Reden und Texte der SPD-Fraktionsmitglieder innerhalb der Ratsversammlung zu ausgewählten Themen

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

werte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,

liebe Gäste,

 

Leipzig macht Spaß, Leipzig ist Lebensfreude, Leipzig ist Vielfalt, Leipzig ist international und die Leipzigerinnen und Leipziger leben gerne in ihrer Stadt. Täglich kommen Neue hinzu, die gern hier leben wollen.

Unsere Stadt wächst – und zwar schneller als andere deutsche Städte, wenn auch zuletzt, nicht ganz zum Unglück, etwas langsamer. Dies zeigt, unsere Stadt ist attraktiv und die Menschen leben und arbeiten gerne hier. Das ist auch Erfolg sozialdemokratischer Politik an der Verwaltungsspitze und im Rat. Doch durch das Wachstum wird es enger, es gibt mehr Reibungen, mehr Konflikte. Es wachsen nicht nur die positiven Herausforderungen wie Schul- oder Kitabau, es wachsen auch Herausforderungen im sozialen Bereich, seien es Hilfen zur Erziehung, Aufgaben im Bereich Obdachlosigkeit, oder auch bei der Integration von Geflüchteten. Mit dem Wachstum einher geht mehr Verkehr und eine zunehmende Umweltbelastung. Nicht zuletzt ist das Sicherheitsempfinden der Leipzigerinnen und Leipziger gesunken.

Zuletzt ging es darum, das Personal bei der städtischen Polizeibehörde aufzustocken, damit diese ihre Präsenz erhöhen und die Polizei zum Beispiel bei Lärmbelästigungen entlasten kann, damit diese wiederum ihre wichtigeren Aufgaben besser erfüllen können. Grundsätzlich ist Sicherheit ein hohes Gut und für eine funktionierende Gesellschaft unabdingbar. Aber bei Sicherheit geht es um mehr als nur die Sicherheitsinfrastruktur: Es geht auch und vor allem um das Schaffen von Lebenssicherheit in einer Gesellschaft, die sozialen Aufstieg für alle ermöglichen soll. Der Schutz vor dem Abstieg in Existenznot ist dabei ebenso dringlich und prioritär wie der Schutz davor, Opfer eines Verbrechens zu werden.

Dieser Intention folgend wollen wir das Thema „Sicherheit“ weiter denken. Zur Lebenssicherheit gehört in einer wachsenden Stadt mit hoher Priorität  bezahlbarer Wohnraum, denn die Lage auf dem Wohnungsmarkt hat sich drastisch verändert. Wir haben nicht ohne Grund das wohnungspolitische Konzept fortgeschrieben und Instrumente wie Milieuschutzsatzungen, Kappungsgrenzen oder Zweckentfremdungsverbote vereinbart bzw. gefordert. Das allein wird jedoch nicht reichen. Wir benötigen Wohnungsbau und hier sollte die Stadt zusammen mit ihren Gesellschaften und weiteren Partnern gestalten statt nur zuschauen.

Wir haben deshalb die Gründung einer Projektgesellschaft zur Entwicklung der Fläche „Kiebitzmarkt bzw. Paundorf 2“ vorgeschlagen. Wir wollen, dass nach dem Beschluss von 2017 zu diesem Areal nun Nägel mit Köpfen machen und erreichen, dass aktiv an der Entwicklung der Fläche gearbeitet wird. Das betreffende Gelände ist rund 30 Hektar groß und bietet die Möglichkeit, dass dort ein neuer Stadtteil mit mehreren Tausend neuen Wohnungen entsteht. Wie das Viertel strukturiert werden soll, haben wir in unserem Antrag skizziert. Vor allem aber soll dort der soziale Wohnungsbau eine Quote von 40 Prozent erreichen, um einerseits in größerem Maße erschwinglichen Wohnraum auf den Markt bringen zu können, andererseits aber auch eine gute soziale Durchmischung nicht zu vernachlässigen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Menschen, die in Not geraten, brauchen unsere Hilfe. Sozialarbeit trägt dazu bei, Existenznöte zu lindern und abzubauen. Darüber hinaus versucht Sozialarbeit, Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu sichern.  Wir wollen daher, dass Sozialarbeit vor Ort, sei es als Straßensozialarbeit für Jung und Alt, als Schulsozialarbeit oder Sozialarbeit in Freizeittreffs gestärkt wird.

Bildung bleibt weiterhin der Schlüssel zur sozialen Sicherheit. Das schulische Bildungssystem ist allerdings Landessache, wir als Kommune müssen jedoch dafür sorgen, dass ausreichend Kita und Schulplätze vorhanden sind, damit gute Bildung stattfinden kann. Mit den umfangreichen Investitionsprogrammen in Schulen und Kitas hat die Stadt zunächst genug zu tun und wenn sie diese umsetzt ist in Leipzig wirklich viel erreicht. Wir haben daher im Bereich der Investitionen auf eigene Anträge verzichtet. Womit wir uns nicht abfinden, ist die Tatsache, dass es in manchen Toilettenanlagen in Leipziger Schulen noch immer zum Himmel stinkt und Schönheitsmaßnahmen sowie das Renovieren von Klassenzimmer immer wieder hinten angestellt werden. Wir fordern für diese beiden Bereiche daher nicht nur mehr Geld, sondern zum Beispiel für Renovierungsarbeiten und kleine Reparaturen einen kommunalen Handwerkerpool.

