Reden und Texte der SPD-Fraktionsmitglieder innerhalb der Ratsversammlung zu ausgewählten Themen

Christopher Zenker
Christopher Zenker

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

Leipzig hat sich mit der Mobilitätsstrategie Leipzig 2030 das ambitionierte Ziel gesetzt, dass bis 2030 70 Prozent aller Wege im Umweltverbund zurückgelegt werden sollen. Im Rahmenplan zur Mobilitätsstrategie sind Bündel von Maßnahmen enthalten, die die Mobilitätswende vorantreiben und attraktive Angebote für alle LeipzigerInnen schaffen sollen.

Die Erfahrungen aus Städten, in denen die Mobilitätswende zügig voran geht, zeigen, dass neben dem ÖPNV, dem Rad- und Fußverkehr insbesondere Angebote geteilter Mobilität (Mobility as a Service [MaaS]), wie stationäres, teil- und vollflexibles Carsharing, Scooter-, Fahrrad- und Lastenradverleih, Fahrgemeinschaften, Bedarfsverkehre (Ridehailing – Rufsysteme und Ridepooling – Fahrdienste für gemeinschaftliche Fahren) und viele andere Mobilitätsvarianten, ein wesentlicher Schlüssel sind, um attraktive Alternativangebote zum individualisierten Autoverkehr zu schaffen. Viele progressive Städte, in denen die Mobilitätswende zügig voranschreitet, haben bereits MaaS-Angebote massiv ausgebaut und sie in das System der öffentlichen Daseinsvorsorge integriert.

Auch in Leipzig sind verschiedene Anbieter tätig, die Ihre Services in Eigenregie in der Stadt ausbauen. Eine strukturelle stadtweite Planung – die auch die Anbindung des Umlandes einschließt – für ein multi- und intermodales Maas-Angebot existiert nicht. Einzig die Leipziger Verkehrsbetriebe haben für ihre Kunden einzelne Anbieter integriert.

Seit Jahren beklagen die Anbieter von Mobilitätsangeboten Abstimmungsprobleme und dadurch Reibungsverluste beim Ausbau von Systemen. Der Ausbau des Carsharing stagniert, weil nicht ausreichend Flächen zur Verfügung gestellt werden – obwohl die Förderung von Carsharing Bestandteil zahlreicher Konzepte der Stadt ist. Der Ausbau eines flächendeckenden Lastenradverleihsystems ist vom Stadtrat beschlossen und die Umsetzung – losgelöst von anderen Systemen? – derzeit in Arbeit. Der Leipziger Stadtrat hat vor über 10 Jahren den Aufbau von Fahrradverleihstationen beschlossen, wofür die Stadt bis heute kein Konzept vorgelegt hat. Für den Ausbau einer Verleih-E-Bike-Flotte wären Stationen zum Laden zwingend.

Andere Städte lassen sich Fahrzeugsharing aktuell deutlich mehr kosten als in Leipzig. Ein Blick nach Dresden ist bei diesem Thema durchaus sinnvoll. In der Landeshauptstadt werden Carsharing-Angebote gerade massiv ausgebaut.

Ziel des Antrages ist es, in einem ersten Schritt, einen planerisch-konzeptionellen, rechtlichen und finanziellen Rahmen für ein flächendeckendes System geteilter Mobilität zu schaffen. So soll für mehr BürgerInnen multi- und intermodale Mobilität ohne eigenes Auto flächendeckend möglich gemacht und die Mobilitätswende befördert werden.

Prof. Dr. Getu Abraham
Prof. Dr. Getu Abraham

Redner: Prof. Dr. Getu Abraham, Stadtrat

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
meine Damen und Herren,

jede und jeder kennt die Schule – wenigstens aus dem eigenen Erleben (hoffe ich), mitunter aber auch durch die eigenen Kinder oder bereits auch schon wieder Enkel.

Kinder verbringen heute etwa 38,5 Stunden pro Woche in der Schule.

Bei jüngeren Kindern sind es dabei durchschnittlich zunächst weniger Stunden, doch wächst mit dem Lebensalter auch die schulische Arbeitsbelastung: im Übergang von der Mittel- zur Oberstufe sprechen wir teilweise von einer 45-Stunden-Woche für Jugendliche.

