendig ist. Die kommunale Finanznot lässt sich eben nicht mit einem Sofortprogramm lindern, wie es die Union im Bund und in den Ländern noch immer fordert. Nachhaltigkeit ist auch hier gefragt.

Ich komme nun zu den Verfehlungen des sächsischen Finanzministers bei der Kommunalfinanzierung. Die ausgesprochenen Kürzungen der investiven Schlüsselzuweisungen durch den Freistaat hat massive Auswirkungen auch auf die Stadt Leipzig. Sanken diese Schlüsselzuweisungen in diesem Jahr im Vergleich zu 2002 bereits um über 50 Prozent sind für das kommende Jahr weitere Kürzungen in Millionenhöhe durch den Freistaat avisiert. Weniger Investitionen bedeuten immer auch weniger Aufträge für klein- und mittelständische Unternehmen, damit verbunden weniger Steuereinnahmen und weniger Arbeitsplätze. Dies sollten eigentlich auch die Wirtschaftsexperten der CDU wissen, die dann auch noch zusätzlich städtische Steuersenkungen in Leipzig fordern. Verantwortlich für die Finanzausstattung der sächsischen Kommunen ist in erster Linie der Freistaat. Es ist schön für den sächsischen Finanzminister, dass der Freistaat die zweitniedrigste Verschuldungsquote aller Bundesländer hat. Dass dies jedoch zu Lasten einer hohen Verschuldung der Kommunen geht, ist die schlechte Nachricht. Eine solche Sanierung des sächsischen Haushaltes auf Kosten der Kommunen ist aus unserer Sicht unerträglich.

Der sächsische Städte- und Gemeindetag wirft der Staatsregierung Unfairness beim Aushandeln des Gesetzentwurfes zu den Kommunalfinanzen vor. Mit der geplanten Regelung will sich der Freistaat einen Freifahrtsschein ausstellen, den Kommunen bei steigenden Steuereinnahmen weniger Geld über die Schlüsselzuweisungen zukommen zu lassen. Außerdem will der Finanzminister den Städten und Gemeinden künftig vorschreiben, wie diese Mehreinnahmen aus der geplanten Gemeindefinanzreform einzusetzen haben. Der Freistaat will sich im übrigen bis zu 75 % dieser kommunalen Mehreinnahmen in die eigene Tasche stecken. Der Spitzenverband sieht damit die Planungssicherheit der Kommunen für 2004 gefährdet. Die SPD-Fraktion fordert daher auch die Damen und Herren Landtagsabgeordneten – die in diesem Hause sitzen – auf, sich gegen die Pläne der Staatsregierung zu stellen. Ansonsten kommen die Sanierung von Schulen und Kindergärten, sowie die Modernisierung von Straßen in Sachsen und somit auch in Leipzig, nahezu zum Erliegen.

Folge dieser Politik der Landesregierung ist, dass einschneidende Kürzungen bei den Ausgaben im freiwilligen Aufgabenbereich nicht mehr zu vermeiden sind, für die dann die Kommunalpolitiker von der Bevölkerung die Prügel beziehen. Wenn wir jetzt nichts unternehmen, steuert der Haushalt in den kommenden Jahren dreistelligen Millionendefiziten entgegen. Wir müssen neben der Forderung nach einer besseren Finanzausstattung aber auch nach Einsparpotenzialen suchen und Aufgaben auf den Prüfstand stellen, soll die positive Entwicklung unserer Stadt auch unter den derzeit schwierigen Umständen aufrecht erhalten bleiben. Das ist unser Auftrag. Das ist Teil der kommunale Selbstverwaltung.

Wir begrüßen deshalb das Strategiepapier des Oberbürgermeisters zur Haushaltplanung für die kommenden Jahre, da es Leitlinien benennt, nach denen die künftige Politik ausgerichtet werden soll. Die SPD-Fraktion hofft, dass die Vorlage baldmöglichst beschlossen wird, damit die Detaildiskussion beginnen kann.

