Reden und Texte der SPD-Fraktionsmitglieder innerhalb der Ratsversammlung zu ausgewählten Themen

Redner: Heiko Bär, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren Stadträte,
sehr geehrte Gäste!

Wirtschaftliche Entwicklung macht nicht an Stadt- oder Landkreisgrenzen halt. Und im Übrigen auch nicht an Bundesländergrenzen. Die positive wirtschaftliche Entwicklung der ganzen Region Mitteldeutschland liegt deshalb im Interesse der Stadt Leipzig. Keine Kommune in der Region ist alleine in der Lage, unseren Bestandsunternehmen bestmögliche Wachstumspotentiale zu bieten, allen Investitionsinteressen gerecht zu werden oder europa- bzw. gar weltweit für Neuansiedlungen kontinuierliche Beachtung zu finden. Genau aus diesen Gründen ist es richtig für die Stadt, in der Metropolregion mitzuarbeiten.

Die ganze Region bildet einen gemeinsamen Wirtschaftsraum, der auch gemeinsam bearbeitet werden muss. Wir wollen deshalb die Beteiligung an der Metropolregion fortsetzen. Dabei ist mir natürlich bekannt, dass die Metropolregion nicht nur wirtschaftliche Zielstellungen verfolgt, sondern auch gesellschaftliche, soziale und kulturelle. Uns muss jedoch klar sein, dass es ohne entscheidende Verbesserungen der Wirtschaftskraft keine gesellschaftlichen oder sozialen Verbesserungen gibt und kaum Muße und Geld für kulturelle Weiterentwicklungen bleibt. Deshalb müssen wir auch hier Prioritäten zugunsten der wirtschaftlichen Ziele setzen.

Aufgrund der benannten Bedeutung der Metropolregion weisen wir als SPD-Fraktion jedoch ausdrücklich darauf hin, dass wir mit den Ergebnissen der bisherigen Arbeit der Metropolregion nicht zufrieden sein können. Hier müssen wir drei oder besser sogar fünf Gänge höher schalten. Die Arbeit der Metropolregion darf nicht nur deklaratorisch und zufällig punktuell erfolgen, wie uns die Verwaltungsvorlage berichtet. Wir brauchen stringente, zielorientierte und systematische Arbeit. Darauf zielen wir mit unserem Änderungs- und Ergänzungsantrag hin.

Wir dürfen nicht mit dem Hintergedanken an die Mitarbeit in der Metropolregion gehen, nur das Beste für uns selber herauszuholen. Wir müssen erkennen, dass jede positive wirtschaftliche Entwicklung in Mitteldeutschland auch automatisch ein Gewinn für Leipzig ist, z.B. durch höhere Wirtschafts- und Kaufkraft in der Region, durch das Halten von Fachkräften oder durch Entspannung auf dem Arbeitsmarkt in der Region insgesamt.

Um ganz ehrlich zu sein: Auch als Stadt Leipzig sind wir selber noch nicht in der Lage, von uns aus wichtige Zielstellungen und Projekte, die langfristig und strategisch durchdacht sind, in die Metropolregion hineinzutragen. Auch die Wirtschaftsförderung hat das ihr zur Verfügung stehende Instrumentarium und ihre Einflussmöglichkeiten kaum genutzt. Deshalb bitten wir den Oberbürgermeister, nach Verbesserungen in der organisatorischen Bearbeitung der Metropolregion von Leipziger Seite aus zu suchen.

Noch ein Gedanke zum Abschluss: Bezeichnend ist nämlich, dass trotz aller genannten Unzulänglichkeiten die Kommunen in der Erkenntnis und der Gestaltung des gemeinsamen Wirtschaftsraumes deutlich weiter sind als alle drei mitteldeutschen Bundesländer zusammen. Es fällt auf, dass dieses Desinteresse an einer gemeinsamen wirtschaftlichen Entwicklung Mitteldeutschlands quer durch alle Parteien auf Landesebene geht.