Kurzum: Hat man das Glück, eine Schule zu besuchen, verbringt man im Laufe der eigenen Bildungskarriere rund 11.000 Stunden des Lebens dort.

(Die Lehrer lassen wir hier mal außen vor – die dürfen ruhig noch etwas weiterrechnen.)

Meine Damen und Herren, es ist keine neue Feststellung, wenn ich hier festhalte, dass in der Umkehr Pausen einen wesentlichen und wichtigen Bestandteil des Schulalltags darstellen. Sie ermöglichen die Wiederherstellung der Lern- und Leistungsbereitschaft, schaffen Entlastung und Entspannung für Schüler.

Junge Menschen brauchen ein Umfeld mit Bewegungsräumen, ein Umfeld, das ihnen die Möglichkeit bietet, sich selbst aktiv mit ihrer Umwelt auseinanderzusetzen. Das Schulgelände bildet dabei – wie oben herausgestellt – für Kinder und Jugendliche lange Zeit einen wichtigen Lebensmittelpunkt.

Deshalb können Schulhöfe und Schulgelände, die eine naturnahe Umgestaltung erfahren, ein Mehrwert im besten Sinne schaffen.

In Zeiten der für uns alle spürbaren klimatischen Veränderung sowie der drastischen Rückentwicklung der Biodiversität, insbesondere in urbanen Räumen,sind naturnahe und klimaresiliente Grünflächen von außerordentlicher Bedeutung. Ich denke, ich brauche an dieser Stelle nicht auf die mitunter erheblichen klimatischen Schwankungen auch in unserer Stadt hinweisen – heißere und vor allem trockenere Sommer einerseits, dann wieder massive Niederschläge, die auf ausgedörrte, im Stadtraum aber auch immer häufiger versiegelte Böden treffen, andererseits.

Richtig ist: Wir haben erst kürzlich hier im Rat beschlossen, dass alle Schulen und Turnhallen in Leipzig grüne Bau-Standards erhalten, wenn sie neu geplant und errichtet werden. Wir begrüßen das sehr.

Es ist aber in diesem Zusammenhang konsequent, wenn nicht nur Neubauten in diesem Sinne gedacht werden, sondern wir auch dazu beitragen, dass Bestandsschulen durch naturnah gestaltete Areale Teil einer Klimaresilienzstrategie werden, die stark auch jene in den Blick nimmt, die unsere Zukunft sind: unsere Kinder!

Mit unserem Antrag – Sofortprogramm für Bestandsschulen – wollen wir erreichen, dass eine zukunftsweisende, naturnahe Pausenhofgestaltung partizipativ erfolgt.

Wir wollen dazu einladen, dass die gesamte Schulgemeinschaft – also, Schüler, Lehrkräfte, Schulleitung und Träger, Hausmeister und Eltern – ihren Lebensmittelpunkt auf Zeit aktiv, naturnah und grün gestaltet.

Im Sinne der Schüler in ganz Leipzig bitten wir um Ihre Zustimmung zu diesem Antrag.

Vielen Dank!

Rednerin: Anja Feichtinger, Stellv. Vorsitzende der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Dezernenten, sehr geehrte Damen und Herren Stadträte, werte Gäste,

die Vorlage eines Stadtplatzprogrammes für Leipzig begrüßt die SPD-Fraktion grundsätzlich, auch wenn der Weg der Verwaltung zur Vorlage ziemlich kompliziert und lang war. Ich erinnere an Anfragen von Stadtratskolleginnen, an 0. Lesungen in den Ausschüssen in den Jahren 2021 und 22, in denen konkrete Forderungen zur Umsetzung der Verwaltung mitgegeben worden sind, und an die intensive Behandlung mit mehreren Lesungen ebenfalls in den zuständigen Fachausschüssen, aus deren Diskussion die nunmehr vorliegenden Änderungsanträge hervorgegangen sind.

Anja Feichtinger

Man sieht an den Änderungsanträgen, dass alle Mitglieder des Rats mit der Vorlage nicht zufrieden sind und sich hier einen anderen Umgang gewünscht hätten, zumal in der Vergangenheit von der Verwaltung eine hohe Erwartungshaltung mit der Vorlage geschürt wurde.

Gemeinsam mit den Fraktionen Linke und Grüne bessern wir somit nach. Aus dem gemeinsamen Änderungsantrag sind der SPD-Fraktion folgende Punkte wichtig.

