Reden und Texte der SPD-Fraktionsmitglieder innerhalb der Ratsversammlung zu ausgewählten Themen

Christopher Zenker
Christopher Zenker

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

wir leben in krisenhaften Zeiten. Der letzte Doppelhaushalt wurde in der Hochphase der Corona-Pandemie aufgestellt, diesen Haushalt verabschieden wir, während Putins Russland versucht, die Ukraine auszulöschen und mutige Ukrainerinnen und Ukrainer nicht nur ihre Freiheit, sondern auch unsere Werte verteidigen. Für alle hat das weitreichende Auswirkungen.

Die Corona-Pandemie ging rückblickend wirtschaftlich glimpflich ab, weil unsere Wirtschaft, auch durch staatliche Hilfen, robust ist. Während die Gewerbesteuereinnahmen zuletzt gut waren, merken wir bereits jetzt, wie schwer uns die Auswirkungen des Krieges treffen werden: Einbrechendes Wirtschaftswachstum, hohe Inflation, explodierende Energiepreise, hohe Fluchtbewegungen, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Es stellt sich mit diesem Haushalt erneut die Frage: Wie gehen wir damit um? Stecken wir den Kopf in den Sand, zeigen keinen Gestaltungswillen und versuchen über Kürzungen die Lage zu meistern? Oder verteilen wir mit vollen Händen Geld, von dem wir wissen, dass wir es nicht haben? Beide Varianten haben wir hier im Rat, beide Varianten halten meine Fraktion und ich für falsch. Hinzu kommt noch eine Fraktion, die mit ihren Anträgen ihrer Ideologie frönt, man könnte sie auch als Wiederkäuer-Fraktion bezeichnen, denn gefühlt die Hälfte der Anträge wurde fast wortgleich zum letzten Doppelhaushalt schon gestellt.

Für uns gilt, dass der Staat – also in dem Fall wir als Kommune – eine Krise nicht befeuern darf, indem er kürzt. Vielmehr muss Bewährtes erhalten und in die Zukunft investiert werden – aber maßvoll, denn wir dürfen die Augen nicht davor verschließen, dass schwere Zeiten bevorstehen. Dieser Maxime folgen unsere Vorschläge für den kommenden Haushalt.

Auch der Bund handelt im Grunde nach dem Prinzip, die Krise nicht zu verschärfen, indem er  vor allem mit den Bremsen für Gas, Strom und Wärme unterstützt. Wahrscheinlich bewahrt uns das vor den schlimmsten Szenarien, uns als Kommune, aber auch Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger. Auch das Land, insbesondere durch die Verhandlungen der Fraktionen, legt gegenüber dem ersten Entwurf zum Haushalt nach. Dadurch können wir in Leipzig wohl  knapp 150 Mio. Euro mehr an Zuweisungen erwarten als bisher vorgesehen.

Meine Damen und Herren,

unsere Anträge haben drei Schwerpunkte: Den sozialen Zusammenhalt sichern, Wirtschaft stärken sowie die Klima- und Verkehrspolitik zukunftsfähig gestalten.

Wir haben erlebt, dass sich ein kleiner Teil unserer Gesellschaft im Laufe der Corona-Pandemie in Verschwörungserzählungen verloren hat und aller möglicher Unsinn als “die Wahrheit” dargestellt wird. Auch die Unsicherheiten, die durch den russischen Angriffskrieg und die damit verbundenen Fragen, wie sich der Wohlstand in unserer Gesellschaft entwickeln wird, haben einen Einfluss auf die Bindekräfte unserer Gesellschaft. Auch wenn ein Großteil dieser Fragen sich nicht auf kommunaler Ebene klären lässt, muss die Stadt jedoch ihren Teil dazu beitragen, der Kit für den Zusammenhalt zu sein.