Sehr geehrte Stadtratskollegen, ich kann Sie deshalb nur inständig bitten, nicht nachzulassen, dieses Anliegen auch in Ihren Landesparteien weiter voranzubringen. Und machen Sie dort klar: es geht nicht um Leipzig allein, es geht um ganz Mitteldeutschland. Und niemand kann dort realistischerweise wirtschaftlicher Alleingewinner auf Kosten seiner Nachbarn werden. Wir sitzen alle in einem Boot, und nur gemeinsam können wir in diesem wirtschaftlich gewinnen.

Herzlichen Dank!

Redner: Sebastian Walther, Stadtrat der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Verehrter Herr Oberbürgermeister!
Verehrte Bürgermeister!
Liebe Kolleginnen und Kollegen Stadträte!
Meine sehr verehrten Damen und Herren Gäste!

Hoch schlugen in den vergangenen Wochen die Wellen um die Konzeption zur Gesamtorganisation der Sportbäder Leipzig GmbH.
Unsere Stadt Leipzig, die sich öffentlich gern und vollkommen zu Recht Sportstadt nennt, trägt die Verantwortung für die 8 Schwimmhallen, die 5 Freibäder und das Kinderfreibecken Robbe der Sportbäder Leipzig GmbH.
Hier erholen sich die Leipzigerinnen und Leipziger, hier belegen Kinder, Jugendliche und Erwachsene Schwimmkurse, betreiben Aqua-Fitness, gesundheitsförderndes Rückentraining oder auch Schwangerschaftsgymnastik.

Ich möchte den Blick jedoch im Folgenden auf die Freibäder richten, da sie während des Verfahrens besonders oft Gegenstand der Diskussion waren.
Diese Bäder sind auf Grund der, im Vergleich zu anderen Schwimmbädern in Leipzig, geringen Eintrittspreise sehr attraktiv, besonders für Familien und Kita-Gruppen.
Dies spiegelt sich in den Besucherzahlen wieder, die seit dem Jahr 2008, mit ca. 111.000 Besuchern jährlich, auf etwa 150.000 Besucher im Jahr 2010 gestiegen sind.
Wenngleich die Bezuschussung der Sommerbäder Manchem als Belastung erscheinen mag, so ist sie doch gerade mit Blick auf die steigenden Besucherzahlen notwendig und entspricht der Verantwortung, in der wir, als Sportstadt, uns sehen sollten.

Dass wir erst heute über diese Vorlage sprechen, ist eben dieser Verantwortung geschuldet, denn eine Beschlussfassung nach einer viel zu kurzen Beratungszeit von ursprünglich nur drei Wochen, wäre der Bedeutung dieses, lange erwarteten, Verwaltungsvorschlages nicht gerecht geworden, zumal die Vorlage in der Urfassung noch eine Schließung des Sommerbades Südost ab 2011 vorsah. Gerade dieses Sommerbad hat einen sehr großen Einzugsbereich und ist für die Besucher viel einfacher und schneller zu erreichen, als etwa der nächste Badesee und damit gerade für Familien sehr wichtig.
Meine Fraktion begrüßt auch deshalb, dass die Verwaltung Abstand von der Idee genommen hat, dass Sommerbad Südost zu schließen.

Wir sind optimistisch, dass eine dauerhafte Senkung der Betriebskosten der Sportbäder ebenso durch alternative Finanzierungsmodelle erfolgen kann, wie etwa die Nutzung des Einsparpotentials bei den Betriebskosten durch den Umbau des Sommerbads Schönefeld in ein Freizeit- und Familienbad – so, wie es auch der Intension unseres Ergänzungsantrages entsprach.

Nachdem sich der Stadtrat am 15. Dezember 2010 zur Gesundheitsförderung für Jedermann bekannt hat, müssen wir uns auch in diesem Zusammenhang wohl der Bedeutung des Sports und natürlich der Sportbäder für Leipzig bewusst sein.
Denn wie könnten wir uns reinen Gewissens Sportstadt nennen, wenn wir den Leipzigerinnen und Leipzigern mit weniger Geld in der Kasse nicht den preisgünstigen und gesundheitsfördernden Schwimmbadbesuch ermöglichen würden, wissen wir doch gerade in diesem Haus, wie es ist, wenig Geld in der Kasse zu haben.