Die Priorisierung der Plätze nach Komplett- und Teilumbaumaßnahmen ist nachvollziehbar, lässt aber gerade die Garten- und Dorfplätze – die oft nicht im Innenstadtbereich liegen – in der Gestaltung außen vor. Oftmals sind hier mit kleinen Maßnahmen ohne Ausschreibung und komplexer Vorplanung Aufwertungen möglich. Deshalb fordern wir mindestens zwei Dorf- und Gartenplätze im Jahr mit umzusetzen.

Die Neuaufnahme von Pop-up-Plätzen in die Umsetzung versetzt die Stadt Leipzig zudem in die Lage, kurzfristig in Quartieren neue Formen der Straßenraumgestaltung durch Aufbringen von Farbe und Möblierungen auszuprobieren, Flächen an den Klimawandel anzupassen und somit schneller nutzbar zu machen.

Die Beschlusslagen der Stadt – insbesondere zu den Themen Biodiversität, Artenvielfalt und Wasserkonzeption – müssen bei der Umsetzung hinreichend beachtet werden.

Die Federführung für die weitere Bearbeitung und Umsetzung soll beim Stadtplanungsamt liegen. Wir wollen damit vermeiden, dass es eine weitere „Heiße Kartoffel“ in der Stadtverwaltung gibt (ich denke da an das Toilettenkonzept oder das Thema Reinigung und Winterdienst auf Radwegen). Mit der Verantwortung in einem Dezernat bieten sich weitere Möglichkeiten der ämterübergreifenden Zusammenarbeit, so dass sich niemand an der „Heißen Kartoffel“ die Finger verbrennen muss, sondern die Zuständigkeiten und die Verantwortlichkeiten klar geregelt sind. Herr Oberbürgermeister, wir wollen Ihnen nicht in die Hoheit der Geschäftsführung der Stadtverwaltung eingreifen, bitten aber um einen Vorschlag zur Verankerung des Programms. Sehen Sie unseren Änderungsantrag als einen Vorschlag und machen Sie gern einen besseren.

Aus Sicht der SPD-Fraktion ist es sinnvoll, alle Plätze der Stadt in einem Programm zusammenzufassen und nicht, wie auch von der Verwaltung vorgeschlagen, ein weiteres Programm für Dorf- und Gartenplätze aufzulegen.

Darüber hinaus fehlt in der Vorlage eine Übersicht über die zeitliche Einordnung der einzelnen Maßnahmen. Auch die Einbeziehung in die Priorisierung und die Umsetzung der Einzelmaßnahmen ist uns wichtig.  

Ich freue mich auf Ihre Unterstützung des Änderungsantrags.

Dem Änderungsantrag der CDU können wir in Punkt 2 zustimmen. Bei Punkt 1 schlagen wir eine Konkretisierung vor: Dorf- und Gartenplatzprogramm als Bestandteil des Stadtplatzprogrammes aufzunehmen. Wenn wir uns auf diesen Tenor einigen könnten, dann stimmen wir auch Beschlusspunkt 1 zu.

Den Änderungsantrag der AfD lehnen wir ab. Dieser zielt mal wieder darauf ab, den Klimawandel und den damit verbundenen Konsequenzen für eine Klimaanpassung in den Städten ab absurdem zu führen.  

Der Vorlage werden wir dann insgesamt zustimmen.

Vielen Dank!

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Christopher Zenker
Christopher Zenker

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

erstmal vielen Dank an die Stadtverwaltung für die Kitabedarfsplanung.  Es ist die Kitabedarfsplanung für 2024 über die wir heute abstimmen und noch nicht die für die Folgejahre.

Ich habe meine alten Wahlflyer durchgesehen und da war das Kita-Problem ein riesiges und dieses Problem haben wir gelöst – Stadtrat und Stadtverwaltung gemeinsam. Das ist ein großer Erfolg, der zeigt, dass Politik handlungsfähig ist. Es ist besser, jetzt den Luxus von etwas mehr Kitas zu haben, als dem Mangel hinterher zu laufen. Deshalb ist hier zu viel Kritik an diesem Punkt auch unangebracht.