Neben Bildung ist Arbeit ein Schlüssel zu einem selbstbestimmten Leben. Der Arbeitsmarkt hat sich wie die Wirtschaft insgesamt in Leipzig in den letzten Jahren sehr gut entwickelt. Aktuell haben wir eine Arbeitslosenquote von rund 6 Prozent – der beste Wert seit der Wiedervereinigung – und das auch in Anbetracht des starken Zuzugs. Dennoch sehen wir auch hier Handlungsbedarf und wollen die Leipziger Wirtschaft stärken und aktive Bestandspflege betreiben. Wir wollen, dass die Clusterstrategie weiterentwickelt und die Mittelstandsfreundlichkeit der Verwaltung auch in die Praxis umgesetzt wird. Nur so können wir das Wachstum der Wirtschaft und damit auch die Steuereinnahmen realisieren, die Investitionen in Schulen, Kitas, Verkehr, Wohnen und Bildung sichern.

Meine Damen und Herren,

Studien zeigen, dass das persönliche Sicherheitsempfinden auch von der Sauberkeit des öffentlichen Raumes abhängt. Durch das Bevölkerungswachstum in der Stadt steigt natürlich auch das Abfallaufkommen und das nicht nur zu Hause, sondern auch im öffentlichen Raum. Wir wollen deshalb, dass das Papierkorbkonzept der Stadtreinigung schneller umgesetzt wird, um dadurch mehr Abfallbehälter an Straßen und in Parks aufstellen zu können. Damit landet dann auch weniger Müll in der Umwelt, weil es leider nicht jedem bewusst zu sein scheint, dass leere Pappbecher oder Pizzakartons nicht ins Gebüsch gehören, sondern auch mit nach Hause genommen werden können.

Unserer Umwelt und damit dem Gesundheitsschutz macht jedoch nicht nur Müll zu schaffen. Das Verschwinden von Bäumen aufgrund von Baumaßnahmen, zunehmende Versiegelung und mehr Emissionen durch zum Beispiel Verkehr wirken sich auch auf unser Stadtklima aus. Wir sollten dagegen halten und insbesondere für das Straßenbegleitgrün mehr Geld bereitstellen, denn Bäume sind wahre Wunderwaffen für ein besseres Stadtklima. Sie reduzieren bzw. binden Feinstaub, Stickoxide und Kohlendioxid, können damit helfen Fahrverbote in Leipzig zu verhindern und im Sommer sorgen sie für Abkühlung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Der Stadtverkehr ist neben Kitas, Schulen und Wohnen die größte Herausforderung unserer Stadt und auch der hat etwas mit Sicherheit zu tun. Im vergangen Jahr gab es in Leipzig Verkehrsunfälle mit neun Toten, 425 Schwer- und über 2060 Leichtverletzten. Davon waren vor allem Fußgänger/-innen und Radfahrer/-innen betroffen, die gleichzeitig unterproportional Verursacher waren. Wir wollen die Entschärfung der größten Unfallschwerpunkte. Darüber hinaus sollen, wenn es nach uns geht, zusätzliche Querungshilfen zum gefahrlosen Queren von Straßen entstehen. Zudem möchten wir zusätzliche Mittel um den Beschluss „Tempo-30-Zonen vor Schulen, Kitas und Horten“ zügig umzusetzen, um die Sicherheit gerade der jüngsten Verkehrsteilnehmer im Straßenverkehr zu erhöhen.

Die Herausforderungen im Bereich Verkehr sind jedoch weit größer: Der Beschluss des Stadtrates, unsere Mobilität mit den Zielen des Nachhaltigkeitsszenarios neu zu strukturieren, war wegweisend. Wenn wir unsere Mobilität nicht neu organisieren, was in den nächsten Jahren mit enormen Investitionen verbunden sein wird, stehen künftig alle nur noch im Stau, denn neben über 65.000 Menschen sind auch über 45.000 Autos in den letzten 10 Jahren zusätzlich in unsere Stadt gekommen. Vor allem muss in den ÖPNV investiert werden. Allerdings wurde das durch den Beschluss hier im Rat zur Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens ohne Zweckbindung für Verkehrsinvestitionen erschwert. Hier wollen wir nachsteuern.

Wir stehen an der Seite unserer kommunalen Unternehmen und wollen, dass diese die Herausforderungen der Zukunft meistern können. Wir brauchen einen nachhaltigen Verkehr mit einem starken ÖPNV, wir benötigen eine erweiterte, moderne Kläranlage, die Energiewende mit Ausbau der regenerativen Energien und wir wollen die Wärmewende, die mit dem Ausstieg aus dem Bezug von mittels Braunkohle erzeugter Fernwärme verbunden ist. Wir wollen, dass die L-Gruppe ein attraktiver Arbeitgeber bleibt, der fair und gerecht entlohnt und Arbeitsplatzsicherheit bietet. Doch das alles gibt es nicht zum Nulltarif. Deshalb wollen wir mittelfristig, dass das Gesellschafterdarlehen der Stadt an die LVV in Eigenkapital umgewandelt wird. Damit würden für die LVV zukünftig die Tilgungsbeiträge entfallen, die dann für die beschriebenen Zukunftsinvestitionen genutzt werden könnten. Kurzfristig wollen wir diese Situation mit unserem Haushaltsantrag zur Kapitaleinlage in die LVV überbrücken. Dabei sollen jährlich 5 Millionen Euro zur finanziellen Vorsorge für größere Infrastrukturmaßnahmen bereitgestellt werden sollen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

aktuell erleben wir in vielen Ländern eine Art Erosion demokratischer Werte und ein Aushöhlen der Demokratie. Unter dem Deckmäntelchen, Anwalt des Volkes oder Volkes Stimme zu sein, gibt es in vielen Regionen der Welt, auch in Europa, Versuche, die Freiheit der Menschen zu beschränken und eine Spaltung der Gesellschaft herbeizuführen, indem unterschiedliche Gruppen gegeneinander ausgespielt werden. Ich bin der Auffassung, dass wir von kommunaler Ebene aus, also hier vor Ort, dafür sorgen müssen, dass die Demokratie gestärkt wird. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass sich Demokratie auf regelmäßig stattfindende Wahlen beschränkt. Vielmehr muss deutlich werden, dass die Bürgerinnen und Bürger mitgestalten und mitreden können und sollen. Dafür wollen wir auch die Potenziale im Bereich der Stadtbezirksbeiräte und Ortschaftsräte heben.