Ich komme nun zu einigen Eckpunkten des städtischen Haushaltes. Der Arbeitsmarkt in Leipzig ist immer noch von einer zu hohen Arbeitslosigkeit gekennzeichnet. Derzeit sind 44.000 Menschen in der Stadt Leipzig ohne Arbeit. Kürzungen bei Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, wie vorgeschlagen, ist in dieser Situation das falsche Signal. Forderung der SPD-Fraktion in einem HH-Antrag ist, das Gesamtangebot der Stadt an ABM durch Zuschüsse an freie Träger auf dem gleichen Niveau, wie in diesem Jahr zu halten. Die Anfang des Jahres vom Stadtrat beschlossene Fachförderrichtlinie ist nämlich eine Erfolgsgeschichte. Des Weiteren soll die Stadtverwaltung beauftragt werden, in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt Leipzig im kommenden Jahr eine höchstmögliche Anzahl von Investitionsvorhaben als Beschäftigung schaffende Infrastrukturmaßnahme zu realisieren. Auch dazu haben wir einen Haushaltsantrag gestellt. Die von der Bundesregierung beschlossene Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe im Zuge der Umsetzung der Hartz-Konzepte bedeutet für die Stadt im günstigsten Fall eine Einsparung von ca. 16 Mio. Euro. Wir befürchten aber, dass der Freistaat seine damit verbundenen möglichen Mindereinnahmen durch weitere Kürzungen beim kommunalen Finanzausgleich zu refinanzieren versucht. Dagegen lehnen wir strikt das von der unionsgeführten Bundesratsmehrheit favorisierte Modell ab, nach dem den Kommunen die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit übertragen werden soll. Das hätte zur Folge, dass die Stadt zu den Tausenden Sozialhilfeempfänger für ca. 25.000 bisherige Arbeitslosenhilfeempfänger Arbeitsplätze bereitstellen müsste. Der BfB ließe grüßen.

Der Verwaltungshaushalt für das kommende Jahr ist

  • durch Mehrausgaben beim Landeswohlfahrtsverband,
  • aufgrund des Tarifabschlusses für den öffentlichen Dienst,
  • durch Mehrausgaben bei der Zusatzversorgung,
  • durch steigende Ausgaben zur Finanzierung von Kindertageseinrichtungen
  • und durch einen kontinuierlichen Anstieg der Sozialausgaben

in Millionenhöhe arg in Schieflage gekommen und muss auf Kosten des Vermögenshaushaltes ausgeglichen werden.

Auf einzelne Positionen möchte ich näher eingehen. Die Sozialausgaben steigen ständig an, gegenüber dem Jahr 2002 um Sage und Schreibe 28 Mio. EUR. Insgesamt plant die Stadt Leipzig knapp 170 Mio. Euro an Sozialausgaben ein. Weitere Steigerungen sind nicht mehr zu verkraften. Auch hier appellieren wir an Bund und Freistaat, für Aufgabenübertragungen eine ausreichende Finanzierung zu gewährleisten, denn die SPD-Fraktion will nicht bei den wirklich Bedürftigen sparen.

Bei der Kindertagesstättenplanung ist noch nicht abzusehen, wie eine Deckung für das entstehende Defizit in Millionenhöhe zu erreichen ist. Ursache ist die nicht dynamisierte Pauschalfinanzierung des Freistaates. Bleibt der Freistaat bei dieser kinderfeindlichen Finanzierung, steigt der finanzielle Anteil für die Stadt Leipzig im kommenden Jahr um ca. fünf, im übernächsten Jahr um ca. neun und 2006 um ca. zwölf Millionen Euro. Wir fordern daher eine bedarfsgerechte Finanzierung bei der Kinderbetreuung seitens der sächsischen Staatsregierung, denn dann benötigen wir zukünftig keine Diskussion um besondere Betreuungsvoraussetzungen oder Zugangskriterien in der Stadt Leipzig. Auch dabei spreche ich insbesondere die CDU-Landtagsabgeordneten an.

Die SPD-Fraktion hat sich immer zur hiesigen Kulturlandschaft bekannt, und zwar zur Hoch- wie zur freien Kultur. Wir wissen um den hohen Stellenwert der Kultur in der Stadt Leipzig als weichen Standortfaktor. Kritisch sehen wir dennoch, dass bei den Verwaltungen in Oper und Gewandhaus bisher keine Stellenoptimierungen erfolgten und fragen uns, ob langfristig gesehen eine Änderung der Rechtsform eine bessere Lösung darstellt. Die SPD-Fraktion wird dazu einen Antrag in die Ratsversammlung einbringen.

Ich komme nun zum Vermögenshaushalt, dessen Volumen sich um knapp 30 Prozent verringert, im Vergleich zu anderen Städten aber immer noch ansehenswert ist. Aufgrund der abnehmenden Eigenfinanzierungsquote können immer weniger Fördermittel in Anspruch genommen werden. Dadurch kommt es zu erheblichen Ausgabenkürzungen und Umschichtungen in allen Bereichen. Die SPD-Fraktion fordert erneut eine Ausweitung der Fördertatbestände und eine Erhöhung von Förderquoten seitens Bund und Freistaat.

Leipzig wird in den nächsten Jahren trotz leichter Zuwächse eine Stadt mit knapp 500.000 Einwohnern bleiben. Der Zuwachs an Investitionsmitteln wird sich dieser Zahl anpassen. Die Verteilung dieser Mittel innerhalb der Stadt muss daher kritisch überprüft werden. Ein Beispiel: 1 Mio. EUR Investitionen in Kindertagesstätten reichen nach unserer Auffassung nicht aus. Gleichzeitig sind 23 Mio. EUR für die Städtebauförderung im nächstes Jahr vorgesehen. Das ist bei knappen Kassen kein gesundes Verhältnis. Die SPD-Fraktion hat daher einen Antrag gestellt, dass mindestens eine weitere Million bei den Kitas eingestellt wird und zwar durch Umschichtung im Bereich Stadterneuerung.