Im Vorfeld hat diese Vorlage für viel Diskussion gesorgt, weil es aktuell aufgrund der gesunkenen Geburtenzahlen in verschiedenen Teilen der Stadt Überkapazitäten gibt, die zu Schließungen führen sollen. Diese wollen wir soweit es geht vermeiden. Dennoch die Verunsicherung ist sehr groß. Bei Tagesmüttern und -vätern, weil sie befürchten, dass sie am Ende nicht mehr gebraucht werden. Das sehen wir anders: Es wird auch zukünftig einen Bedarf an Betreuungsplätzen bei Tageseltern geben, weil es auch Eltern gibt, die die familiäre Atmosphäre bei Tagesmüttern und –vätern schätzen.

Heute wurde, im Rahmen der aktuellen Diskussion, den Erzieherinnen und Erziehern in den Einrichtungen gedankt. Das ist gut und richtig, vergessen wurden aber die Tagesmütter und –väter, die ebenso während Corona einen großartigen Job gemacht haben. Auch waren sie stark daran beteiligt, uns nach der Einführung des Rechtsanspruchs auf Kinderbetreuung ab dem 1. Lebensjahr mit zu retten und haben in der Zeit des Platzmangels viele Betreuungsplätze bereitgestellt. Aber weil alle wussten, dass der Bedarf längerfristig sinken wird, haben wir schon 2014 darauf hingewiesen, dass es notwendig ist alternative Angebote für diese Gruppe zu schaffen. Unsere Fraktion hat schon 2014 beantragt, dass Tagesmütter und –väter in ein Weiterqualifizierungsprogramm zu staatlich anerkannten Erzieher/-innen aufgenommen werden können.

Theoretisch bin ich befangen über dieses Thema zu sprechen, denn meine Frau ist Erzieherin, war an verschiedenen Kitas tätig, zunächst bei freien Trägern und inzwischen bei der Stadt. Ich sage das, um mit der Mähr aufzuräumen, nur die freien Träger beträfen die Schließungen. Sie ist in einer kommunalen Kita tätig, in der auch ein Teil des Objektes geschlossen worden ist. Wir sollten nicht die freien Träger gegen die städtischen Kitas aufwiegen, den beide machen sehr gute Arbeit.

Der Geburtenknick und die in der Folge entstandenen Überkapazitäten haben große Verunsicherung ausgelöst. Diese werden wir an dieser Vorlage nicht lösen, aber wir müssen die damit verbunden Themen diskutieren und dann in der mittel- und langfristigen Bedarfsplanung angehen.

Wir haben ja schon aus der Landesregierung Signale vernommen, dass die sinkenden Geburtenzahlen eine demografische Rendite sind, die genutzt werden sollen, um den Betreuungsschlüssel zu senken. Zudem haben Herr Piwarz und Herr Kretschmer die Einführung eines verpflichtenden Vorschuljahres angekündigt. Beides sind Lösungsbausteine, um Schließungen zu verhindern. Die Landesregierung hat hierbei alle Mittel in der Hand, diesen Worten auch Taten folgen zu lassen.

Wir müssen aber auch weitere Maßnahmen diskutieren. Dazu gehören Maßnahmen, dass Räume, die in Zeiten des Mangels in Gruppenräume umgewandelt wurden, wieder Räume zum Toben oder Ausruhen werden.

Oder Maßnahmen wie es uns gelingt die Selbstbetreuungsqoute, die bei den 1-7 jährigen je nach Stadtteil bei teilweise fast 30 Prozent und im Einzelfall sogar über 30 Prozent liegt, zu senken. Das heißt, dass fast 25 Prozent der Kinder, die in unserer Stadt leben, in keine Kita gehen und nicht von Tagespflegepersonen betreut werden. Das trifft oft auf Viertel zu, in denen der Anteil von Migrantinnen und Migranten hoch und / oder die Einkommen gering und die Arbeitslosigkeit höher ist. Es ist also sinnvoll, Maßnahmen zu ergreifen, um die Selbstbetreuungsquote zu senken. Denn in Kitas wird der Aufbau von Sprachkenntnissen genauso gefördert wie eine soziale Integration und Teilhabe. Zudem werden Hilfebedarfe erkannt und Angebote unterbreitet diese zu beheben.