In diesem Zusammenhang fordern wir auch die Stärkung der Förderung von Vereinen, Initiativen und Verbänden, denn ihre Aufgaben sind dem Bevölkerungswachstum auch gestiegen. Mit ihrer Arbeit in der Jugendhilfe, der Seniorenarbeit, der Gesundheitsprävention, im Umweltschutz, bei der Integration, der Gleichstellung, im Sport oder in der Kultur leisten sie eine wertvolle Arbeit für unsere Gesellschaft . Diese Vereine mit ihrem hohen ehrenamtlichen Engagement fördern bzw. sind eine Voraussetzung für unseren sozialen Zusammenhalt, unsere kulturellen Vielfalt und unsere Freiheit. Sie bringen Leben in die Stadt, sie sorgen für Freizeitangebote, sie machen unsere Stadt bunt, vielfältig und liebenswert. Sie stärken unsere Demokratie, da sie aufrütteln, zum Nachdenken anregen, auf Missstände hinweisen und aufpassen, dass wir die Schwächsten unserer Gesellschaft nicht zurücklassen. Wir müssen daher die Grundlage schaffen, dass sie arbeiten können und ihr Hauptamt fair und gerecht entlohnen können.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
liebe Gäste,

auch wenn es Einige im Rat und außerhalb immer noch nicht wahrhaben wollen, wir haben einen angespannten Wohnungsmarkt. Inzwischen wird von einem marktaktiven Leerstand etwa 2 Prozent oder gar leicht darunter ausgegangen. Inzwischen sind nicht nur kleine und große Wohnungen Mangelware. Dieser Mangel ist ein Grund dafür, dass das Bevölkerungswachstum Leipzigs zuletzt deutlich zurückgegangen ist.

Mit der heutigen Vorlage beschließen wir hoffentlich einen weiteren Baustein zur Umsetzung des Wohnungspolitischen Konzeptes, welches wir vor fast genau drei Jahren im Stadtrat beschlossen haben. Damals hieß es noch: „Bei klaren Anzeichen eines angespannten Wohnungsmarktes bzw. Anzeichen von sozial unverträglichen Verdrängungsprozessen […] werden weitere Instrumente wie Soziale Erhaltungssatzung geprüft.“ Wir hätten uns gewünscht, dass die Prüfung schneller geht, deshalb wollen wir jetzt auch auf Tempo drücken und erwarten, dass die sozialen Erhaltungssatzungen bzw. Milieuschutzsatzungen dem Rat zügig zur Beschlussfassung vorgelegt werden.

Wir halten die soziale Erhaltungssatzungen als einen Baustein für notwendig, um dem angespannten Wohnungsmarkt zu begegnen, da die Milieuschutzsatzungen nicht nur günstigere Mieten sichern, sondern auch dazu beitragen die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung in einem Quartier zu erhalten oder anders gesagt, die aktuelle Durchmischung zu erhalten. Sie sollen vor Luxussanierungen und der unangemessenen Aufwertung von Wohnungen schützen. Es muss jedoch auch mit Augenmaß vorgegangen werden, wenn es um die Ausgestaltung der Erhaltungssatzungen geht. Sollen beispielsweise Aufzüge in Wohnhäusern installiert werden, ist das nicht unbedingt Luxus, sondern orientiert sich an den Bedürfnissen einer alternden Gesellschaft. Schließlich ist es für alte Menschen mitunter schwer in die dritte Etage zu kommen und eine adäquate Parterrewohnung steht nicht unbedingt zu Verfügung. Die Voruntersuchungen sind gelaufen, die Detailuntersuchungen sollen nun zügig abgeschlossen werden, damit wir den straffen Zeitplan, wie wir ihn fordern, einhalten, denn wir wollen schnell die Aufstellungsbeschlüsse und die Beschlussfassung der eigentlichen sozialen Erhaltungssatzungen

Ein Punkt ist uns noch besonders wichtig: Die Indikatoren, anhand derer die Gebiete ausgewählt wurden, erfassen das Aufwertungspotential bereits länger zurückliegende Sanierungen nur ungenügend, wir wollen daher, dass die Stadtverwaltung prüft, wie dieses Aufwertungspotential erfasst werden kann. Zudem erwarten wir, dass das Grobscreening, wie es die Stadt für diese Vorlage durchgeführt hat, regelmäßig aller zwei Jahre erfolgt.

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
liebe Gäste,

wir stimmen heute über einen Antrag ab, mit dem wir die Verwaltung auffordern, ein Bündnis für bezahlbares Wohnen zu initiieren. Dafür sollte der Akteurs- und Expertenworkshop zur Umsetzung des wohnungspolitischen Konzepts aufgewertet werden. Es geht darum, dass mit Hilfe eines solchen Gremiums Lösungen und Wege gefunden werden sollen, wie mehr bezahlbarer Wohnraum in Leipzig entstehen kann. Damit schließen wir im Prinzip nahtlos an den vorhergehenden Tagesordnungspunkt an, zu dem wir bereits die Wohnungsproblematik im Zusammenhang mit Sanierungen diskutiert haben.