Ich möchte Sie deshalb im Namen meiner Fraktion bitten, der Vorlage zuzustimmen, damit in Leipzig weiterhin für Jedermann gilt, womit die Sportbäder Leipzig heute werben: Hier macht Schwimmen Spaß!

Vielen Dank.

Rednerin: Ute Köhler-Siegel, Sprecherin für Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
verehrte Stadträte,
werte Gäste,

bei einer Investition von über einer halben Milliarde Euro kann man durchaus von einer zentralen Herausforderung für die nächsten Jahrzehnte sprechen.
Die Frage dieser Drucksache ist nicht primär, welches Schulgebäude oder welche Turnhalle zuerst saniert werden soll, sondern, wie viel Geld wir in den nächsten Jahren in den Vermögenshaushalt einstellen müssen oder wollen.

Ich arbeite an einer Schule, deren baulicher Zustand 12 Punkte bekommen hat, obwohl in den letzten Jahren einiges investiert wurde.
Bei Besuchen anderer Schulen lernt man schnell, dass vieles was man bisher als unhaltbaren Zustand eingeschätzt hat, noch deutlich schlimmer sein kann.

In den letzten Jahren wurden in der Stadt schon einige Projekte realisiert und ca. 300 Millionen Euro investiert. Komplettsanierungen gab es hauptsächlich für Gymnasien (weil es für diese Schulart auch mehr Fördermittel vom Land gibt), ansonsten gibt es zahlreiche Einzelprogramme für Brandschutz, äußere Hülle, usw.
Besonders dramatisch ist der bauliche Werterhalt der Schulen. Meistens können nur Notreparaturen  provisorisch durchgeführt werden, die Zahl der Havarien und Notfälle steigt demzufolge dramatisch an.

Zusätzlich kommen in den nächsten Jahren noch Kapazitätsengpässe auf uns zu. Es werden mehr Kinder geboren, wir brauchen zuerst mehr Kindergärten und dann mehr Grundschulen, vier Jahre später mehr Mittelschulen und Gymnasien.
Die Schaffung dieser Kapazitäten hat höchste Priorität, da die Kommune verpflichtet ist, jedem Kind einen Schulplatz zur Verfügung zu stellen.

Die Verwaltung hat nun versucht, in dieser Vorlage aufzuzeigen, wie die Situation ist, wie viel Geld benötigt wird und wie sie den baulichen Zustand jeder einzelnen Schule und Sporthalle einschätzt.
Genau über diese Einschätzung gab es sehr viele Diskussionen. Jeder suchte seine Schule in der Liste und versuchte sich vorzustellen, wie lange die zum Teil jetzt schon unerträglichen Zustände noch auszuhalten sind.
Die Liste am Ende der Vorlage ist aber keine Prioritätenliste, sondern der Versuch der Verwaltung, uns Stadträten eine möglichst sachliche Darstellung der Zustände zu geben. Wir werden über jede Baumaßnahme im Stadtrat beschließen. Die Prioritäten versuchen wir mit der neuen Schulnetzplanung zu setzen.

Jede Fraktion, jeder einzelne Stadtrat muss sich nach Kenntnisnahme dieser Vorlage mit der zukünftigen Finanzierung auseinandersetzen. Spätestens im nächsten Haushalt muss sich eine Strategie erkennen lassen.
Meine Fraktion stimmt heute zu, die zum Teil unhaltbaren und dramatischen baulichen Zustände an unseren Leipziger Schulen zur Kenntnis zu nehmen. Wir werden uns mit den Möglichkeiten der Finanzierung auseinandersetzen.
Bitte tun Sie das auch.

Redner: Christian Schulze, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Gäste!

Auch auf die Gefahr hin, mich bei Anwesenden oder auch der Profifussball liebenden Leserbriefgemeinde regionaler Zeitungen unbeliebt zu machen, kann ich mir einige kritische Anmerkungen zu den Rasenballvorlagen nicht verkneifen.