Für uns heißt das unter anderem, dass wir Vereine und Verbände, sei es im Sozialen, im Jugend- oder Gesundheitsbereich, sowie im Sport und der Kultur, nicht im Regen stehen lassen. Denn sie sorgen für unseren Zusammenhalt. Wir setzen daher auf  eine Sonderdynamisierung der Vereinsförderung für 2023 und 2024 sowie einen Notfallfonds, um damit Risiken der Krise abfedern bzw. auffangen zu können. Einen weiteren Ausbau der Angebote in den kommenden zwei Jahren halten wir dagegen für kaum möglich. Es geht also darum, gewachsene und bewährte Angebote nicht wegbrechen zu lassen.

In kleinen Schritten werden wir dennoch Schul- und Kitasozialarbeit ausbauen sowie Kinder- und Familienzentren entwickeln, denn durch Sozialarbeit haben junge Menschen, Eltern und andere Bezugspersonen Ansprechpartner, die bei der Lösung von Problemen unterstützen können, aber auch präventive Angebote vorhalten.

Uns ist auch wichtig, in Stadtteilen, den sogenannten Aufmerksamkeitsgebieten, wie Lößnig, Möckern und Gohlis-Nord, das Quartiersmanagement aufzubauen, um den sozialen Zusammenhalt in unserer Stadt zu stärken.

Ein nicht zu vernachlässigender Aspekt des sozialen Zusammenhalts ist das reibungslose Funktionieren von Behörden. Gerade jetzt, wo wir aufgrund von Änderungen in der Sozialgesetzgebung davon ausgehen können, dass die Zahl der Anträge, z.B. auf Wohngeld oder Bürgergeld, steigen wird, muss die Verwaltung diese zügig bearbeiten und entscheiden können. Die Antragsteller sind auf diese Gelder angewiesen. Dafür ist es notwendig, sowohl die digitalen Strukturen zu verstärken als auch personell vorzusorgen. Wir schlagen deshalb einen Risikovorsorgefonds vor, der es der Verwaltung ermöglichen soll, schnell zu reagieren. Schließlich haben wir in den vergangenen Monaten, als es  zahlreiche ukrainische Geflüchtete zu registrieren galt und Personal umgesetzt werden musste, die Erfahrung gemacht, dass die Verwaltung schnell an ihre personellen Grenzen kommt. Es geht darum, Pflichtaufgaben so abzuwickeln, wie es notwendig ist. Sei es beim Wohn- , Eltern- oder Blindengeld, bei der Bearbeitung von Bauanträgen oder beim Beantragen eines neuen Personalausweises. Selbiges gilt auch für die Ausländerbehörde, die allerdings seit vielen Jahren chronisch unterbesetzt ist. Dadurch müssen Menschen, die bereits in der Gesellschaft und im Arbeitsmarkt integriert sind, jahrelang auf ihre Einbürgerung warten. Wenn die Stadtpolitik der Kit der Gesellschaft ist, sollten wir Menschen mit Migrationshintergrund nicht wie Menschen zweiter Klasse behandeln, in keinem Amt dauert die Bearbeitung von Anträgen so lange.

Wie flexibel die Verwaltung auf Krisen reagiert, spielt auch bei der Stärkung der Wirtschaft ein zentrale Rolle:

Die bessere Personalausstattung der Stadt, das Voranbringen einer medienbruchfreien Bearbeitung von Anträgen und das weiterhin hohe Investitionsvolumen, um Planungen und deren Umsetzung voranzutreiben, sind wichtige Botschaften – vor allem auch für die lokale Wirtschaft. Wir wissen, dass aufgrund gestiegener Energiepreise nicht wenige private Investitionsvorhaben zurückgestellt sind und insbesondere die Bauwirtschaft deshalb in Sorge ist. Für die Stadt bedeutet dies umgekehrt auch die Chance, wieder mehr Angebote für ihre Bauvorhaben zu bekommen, um damit auch die lokale Bauwirtschaft zu stärken.