Ein weiteres Thema, was dann auch mit den Trägern besprochen werden muss, ist eine durchmischte Verteilung von Kindern in den Kitas. So stellt die Kommune zwar nur 23,4 Prozent der Plätze, gleichzeitig werden in den kommunalen Kitas aber 70 % der Kinder mit Migrationsgeschichte und auch 50 % der Kinder mit Freiplätzen betreut. Das kann auch mit Blick auf das Subsidiaritätsprinzip nicht im Sinne des Erfinders sein.

Vor dem Hintergrund auch dieser Zahlen waren wir für einen Ausbau der Kommunalen Plätze am Gesamtanteil auf 30 Prozent, um bessere Steuerungsmöglichkeiten für die Kommune zu erhalten. Diese Forderung haben wir in Zeiten des Mangels eingefordert und sie wäre im Rahmen der Zubauphasen realisierbar gewesen.

Natürlich müssen wir in dieser neuen Situation diskutieren, ob wir die Angleichung der Quote verlängern oder aussetzen, um den Geburtenknick bis 2027 zu überbrücken. Denn keiner will eine Angleichung, die durch Schließungen bei freien Trägern realisiert wird.

Es wird im Einzelfall auch Schließungen geben, dies sollte dann aber auch fachliche und sachliche Gründe haben. So gibt es Gebäude, die nur mit sehr hohen Investitionen saniert werden können, aber selbst dann nicht barrierefrei werden. So können wir Kitas nicht bauen und sanieren, denn das hat mit gelebter Inklusion nichts zu tun.

Dennoch insgesamt müssen Schließungen weitestgehend vermieden werden durch ein verpflichtendes Vorschuljahr, Nutzung der demografischen Rendite, Erhöhung der Betreuungsquoten, durch Umnutzung von Räumen, Anerkennung von Integrationskindern und, und, und… Zudem geht die Stadt selber nur von einem Geburtenknick von wenigen Jahren aus. Was wir jedoch jetzt aufgeben, bekommen wir nur sehr schwer zurück.

Wir haben gemeinsam mit Linken und Grünen einen Änderungsantrag ins Verfahren gebracht, der dafür sorgen soll, dass die Diskussion zum Umgang mit den Überkapazitäten am Runden Tisch unter Einbeziehung von freien Trägern und Politik geführt werden, weil hier viele Themen dranhängen, die miteinander abgewogen werden müssen.

Wie und mit wem wir diese und andere Maßnahmen umsetzen sollten, müssen und werden wir in Ruhe gemeinsam mit Trägern diskutieren. Nicht an dieser Vorlage, auch wenn die Vorlage der Startschuss für die Diskussion war.

Redner: Christopher Zenker, Vorsitzender der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

seit zwei Jahren läuft der russische Angriffskrieg auf die gesamte Ukraine. Die Situation ist nach wie vor dramatisch, Menschen sterben im Bombenhagel, werden verschleppt, gefoltert, vergewaltigt und ermordet. Aus Leipzig können wir die Situation weitestgehend nur verfolgen.

Und dennoch, die Vorlage ist, gerade jetzt, kurz nach dem zweiten Jahrestag, an dem Putin nach der gesamten Ukraine gegriffen hat, ein erneutes starkes Zeichen dafür, dass wir weiterhin fest an der Seite der Ukraine und insbesondere an der Seite unserer Partnerstadt Kyiv stehen. Unsere Städtepartnerschaft beschränkt sich nicht auf warme Worte, sondern ist gelebte Solidarität, wenn wir mit insgesamt 2,5 Millionen Euro direkt humanitäre Hilfe für unsere Partnerstadt leisten und hier vor Ort, den seit mittlerweile längerer Zeit in Leipzig lebenden Ukrainerinnen und Ukrainern und Geflüchteten aus anderen Ländern helfen. Allen voran bei der Integration in den Arbeitsmarkt.

Auch mit dem Hilfspaket aus dem vergangenen Jahr, wo über diese Mittel Hilfsgüter wie Löschfahrzeuge, Transformatoren oder Pumpstationen beschafft wurden, die dazu beitragen, die Wasser- und Stromversorgung in Kyiv aufrecht zu erhalten, die gezielt von Russland angegriffen wird, um die Zivilbevölkerung zu brechen. Das neue Hilfspaket wird an dieser Stelle weiter ansetzen und das ist gut so.