In der Phase, als es um den Aufstellungsbeschluss im Dezember ging, machte ich mir vor allen Dingen Sorgen um die Umweltverträglichkeit und die notwendige Verkehrserschließung des Projektes. Zu diesen beiden Themen gibt es inzwischen klare Aussagen der Verwaltung.  Der angrenzende Stadtteil Lindenau, in dem ich seit 30 Jahren wohne, insbesondere die Erich-Köhn-Straße kommen für verkehrliche Erschließung nicht in Frage.
Seit Montag dieser Woche sitzen, wenn man öffentlichen Verlautbarungen Glauben schenken darf, sogar die namhaften Umweltverbände im Boot, die genau wie ich auf eine gründliche Umweltverträglichkeitsprüfung hoffen dürfen. Bei negativem Ergebnis dieser Prüfung, und das könnte ja so kommen, ist die Rückabwicklung der heutigen Beschlüsse zugesagt.
 

Genau an dieser Stelle habe ich eben  ein Problem mit diesen Beschlüssen.
Wir sollen heute einen Erbpachtvertrag für 50 Jahre beschließen, der im nächsten Jahr vom Rasenball e.V. schon gekündigt werden kann, wenn nämlich wegen eines negativen Ergebnisses der Umweltprüfung kein Baurecht  für die Phase II geschaffen werden kann.
Bis dahin haben wir als Stadt aber schon 350.000 bis  400.000 Euro dort vor Ort für Leitungsumlegungen, Altlastensanierung, etc. investiert. Und ob das eingestellte bzw. geplante Geld insbesondere für die Altlastensanierung reicht, wissen wir nicht sicher.

Wir haben bei Rückabwicklung auch keinen, gerade erst mit Fördermitteln gebauten Parkplatz für Kleinmesse und Red-Bull-Arena mehr, den wir mit eigenem Geld dann woanders schaffen müssen. Was das kostet, ist noch nicht berechnet. Die Fördermittel in Höhe von bis zu 125.000 Euro für den Parkplatz müssen evtl. zurückgezahlt werden. Wie und in welchem Umfang die Investition von Rasenball e.V. im 1. Bauabschnitt in Höhe von ca. 5 Millionen Euro nach Rückabwicklung behandelt werden, steht in der blauen Vorlage, die hier nicht öffentlich verhandelt werden kann.

Ich will nicht verschweigen, dass ich mich freuen würde, wenn in dieser Stadt mit dieser Sport- und Fußballtradition ein Bundesligaverein gleich welchen Namens beheimatet wäre.
Auch ist mir klar, dass dann mehrere hundert Arbeitsplätze geschaffen würden und Fußballfans nicht nur Parkplatzprobleme im Waldstraßenviertel machen, sondern auch Geld in unserer Stadt ausgeben.

Leider ist es rückblickend so, dass viele andere und ich selbst seit 20 Jahren in diesem Stadtrat Entscheidungen in Richtung dieser Vision getroffen haben. Wir haben Hunderttausende erst D-Mark, dann Euro in die BSG Chemie / FC Sachsen und den Lokalrivalen aus Probstheida  gesteckt.
In welcher Liga stecken die beiden jetzt?

 
Wenn nun wenigstens Rasenball e.V. im gleichen ICE-Tempo nach oben unterwegs wäre, wie diese Vorlagen hier. Aber weit gefehlt!  Es wird noch etliche Jahre dauern, bis des Investors und unsere Blütenträume reifen. Dass Geld, und sei es noch soviel, keine Tore schießt, weiß inzwischen auch jeder.

Ich denke jedenfalls, dass wir Zeit hätten, den Bebauungsplan Phase II inklusive Umweltprüfung in aller Ruhe zu bearbeiten. Denn wenn wirklich das Negativszenario eintreten sollte und rückabgewickelt wird, haben wir viel Geld ausgegeben, das wir eigentlich nicht haben.
Insofern bitte ich um Verständnis, dass ich der Euphorie nicht ganz folgen kann  und die Beschlussvorlagen ablehnen werde.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Redner: Heiko Bär, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren Stadträte,
liebe Gäste!