Wir kritisieren aber nicht nur, sondern wir begrüßen ausdrücklich die Zusagen seitens der Bundes- und der Staatsregierung für eine erfolgreiche Olympiabewerbung Leipzigs, Fördermittel in Höhe von knapp 200 Mio. Euro zur Verfügung zu stellen. Damit sind über 300 Millionen Euro Sofortmaßnahmen möglich. Es stehen dadurch erheblich mehr Mittel in den kommenden zwei Jahren zur Verfügung von denen auch der Mittelstand durch zusätzliche Aufträge profitiert.

Damit bin ich beim in den der letzten Tagen heiß diskutierten Thema – Olympiabewerbung. Die SPD-Stadträte standen von Anfang an hinter der Olympiabewerbung Leipzigs. Daran hat sich trotz der teilweise sehr unerfreulichen Nachrichten der letzten Wochen nichts geändert. Olympia ist eine einmalige Chance für unsere Stadt. Nutzen wir sie. Am letzten Montag haben viele Leipziger gezeigt, dass sie Olympia in Leipzig wollen. Die Menschen haben auch klar gemacht, dass sie Aufklärung um das Geschehen in der alten Olympia-GmbH wollen. Und das will auch meine Fraktion. Dabei darf man aber nicht vergessen, dass Mehrheitsgesellschafter der alten Olympia-GmbH der Freistaat Sachsen war. Das sollte man bei der Verteilung der Verantwortung beachten. Den handelnden Akteuren der Olympiabewerbung wird von einigen Leuten Blauäugigkeit vorgeworfen. Müssen wir uns als Stadträte das nicht aber auch vorwerfen? Wir erwarten von der Stadtverwaltung ein Bewerbung, die der einmaligen Aufgabe angemessen ist. Gleichzeitig beschließen wir Kürzungen bei den für die Bewerbung zuständigen Ämtern, obwohl zusätzliche personelle Unterstützung für die erhebliche Aufgabenerweiterung nötig wäre. Wir erwarten mir Recht, dass eine Bewerbung vorgelegt wird, mit der wir auch gegen die ganz großen Städte dieser Welt bestehen können. Das kann aber kein Mensch so nebenbei mit erledigen. Dazu müssen die Topleute aus der Verwaltung zusammengezogen werden und uns muss klar sein, dass deren Arbeit während der Bewerbungszeit weitgehend liegen bleibt. Oder wir müssen zumindest befristete Planstellen zur Verfügung stellen.

Lassen Sie mich abschließend einen positiven Ausstieg meiner Haushaltsrede vornehmen, denn es gibt auch gute Eckpunkte:

  1. Wir haben wieder einen ausgeglichenen Haushalt vorliegen, was nicht mehr viele Städte in den neuen Bundesländern heutzutage schaffen.
  2. Die frühzeitige Einbringung durch die Stadtverwaltung in der September-Ratsversammlung ist lobenswert und ich sage besten Dank an alle Mitwirkende. Damit hatten und haben wir Stadträte wieder genügend Zeit zur Diskussion, bevor nächsten Monat abgestimmt wird.
  3. Es gibt keine höhere Kreditaufnahme als ursprünglich geplant. Die Kreditaufnahme wird gegenüber dem Nachtragshaushalt 2003 sogar um 11 Mio. Euro reduziert.
  4. Auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht, dass die ganzen Sparbemühungen der letzten Jahre umsonst waren, da wir ja auch nächstes Jahr weiter sparen müssen, können wir die ersten Früchte der Haushaltskonsolidierung ernten. Die Bonität unserer Stadt liegt nach Angaben von Wirtschaftsfachleuten auf dem bestmöglichen Rang.

Für die kommenden Wochen wünsche ich uns eine sachbezogene und konstruktive Diskussion noch losgelöst vom Wahlkampf. Lassen Sie uns ein tragfähiges Ergebnis finden, was sich die Stadt Leipzig im kommenden Jahr leisten kann und will. Die Beschlussfassung zum Haushalt sollte wie geplant am 17. Dezember erfolgen, damit Fördermittel für das kommende Jahr rechzeitig ausgezahlt und Investitionen pünktlich angefangen werden können. Unwägbarkeiten gab und gibt es immer. Darauf zu reagieren ist Aufgabe eines möglichen Nachtragshaushaltes, der keine Schande sondern – wie bereits in diesem Jahr geschehen – in solchen Zeiten einfach notwendig ist.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.