Wir werden darüber hinaus die Entwicklung der lokalen Wirtschaft vor dem Hintergrund der rasant steigenden Energiepreise und der allgemeinen Inflation sehr genau beobachten. In erster Linie sehen wir hier zwar Bund und  Land in der Pflicht, außergewöhnliche Härten und existenzbedrohende Belastungen abzufedern. Aber wir sind bereit und willens, unterjährig auf besondere Herausforderungen zu reagieren, wenn dies zum Schutz unserer lokalen Wirtschaft nötig ist. Unterjährig deshalb, weil es aus unserer Sicht keinen Sinn macht, den Haushalt künstlich aufzublähen und die Genehmigungsfähigkeit zu gefährden, um kommunale Mittel einzuplanen, die wir hoffentlich nie brauchen werden. Aber wir betonen bereits jetzt deutlich den Willen dazu. Erfolgreiche Beispiele dafür gab es schon in der Vergangenheit mit unserem Antrag zu Wachstum und Wertschöpfung in der Pandemie, der ebenfalls im Laufe der Haushaltsjahre erhebliche Summen für die Zukunftsfähigkeit kleiner und mittelständischer Unternehmen in unserer Stadt bereitstellte.

Die Verkehrswende ist ein zentraler Baustein zum Ziel der Klimaneutralität bis 2040. Eine klimafreundliche Stadt muss eine Verkehrspolitik betreiben, die eine Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen ermöglicht. Während das 49 Euro Ticket dem Nah- und Regionalverkehr neuen Schwung verleihen wird und die investiven Baumaßnahmen im Leipziger ÖPNV, die geplant und realistisch umsetzbar sind, finanziell weitestgehend gesichert sind, ist in den anderen Bereichen des Umweltverbundes noch deutlich Luft. Bei der Radverkehrsinfrastruktur wissen wir leider bis heute nicht, was geplant ist, denn eine Antwort haben wir auf unsere Anfrage im Rat nicht bekommen. Wir müssen also vom schlimmsten Fall ausgehen, dass schlicht nichts passiert. Schlecht ist es auch um die Intermodalität bestellt, die es den Menschen ermöglicht, unkompliziert und wohnortnah die unterschiedlichen Verkehrsmittel des Umweltverbundes zu nutzen. Dafür müssen Mobilitätsstationen weiter ausgebaut werden.

Neben dem Ziel der Klimaneutralität müssen wir unsere Stadt auch auf die Auswirkungen des Klimawandels vorbereiten. Wir schlagen dafür die Schaffung eines Forst- und eines Wasserbauhofs vor, um die zahlreichen Biotope in unserer Stadt besser zu pflegen und auf klimabedingte Wetterveränderungen wie Starkregen oder Orkane schnell reagieren zu können.

Meine Damen und Herren,

wir folgen den Zielen: Sozialen Zusammenhalt sichern, Wirtschaft stärken sowie die Klima- und Verkehrspolitik zukunftsfähig gestalten.

Wir werden Bewährtes erhalten und in die Zukunft investieren – und zwar mit Augenmaß. Die großen Sprünge, die wir ohne den Angriff Russlands auf die Ukraine vielleicht hätten machen können, müssen ausbleiben. Unsere Haushaltsanträge haben daher auch gut ein Drittel geringeres Volumen als noch 2021. Dennoch halten wir die letzten Zeichen aus Bund, Land und auch die Schätzungen für den Anteil an der Einkommensteuer und Umsatzsteuer für vielversprechend. Die Energiebremse des Bundes wird auch uns entlasten. Das Land stellt mehr für Schulen, Kitas und Kultur bereit, was unsere Kasse ebenfalls entlastet. Diese Punkte stimmen uns, trotz der vorhandenen deutlichen Risiken im kommunalen Haushalt, zuversichtlich, mit moderaten Erhöhungen zukunftsfest zu bleiben, in dem wir Gewachsenes erhalten, die Wirtschaft stärken und den Wandel gestalten.


Die Aufzeichnung der Haushaltsrede aus der Ratsversammlung am 9. November 2022
können Sie sich hier ansehen.


Unsere Anträge zum Doppelhaushalt 2023/24 finden Sie hier.