Aus Sicht der SPD-Fraktion ist die Förderung und Unterstützung von Investitionen ein unabdingbarer Faktor für die zukünftige Stadtentwicklung. Auch die RB-Investition ist nicht nur sportpolitisch zu begrüßen, sondern auch wirtschaftspolitisch. Dabei ist es zweitranging, wer mit welcher Statstik über direkte und indirekte Arbeitsplätze Recht hat. So oder so geht es erstens um mehr Wertschöpfung in Leipzig und zweitens um mehr überregionale Aufmerksamkeit für die Stadt. Beides tut uns gut. Und in beidem ist das Trainingsgelände ein Projekt von möglicherweise hoher Tragweite.

Wirtschaftliche Investitionen sind im Übrigen immer mit Risiken verbunden, denn auch im vorliegenden Fall kann niemand orakeln wie erfolgreich das Engagement wird. Für den Investor besteht das Risiko sowieso, aber auch für die Kommune. Wichtig ist, diese so gering wie möglich und berechenbar zu halten. Im vorliegenden Fall der RB-Investition ist dies leider nur zum Teil gelungen. Die Fehler müssen benannt werden:

So wurde viel zu lange nur geprüft, ob ein Sportpachtvertrag bei Rasen-Ball funktioniert und erst viel zu spät ist man zu einem Erbbaupachtvertrag übergegangen. Hier hätte durchaus parallel geprüft werden müssen, schließlich geht es um einen Investor der Millionenbeträge investiert.
Zweiter Kritikpunkt: Der Untergrund des Geländes und die frühere Nutzung als Deponie. Erst die zusätzlichen Bohrungen von RB selber haben hier mögliche Kostenrisiken aufgedeckt. Die Verwaltungsvorlage hätte uns hier sonst völlig im Dunkeln gelassen.

Angesichts der benannten wirtschaftlichen Bedeutung der Investition wäre das Sportamt im Übrigen durchaus gut beraten gewesen, das Wirtschaftsdezernat nicht nur für die Liegenschaftsangelegenheit einzubeziehen, sondern auch die  Erfahrungen der Wirtschaftsförderung in der Unterstützung von Investoren stärker heranzuziehen. Vielen Dank!

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren Stadträte,
sehr geehrte Besucher,

zunächst möchte ich dem Oberbürgermeister sehr deutlich für die hier vorgelegte klare Positionierung zum Erhalt der S-Bahn-Linie 1 danken. Mit der Vorlage, die der Stadtrat jetzt gleich beschließen soll, setzen wir uns gemeinsam, Oberbürgermeister und Stadtrat, ganz klar für die Belange der Grünauer und vieler weiterer Bürger im Leipziger Westen ein. Wir fordern den Erhalt der S-Bahn-Linie und die Ausschöpfung aller Alternativen dazu.

Unglücklicherweise liegt die Entscheidung nicht im Ermessen der Stadt Leipzig allein, sondern beim Zweckverband für den Nahverkehr in Leipzig (ZVNL), in genau einer Woche. Dort haben dann eben auch noch die uns umschlingenden Landfürsten ein Wort mitzureden.

Eine Reihe von Gründen sprechen jedoch klar für die S 1:

Mit täglich 3500 bis 4500 Nutzern an Wochentagen, ist die Linie im sachsenweiten Vergleich sehr gut ausgelastet. Das Aufwand-Nutzen-Verhältnis ist nach Angaben der Deutschen Bahn sogar so gut, dass die S 1 in etwa ihre laufenden Kosten selber trägt. Gerade eine solche Linie abzubestellen, um andere hochsubventionierte Linien weiterbetreiben zu können, dass wäre wirtschaftlicher und verkehrspolitischer Irrsinn.
Hinzu kommt aus Sicht der Stadtentwicklung gerade in Grünau die Bedeutung der Linie für die Stabilisierung von Wohnquartieren und Wirtschaftsstrukturen, etwa durch die Anbindung des Allee-Zentrums (immerhin eines von zwei B-Zentren der Stadt) oder des Wohngebietszentrums im WK 8, genau an der Endstelle der S 1. Diese Postkartenaktion an den ZVNL wurde aktuell durch die gemeinsame private Initiative von Sozialverbänden, Investoren und Gewerbetreibenden vor Ort gestartet, die sich um ihren Standort sorgen.