Deutschlandweit gibt es bereits einige solche Bündnisse, die ganz verschiedene Träger oder Initiatoren haben. Eines wurde seinerzeit durch die Bundesministerin Hendricks ins Leben gerufen, andere sind von Landesregierungen (Bsp. Niedersachsen), Landkreisen (Bsp. Stormarn) oder Stadtteilvereinen (Bsp. München) initiiert worden.

Wir halten es für sinnvoll, dass auch die Leipziger Stadtverwaltung hier auch auf die Expertise von Akteuren der Wohnungswirtschaft und Initiativen setzt. Aus unserer Sicht sind hierbei insbesondere die Genossenschaften ein natürlicher Partner im Diskussionsprozess, weil auch sie zahlreiche Wohnungen in Leipzig zur Verfügung stellen.

Das bezahlbare Wohnen ist eines der Kernthemen, die wir aktuell auch in der Bundespolitik haben, auch wenn das mitunter nicht so wahrgenommen wird, weil andere Themen in der öffentlichen Wahrnehmung präsenter sind. Aber, der Bund selbst will dazu übergehen, eigene Grundstücke bevorzugt und verbilligt an Kommunen abzugeben, um dort Wohnungsbau zu ermöglichen. Auch Fragen des preiswerteren Bauens spielen eine immer wichtigere Rolle. Hatte man sich bislang daran gewöhnt, dass Neubauten zwangsweise zu vergleichsweise hohen Mieten führen, gibt es Ansätze diese Spirale – ich will nicht Teufelskreis sagen – zu durchbrechen. In Hamburg bspw. gibt es ein Projekt, wo preiswert, aber eben nicht billig, gebaut werden soll, um bei der Vermietung Quadratmeterpreise von 8 Euro kalt aufrufen zu können. Diese Häuser werden in Holzbauweise errichtet und es wird auf einigen Schnickschnack verzichtet, der lediglich die Preise nach oben treibt. Herr Morlok, Sie hatten beispielsweise angesprochen, warum es immer einen zweiten Rettungsweg geben müsse und ob es nicht reichen würde, die Gebäude so zu gestalten, dass angeleitert werden kann. Sie haben Recht, auch darüber müssen wir reden. Stellplätze sind auch ein Thema, denn wenn Häuser wegen der Parkplatznot Tiefgaragen bekommen, ist das sicher praktisch, verteuert eine Wohnung jedoch noch zusätzlich. Auch darüber muss gesprochen werden, wie wir damit umgehen wollen.

Zu unserem Antrag hat die Verwaltung ihren Standpunkt vorgelegt, den wir mitgehen, weil er unser Anliegen aufgreift. Deshalb werden wir ihn auch abstimmen lassen. Uns ist wichtig, dass die Umsetzung nicht allzu lange auf sich warten lässt, denn – und da wiederhole ich mich – wir müssen schnell handeln. Wenn es uns zu lange dauert, werden wir bei ihnen nachfragen, Frau Dubrau.

Redner: Heiko Oßwald, stellv. Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
liebe Gäste,

die Gewährleistung und Organisation von Mobilität in einer wachsenden Großstadt, in der sich auch zukünftig alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt entwickeln können, ist eines der wichtigsten Zukunftsthemen in unserer Zeit und es wird eine der finanziell herausfordernsten Aufgaben sein, die unsere Stadt lösen muss.

Aber immerhin, nach dem lange genug geredet wurde und mittlerweile eine Vielzahl von Anträgen im Verfahren war, wie man den ÖPNV attraktiver machen kann, wird jetzt endlich gehandelt. Im September haben wir uns hier im Rat mit großer Mehrheit für eine nachhaltige Mobilitätsstrategie entschieden und die hat auch finanzielle Konsequenzen. Die Verwaltung nimmt nun erstmals hierzu umfassend Stellung, geht auf die unterschiedlichen Vorschläge der Fraktionen ein und bietet eigene Lösungsansätze an. Im Wesentlichen geht es um drei Themenbereiche, auf die ich jetzt gesondert eingehen möchte.

1. Die Tarife

Ein attraktiver ÖPNV hängt auch vom Preis ab. Er muss für alle bezahlbar sein, gerade auch für die Leipziger mit schmalem Geldbeutel. Es geht uns um eine faire Verteilung der Kostensteigerungen der LVB zwischen Kunden, Stadt und LVV. Weder können wir zukünftig ohne Fahrpreiserhöhungen auskommen, weil dies LVV und Stadt auf Dauer finanziell nicht schultern können, noch dürfen die Kostensteigerungen, wie in der Vergangenheit geschehen, den Fahrgästen über Tariferhöhungen aufgebürdet werden. Wir hatten daher vorgeschlagen, die Tariferhöhungen  auf max. 2 Prozent zu begrenzen und zwar nachhaltig. Das ist aus unserer Sicht der bessere Ansatz, als die Fahrpreise für 2 Jahre stabil zu halten, um sie danach doppelt erhöhen zu müssen. Dies greift die Verwaltung auf und schlägt weiter vor, die Schüler-Card die nächsten beiden Jahre nicht zu erhöhen. Das begrüßen wir ausdrücklich.

