Reden und Texte der SPD-Fraktionsmitglieder innerhalb der Ratsversammlung zu ausgewählten Themen

Redner: Prof. Dr. Getu Abraham, Stadtrat

Prof. Dr. Getu Abraham

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
meine Damen und Herren,

selbst als Betroffener fällt es mir echt schwer, inkognito zu bleiben und über dieses Thema nicht zu reden – gleichzeitig mache ich mir echte Sorgen, wofür diese ganze Debatte um den einen, ich betone, den einen Beirat unter vielen im Rat gut sein soll und das seit über 5 Jahren. Dieser Beirat soll nach meinem Verständnis eine Brücke zwischen Deutschen und Nicht-Deutschen, also jenen Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit, schaffen.

Ich bin nun seit mehr als 30 Jahren in Leipzig. Diese Stadt bietet viele Chancen – und sie hat sie auch mir geboten.

Der Weg als Migrantin, als Migrant ist nicht immer einfach, wenn es darum geht, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Und aus eigenem Erleben kann ich Ihnen sagen: Selbst wählen zu können und andererseits selbst gewählt zu werden – also Dinge, die in einem demokratischen Rechtsstaat für Sie alle, wie Sie hier sitzen, selbstverständlich sind. Wenn man jedoch nicht von Geburt an den „Heimvorteil“ besitzt, ist es das eben nicht.

„Nicht selbstverständlich“ heißt aber eben nicht „unmöglich“.

Wenn sich Chancen bieten, ist es keineswegs ehrenrührig, diese auch zu ergreifen. Das setzt aber auch eigene Initiative voraus. Oft auch Zeit und Kraft. Dennoch: Es lohnt sich!

Der Vorschlag der Verwaltung öffnet eine Tür, wie sich auch diejenigen Mitbürgerinnen und Mitbürger, die nicht (oder noch nicht) über die Möglichkeit der unmittelbaren Wahl verfügen, in unsere Gesellschaft einbringen können.

Und genau deshalb fokussiert diese Vorlage richtig: Es geht darum, Menschen vorzubereiten, sie zu stärken, sie für die Beteiligung an eine demokratisch verfasste Gesellschaft zu befähigen, in der sie nicht nur zuschauen und abnicken, sondern schließlich auch aktiv mitgestalten sollen können.

Menschen einen guten und nachhaltigen Weg aufzuzeigen, wie sie in unserem Gemeinwesen ihre Rechte selbstbewusst und ihre Pflichten verantwortungsbewusst wahrnehmen – DARUM geht es bei Integration und Inklusion.

UND: Es geht um das Zusammenführen von Menschen. Nicht um die Spaltung der Gesellschaft.

Der Verwaltungsvorschlag setzt auf transparente Kriterien, die dabei helfen sollen, unsere Gesellschaft – auch die postmigrantische – im Migrantenbeirat repräsentativ und ausgewogen widerzuspiegeln.

Einige der Änderungsanträge z.B. der Grünen-Fraktion aber auch der Linken setzt hingegen auf schlichte Mehrheiten im Rat.

Mir macht das, ehrlich gesagt, Sorgen. Denn nicht nur diejenigen, die Migranten-Wählervereine im Rücken haben und über gute Netzwerke verfügen, und vermutlich genau deshalb besonders interessant für manche politische Strategien scheinen, haben etwas mitzuteilen.

Es gibt auch die anderen. Und deren Recht auf Mitwirkung schützt der grüne und linke Änderungsantrag nicht, sondern allein der Verwaltungsvorschlag.

Lassen Sie uns, liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb den Vorschlag der Verwaltung als guten und um Ausgleich bemühten Kompromiss unterstützen. Einen, der Mitwirkung stärkt – und Menschen mit Migrationsgeschichte nicht zuerst als Instrument politischer Eigeninteressen begreift.

Vielen Dank!

Christina März

Rednerin: Stadträtin Christina März

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Jung,
sehr geehrte Beigeordnete und
sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,
werte Gäste, 

für uns als Sozialdemokratie ist Bildung, im Besonderen die politische Bildung, immer ein Schlüssel für die Lebens- und Teilhabechancen jedes und jeder einzelnen, für individuelle Freiheit und für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Daher ist nicht nur die Kostenfreiheit dieser, von der Wiege bis zur Bahre, unerlässlich auch eine stets kritische Begleitung der Konzepte und Projekte.