Dass wir überhaupt in der Situation sind, über die Einstellung der S 1 diskutieren zu müssen, liegt an der Fehlentscheidung von FDP-Minister Morlok in Dresden, die Bundesmittel für den Nahverkehr nicht entsprechend an die Nahverkehrsverbünde weiterzuleiten, sondern im sächsischen Haushalt selber zu schlucken. Die Behauptung, der Nahverkehr in Sachsen würde dadurch effizienter ist quatsch. Dies zeigt die schwierige Entscheidungsfindung um die S  1 ganz deutlich. Der Nahverkehr in Sachsen wird nicht effizienter, sondern weniger attraktiv und weniger leistungsfähig. Dies ist im Übrigen auch eine Verschlechterung des Wirtschaftsstandortes Sachsen.

Der Ergänzungsantrag der SPD-Fraktion im Stadtrat verfolgt das Ziel, Forderungen der Bürger vor Ort mit aufzugreifen. Auch nach der Vertragsunterzeichnung für das neue Netz an diesem Montag wollen wir die stetige Zusicherung, daß ab Dezember 2013 die S 1 weiter Bestandteil des ÖPNV-Netzes der Region Leipzig ist. Die geplanten Ausgleichsmaßnahmen sollen Bestandteil des Stadtratsbeschlusses werden. Angelegenheiten, für welche die Stadt nicht selber zuständig ist, wie die Pflege der Anlagen durch die Deutsche Bahn, sollen uns als Akteure vor Ort zumindestens den Rücken stärken, wenn wir diesbezüglich Kontakt mit dem Eigentümer der Bahnanlagen aufnehmen müssen.

Und zuletzt möchten wir auch über erfolgten Prüfungen von Alternativen im ZVNL informiert werden, um sicher zu gehen, dass die auch hier wieder vorgetragenen Argumente, mit allem Ernst, auch im ZVNL verfolgt werden.

Herzlichen Dank!

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Gäste!

Die heutige Sondersitzung des Stadtrates ist ein weiteres Kapitel in der Familiensaga der Stadt Leipzig und ihrer Töchter, Enkel und Urenkel – eine unendlichen Geschichte, die noch vor der Gründung der LVV vor 15 Jahren begann und sicherlich noch viele Jahre als Fortsetzungsroman weiter geschrieben werden wird. Vielleicht gibt es auch eines Tages hierzu eine Telenovela, die dann über schnelle Datenleitungen zehntausendfach konsumiert werden kann.

Auch das heute zu behandelnde Kapitel hat eine sehr lange Vorgeschichte. Die meisten Protagonisten der Vergangenheit, darunter ein paar große und kleine Könige, aber auch eine ganze Reihe Vasallen sind einem großen Teil, der heute hier in diesem Saal in Verantwortung für unsere Stadt stehenden Stadträte, Bürgermeister, Oberbürgermeister und Geschäftsführer nicht einmal mehr vom Namen her bekannt.

Noch weniger gegenwärtig sind fast allen Anwesenden hier im Saal die konkreten Umstände und Hintergründe, warum 1997 – Stichwort Gesellschafterdarlehen oder 2003 – Stichwort Rückkauf von 40% SWL-Anteilen, die Entscheidungen, übrigens alle durch Beschlüsse des Stadtrates untersetzt, so und nicht anders gefallen sind.
Deshalb ist es auch nicht opportun, ja sogar unredlich, die damaligen Entscheidungen mit dem Hintergrundwissen von heute per se mit dem Attribut „falsch“ oder „richtig“ zu belegen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Parlamente, also auch der Stadtrat, entscheiden nicht jedes Mal vom Grundsatz her neu, auch nicht wenn politische Mehrheiten wechseln.
Sondern, sie bauen auf demokratisch legitimierten Entscheidungen auf und haben die Pflicht, diese Entscheidungen jeweils neuen Gegebenheiten gegenüber anzupassen.

Warum hole ich soweit aus? Weil ich den Eindruck habe, dass es auch unter uns Stadträten einige gibt, die sich vor dieser Verantwortungsübernahme scheuen. Ja mehr noch, ich habe den Eindruck, und das ist mir in den letzten Wochen mehr als klar geworden, das der gesamte Stadtrat, mich und meine Fraktion eingeschlossen, seit 2008 nicht sorgsam genug mit der LVV–Problematik und den eigenen Beschlusslagen umgegangen ist.