2. Die Sicherstellung des laufenden Betriebes und Investitionsbedarfes.

Um kurzfristig wachsende Fahrgastzahlen mit vorhandenen Ressourcen zu bewältigen, muss massiv in neue Fahrzeuge und die Ausbesserung der Schienennetze investiert werden. Auch müssen faire Löhne gezahlt werden, um den wachsenden Personalbedarf  abzusichern und die vorhandenen Mitarbeiter zu halten. Wir hatten daher vorgeschlagen, die Investitionszuschüsse an die LVB deutlich zu erhöhen. Nachdem der neue Nahverkehrsplan im Entwurf vorliegt, stimmen wir aber auch der Anhebung des Ausgleichsbetrages bis 2023 auf 55 Mio. Euro zu.

3. Die Finanzierung der anstehenden ÖPNV- Planungen und –Großinvestitionen aufgrund des beschlossenen Mobilitätsszenarios

Der zusätzliche Investitionsbedarf beim beschlossenen Nachhaltigkeitsszenario wird bis zum Jahr 2030 rund 600 Mio. Euro betragen. Selbst bei einer Förderquote von 80% müsste die Stadt Leipzig bis dahin rund 120 Mio. Euro an Eigenmitteln aufbringen. Also pro Jahr rund 10 Mio. Euro. Daher hatte meine Fraktion gemeinsam mit der Freibeuter-Fraktion die Bildung eines Mobilitätsfonds vorgeschlagen, in den jährlich durch LVV und Stadt zu gleichen Teilen diese 10 Mio. Euro eingezahlt werden sollten. Daher ist die vorgeschlagene Prüfung bis zum Jahr 2022 nicht zufriedenstellend und wird den finanziellen Druck auf künftige Haushaltsjahre verlagern. Aber immerhin werden mit den Mitteln aus der Tilgung des Gesellschafterdarlehens durch die LVV notwendige Planungen angeschoben und LVB – Mitbauprojekte beim VTA beschleunigt.

Hierzu bedarf es durch die Verwaltung noch einer konkreten Untersetzung der Maßnahmen. Auch werden wir uns ausdrücklich vorbehalten, im Rahmen der Haushaltsberatungen noch entsprechende städtische Mittel einzufordern.

Letztendlich geht es heute auch um Abwägungsprozesse. Wie verwenden wir die begrenzten finanziellen Ressourcen? Wie viele Mittel setzen wir für die Begrenzung von Tariferhöhungen ein? Wie viele Mittel nutzen wir für die Absicherung notwendiger Investitionen? Und: Wie viele Mittel wollen wir einsetzen, um gute Löhne und attraktive Arbeitsbedingungen gewährleisten zu können? Die einfache Wahrheit ist, der Euro kann nur einmal ausgegeben werden. Daher sprechen wir uns auch gegen ein Tarifmoratorium aus, so toll dies auch klingt. Ein durchgehendes Tarifmoratorium würde bis zum Jahr 2030 Einnahmeausfälle von rund 320 Mio. Euro bedeuten, die woanders fehlen. Auch ein auf zwei Jahre begrenztes Tarifmoratorium würde bedeuten, dass ein Fehlbetrag von rund 46 Millionen Euro bis 2030 aufläuft. Diese Mittel würden dann bei Investitionen bzw. auch bei der Finanzierung fairer Löhne fehlen. Das halten wir für unverantwortlich!

Der andere Abwägungsprozess ist, wie verteile ich die Lasten fair zwischen Stadt und Stadtkonzern. Zur Wahrheit gehört, dass ein großer Teil der Lasten der LVV aufgebürdet wurde. Das tragen wir mit, da nach dem gewonnenen KWL-Prozess die LVV dazu auch momentan in der Lage ist. Für die LVV ist das jedoch eine große Herausforderung, wofür wir der Geschäftsführung des Konzerns auch unsere Anerkennung ausdrücken.

Die Stadt Leipzig wird aber nicht umhin kommen, perspektivisch auch ihren Beitrag zu leisten.

Die Vorschläge der Verwaltung sind ein echter Anfang, ein ernsthafter Versuch, die Umsetzung der Mobilitätsstrategie bei begrenzten finanziellen Mitteln abzusichern. Daher werden wir dem Verwaltungsstandpunkt zustimmen.

Redner: Axel Dyck, Stadtrat

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
liebe Gäste,

es gibt einen Satz in der Geschichte der alten Bundesrepublik, von dem man durchaus behaupten kann, dass er es bis in die Leitkultur geschafft hat: „Freie Fahrt, für freie Bürger“. Entwickelt vom ADAC 1974. Da ist es nicht weit bis zur autogerechten Stadt. Und es gibt auch in unserer Stadt eine ganze Reihe von Interessen, die dieses Ziel auch heute noch für opportun halten.

Wie Städte aussehen, die sich diesem Diktat unterworfen haben, wissen wir alle – vielfach zerstörte Stadtstrukturen ohne Lebensqualität im öffentlichen Raum.

Es ist ein erstes Paradoxon, dass Leipzig in der Zeit der Stagnation, vor allem nach der Olympiabewerbung, wirtschaftlich zu schwach war, diesen damals noch vorhanden Mainstream zu folgen und weitere Trassen durch die Stadt zu schlagen – ein positiver Ausgangspunkt für heute.

Ein zweites Paradoxon liegt in der Erkenntnis, dass „Freie Fahrt, für freie Bürger“ nur mit weniger privatem Autoverkehr möglich ist, sowohl absolut als auch relativ im Modalsplit.