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Christopher Zenker

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
verehrte Stadträtinnen und Stadträte,
werte Gäste,

wir begrüßen es ausdrücklich, auch die psychosoziale Versorgung von Geflüchteten stärker in den Blick zu nehmen, denn sie sind Leipzigerinnen und Leipziger und sollten Zugriff auf dieselben Angebote haben. Zudem sehen wir hier aufgrund der oft dramatischen Erfahrungen auf der Flucht bzw. den Erfahrungen durch Krieg und Vertreibung einen entsprechenden Handlungsbedarf. Dabei auch in die Unterkünfte zu gehen und vor Ort die Bedarfe zu ermitteln, halten wir für den richtigen Ansatz. Dies sollte man aus unserer Sicht nicht allein dem kürzlich neu geschaffenen mobilen Team überlassen, sondern auch die fünf Teams mit festem Standort einbinden. Ich möchte sogar deutlich machen, dass ich nicht dafür bin, ein Team ausschließlich für Geflüchtete zu schaffen, denn unser Ansatz war immer der inklusive integrative Gedanke.

Lassen sie uns heute das Konzept auf den Weg bringen, mit dem neuen mobilen Team, aber auch mit den stationären Teams. Wie gut die Zusammenarbeit schon bei der Erarbeitung des Konzept mit Akteuren der Flüchtlingsarbeit war, hat mir auch das Friedensgebet anlässlich von 33 Jahren friedlicher Revolution in der Nikolaikirche gezeigt. Dort sprach eine Ukrainerin und bedankte sich bei der Stadt für die Erarbeitung des Konzepts für die psychosoziale Arbeit mit Geflüchteten. Wir werden dem Konzept zustimmen. Für die beiden Anträge, von Grünen und Frau Nagel, beantragen wir eine Verweisung ins Haushaltsverfahren. Auch wir haben in unserer ersten Haushaltsklausur diskutiert, ob ein Aufstocken des mobilen Teams oder der festen Standorte nicht notwendig sei. Eine solche Diskussion gehört aber in die Haushaltsberatungen. So wie sie es gestern auch mit einem Beschlusspunkt unserer Anträge gemacht wurde.

Rednerin: Ute Köhler-Siegel, stellv. Fraktionsvorsitzende

Ute Köhler-Siegel

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
verehrte Stadträte,
werte Gäste,

die Verwaltung hat einen Plan! Endlich! Um nicht zu übertreiben, auch vorher ging der Schul- und Kitabau nicht planlos vonstatten, aber die Rahmenbedingungen waren andere, weshalb die Planungen etwas kurzfristiger waren.

Eine langfristige Sanierungsplanung für Schulen und Kitas steht heute zur Beschlussfassung.

Meiner Fraktion gefällt daran besonders gut, dass bei umfangreichen Baumaßnahmen Auslagerungen fest eingeplant werden, die Stadt errichtet sogar einige Interimsgebäude.

Das ermöglicht nicht nur der Stadt eine längerfristige Planung der Bauvorhaben und der notwendigen Finanzierung, auch die meisten Schulen und Kitas haben eine Perspektive.

Die Einrichtungen, die bisher noch nicht in der Langfristplanung eingearbeitet werden konnten, sollen dafür bei der Vergabe der Mittel aus dem baulichen Unterhalt stärker berücksichtigt werden.

So eine Langfristplanung wird nicht genau so umgesetzt werden können. Dafür gibt es zu viele Unwägbarkeiten, seien es die Baukosten oder Bauverzögerungen. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die heutigen Baupreise in 10 Jahren noch gelten. Besonders in diesem Bereich muss die Stadt regelmäßig evaluieren und anpassen.

Ich bin fest davon ausgegangen, dass die quartalsweisen Berichte fortgeführt werden. Die Linken fordern diese in ihrem Ergänzungsantrag ein. Wir stimmen dem Antrag jedenfalls zu. Zum Änderungsvorschlag der AfD kann ich nur sagen, dass die Dame und die Herren hier fachlich schlicht daneben liegen: Wir haben in unserer enger werdenden Stadt gar nicht die Grundstücke, um lauter kleine Kitas zu bauen. Auch die Eltern werden es kaum danken, wenn wir nur kleine Einrichtungen bauen würden, weil vor allem zählt, einen Betreuungsplatz zu bekommen.

Natürlich stimmen wir auch der Vorlage zu.

