Rede zur Vorlage „Luftreinhalteplan der Stadt Leipzig“
Redner: Christopher Zenker, Stadtrat der SPD-Fraktion
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
werte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
werte Gäste!
Willkommen in der Realität. Für viele von uns gehörte Umweltpolitik a la Ozonloch, Klimawandel oder Luftverunreinigung bisher nur zum sonntäglichen Abendprogramm. Mit dem heute vorliegendem Luftreinhalteplan sollte jedem deutlich werden, dass Umweltpolitik auch und gerade lokal betrieben werden muss.
Der Luftreinhalteplan macht deutlich, wie mit verschiedenen Maßnahmen die Konzentration, vor allem von Feinstaub und Stickstoffoxid in der Luft, reduziert werden kann. Die Stadt Leipzig erfüllt mit dem Luftreinhalteplan jedoch nicht nur irgendwelche gesetzlichen Anforderungen, sondern leistet einen aktiven Beitrag zum Gesundheitsschutz der Bevölkerung.
Würde man von der öffentlichen Diskussion auf den Luftreinhalteplan schließen, könnte man meinen, dass sich dieser nur mit der Umweltzone und dem Feinstaub beschäftigt. Der Luftreinhalteplan ist jedoch mehr als nur Umweltzone und Feinstaub. So umfasst der Luftreinhalteplan Maßnahmen wie bspw. die Förderung des ÖPNV, den Ausbau des Radwegnetzes, die umweltgerechte Erneuerung der Fuhrparks, die Förderung des Car-Sharings oder die verstärkte Begrünung von Straßenrändern und Fassaden.
Dennoch ist die Diskussion um eine Umweltzone nicht unbegründet. So sagte selbst der für seine kommunale Klimapolitik hoch gelobte grüne Bürgermeister von Tübingen Boris Palmer: „Bei uns lässt sich der Feinstaub von den Umweltzonen kaum beeindrucken.“ Als Gründe führt er unter anderem an, dass ein Großteil aller Fahrzeuge die grüne Plakette bereits vor der Einführung der Umweltzone bekommen hätte. Und Fahrzeuge mit roter Plakette evtl. nur deshalb so alt werden, weil sie kaum verwendet werden. Darüber hinaus nennt er mangelnde Kontrollfähigkeit und Ausnahmetatbestände als Gründe für die fehlende Wirksamkeit. Sein Fazit: „Die Umweltzone hat vor allem Staub und Beschwerden aufgewirbelt.“
Auch wenn Ausnahmetatbestände die Wirksamkeit der Umweltzone reduzieren, sind diese, aus unserer Sicht unabdingbar, da die Verhältnismäßigkeit der Einführung der Umweltzone sonst mindestens fragwürdig wäre. Vor allem da die Umweltzone in Leipzig nahezu das gesamte Stadtgebiet umfasst und die grüne Plakette binnen Jahresfrist für alle Fahrzeuge verlangt wird.
Ausnahmetatbestände müssen aus unsere Sicht dazu beitragen, dass soziale Hartfälle vermieden, Menschen mit schweren Behinderungen in ihrer Mobilität nicht eingeschränkt und Unternehmen nicht in ihrer Existenz gefährdet werden. Darüber hinaus darf die Wirtschaftskraft der Stadt Leipzig nicht zu stark belastet werden.
Auch wenn die Wirkung der Maßnahme Umweltzone begrenzt ist, wäre ohne ihre Einführung der Luftreinhalteplan vom CDU geführten Umweltministerium nicht akzeptiert worden. Darüber hinaus ist die Stadt Leipzig erst seit dem 1.8.2008 für die Aufstellung des Luftreinhaltplans zuständig. Zuvor war dies die Aufgabe des Landesamtes für Umwelt und Geologie, welches dem sächsischen Umweltministerium unterstellt ist. Gerade vor diesem Hintergrund ist die Kampagne von CDU und FDP gegen die Einführung einer Umweltzone doppelzüngig. Von großen Wahlkampfversprechen a la „Umweltzone stoppen“ ist nicht viel übrig geblieben.
Trotz aller Kritik an der Umweltzone sollen wir diese als Fingerzeig betrachten. Wir müssen erkennen, dass wir unsere Entscheidungen zukünftig stärker als bisher auf ihre Umweltverträglichkeit prüfen müssen. Umweltpolitik darf nicht allein Aufgabe des Dezernats Umwelt und Ordnung sein, sondern muss, wie seit kurzem beim „European Energy Award“, ämterübergreifend betrieben werden.
Vom Wirtschaftsdezernat erwarten wir bspw., dass Umweltpolitik nicht nur als Kostenfaktor für Unternehmen, sondern als Chance für Arbeitsmarkt und Wertschöpfung in Leipzig begriffen wird.
In der Städtebaupolitik müssen wir noch stärker darauf achten, dass Leipzig eine Stadt der noch kürzeren Wege wird und fußläufig erreichbare Einkaufsmöglichkeiten die Regel und nicht die Ausnahme sind.
Unsere Verkehrspolitik muss darauf ausgerichtet sein, den Anteil des ÖPNV deutlich zu erhöhen. Die Stadt Leipzig sollte hier mit gutem Beispiel vorangehen und endlich ein attraktives Jobticket einführen. Zusätzlich sollten wir über die Einführung von Kombitickets nicht nur für den Leipziger Zoo, sondern auch für andere städtische Einrichtungen und Großveranstaltungen diskutieren. Darüber hinaus muss das Konzept autoarme Innenstadt endlich umgesetzt und kontrolliert werden.
Mit seiner grünen Lunge und seinen guten topografischen Bedingungen ist Leipzig geradezu hervorragend dazu geeignet die Fahrradhauptstadt zu werden. Leider liegt die Umsetzung des „Handlungskonzepts zur Förderung des Radverkehrs“ hinter den Erwartungen zurück. Eine Erhöhung des Radverkehrsanteils am Modal Split würde die Luftqualität verbessern und die Lärmbelastung senken. Das trägt zum Klimaschutz bei und fördert auch die persönliche Gesundheit.
Auch in der Öffentlichkeitsarbeit, welche die Bevölkerung zu bestimmten Verhaltensweisen animieren kann, steckt erhebliches Potential. Wir wissen, dass ein Großteil der Emissionen durch den Verkehr entsteht. Wir wissen auch, dass noch immer rund 50 Prozent der Wege unter 5 Kilometern mit dem Auto gefahren werden. Wir bräuchten heute nicht über die Umweltzone sprechen, wenn wir in der Vergangenheit mehr Leute dazu hätten bewegen können, das Auto öfter stehen zu lassen.
Wir sollten uns alle fragen, ob Sie, Herr Oberbürgermeister, als Vertreter der Verwaltung, wir als gewählte Vertreter der Leipziger oder jeder Einzelne sein Mögliches zur Verbesserung der Luftqualität bzw. des städtischen Umweltschutzes getan hat. Lassen sie uns gemeinsam das ökologische Potenzial der Stadt Leipzig ausschöpfen.
Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.