Diesen Erkenntnissen folgen wir mit der heutigen Beschlussfassung. Wir sind übrigens nicht die erste Stadt, in der neben dem Gefühl auch das Wissen um sich greift, dass nicht der PS-Stärkste das alleinige Recht auf „Freie Fahrt“ besitzt und damit die Rechte anderer einschränkt

Kopenhagen setzt auf den Radverkehr mit breiten Radwegen ins Umland – 41% der Wege zur Arbeit und in die Schule.

Wien setzt auf das 365 EUR Jahresticket um Fahrgäste in den ÖPNV zu locken.

Zürich setzt wie die gesamte Schweiz auf die Schiene.

Paris sperrt gleichmal eine Straße an der Seine für Autos.

Weitere Beispiele sind London, Helsinki, Madrid.

Überall tut sich etwas, das Ende des städtischen Straßenverkehrs wie wir ihn heute kennen, ist unausweichlich.

Wir müssen handeln und wir wollen handeln, das hat nämlich auch etwas mit stofflicher Physik zu tun: Wo ein Auto steht, kann kein zweites Auto sein. Man sollte sich mal vergewissern, wo früher zwei Golfs standen, hat heute gerade mal ein SUV Platz.

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit der Konzentration auf das Nachhaltigkeitsszenario, eigentlich ein völlig irreführender Begriff, wagen wir einen kleinen Schritt in das nächste Jahrzehnt und streifen ein Korsett, eine Zwangsjacke ab, in welches wir uns, also die Bürger dieser Stadt, teils freiwillig, teils aus Mangel an Alternativen selbst gesteckt haben. Es war ja auch und ist es noch so bequem, solange man „frei“ fahren kann. Diese Zeiten sind aber auch in unserer Stadt bald vorbei. Verkehrssysteme kollabieren, wenn sie verstopfen.

Wir sind zum Handeln aufgefordert und gezwungen.

  • Nachhaltigkeitsszenario bedeutet vor allem:
  • Das erwartete steigende Verkehrsauskommen muss größtenteils in den Umweltverbund gelenkt werden.
  • Daraus folgen Netzausbau und Angebotserweiterung im ÖPNV bei nur moderaten Preissteigerungen.
  • Der Umweltverbund erhält bei der Aufteilung des Verkehrsraums eine höhere Priorität.
  • Konzentration des Straßenausbaus auf infrastrukturelle Entflechtungen.
  • Ausweitung des Quartiersparkens.

Das ist so leicht daher gesagt. Es wird mehr Umdenken in der Stadtgesellschaft und bei den Entscheidern erfordern, als wir uns das heute vorstellen.

Weil: Die Freiheitsgrade des Einen sind die Beschränkungen des Anderen. Wir sollten es deshalb auch deutlich aussprechen und dafür auch einstehen – Der mobilisierte Individualverkehr wird Schritt für Schritt in den nächsten 10 Jahren behindert werden. Auch um den Wirtschaftsverkehr nicht einzuschränken. Und an anderer Stelle werden Bürgerinitiativen entstehen, die neue Straßenbahntrassen verhindern wollen.

Am Ende hoffen wir, dass die Lebensqualität der Bürger steigt und der öffentliche Raum in einer enger werdenden Stadt neue Perspektiven erhält.

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
liebe Gäste,

ich möchte mein Statement mit zwei Zitaten beginnen:

„Wenn Sie 215 Millionen haben und schmeißen das Geld zum Fenster raus, und dann kommt’s zur Tür wieder herein. Sie kriegen es nicht kaputt [… ] Sie kaufen Autos? Das Auto kriegt mehr Wert. Sie kaufen Häuser? Die Immobilien kriegen mehr Wert. Sie gehen in Gold? Das Gold wird mehr wert. Sie können’s nicht durch Konsum zerstören, das Geld.“

Gesagt hat das Christoph Gröner, der Gründer und Vorsitzende der CG-Gruppe, dessen Unternehmen auch den Freiladebahnhof entwickeln möchte. Um hier keinen falschen Eindruck entstehen zu lassen: Herr Gröner soll und wird sein Geld verdienen, wir als Stadt waren leider, wie auch am Bayerischen Bahnhof nicht in der Lage Vorkaufsmöglichkeiten zu nutzen und die Flächen zu erwerben. Herr Gröner hat diese gekauft, mit dem Ziel, Gewinne zu erwirtschaften, und die wird er auch erwirtschaften.

Denn die Rahmenbedingungen in Leipzig stimmen, Leipzig wächst und ist eine der attraktivsten Großstädte in Leipzig. Auch wir wollen, dass es auf dem Freiladebahnhof weitergeht. Wir sorgen mit dem gemeinsamen Antrag sogar für neuen Schwung, schließlich sollte die Masterplanung bereits vor der Sommerpause beschlossen werden. Dass wir für neuen Schwung gesorgt haben, zeigt der Verwaltungsstandpunkt.

Viel Gutes haben wir mit dem städtebaulichen Vertrag im April beschlossen. Zu nennen sind hier: Die Entwicklung und kostenfreie Übertragung von Grünflächen und das Vorhalten von Flächen für Kitas und Schulen inkl. der Beteiligung an Bau- und Grundstückskosten, daher ist auch hier eine teilweise Kostenfreiheit für Grundstücke enthalten. Des Weiteren wurde eine intensive Bürgerbeteiligung  beschlossen und entschieden, dass es ein ökologischer Stadtteil werden soll, siehe §4 Absatz 2 und §5 Absatz 9. Für uns sehr wichtig: 30 Prozent der Wohnungen sollen geförderte Wohnungen mit Belegungsbindung werden.