Die Ansprüche an politische Bildung unterlagen in den letzten Jahren einem starken Wandel. Dafür ist aus meiner Sicht „Fridays for Future“ ein gutes Beispiel. Es zeigt zum einen, dass unsere Jugend natürlich politisch ist und sich Gehör verschafft, sondern es zeigt auch auf welche vielfältigen Wegen politische Bildungsarbeit passieren kann. So findet diese auf der Straße, in Netzwerken und natürlich in der Schule oder zum Beispiel auch am Küchentisch statt. Gerade der Küchentisch zu Hause ist ein Ort von lebendiger Demokratie. Wo, wenn nicht hier wird Tacheles gesprochen und gestritten. Da zeigt sich auch so mancher Generationenkonflikt.

Dieser Streit, diese Debatte ist Demokratie. So erlernen wir Debatten zu führen, auszuhalten und bestenfalls zu gewinnen. Diese Erfahrbarkeit von partizipativen Handeln ist ein unersetzbarer Erfahrungsschatz für Kinder und Jugendliche. Hier können sie Einfluss auf Entscheidungen nehmen, Beteiligung erfahren und das gemeinsame Familienleben MIT gestalten. Natürlich erfordert es auch demokratischen Verständnis bei den Eltern, nur so gelingt demokratische Erziehung. Wer, wie die Vertreter*innen rechts im Saal, ein Weltbild aus den 50ern oder eher späten 30ern anstrebt, kommt da natürlich ganz schön ins Schwimmen. Natürlich dürfen diese Partizipationserfahrungen nicht am Küchentisch enden, sie muss ein integraler Bestandteil unserer demokratischen Kultur sein. Auch in der Kommune. Weswegen sollen Kinder nicht mit über den Spielplatz in ihrem Quartier entscheiden? Wozu sollten Jugendliche ein Jugendzentrum aufsuchen, wenn sie nicht mitgestalten dürfen? Und verdammt nochmal, weswegen lassen wir diese jungen Leute nicht ab 16 wählen! 

Auch wir müssen an dieser Stelle endlich Umdenken!

Wir sehen doch am Jugendparlament, welches für uns und die progressiven Fraktionen im Stadtrat mehr als nur ein wichtiger Multiplikator ist, dass Jugendbeteiligung gut funktioniert. Wir behandeln als Stadträt*innen eine Vielzahl von Anträgen, welche wir zwar modifizieren und gegebenenfalls nachschärfen, welche dennoch ihren Ursprung im Jugendparlament haben. Die Forderung, junge Leute in die Parlamente zu holen, ist kein Hass auf die ältere Generation. Es ist die Verpflichtung von Repräsentanz unserer Gesellschaft.

Ich sprach zu Beginn meiner Rede davon, Debatten aushalten zu können. Debatten auch verstehen zu können. Damit Debatten nicht eintönig werden benötigt es Fakten, diese haben wir in den vorherigen Vorträgen erfahren. Die Verarbeitung der, täglich zu Hauf, auf uns einprasselnden Informationen erfordert ein hohes Maß an Medienkompetenz. Von uns und auch von jungen Leuten, sie müssen reflektieren und Filtern – was ist Fake News, was ist eine vertrauenswürdige Quelle und was nicht? 

Und wie soll das alles im Internet wo jede*r Dinge veröffentlichen kann gelingen? 

Hier ist die politische Bildung an den Schulen besonders gefragt, fächerübergreifend muss gelernt werden eine sachliche Nachrichtenquelle, wie bspw. die Tagesschau, von populistischen Medien zu unterscheiden. Damit sich diese Merkmale verinnerlichen genügt jedoch nicht nur der Schulunterricht, auch hier müssen Freunde, Netzwerke und Eltern immer wieder Ansporn sein und auch diese müssen bereit sein, sich selbst zu Hinterfragen. 

Das alles, was ich hier in meiner kurzen Rede nur Skizzenhaft darstellen konnte, erfordert – wie erwähnt – zahlreiche Akteur*innen. Leipzig hat bereits ein gutes und dichtes Bildungsnetz, zumindest in der Quantität. An der Stellschraube der Qualität müssen wir noch ein paar Mal nachziehen bis es sitzt. Ein wichtiger Aspekt ist die Vernetzung dieser Akteur*innen, damit auch positive Synergieeffekte genutzt werden, Erfahrungen ausgetauscht und die inhomogene Zielgruppe für politische Bildungsarbeit zielführend zu den jeweils besten Akteur*innen gelangen kann. Um politische Bildung zu erfahren. Beispielhaft seien hier die Stadtbibliotheken, die Volkshochschule oder auch der Stadtjugendring als wichtige Akteure genannt. Aus aktuellem Anlass möchte ich aber als einen Vertreter der Bildungsarbeit mit Kinder und Jugendlichen auch insbesondere “Die Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken” nennen. Auch wenn, einige unter uns die Arbeit der Falken nicht würdig erachten geehrt zu werden. Wenn Sie mich fragen zeigt das nur eher bei diesen Leuten ein Mangel an politischer Bildung.  