Anja Feichtinger

Rednerin: Anja Feichtinger, stellv. Fraktionsvorsitzende

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Dezernenten,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Gäste,

die Vorlage zum STEP Wohnbauflächen ist schon lange im Verfahren. Die SPD-Fraktion hat mit dieser Vorlage sehr gefremdelt. Die Diskussion in den Ausschüssen war zäh und nicht immer konstruktiv.

Die Vorlage nimmt wesentliche Aspekte der weiteren Entwicklung von Flächen mit dem Hauptschwerpunkt des individuellen Wohnungsbaus auf, lässt aber auch Frage offen, ob der strategische Ansatz Innenentwicklung vor Außenentwicklung noch der richtige Ansatz für die Weiterentwicklung der Stadt Leipzig ist. 

Wenn wir uns im Stadtgebiet umschauen, verschwinden schon heute im eng verdichteten urbanen Raum gemeinschaftlich nutzbare (Grün-) Flächen, Freizeit- und Sportflächen. Eine doppelte Innenentwicklung mit einer zur Bebauung einhergehenden Schaffung von Gemeinflächen hat bisher kaum stattgefunden. Eine weitere Nutzung von brachliegenden Flächen als letzte Entwicklungsflächen im verdichteten Stadtraum raubt der Stadtgesellschaft die letzten Möglichkeiten perspektivisch Gemeinflächen zu entwickeln. Sie schafft noch mehr Verkehrsdruck auf den Straßen und in den Wohngebieten und überlastet perspektivisch die ohnehin schon ausgelastete soziale Infrastruktur. Die Lebensqualität, als wesentliches Indiz für die positive Entwicklung Leipzigs sinkt mit dem Verlust von Freiräumen und Flächen für die Bestandsbevölkerung und bietet neu Zuziehenden zugleich nur hochverdichtete Siedlungsräume an.

Deshalb erwarten wir mit Spannung das Konzept zur doppelten Innenentwicklung.

Ebenfalls fehlen die Konzepte Masterplan grün, kommunale Wärmeplanung, Biotopverbundplanung, Landwirtschaftsentwicklungskonzept. Ohne diese Konzepte kann zum jetzigen Zeitpunkt über die Ausweitung von Wohnbauflächen nicht abgestimmt werden.

Eine Verzahnung aller Konzepte, die im Zusammenhang mit der Nutzung der Flächen im Stadtgebiet von Leipzig erarbeitet wurden und werden, muss sichergestellt sein. Aus diesem Grund halten wir es für erforderlich, Kriterien zu arbeiten, die für die strategische Planung helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Ebenfalls ist wichtig, dass die Stadtverwaltung für das Gesamtkonzept, das bis zum Ende des Jahres 2023 vorgelegt werden soll, gut aufgestellt ist. Die SPD-Fraktion regt an, die Fragen der personellen- und finanziellen Ressourcen ebenfalls zu betrachten und als Prüfergebnis vorzulegen.

Wir haben den Klimanotstand im Jahr 2019 beschlossen, auch heute haben wir umfangreiche Maßnahmen zum Klimaschutz beschlossen. Es wurden zahlreiche Anträge zur doppelten Innenentwicklung unseres Stadtgebietes, zur Entsiegelung von Flächen und zur Klimaanpassung unserer Stadt aus diesem Rat auf den Weg gebracht.

Es ist wichtig, dass wir bei der Entwicklung von weiteren Flächen im Stadtgebiet behutsam vorgehen, die Stadtbezirksbeiräte und Ortschaftsräte mitnehmen, in Ortsteilentwicklungskonzepten klären, welche Fläche für welche Nutzung möglich sind und welche Chancen sich in der Weiterentwicklung der Großwohnsiedlungen und dem Generationswechsel in den bestehenden Eigenheimsiedlungen bieten. Es ist jetzt nach anfänglichen Schwierigkeiten gelungen, einen mit der Verwaltung abgestimmten Änderungsantrag vorzulegen, um dessen Zustimmung ich werbe.