Auch der bisherige Vertrag ist daher gut und wir freuen uns, dass er mit den ersten Vereinbarungen noch besser wird.

Seit dem Beschluss sind 1 ½ Jahre vergangen, Bürgerwerkstätten haben stattgefunden und es sollen sich Veränderungen in der Planung ergeben. Zum Beispiel mehr Wohnungen und damit auch mehr geförderter Wohnungsbau. Das ist zu begrüßen. Gleichzeitig sollen die Gewerbeflächen von 84.000 auf 98.000 Quadratmeter angehoben werden, das entspricht 15 Prozent mehr Fläche. Die Erhöhung der Flächen zeigt, wie attraktiv das Gelände ist. In diesem Zusammenhang die geplante deutliche Erhöhung der Einzelhandelskapazitäten, die nicht zu unserem STEP Zentren passt.

Dessen sollten wir uns auch als Stadtrat bewusst sein und, gerade bei einem so bedeutenden Vorhaben mit Ausstrahlung weit über dieses Quartier hinaus, sollten wir ein neues Selbstbewusstsein gegenüber Investoren entwickeln. Die kooperative Baulandentwicklung ist ein gutes Instrument zum Interessenausgleich zwischen Stadt und Investor. Mehr Wohn- und Gewerbeflächen und damit eine höhere Dichte sind vor dem Hintergrund des Grundsatzes „Innen- vor Außenentwicklung“ zu unterstützen. Das Projekt wird damit noch attraktiver für den Investor, es ist daher nur folgerichtig, dass für das Mehr, insbesondere an Gewerbeflächen, auch der Investor entgegenkommen zeigt.

Was wollen wir konkret mehr? Wir wollen, dass die Flächen für experimentelles Wohnen und für Kultur an die Stadt übertragen werden, zu einem Preis, der verhandelt werden soll. Auch hier sind die Verhandlungsergebnisse ein guter Aufschlag. Im Punkt experimentelles Wohnen sind Änderungen auch dringend notwendig, denn so wie die bisherigen Planungen sind, würde dort teurer Wohnraum entstehen, das war aber von Anfang an nie Interesse des Stadtrates

Wenn man es genau nimmt, sind das die Hauptforderungen, die neu sind. Der Großteil der Forderungen dient tatsächlich dazu, wieder an die Abmachungen zu erinnern. Denn der Prozess der Entwicklung ist zuletzt ins Stocken geraten. Es wird seitens des Investors auf Gutachten Bezug genommen, die schon bei der Stadt liegen müssten, die aber keiner kennt. Es werden Veränderungen an Plänen vorgenommen, die nicht abgestimmt sind. Es werden Kündigungen ausgesprochen bzw. Verträge nicht verlängert für Mieter, deren Erhalt nicht nur die GC-Gruppe im ersten Bürgerforum zugesichert hat, sondern deren Erhalt während der gesamten Bürgerbeteiligung ausdrücklich gewünscht wurde.

Wir wollen daher mit dem Antrag sicherstellen, dass die gemachten Zusagen eingehalten werden. Wir wollen, dass die Stadt die Grundstücke für Kitas und Schulen schnellstmöglich übertragen bekommt, damit zügig mit dem Bau begonnen werden kann. Wie abgemacht bzw. beschlossen, teilweise kostenfrei und teilweise zum Verkehrswert. Auf dem Gelände sollen zwei Schulen, die wir im Übrigen natürlich dringend brauchen, sowie über 300 Kitaplätze entstehen, die wir bekanntlich auch schwer nötig haben. Eine schnelle Übertragung bringt für beiden Seiten Sicherheit.

Auch die Kulturmeile inkl. Sicherung der Grundstücke für Kultur wollen wir erreichen, dass das „So&So“ und der TV Club auch in Zukunft eine Bestandsmöglichkeit haben, so wie von der Stadt und in den Bürgerforen gewünscht und wie von Herrn Graichen im Bürgerforum vom Mai 2017 versprochen. Das Kündigen bzw. Auslaufenlassen des Vertrags mit dem „So & So“ sowie die nur noch bis Ende 2019 gegebene Standortgarantie für den TV-Club, lassen den Anschein entstehen, dass dem nicht allzu viel Bedeutung beigemessen wird. Denn ernsthafte Alternativen wurden bisher durch die CG-Gruppe nicht vorgeschlagen. Auch die Gutachten, die angeblich deutlich machen, warum beide Clubs am Standort nicht bleiben können, liegen der Stadt nicht vor.

Lassen sie mich zuletzt noch ein paar Sätze zu den verbleibenden Gewerbemietern sagen: Im städtebaulichen Vertrag steht: „Der Vorhabenträger strebt betrieblich angemessene Umsetzungslösungen für heute im Gebiet vorhandene Gewerbebetriebe an. Er wird die Stadt regelmäßig über diesbezügliche Verhandlungen informieren.“ Nach meiner Kenntnis hat bisher kein einziger Betrieb ein Angebot der CG-Gruppe angenommen, oder anders ausgedrückt null, in Zahlen 0, Betriebe haben ein Angebot bekommen, dass ihn annehmbar erschien. Es drängt sich daher der Verdacht auf, dass es sich lediglich um pro-forma-Angebote gehandelt hat. Selbstverständlich wird ein Metallhandel im Wohngebiet keinen Bestand haben können, aber auch hier hängen Existenzen und Familien dran, es sollten daher faire Angebote gemacht werden und die Stadt sollte unterstützen und vermitteln. Oder ein Bowlingtreff dessen Betreiber über 60 Jahre ist, er wird keinen neuen Kredit für einen Umzug aufnehmen, ihn kann man dann wenigstens so lange auf dem Gelände lassen, bis tatsächlich Baumaßnahmen an der Stelle notwendig sind. Ich erwarte daher vom Amt für Wirtschaftsförderung, dass es sich in den Prozess einklinkt und darauf achtet, dass die Angebote fair sind und Existenzen sichern oder zumindest verlängern.