Lassen Sie mich zum Schluss rekapitulieren, in der Bildung immerhin ein wichtiger Kniff, damit das gehörte auch verinnerlicht wird. 

Junge Leute sind politisch, diesen Umstand zu negieren wäre Demokratie schädigend. Die Formen der politischen Auseinandersetzung mögen sich von Generation zu Generation unterscheiden. Auch die Möglichkeiten der Partizipation für junge Leute sind mannigfaltig, sei es in den Gewerkschafts- ,Arbeiter*innen- oder Parteijugenden, Pfadfinder*innen oder bei Demonstrationen auf der Straße oder am Bagger. 

Kinder und Jugendliche sollten bereits früh Beteiligung erfahren können, am Küchentisch, im Parlament und natürlich in der Bildung. Positive Erlebnisse und Demokratie Erfahrungen sind förderlich für eine starke und wehrhafte Demokratie. 

Politische Bildung und das damit einhergehende politisches Verständnis erfordert mehr als die Kenntnis vom Aufbau unserer Demokratie. Es wird eine Medienkompetenz von der Gesellschaft eingefordert, welche erdrückend sein kann. Der Umgang damit stellt einen Schlüsselaspekt dar. Nur so lassen sich auch aktuelle Ereignisse einsortieren, bewerten und dann besonnen Handeln.

Das alles können wir als Stadt schaffen, gemeinsam mit den zahlreichen Akteur*innen im Leipziger Bildungsnetz. Vielen Dank.

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Christopher Zenker

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
meine Damen und Herren,

wir haben vier Neufassungen gebraucht, bis dieser Antrag zumindest aus unserer Sicht Beschlussreife erreicht hat. Aber lassen sie es mich noch einmal ganz deutlich sagen: Es handelt sich bei dem Projekt der neuen Firmenzentrale um eine Entscheidung des Unternehmens. Und den Stadtwerken sollten wir dabei auch weitestgehend freie Hand lassen, denn die Kolleginnen und Kollegen dort wissen besser als wir Stadträte, wie für das Unternehmen die besten Arbeitsbedingungen geschaffen werden können.

Die letzte Neufassung des Antrags, über die wir nun heute beraten, haben wir gemeinsam mit Linken und Grünen erarbeitet. Ursprünglich wollten wir eigentlich nur mit den Linken zusammen einen Änderungsvorschlag zum Ursprungsantrag der Grünen machen, weil es Punkte gab, die mit uns nicht zu machen waren.

Das war insbesondere eine vorgeschlagene Durchwegung durch das Gelände, die nicht nur im Hinblick auf die kritische Infrastruktur, die es dort gibt, problematisch ist, sie würde den Stadtwerken zudem wichtige Entwicklungspotenziale nehmen und den Campus-Charakter, den das Areal bekommen soll, zerstören. Hinzu kommt noch, dass links und rechts neben dem Gelände entsprechende Wege existieren bzw. mit der Aktiv-Achse Süd entstehen.

Uns waren dagegen Themen wichtiger, die mit dem Umfeld der künftigen Stadtwerke-Zentrale zu tun haben: Wir wollen, dass die bereits erwähnte Aktiv-Achse Süd, die vom Bayrischen Bahnhof bis zum Markkleeberger See führen soll, am Stadtwerke-Gelände entlanggeführt wird, um auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entsprechende Mobilitätsmöglichkeiten zu bieten. Wir wollen, dass der S-Bahn-Haltepunkt Marienbrunn geschaffen wird, um die Erreichbarkeit des Geländes mit dem ÖPNV noch besser zu gestalten. Uns geht es darum, dass die kulturelle Entwicklung am sogenannten „Black Tiangel“, dem Bahndreieck Connewitz, unterstützt wird, indem im Bereich der ehemaligen Gasometer Stellplätze eingerichtet werden, die an Werktagen vorrangig von der Belegschaft der Stadtwerke genutzt werden, aber abends und an den Wochenenden den Gästen der Kultureinrichtungen zur Verfügung stehen. Kurzum: Wir wollen, dass auch die angrenzenden Stadtteile von der Stadtwerke-Zentrale profitieren.