Sehr geehrter Herr Hörning, ich danke Ihnen für diese Vorlage. Auch, weil man sieht, dass Sie das Thema mit viel Herzblut verfolgen. Sie waren bei der Übergabe der Feuerwehrfahrzeuge an die Stadt Kyiv genauso dabei, wie auch bei der Einweihung der Partnerschaftsstraßenbahn.

Es ist wichtig, dass diese Vorlage auch konkret mit Mitteln untersetzt ist. Den Änderungsantrag der Grünen werden wir ablehnen. Das Argument, dass die Töpfe überzeichnet seien, ist ein Problem, dass uns bei allen Fördermittelrunden, egal ob im Sport-, Kultur- oder Sozialbereich, begegnet. Die Vorlage ist gut und wir haben das Vertrauen, dass es gelingt, die untereinander deckungsfähigen Budgets so einzusetzen, dass zielgenau dort Mittel eingesetzt werden, wo sie am dringendsten gebraucht werden.

Christian Schulze

Redner: Christian Schulze, Stadtrat

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
verehrte Stadträtinnen und Stadträte,
werte Gäste,

das Leipziger Modellprojekt „Housing first – eigene Wohnung“ wird verstetigt – was für ein Erfolg!

Insgesamt 50 Plätze – also 50 freie Wohnungen – sollen für Projektteilnehmer und Projektteilnehmerinnen bis 2025 zur Verfügung gestellt werden. 25 Wohnungen werden bereits jetzt erfolgreich genutzt. Das ist ein herausragendes Signal für die soziale Fürsorge in unserer Stadt, auch über Leipzig hinaus. Und es zeigt, wie gut das Sozialamt hier mit den freien Trägern gemeinsam agiert.

In der hier im Sitzungsaal durchgeführten Strategiekonferenz „Housing first“ im Juni 2022 wurde sehr deutlich, wie gewinnbringend für die Betroffenen – also obdachlose Menschen –  der Ansatz des „Housing first“ ist. Also erst ein Dach über dem Kopf, ein ruhiger Rückzugsort und dann mit fachlicher Begleitung das eigene Leben sortieren und neu aufstellen.

Sicher, der Housing-first-Ansatz, wie er in Leipzig praktiziert wird, ist kein Modell zur Reduzierung von Kosten und Einsparung von städtischen Mitteln. Das hebt auch der Evaluierungsbericht des bisherigen Pilotprojektes hervor. Aber der Housing-first-Ansatz ist die – ich zitiere aus dem Evaluierungsbericht – „deutlich effizientere Alternative“ zur Notunterbringung in Notschlafstellen dieser Stadt und es ist vor allem eine humane Art, Menschen in Notsituationen zu helfen und diese wieder in die Gesellschaft zu holen. Dies zeigt auch der Zwischenbericht, der deutlich macht, dass die betroffenen Menschen in ihren Wohnungen auch bei schwierigsten Lebenssituationen bleiben. Der Bericht empfiehlt deshalb, innnerhalb des Housing-first-Projekts auch jene Menschen zu versorgen, denen herkömmlich schnell das Etikett der „Wohnunfähigkeit“ angehängt wird.

Leipzigs Modellprojekt „Housing first“ wird verstetigt und hat damit eine große Bedeutung für den Freistaat Sachsen. Nicht nur, dass sich das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt an der Finanzierung des Projektes beteiligte. Auch beteiligt sich das SMS finanziell an der Erarbeitung eines Handlungsleitfadens zur Umsetzung des Housing-first-Ansatzes in anderen sächsischen Kreisen und Kommunen.

Wir bitten daher um Zustimmung zur Vorlage und zum gemeinsamen Antrag von Linken und der SPD- Fraktion.

Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Christopher Zenker
Christopher Zenker

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

wir leben in Zeiten, in denen am rechten Rand des politischen Spektrums über Remigrationsfantatsien diskutiert wird, die auch Menschen einschließen sollen, die Migrationshintergrund haben, aber deutsche Staatsbürger sind, oder gar Menschen, die einfach nur Geflüchteten geholfen haben. An diesem Punkt ist der gedankliche Schritt für diese Gruppe vermutlich nicht mehr weit über Deportationen zu sprechen. Deportationen die auch in Leipzig dazu geführt haben, dass die ehemals große jüdische Gemeinde von 13.000 Mitgliedern im Jahr 1925 auf unter 24 im Jahr 1945 gesunken ist. Vertrieben, deportiert und ermordet. Eine deutsche Schuld von der wir uns nie befreien dürfen, auch wenn dies neuerdings nicht nur Rechte fordern, sondern auch von vermeintlich Linken auf Pro-Palästina-Demonstrationen proklamiert.