Prof. Dr. Getu Abraham
Prof. Dr. Getu Abraham

Redner: Prof. Dr. Getu Abraham, Stadtrat

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
meine Damen und Herren,

früher, wenn die Sonne über Wochen nicht nur schien, sondern regelrecht über uns glühte, haben wir uns nicht selten gesagt, wie toll das doch ist. Verbunden mit Wassermangel blieben zwar auch damals nur braune Wiesen, aber gemeinhin sprachen wir schlicht von einem schönen Sommer. Jedoch war das Ausmaß von Hitze und Trockenheit geringer, solche Sommer waren einfach selten und die Folgen für die Natur dadurch viel kleiner. Heute erleben wir dies regelmäßig und erkennen darin – zu Recht – die Folgen des Klimawandels.

In Anbetracht der fortschreitenden Zerstörung von Lebensräumen für Tiere, Pflanzen und uns Menschen sowie eines zunehmenden Ressourcenmangels müssen wir uns die Frage stellen, ob es wirklich sinnvoll ist, nur im Hier und Jetzt zu leben, wie wir das gerade tun. Wir zehren uneingeschränkt an der Substanz unserer Lebensgrundlagen. Warum? Warum denken wir nur maximal bis morgen und nicht weiter? Wenn wir wirklich etwas ändern wollen, müssen wir langfristig denken und unsere eigenen Verhaltensweisen infrage stellen. Denn das stünde am Anfang aller Anstrengungen, wenn wir es mit dem Prinzip der Nachhaltigkeit ernst meinten.

Wir stehen – wenn wir auch bisher schon etwas gegen den Klimawandel tun – tatsächlich in gewissem Sinne erst am Anfang. Mit der Ausrufung des Klimanotstands und dem Klimasofortprogramm knüpfen wir an die Klimaschutzpolitik der internationalen Staatengemeinschaft an, weil wir sonst Gefahr laufen, die Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 zu verfehlen. Was wir bisher tun, reicht schlichtweg nicht aus. Das ist bedauerlich, aber wir müssen diesem Fakt ins Auge sehen.

Aber unsere Stadt ist bereit, ambitioniert etwas dagegen zu tun. Wir versuchen beispielsweise, entsprechend des Prinzips der Nachhaltigkeit aus der Coronaviruspandemie rauszukommen. Das heißt: Wir müssen alles daransetzten, die wirtschaftliche und soziale Erholung von der Pandemie so zu nutzen, dass unsere Art zu leben, zu wirtschaften und zu arbeiten innovativer, digitaler, resilienter, klimafreundlicher und damit insgesamt nachhaltiger wird.

Die Stadtverwaltung hat ein Energie- und Klimaschutzprogramm 2030 für den Umsetzungszeitraum bis 2040 vorgelegt. Damit möchte unsere Stadt nicht allein auf die kurzfristig notwendigen Maßnahmen der Krisenbewältigung, sondern mit gleicher Kraft auch auf langfristig angelegte Investitionen setzen. Daher berücksichtigt die Vorlage diverse Maßnahmen auf sieben Handlungsfeldern, wie unsere Stadt dadurch klimaneutral werden kann.

Die Bundesregierung hat umgehend auf den Gerichtsbeschluss reagiert und wichtige Änderungen des Klimaschutzgesetzes mit noch ehrgeizigeren Zielen beschlossen. Das nationale Etappenziel für die CO2-Emissionsreduzierung für 2030 wird um zehn Prozentpunkte auf minus 65 Prozent gegenüber 1990 angehoben. Bis 2040 gilt ein neues nationales Klimaschutzziel von mindestens minus 88 Prozent, ebenfalls gegenüber 1990. Bereits bis 2045 sind die Treibhausgasemissionen so weit zu mindern, dass wir Nettotreibhausgasneutralität erreichen. Aus den jährlichen Minderungszielen ab 2030 ergibt sich ein konkreter Minderungsweg für die Folgejahre.

Wohlstand, soziale Sicherheit und ein Leben in einer lebenswerten Umwelt – das sind keine Selbstverständlichkeiten, sondern das erfordert die stete Bereitschaft und Fähigkeit zu Veränderungen, zu Innovationen und zu einer gerechten Verteilung von Chancen und Belastungen heute und morgen. Wir müssen der Zukunft gegenüber der Gegenwart zu ihrem Recht verhelfen.