Redner: Prof. Dr. Getu Abraham

Es gilt das gesprochene Wort!

Prof. Dr. Getu Abraham
Prof. Dr. Getu Abraham

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
meine Damen und Herren,

wieder reden wir über Themen, die Menschen, Unternehmer und Ärzte der Arndtstraße sowie viele andere Leipziger emotional, kulturell und z.T. wirtschaftlich bewegen, „die Umbenennung der Arndtstraße“. Diese Menschen haben sich versammelt, fachliche Unterstützung eingeholt und sie sehen nicht ein, warum sie virtuell umziehen müssen. Manche können auch vielleicht die finanzielle Last nicht tragen… Diese demokratische Bewegung sollten wir positiv aufnehmen; und das Votum des Petitionsausschusses wollwollend zu unterstützen.

Der Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Grüne fordert eine weitere wissenschaftliche Untersuchung der Person Ernst Moritz Arndt. Zum einen hätten wir das schon vor der ersten Entscheidung im Januar 2020 tun sollen, zum anderen, nach meiner aktuellen Information, liegen wissenschaftliche und historische Gutachtung zur Person in anderen Städten (Düsseldorf, Augsburg, Freiburg, Mainz, München, Bremerhaven, Bergisch-Gladbach, usw.… fast flächendeckend) vor, aber auch außerhalb Deutschlands in Wien. Arndt bleibt in diesen Städten erhalten.

Die Leipziger Wissenschaftler würden sich sicherlich auch sehr viele Mühe geben, aber ich gehe davon aus, dass sie die gleichen Literaturquellen suchen und verwenden, und am Ende zum gleichen Ergebnis kommen werden.

Wo haben wir dann den Mehrwert der Neuuntersuchung in Leipzig? Ich sehe keinen. Wir frustrieren die Menschen und haben mehr Ratssitzungen, das war dann auch der „Mehrwert“.

Lasst uns, liebe Kollegen Stadträtinnen und Stadträte, gemeinsam die Bewohner der Arndtstraße vor dem virtuellen Umzug bewahren.
Vielen Dank!

Redner: Prof. Dr. Getu Abraham, Stadtrat

Es gilt das gesprochene Wort!

Prof. Dr. Getu Abraham

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
meine Damen und Herren,

es ist bereits viel Richtiges dazu gesagt worden – übrigens nicht nur hier, sondern auch im zuständigen Fachausschuss –, was eine lebendige Luppe braucht und was ihr im Weg steht.

Ich möchte daher gern eine leichte Fokusverschiebung vornehmen:

Sinn parlamentarischen Arbeitens ist es, sich mit offenen Fragen und Problemstellungen auseinanderzusetzen, darüber zu reden, zu diskutieren, um die besten Lösungen zu ringen und diese im besten Falle zu beschließen.

Dabei ist nicht jede dieser Fragestellungen grundsätzlicher Natur, nicht jede Problemstellung universal und kosmisch oder mindestens weltpolitisch. – Übrigens auch hier nicht. Das ist leider so, auch wenn das jetzt der einen oder dem anderen wehtut.

Und genau weil das so ist, gibt es eben Fachausschüsse, die in der Sache ein Anliegen bereits vorab diskutieren und für den weiteren parlamentarischen Arbeitsprozess aufbereiten. Deutsche Parlamente sind Arbeitsparlamente. Das gilt für den Bundestag, die Landtage – und es gilt für uns.

Seit Beginn dieser Wahlperiode (das ist mein Erlebnis) haben wir neben den Fragen, bei denen es tatsächlich um Entwicklung, Vereinbarung und Entscheidung geht, immer wieder – und leider nicht zu knapp – auch Zeit darauf verwandt, im großen Plenum über Dinge zu streiten, die weitgehend Konsens sind und in der Sache bereits stehen:

Bewilligte Förderprojekte! Noch einmal: Bewilligte Förderprojekte; ich kann viele Beispiele nennen:

Auch bei der Vorlage zur lebendigen Luppe, wie wir sie gerade vor uns haben, handelt es sich um ein solches Projekt. Es handelt sich um eine Projektidee, die so, wie sie formuliert worden ist, den Projektträger/Drittmittelgeber davon überzeugen konnte, dieses Vorhaben der Stadt Leipzig mit einer Fehlbedarfsförderung von fast 90% extern zu unterstützen.