Auch vor diesem Hintergrund ist die Vorlage zur Antisemitismusprävention wichtig. Schließlich stehen wir gesamtgesellschaftlich in der Verantwortung, dass Antisemitismus, der vor rund 85 Jahren dazu führte, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland verfolgt, gequält und schließlich auch ermordet worden sind, hier keinen Platz mehr haben darf.

2018 haben wir gemeinsam mit den Fraktionen CDU und Grünen einen Antrag durch den Stadtrat gebracht, der die Verwaltung beauftragt hat, ein Konzept zur Antisemitismusprävention zu erarbeiten. Zielmarke dafür war eigentlich Ende 2019, jetzt haben wir Anfang 2024 und werden heute über dieses Konzept abstimmen. Spät, aber immerhin…

Bei unserer Initiative ging es uns unter anderem darum, die politische Bildungsarbeit an dieser Stelle zu verstärken, denn das Thema Antisemitismus ist in den letzten Jahren ein wenig aus dem Fokus gerückt. Die Auseinandersetzung mit allen, vor allem auch den aktuellen Formen des Antisemitismus soll gestärkt und die Wirksamkeit bestehender Projekte geprüft werden. Denn, meine Damen und Herren, Antisemitismus ist nicht nur ein Problem am rechten politischen Rand. Wir erleben ihn auch von links und wir sehen verstärkt einen religiös motivierten Antisemitismus, der vor allem in arabischen Ländern gepflegt wird und in Deutschland seine Wirkung entfaltet, besonders seit dem 7.10.2023, aber nicht erst seitdem. Denken wir dabei nur an die verschiedenen BDS-Kampagnen der letzten Jahre.

Prävention bedeutet auch, dass wir uns aktiv für eine inklusive und diverse Gesellschaft einsetzen, in der jeder Mensch willkommen ist, unabhängig von seiner Herkunft, seiner Religion oder seiner Lebensweise. Wir müssen uns für den interkulturellen Dialog einsetzen und Brücken zwischen den verschiedenen Gemeinschaften bauen.

Die Prävention von Antisemitismus erfordert eine breite Palette von Maßnahmen. Wir müssen in unseren Schulen und Bildungseinrichtungen Aufklärungsarbeit leisten und die Geschichte des Holocausts weiter erzählen. Verstärkt nicht nur aus Sicht von uns Deutschen ohne Migrationsgeschichte, die Vorfahren haben, die unter Umständen Täter waren oder einfach nur weggeschaut haben, sondern auch mit Blick auf Zugewanderte. Wir müssen in unserer Öffentlichkeitsarbeit deutlich machen, dass Antisemitismus nicht toleriert wird. Wir müssen die Strafverfolgungsbehörden unterstützen, um antisemitische Straftaten konsequent zu verfolgen und zu bestrafen.

Der Antisemitismus ist eine dunkle Wolke, die über unserer Gesellschaft schwebt. Er ist nicht nur eine Bedrohung für die jüdische Gemeinschaft, sondern für uns alle. Er ist ein Angriff auf unsere Werte, wie Toleranz und Respekt. Wir dürfen nicht zulassen, dass Menschenverachtung und Antisemitismus in unserer Stadt weiter Fuß fassen. Das Präventionskonzept ist hierbei ein wichtiger Baustein, weil es die Grundlage für Verwaltungshandeln bildet und damit in die Gesellschaft ausstrahlen kann, wenn es mit Leben gefüllt wird.

Wir müssen unsere Stimme erheben gegen jede Form von Hass und Diskriminierung. Wir müssen uns solidarisch zeigen mit unseren jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern und klarstellen, dass Antisemitismus in unserer Gesellschaft keinen Platz hat. Die großen Demonstrationen für eine offene Gesellschaft und eine wehrhafte Demokratie waren dabei in den letzten Wochen, nach den Enthüllungen von Correctiv, Mutmacher.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe, dass Sie, wie auch meine Fraktion der Vorlage zustimmen.

Vielen Dank.