Die Verwaltung hat ein Programm vorgelegt, das jedoch nicht rund ist und Schwachstellen aufweist. Für den Stadtrat bestand die Notwendigkeit, hier an zahlreichen Punkten nachzuschleifen. Die hohe Zahl an Änderungsanträgen belegt dies. Meine Fraktion hat insbesondere zu den Handlungsfeldern: Mobilität, Gesamtstädtische kommunale Wärmestrategie, Nachhaltige Stadtentwicklung, Kommunikation und Kooperation sowie Ver- und Entsorgung Vorschläge gemacht. Uns geht es unter anderem um das Vorantreiben der Verkehrswende durch zusätzliche Mobilitätsstationen, die einen reibungslosen Wechsel zwischen den verschiedenen Verkehrsarten ermöglichen sollen. Es geht um Parkraumbewirtschaftungskonzepte in Gebieten mit hohem Parkdruck oder auch Verbesserungen für den Radverkehr. Die gesamtstädtische Wärmestrategie wollen wir im Rahmen der Klimaanpassungen mit der Planung und Realisierung eines Fernkältenetzes ergänzen, um so auch in unserer Stadt eine umweltfreundliche Infrastruktur für die Klimatisierung von Einrichtungen, Wohnungen und Büros anzubieten.

Analog zur Gründachstrategie soll die Förderung von Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung von (Innen-)Höfen und Vorgärten in Betracht gezogen werden, um so auch die Wohnquartiere an die sich ändernden klimatischen Bedingungen anpassen zu können.

Darüber hinaus schlagen wir ein neues Handlungsfeld “Biodiversität, Artenschutz und Klimaanpassung” vor, in dem es auch um Fragen des Tierschutzes gehen soll. Schließlich leiden nicht nur Menschen unter den Folgen des Klimawandels, sondern auch Haus- und Wildtiere, deren Lebensraum sich in der Stadt befindet. Diese Themen sind im Energie- und Klimaschutzprogramm bisher nicht mitgedacht.

Vielen Dank!

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Christopher Zenker
Christopher Zenker

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
verehrte Stadträtinnen und Stadträte,
werte Gäste,

Leipzig wird internationaler. Immer mehr Migrantinnen und Migranten wohnen hier und bereichern das Leben in unserer Stadt. Wir möchten Menschen aller Kulturen in Leipzig willkommen heißen.

Deshalb ist es notwendig, dass Menschen, die aus verschiedensten Ländern zu uns kommen mussten, um selbstbestimmt zu leben, auch ein Instrument der Selbstorganisation und Selbstbestimmung erhalten.  

Der Verwaltungsstandpunkt setzt den berechtigten Antrag des Migrantenbeirates nach einem „Haus der Migrantinnen- und Migrantenorganisationen“ konzeptionell richtig um.

2015 und 2022 waren und sind geprägt von großen Flüchtlingsbewegungen. 2015 war der Sprung ins kalte Wasser, rückblickend muss man feststellen, dass viele dieser Menschen, die damals zu uns kamen, auch heute nicht angekommen sind.

2022 haben wir aus den Fehlern von 2015 gelernt und die Bevölkerung und die Verwaltung dieser Stadt reagierten auf die Flüchtlingsbewegung – wir erinnern uns an die vergangenen Monate – mit einer unglaublichen Solidarität und einer optimaleren Logistik. Selbstkritisch muss ich aber auch feststellen: Luft nach oben ist aber immer. Ziel ist es Migrantinnen und Migranten in Leipzig zu integrieren und diesem Ziel kommen wir mit dem vorliegenden Verwaltungsstandpunkt näher. Wir stimmen diesem deshalb gerne zu.

Christina März

Rednerin: Christina März, Stadträtin

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Dezernentinnen und Dezernenten,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

der Energieberg Seehausen – ein schwieriges und wie wir sicherlich alle bemerkt haben, ein höchst emotionales Thema.

Ich möchte gerne meine Zeit heute dafür nutzen, nicht nur ein paar Worte zu unserem Antrag zu verlieren, sondern um nochmal ein paar Dinge zu verdeutlichen.