Das konnte nur gelingen – und diejenigen von Ihnen, die nicht nur in der Drittmitteleinwerbung unterwegs sind, sondern dort erfolgreich unterwegs sind, wissen, wovon ich spreche –, das konnte nur gelingen, weil ein überzeugender Antrag viel und intensive Vorarbeit leisten muss: Zielstellungen eruieren, Zeit- und Maßnahmenpläne definieren, Kosten- und Finanzierungspläne aufstellen.

Je überzeugender und fundierter eine solche Vorarbeit geleistet wird, desto wahrscheinlicher, dass Sie am Ende für Ihre Idee Geld in der Tasche haben. Und – nun mit Blick auf unsere Vorlage: Herr Rosenthal hat das Geld in der Tasche, Gratulation.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht nur, dass sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung kenntnisreich an die Erarbeitung eines Projektantrags gemacht haben; die beschriebene Idee hat in dieser Darstellung auch einem externen Gutachten standgehalten.

Auch hier wissen diejenigen von Ihnen, die mit Fördermittelakquise befasst sind, dass einem solchen Gutachten standzuhalten, je nach Summe um die es geht, mitunter nicht ohne ist.

Und was machen wir hier im Rat?

Wir diskutieren mit Vorliebe darüber, wie wir Ziele, Inhalte und Meilensteine bewilligter Projekte retrospektiv verändern können und überbieten uns dabei gegenseitig mit Änderungsanträgen zu Änderungsanträgen.

Überbieten uns mit diesen Änderungswünschen anstatt unsere Zeit kurz, prägnant und konzentriert dafür zu nutzen, einem offensichtlich überzeugenden Projekt den Weg zur Umsetzung freizumachen.

Ich komme deshalb noch einmal zu meinem Ausgangsgedanken zurück:

Viel Verständigung in der Sache kann – wenn das gewollt ist – im Fachausschuss laufen. Gerade dann, wenn es darum geht, bewilligte Drittmittel in die Umsetzung zu überführen.

Ich empfehle uns allen auch – das geht sowohl in Richtung der Verwaltung, lieber Herr Oberbürgermeister, als auch unser Plenum –, künftig Debatten zu Inhalten eines zu beantragenden Drittmittelprojektes im engen Wechselspiel zwischen Rat und Verwaltung vor der Antragstellung zu führen. Einfach, um Ideen bereits in die Antragsentwicklung besser integrieren oder sie verwerfen zu können. Vor allem aber um mögliche förderschädliche Entscheidungen des Rats im Nachgang zu vermeiden.

Ich komme zum Schluss: Mehr Ideendebatte und Disziplin in den Ausschüssen als Arbeitsgremien würde auch uns Stadträtinnen und Stadträten helfen, intensiv, konstruktiv und v.a. gelassen, vielleicht sogar ohne überflüssige Showeinlagen, an den besten Lösungen zu feilen.

Vielleicht schaffen wir es so auch, unser Beschlusspensum – für das die Ratsversammlung eigentlich gedacht ist – endlich wieder wie früher in einer anstatt, wie inzwischen üblich, zwei bis drei Ratsversammlungen pro Monat zu absolvieren. Unser berufliches und familiäres Leben im Ehrenamt wird uns das vielleicht ebenso danken wie Leipzigs Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Vielen Dank!

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Christopher Zenker

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Dezernentin und Dezernenten,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

das Klimaschutzsofortprogramm ist ein wichtiger Meilenstein für Leipzig beim Klimaschutz, weil es uns noch einmal vor Augen führt, dass wir die uns selbst gesteckten Ziele eben noch nicht erreicht haben. Dass dieses Programm heute vorliegt haben wir insbesondere der Bewegung „Fridays for future“ zu verdanken.

Dennoch ist dieses Programm aus unserer Sicht nur ein Baustein, denn im Vergleich zu dem, was wir beispielsweise mit dem ebenso auf der heutigen Tagesordnung stehenden Rahmenplan zur Mobilitätsstrategie oder mit der Wärmewende der Stadtwerke finanziell bewegen, reden wir hier über verhältnismäßig kleine Summen. Ich hätte mir daher auch gewünscht, dass der eine oder andere auch diese Beschlüsse berücksichtigt, bevor er Forderungen aufmacht, die ebenso in der Umsetzung sind.