Zum einen hat der Stadtrat im Oktober 2008 die Eigentümerziele für die LVV formuliert, darin u. a., dass die LVV im Konzern die vollständige Finanzierung des ÖPNV im steuerlichen Querverbund sicher stellt und die Tilgung des Gesellschafterdarlehens umsetzt.
Der Ehrlichkeit halber ist hinzuzufügen, dass darüber hinaus Erwartungen gegenüber der Geschäftsführung formuliert wurden, die zusätzliche Haushaltsbeiträge oder Investments beinhalteten und realisierten.

Im Ergebnis der Prüfung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der LVV vor allem in Bezug auf die Erwartungshaltung der Eigentümerin, also der Stadt Leipzig, hier vertreten auch durch den Stadtrat wurde dieser bereits spätestens mit der Ratsversammlung im Januar 2009 über eine finanzielle Deckungslücke bis 2012 in Höhe von 145 Mio. Euro informiert. 145 Mio. Euro – übrigens auch ein Ergebnis des Bürgerentscheides von 2008.
Die Reaktion des Stadtrates bis Mitte/Ende letzten Jahres: freundliche Kenntnisnahme und Hoffen auf bessere Zeiten.

Die LVV hat seit 2008 in immer kürzer werdenden Schritten dem Stadtrat gegenüber kein Hehl daraus gemacht, dass ein Baustein zur Verbesserung der Konzernfinanzierung die Veräußerung von Beteiligungen darstellt.
Der Oberbürgermeister hat pflichtgemäß und in Verantwortung für die Stadt und den Konzern gehandelt, durch Beschlussvorlagen im Aufsichtsrat und uns gegenüber.
Verzögert und gezögert hat wiederum der Stadtrat.
Ich persönlich werde diese defensive Haltung nicht mehr verantworten wollen.

Worum geht es?
Zu allererst um die Erkenntnis, dass wir heute über die Leistungsfähigkeit der Gesamtstadt als Einheit von städtischem Haushalt und Konzernbilanz zu entscheiden haben. Und zwar ganz konkret bereits für den Haushalt 2011.
Mit der uns vorliegenden Beschlussempfehlung, die durchaus für eine ganze Reihe Stadträte, einen schwer verdaulichen Kompromiss darstellt, gehen wir über die reine Frage einer Teilprivatisierung von zwei kommunalen Unternehmungen deutlich hinaus. Es werden darüber hinaus Lösungen zur Neuordnung der Finanzströme zwischen LVV und Stadt angestrengt und es wird nach 2008 bereits erneut die Effizienz der Konzernstruktur hinterfragt. Beides muss sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wenn wir heute diesen vorgeschlagenen Weg nicht gehen – andere, belastbare Lösungen wurden von den Kritikern leider bis heute nicht aufgezeigt – verschärfen wir das Finanzproblem der Stadt und des Konzerns in unverantwortbarer Art und Weise.
Sollte der Finanzbürgermeister durch den Stadtrat gezwungen werden, den Haushalt zu kassieren, plädiere ich persönlich für einen radikalen Schnitt bei den freiwilligen Leistungen. Im investiven Bereich dürfen wir den uns dann noch verbleibenden kleinen Spielraum für die Zukunftsgarantie unserer Stadt nicht verbauen.

Den Gegnern der heutigen Beschlusslage werfe ich falsches Spiel vor. Ehrlich wäre es von denen am vergangenen Sonnabend gewesen, wo durch den Finanzausschuss in Kenntnis der heutigen zu behandelnden Thematik weitere Ausgaben von über zwei Millionen beschlossen wurden, jegliche Ausgabenerhöhungen dann auch konsequenterweise abzulehnen. Der Topf ist leer gelöffelt.
Wer die Lösung in fiktiven Gewerbesteuereinnahmen sieht, möge daran denken, dass diese aus Unternehmensgewinnen fließen, zum weitaus großen Teil aus privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen, die bei Ablehnung ein Signal aus dem Stadtrat erhalten, welches man auch so interpretieren kann: Unternehmer und deren Investments sind in dieser Stadt unerwünscht.