Wir als SPD Fraktion bekennen uns zum Projekt Energieberg. Wir halten es für notwendig, den Ausbau der erneuerbaren Energien voranzutreiben. Richtigerweise wurde im Laufe der Diskussion mehrfach darauf hingewiesen, dass derzeit zu wenige Dächer mit Photovoltaikanlagen versehen sind und auch andere Ideen verfolgt werden müssen, wie beispielweise eine Überdachung der Parkplätze an der Messe mit PV-Anlagen. Dies ist zutreffend. Aber: Diese Ideen sind keine Alternative, sondern wir müssen sie kumulativ verfolgen. Der Energiebedarf ist hoch. Wir benötigen daher alle Maßnahmen! Sowohl die Photovoltaikanlagen über Parkplätzen, Solarthermieanlagen, Windräder und ja, auch die PV-Anlage auf einer Mülldeponie.

Gedanklich möchte ich Sie nun mit auf den Energieberg Seehausen nehmen. Eine ehemalige Deponie, die unter Abfallrecht steht und welche daher weder derzeit, noch in den nächsten 15-25 Jahren für die Allgemeinheit geöffnet werden kann, da dort auch jetzt noch biochemische und thermische Prozesse ablaufen, die überwacht werden müssen.

Es ist folglich kein Naherholungsgebiet, das zum Schlendern einlädt. Auch die teilweise hochgelobte Flora und Fauna ist nur auf den ersten Blick besonders. Wir haben es hier mit kleinen Bäumen und Sträuchern zu tun, die beispielsweise auch nur eine gewisse Tiefe erreichen können, da unter der Erde eine Plane liegt, die den Abfall vergangener Zeiten von der Umwelt abschirmt.

Eine Nutzung, solange Abfallrecht gilt, mit der wir gleichzeitig auch etwas für die Energieversorgung tun können, ist daher sinnvoll.

Festzuhalten ist aber auch, dass der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Entwicklung im Leipziger Norden stattgefunden hat und stattfindet. Diese Entwicklungen gingen auch zu Lasten der Umwelt und der Menschen, die dort leben.

Und ja, wir müssen uns als Stadtrat, wir konkret als SPD, und auch der Oberbürgermeister, den Vorwurf annehmen, dass wir dem Leipziger Norden zu wenig Aufmerksamkeit entgegenbringen. Dies zeigt sich bei Investitionen im Sozial- und Kulturbereich und auch bei Erhalt und Verbesserung der umweltpolitischen und verkehrspolitischen Situation.   

Und genau dieser Spagat war ein Aspekt, der uns dazu motiviert hat, diesen Antrag ins Verfahren zu bringen. Wir möchten, dass ein Ausgleich vor Ort stattfindet. Um es platt zu sagen: Bäume, die in dieser Stadt, in dieser Ortschaft gefällt werden, sollen in dieser Stadt bzw. dieser Ortschaft auch wieder errichtet werden.

Und ich bin auch ganz ehrlich, wir werden auch ganz unabhängig von diesem Antrag und diesem Vorhaben, genauer in Zukunft hinschauen müssen, wie wir im Leipziger Norden, Nordwesten und Nordosten besser berechtigte Erwartungen erfüllen können, wie beispielsweise eine bessere ÖPNV Anbindung, mehr Freizeitmöglichkeiten und ja auch mehr Grün.

Aber was ich mir in dieser Debatte um den Energieberg wünsche, ist, dass wir aufhören den Umweltschutz gegen den Klimaschutz auszuspielen. Da erwarte ich auch vom NABU mehr Seriosität in der Debatte vor Ort. Denn es kann bei der Entwicklung von PV-Anlagen doch nicht die Alternative sein, dass wir anstatt auf einer Deponie PV-Module aufzustellen, anfangen darüber zu diskutieren, ob wir Ackerflächen dafür opfern wollen.

Lassen Sie uns konstruktiv im Rahmen der Energiewende weitere Möglichkeiten finden, wie wir einen guten Mix für die Energiegewinnung finden können und gleichzeitig Umwelt und Landwirtschaft schützen können.