Insgesamt zeigt sich, dass Klimaschutz nicht bei diesem Programm endet und auch nicht bei diesem Programm begonnen hat. Wie Harry Lehmann in seinem Vortrag ausgeführt hat, müssen solche Programme auch leben, da sich manche Maßnahmen als untauglich herausstellen werden oder andere neu hinzukommen. 

Bei aller Notwendigkeit eines aktiven Klimaschutzes dürfen wir die Sozialverträglichkeit von Maßnahmen nicht aus den Augen verlieren. Ich möchte dazu auch aus dem Beschluss zum Klimanotstand zitieren: „Die beantragte Vorlagenprüfung hinsichtlich der abschätzbaren Klimawirkungen erfolgt innerhalb der Vorlagensystematik sowie im strategischen Zielsystem des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes Leipzig 2030 (INSEK) unter besonderer Berücksichtigung der Sozialverträglichkeit.“ Nach einer Abwägung haben wir deshalb den sozialen Erhaltungssatzungen zugestimmt, auch wenn dadurch die eine oder andere energiesparende Maßnahme nicht kommt.

Ähnlich verhalten wir uns heute, bei Beschlüssen müssen wir auch abwägen, welche Auswirkungen diese zum Beispiel auf den Wohnungsbau bzw. die Preise haben, denn nicht jeder kann die dreihundert Meter zum nächsten Biomarkt mit einem Porsche-SUV zurücklegen, wie vielleicht mancher Grünenwähler.

Ich bin daher froh, dass wir die Vorlage um eine Woche geschoben haben, denn durch diese Woche verschiebt sich keine einzige Maßnahme und wir hatten die Gelegenheit die Änderungsanträge noch mal zu prüfen und zu diskutieren – im Übrigen auch von Neufassungen von Änderungsanträgen. Ich muss es an dieser Stelle noch einmal deutlich machen: Wir sind ein ehrenamtlicher Stadtrat und zumindest uns als SPD-Fraktion ist es nicht möglich, spontan vor einer Ratsversammlung eine Fraktionssitzung zu machen. Wir diskutieren die Themen in der Fraktion und bilden uns dort eine Meinung, da entscheidet nicht einer/ eine von oben, wer was zu tun hat. Wir nennen das demokratische Entscheidungsfindung. Uns ist es daher zum Beispiel nicht möglich, innerhalb von 1 ½ Stunden zu entscheiden, welcher Anteil erneuerbarer Energien bei der Fernwärme gelten soll, auch vor dem Hintergrund der von den Stadtwerken initiierten Wärmewende. Auch können wir nicht ad hoc beantworten, welche Auswirkungen ein verpflichtender Passivhausstandart auf die Kosten von Projekten hat und welche Auswirkungen daraus, aufgrund begrenzter Investitionsmittel, zum Beispiel auf andere klimaschutzrelevante Maßnahmen zum Beispiel bei der LVB entstehen. Es ist auch nicht sinnvoll, die große Mehrheit der Menschen, die wir beim Klimaschutz mitnehmen wollen und müssen, mit Termini wie „antikapitalisitisch“, „antiklassistisch“ oder „feministisch“, die mit dem generellen Thema Klimaschutz wenig zu tun haben, zu verprellen. Es geht um einen großen Ansatz und nicht um Klassenkampf.

Auch wenn die Grünen für sich behaupten, sie seien die Einzigen, die im Bereich Klimaschutz im Stadtrat aktiv sind, so hat nicht nur die Liste von Herrn Rosenthal aus der letzten Ratsversammlung das Gegenteil gezeigt. Auch wir sind froh, dass sich Anträge der SPD-Fraktion, die bereits Beschlusslage sind, in der Vorlage wiederfinden. Allen voran der Ausbau von PV-Anlagen, nicht nur auf Dächern von Kitas, Schulen und der LWB. Aber auch das vermeintlich kleine Thema „Förderung von Lastenfahrrädern“ wird mit der Vorlage verstetigt und geht zurück auf diverse Anträge für die wir beispielsweise von der CDU anfangs noch belächelt wurden.

