Rednerin: Dr. Karin Scheibe, Stadträtin und kulturpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Stadträte, werte Gäste,

Wirtschaftspläne Eigenbetriebe Kultur (Antrag III/A 350)

Zweck des Antrages ist, die Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe Kultur mit den Spielplänen der Theater und des Gewandhauses in Übereinstimmung zu bringen. Die Wirtschaftsplanungen der Leipziger Theater und des Gewandhauses sind an die Spielzeiten gebunden, was aufgrund der betriebswirtschaftlichen Erfordernisse sinnvoll ist. Bisher aber ist die Beschlussfassung über die Wirtschaftspläne an den Haushaltsplan der Stadt gebunden, der am Kalenderjahr endet. Dies bedeutet, dass es für die ersten vier Monate nach Beginn der Spielzeiten in den Theatern praktisch keinen bestätigten Wirtschaftsplan gibt. Dies will die SPD-Faktion ändern. Das Handeln der Betriebsleitung soll rechtlich abgesichert werden. Die Wirtschaftspläne müssen erarbeitet und zwischen den Betrieben abgestimmt werden. Dazu ist ein Vorlauf erforderlich. Die Zusage für den zu gewährenden Zuschuss muss daher schon im Februar verbindlich vorliegen. Argumente dagegen gibt es eigentlich nicht. Die Verträge werden abgeschlossen, Gehälter und Löhne müssen gezahlt werden. Im Falle von Vertragsverletzungen sind Vertragsstrafen zu zahlen. Falls eine große Abweichung erforderlich wird, kann ein Nachtragshaushalt beschlossen werden. Der gegenwärtige Zustand wird von allen zuständigen örtlichen und überörtlichen Gremien kritisiert.

Die SPD-Fraktion stimmt dem Änderungsantrag der PDS-Fraktion zu. Dieser stimmt mit dem Anliegen der SPD-Fraktion überein, fasst es aber etwas schärfer.

(Dieser Antrag wurde in der durch den Änderungsantrag geänderten Fassung einstimmig angenommen.)

Aktualisierung des Betreiberkonzeptes für das Theater am Lindenauer Markt (Antrag III/A 357)

Die SPD-Fraktion möchte die Verwaltung beauftragen, das Betreiberkonzept für das Theater am Lindenauer Markt zu aktualisieren. Das derzeitige Konzept ist zustande gekommen, weil der Fachausschuss Finanzen dem Theater damals nur noch Geld zugestehen wollte, wenn ein Konzept erarbeitet wird. Nach großen Geburtswehen ist dieses Konzept schließlich erarbeitet worden. Das Tauziehen zwischen Stadtrat und Kulturamt hat das Kulturamt gewonnen. Allerdings hat das nie richtig funktioniert. Es ist zum Beispiel nicht gelungen, einen Gaststättenbetreiber zu finden. Ständige Reibereien zwischen den Nutzern, der Auszug eines Vereins und schließlich der Baustopp haben das Haus pausenlos zum Sorgenkind gemacht. Inzwischen sind die damaligen Vereinbarungen überholt und die Bedingungen für ein neues Konzept sind heute so gut wie nie. Der Lindenauer Markt ist ein kleines Schmuckstück, der große Saal ist fertig und hat sogar Sitzplätze bekommen. Das Theater der Jungen Welt hat einen tatkräftigen Intendanten und der Verein LOFFT befindet sich nach einem Tief wieder im Aufwind. Dies sind Gründe genug für einen neuen Anlauf, mit der Hoffnung, dass die Verwaltung diesmal ein glücklicheres Händchen hat und ein Konzept entwickeln wird, das die Spielstätten optimal auslastet und mehr Leben ins Stadtviertel bringt.

Ich bitte deshalb den Stadtrat um Zustimmung zu dem Antrag. Mit der Terminverschiebung auf den 30. September 2004 ist die SPD-Fraktion einverstanden, allerdings mit der Bedingung, dass das Kulturamt bis zum 30. Juni 2004 den Fachausschuss Kultur und den Betriebsausschuss Kulturstätten einen Entwurf in groben Zügen vorstellt. Dies möchte ich im Protokoll festhalten lassen.

(Dieser Antrag wurde ohne Gegenstimmen bei einer Enthaltung angenommen.)

Rechtsformänderung Kulturbetriebe (Antrag III/A 364)

Bei diesem Antrag handelt es sich um einen Prüfantrag der SPD-Fraktion, der in der Haushaltsrede unseres Fraktionsvorsitzenden am Ende des vorigen Jahres angekündigt wurde. Die Stadtverwaltung soll prüfen, ob die kommunalen Einrichtungen Oper, Schauspiel, Gewandhaus und Theater der Jungen Welt, die seit 1995 als Eigenbetriebe der Stadt fungieren, vorteilhafter in einer anderen Rechtsformen zu betreiben sind. Gleichzeitig sollen die Voraussetzungen für eine solche Umwandlung benannt werden.