Wir richten daher einen Appell an die CG Gruppe, in privatrechtliche Verträge eingreifen können wir letztendlich nicht.

Abschließend: Lassen sie uns mutig sein, lassen sie uns selbstbewusst sein. Leipzig ist eine tolle prosperierende Stadt, die attraktiv ist für Investorinnen und Investoren und dieses Projekt wird mit den von uns geforderten Anpassungen ein noch größerer Erfolg für Leipzig und sicher auch für die GC-Gruppe.

Ich bin davon überzeugt, dass auch bei diesem Projekt für die CG-Gruppe deutlich mehr Geld zur Tür wieder herein kommt, als sie vorher zum Fenster hinaus geworfen hat.

Wir bitten Sie daher um Zustimmung zum Antrag in der vierten Neufassung, in der der Verwaltungsstandpunkt aufgeht. Wir wollen, dass die Stadtverwaltung die nächsten Wochen verhandelt und bis Jahresende dem Stadtrat etwas vorlegt. Dann müssen wir als Stadträte entscheiden und ich bin guter Dinge, dass wir einen Kompromiss finden. +++

Redner: Axel Dyck, Stadtrat

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
liebe Gäste,

Jede Befassung mit Themen im Zusammenhang mit der „Friedlichen Revolution 1989“ und vor allem mit den Ereignissen am 9. Oktober hier im Rat, aber auch im öffentlichen Raum berührt unweigerlich das sich seit 1989 entwickelte Selbstverständnis unserer Stadt, man kann auch sagen ihre DNA und ist zwangsläufig von einer hohen Emotionalität geprägt.

Es bestand daher in den letzten Jahrzehnten – ja, wir sprechen bei 30 Jahren mittlerweile in dieser Größenordnung – hier im Stadtrat Einvernehmen, das vor allem bei den Parteien, die ihre Wurzeln im Herbst 1989 haben, darüber, diese Themen mit der entsprechenden Sorgfalt und mit Respekt zu behandeln.

Man kann mit Ratsbeschlüssen auch vieles falsch machen. Warum sage ich das – die Beschlussvorlage der Stadtverwaltung lies genau diese Sensibilität vermissen – Stichwort: Kuratorium mit Polizeipräsidenten und Sponsoren.

Dass der Vorschlag für ein Kuratorium mit Einfluss auf die Programmgestaltung „9. Oktober“ unterbreitet wurde, hat seinen Hintergrund in offensichtlichen Verwerfungen innerhalb der Initiative „Tag der Friedlichen Revolution – Leipzig 9. Oktober“ und ihrem näheren Umfeld. Mit dem Kuratorium soll eine neue Verantwortungsebene geschaffen werden ohne die Initiative, wie befürchtet, an den Rand zu drängen. Ich sage es hier im Namen meiner Fraktion ausdrücklich – Wir brauchen euch!

Die auch öffentlich diskutierten Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Initiative zur Ausgestaltung vor allem des Lichtfestes wurden unter dem Begriff „Eventisierung des Lichtfestes“ zusammengefasst, der auch von einigen hier im Rat aufgegriffen wurde.

Ich glaube, der Begriff verkleistert den Konflikt. Die eigentliche Frage, die nicht nur in der Initiative, sondern auch im weiter zu fassenden politischen Raum diskutiert wird, lautet eigentlich: Welche Botschaft ging und geht zukünftig von der Bühne des Lichtfestes aus? Und diese Frage ist verdammt politisch und wird unterschiedlich beantwortet und beantwortet werden müssen.

Damit steht schon heute das zu schaffende Kuratorium als Beirat unter einer immensen Anspannung. Das hat schon der Diskussionsprozess hin zum Text der heutigen Beschlussfassung gezeigt.

Dem Kuratorium, zusammen mit der Initiative obliegt letztendlich die Aufgabe, die Erinnerung an den Herbst 1989 mit den Entwicklungen in Deutschland und Europa der letzten 30 Jahre, mit aktuellen Ereignissen und zukünftigen Erwartungen auszubalancieren. Oder anders ausgesprochen, wieviel 1989 muss in der Reflektion sein, ohne in ein museales Gedenken abzugleiten.

Das wird sehr schwer werden und nicht bei allen Beteiligten und vor allem bei all den „Nichtbeteiligten“ auf ungeteilte Zustimmung treffen.

Warum sage ich das so deutlich? Nach 30 Jahren verblassen zwangsläufig viele Erinnerungen an den Herbst 1989, anderes wird überhöht. Ich sage manchmal „70.000 Demonstranten – 70.000 Meinungen“ und somit sollte niemals eine Einzelperson oder ein Verein oder eine Gruppierung die alleinige politische Interpretationshoheit über den Herbst 1989 beanspruchen dürfen. Die „nachgewachsenen“ und „nachwachsenden“ Generationen werden auch ihre Stimme einfordern. Und das ist gut so. In vielen Dingen mit Blick auf 1989 beginnt langsam die Zeit der Historiker.

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich nehme mir das Recht heraus, das so deutlich auszusprechen, weil auch ich ein Zeitzeuge bin.