Zum Abschluss noch einige Worte zu unserem Änderungsantrag: Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Stadt die Anschaffung von Fahrrädern für ihre Mitarbeiter/-innen fördern möchte. Wir möchten aber noch einen Schritt weiter gehen. Wir wollen, dass sich die Mitarbeiter/-innen alternativ auch für eine Förderung des Jobtickets entscheiden können, um so auch einen Anreiz zu setzen die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen. Vor dem Hintergrund der schwierigen Situation, in der sich die LVB durch Corona befinden, wäre dies auch ein Signal, dass wir den öffentlichen Verkehrsmitteln vertrauen, hinter diesen stehen und als kommunaler Arbeitgeber mit gutem Beispiel vorangehen. Sobald ein 365 Euro-Ticket eingeführt ist, kann auf den Zuschuss dann auch wieder verzichtet werden. Versprochen. Wir werben daher um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.

Rednerin: Christina März, Stadträtin

Es gilt das gesprochene Wort!

Christina März

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Dezernentin und Dezernenten,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

viele Anträge haben ihre ganz eigene Entstehungsgeschichte so auch dieser.

Lassen Sie mich jedoch zu Beginn eines deutlich machen:
Ja, die integrierte Jugendhilfeplanung kommt!
Ja, dieses Thema ist Teil der Jugendhilfeplanung!
Ja, wir werden auch genau an dieser Stelle darüber reden!

Als jugendpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion und in Vorbereitung meiner Arbeit im Jugendhilfeausschuss sowie im Rahmen meiner Stadtteilarbeit achte ich genau auf die Jugendhilfeplanung der Stadt. In der bisherigen fielen mir einige unbeachtete Flecken in der Planung auf. Dieses Flecken sind es, die auf unseren regelmäßigen Quartalsberichten über z.B. die Zahlen der Hilfen zur Erziehung oder auch den Sozialraumberichten nicht die Gebiete waren bei denen man den Eindruck hatte: Ja hier wirken die Hilfen, sondern eher die Orte die ein schrilles Alarmsignal sendeten: Helft uns! 

Schauen wir nach Mockau, so fällt auf wenn sich mit jungen Leuten unterhalten wird: Hier besteht der Wunsch nach mehr. Sei es ein Spielplatz, Jugendzentrum oder jugendgerechte Freizeiteinrichtungen.

Schnell fand ich heraus, seit Jahren wird an einer integrierten Jugendhilfeplanung gearbeitet. Genau diese soll der Stadt helfen, vorhandene Mittel zielgerichtet einzusetzen.

In faktisch jeder Sitzung des Jugendhilfeausschusses wurde darauf verwiesen. Zu Beginn meiner Ratsarbeit hörte es sich sogar so an, als hätten wir sie bereits als Grundlage.
Zumindest konnte man den Eindruck bekommen mit welcher Beharrlichkeit, sie ins Feld geführt wurde. Denn ein Konzept, welches weder debattiert noch beschlossen ist, kann doch nicht allen Ernstes als ständiger Querverweis für eine Handlungsgrundlage herangezogen werden.

Ich bin froh und erleichtert, dass wir nach zähen Ringen erstmalig über eine fundierte Jugendhilfeplanung entscheiden können. Und diese nach der Sommerpause die Ausschüsse erreichen wird. Der vorliegende Antrag versteht sich als Diskussionsgrundlage im großen Kreis, bevor wir wieder dann im kleinen Kreis, den Beschluss herunterbrechen können auf die Stadtbezirke und Ortschaften.

An dieser Stelle möchte ich mich für die vorliegenden Änderungsanträge bedanken, welche wir stellenweise übernehmen werden:

  • Den ursprünglichen Antrag der Grünen zu mehr Angeboten in den Ortschaften haben wir dankend aufgenommen.
  • Vom gemeinsamen Änderungsantrag der Grünen und Linken übernehmen wir die redaktionelle Änderung unserer doppelten Punkte zur Schulsozialarbeit, wobei die Dopplung zur Unterstreichung des Zieles dient.
  • Ebenso übernehmen wir die Formulierung, wer für die Aufgabe zuständig ist.

Nicht übernehmen wollen wir: hingegen die Streichung der Sozialindizierung.

Wir sind der Überzeugung, dass wir Mittel nicht nur gleich, sondern auch gerecht nach Notwendigkeit und Bedarf ausreichen müssen und bitten sie entsprechend darum an dieser Stelle die Änderung abzulehnen!

Ich freue mich bereits auf die Diskussion im Ausschuss über die integrierte Jugendhilfeplanung und hoffe, dass wir danach endlich einige leere Flecken weniger auf der Stadtkarte haben!