Schon die Ankündigung dieses Antrages hat große Aufregung verursacht, so als wolle sich die Stadt aus der Verantwortung ziehen und das letzte Stündlein habe für Oper und Schauspielhaus geschlagen. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Wer die Entwicklung im Kulturbereich verfolgt und wer Theater und Orchester in ihrer Vielfalt und Qualität erhalten möchte, der denkt über Auswege aus der objektiv gegebenen Existenznot nach, die vor allen durch die knapper werdenden Finanzen verursacht wird. Und der spricht Probleme an, ehe es zu spät ist.

An eine Umwandlung in private Rechtsformen sind oft übertriebene Hoffnungen auf finanzielle Erleichterungen geknüpft. Davor muss gewarnt werden. Zumindest kurzfristig sind Einsparungen kaum möglich. Es gibt aber eine ganze Reihe von Vorteilen für Kulturbetriebe, wenn sie aus der engen Bindung an das Verwaltungsgetriebe entlassen werden. Erfahrungsgemäß werden dann Entscheidungswege kürzer, das Verantwortungsbewusstsein wächst für eine effizientere Wirtschaftführung, das Budget wird vom Theaterträger über einen längeren Zeitraum garantiert, Investitionen können in eigener Regie geplant und abgerechnet werden und die Motivation der Beteiligten wird größer. Mit Blick auf Oper und Schauspiel, die finanziell stark angeschlagen sind, soll der Stadtrat mit Hilfe dieses Antrages auch erfahren, welche Voraussetzungen für eine Rechtsformänderung erfüllt sein müssen. Die SPD-Fraktion will für einen überschaubaren Zeitraum Klarheit über diese Möglichkeiten haben und bittet deshalb um Zustimmung zu ihrem Antrag.

(Abstimmung: Antrag III/A 364 wird mit großer Mehrheit angenommen.)

Verrechnung Eigenbetriebe (Antrag III/A 365)

Ziel dieses Antrages ist, Kosten und Erträge, die sich aus den Leistungen der Kulturbetriebe untereinander ergeben, in echter Höhe abzurechnen. Zurzeit vergütet die Oper zum Beispiel dem Gewandhausorchester pauschal knapp 40 Prozent eines Betrages, der vorwiegend durch Personalkosten für die Künstler verursacht wird. Das entspricht einer durchschnittlichen Besetzungsstärke von 72 gegenüber einer realen Stärke von etwa 60 Musikern in Proben und Aufführungen. Ein Sechstel von insgesamt 5,5 Millionen Euro zahlt die Oper somit zu viel. Andererseits rechnet die Oper innerbetrieblich ihren Aufwand pro Inszenierung genau ab. Mit den Orchesterkosten werden aber alle Vorstellungen mit der Pauschale gleichmäßig belastet. Die ist ein unterhaltbarer Zustand.

Ähnliche Verhältnisse haben vor kurzem noch bei der Abrechnung der Werkstätten bestanden. Diese sind der Oper zugeordnet. Schauspiel und Kindertheater haben Pauschalen bezahlt. Erfasst wurde nur der Materialaufwand. Dort aber zeigt der Übergang zur echten Kostenrechnung das Dilemma. Diejenigen, die Dienstleister sind, argumentieren, dass sie Ressourcen vorhalten müssen, die, da es sich um Arbeitskräfte handelt, selbstverständlich nicht beliebig variiert werden können. Die Dienstleister erwarten also eine möglichst große Auslastung. Die Leistungsempfänger wiederum müssen sparen und reduzieren daher ihre Bestellungen in sechsstelliger Eurohöhe.

Selbstverständlich können auch 900.000 Euro Orchesterkosten bei exakter Abrechnung der Dienste beim Gewandhaus nicht einfach gestrichen werden. Die SPD-Fraktion möchte jedoch, dass die Stützung der Kulturbetriebe für den Stadtrat transparent ist und dass Zuschüsse in Zukunft dort ausgewiesen werden, wo der Aufwand entsteht. Wir erwarten von der Verwaltung, dass sie exakte Verrechnungen durchsetzt, die auch vertraglich fixiert werden, und dass sie eine Lösung für die damit verbundenen Interessengegensätze entwickelt – dies auch im Sinne der Haushaltskonsolidierung.

Es handelt sich um einen Antrag, der eigentlich schon längst im Betriebsausschuss hätte realisiert sein müssen. Dort kommt man aber nicht vorwärts und deshalb bringe ich diese Angelegenheit jetzt vor den Stadtrat.

(Dieser Antrag wurde ohne Gegenstimmen bei vier Enthaltungen im Stadtrat angenommen.)